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Der Berg

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23.01.2018
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Der Berg

Ich bin eine Bergsteigerin.
Setze sicher einen Fuß vor den anderen, blicke nicht zurück. Ich schwebe.
Stufe, Stufe, Stufe.
Der Wind spielt mit meinem Haar und ich bewege mich wie in Trance. Ich könnte nicht anhalten, selbst wenn ich es wollte. Stufe.
Die Sonne scheint heute nicht für mich, mein Himmel ist dunkel, fast schwarz. Stufe.
Das fahle Treppenhauslicht der flackernden Neonröhren ist kalt. Ich bin eingemauert, in dreckigem weiß. Stufe. Stufe. Stufe.
Es kommt mir vor, als käme ich niemals zur Spitze des Berges. Mein Blick verschwimmt, wenn ich nach unten sehe. Der Boden, er ist Meilen entfernt. Stufe.
Ich biege um die Ecke und mein Blick stockt dreimal. Wie eine kaputte CD.
Mehr Stufen.
Ich klettere die steile Felswand hinauf, als kenne mein Körper keine Grenzen. Ein Greifvogel schreit in der Ferne und ich spüre die ersten Tropfen auf meiner rauen Haut. Stufe. Der Regen beginnt, mich zu durchnässen. Stufe. Ich schwebe Treppe um Treppe hinauf. Fels um Fels.
Unter meinem Fuß löst sich ein Stein, rollt in die Tiefe. Ich stolpere und fange mich mit den Händen ab. Stehe auf, gehe weiter. Unter mir höre ich, wie der losgelöste Fels auf einem anderen aufschlägt. Das Geräusch zieht sich durch meine Schläfe. Ich schließe einen Moment die Augen. Öffne sie wieder und die Stufen vor meinen Augen verschwimmen. Ich höre das Krachen wieder, die Schreie. Das quietschen der Autoreifen, Sirenen. Ich stehe still. Und die Zeit. Die Zeit steht auch still. Ich höre meine Atemzüge unnatürlich laut in meinem Ohr und ich weiß nicht, ob der Raum um mich herum schwankt oder ich. Ich gehe weiter. Stufe. Stufe.
Ich ignoriere die Stimmen und Geräusche in meinem Kopf. Beim Unfall sind sie alle in mein Ohr gekrochen und seitdem dort geblieben. Um mich immer wieder an das zu erinnern, was geschah. Jede Stunde, jede Sekunde. Daran, dass er tot ist. Ein schmerzhafter Stromschlag durchfährt mich seither bei diesem Gedanken. Stufe.
Mein Körper ist trocken. Ich habe all die Flüssigkeit hinausgeweint. Stufe.
Ich sehe die Bergspitze!
Ich, auf meinem Berg, lächle. Bald bin ich da.
Tod, was ist das schon? Ich habe den Unterschied zwischen Leben und Tod vergessen. Aber er ist es. Tot. Stufe.
Und da ist sie, die Spitze des Berges, auf den ich steige. Ich stoße die Tür auf, ignoriere das rote Warnschild. Der Wind verschlägt mir im ersten Moment den Atem und meine Augen tränen. Mein Schritt verlangsamt sich und bin schon bis auf die Knochen durchnässt vom Regen, spüre aber keine Kälte.
Ich gehe an die Kante des Daches, klettere auf den Rand. Ich sehe die ganze Stadt unter mir und ein Friede erfüllt mich.
Ein Blitz zuckt am Himmel.
Ich taste stockend nach meinem Verlobungsring, dann fliege ich.

 
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Eine vieldeutige Miniatur - von der Machart, dass der Leser nicht weiß, wie weit der Text real oder fiktiv ist - trägstu uns vor und am nächsten will mir der Berg als einer von unbenannten Problemen / Sorgen erscheinen, die es zu bezwingen gilt und ein schlimmes Ende nimmt, wenn Schlagworte wie "eingemauert sein", "Tod", "Verlobungsring" und eine gesteigerte Wahrnehmung des eigenen Atems genannt werden - und wie ließen sich die drei letzten Wörter auffassen?, wenn nicht als "letzte" drei Worte,

liebe hannahkoch01, hannahkoch01

und damit herzlich willkommen hierorts!

Hier

Ich bin eingemauert, in dreckigem weiß.
meine ich, solltestu die Farbe substantivieren (es lässt sich halt ohne den Sinn zu ändern ein Artikel vors Attribut setzen, "in (einem) dreckigen Weiß" (was ja dann schon wieder gräulich ist ...

Bin gespannt auf Dein nächstes Werk

Friedel

 

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