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Der Baum und der Alte.
Eines Tages, mitten im späten Frühling, verstarb eine alte Frau. Sie hatte schon ein erfülltes Leben hinter sich zusammen mit ihrem wundervollen Ehemann.
Dieser alte Mann blieb aber jetzt zurück und wusste nicht was er alleine erreichen sollte. Er saß den ganzen Tag vor seinem alten Haus und Monate um Monate vergingen. Das Haus wurde immer baufälliger und der Mann mit ihm.
Doch eines Tages, als er morgens wie jeden Tag am Grab seiner Frau zu ihr sprach, auch wenn es nur in seinen Gedanken war, sah er einen grünlichen Ast aus dem Grab seiner Geliebten wachsen. Gleich einer Hand wuchs der Ast heraus und der alte Mann war zuerst erstaunt woher dieser Ast kam, denn eigentlich pflegte er zumindest das Grab seiner geliebten täglich. Er wollte sich schon um die Entfernung dieses kleinen Geästs kümmern als er plötzlich eine Stimme in weiter Ferne zu vernehmen schien. "Haltet ein, lasst mich wachsen", flüsterte die Stimme, die dem alten Mann sehr bekannt vorkam. Es war die Stimme seiner verstorbenen Ehefrau, seiner auf ewig Geliebten.
Also ließ er sofort die Finger von Spaten und Hacke und kümmerte sich stattdessen um das Bäumchen. Als er am nächsten Tag wieder nach dem Bäumchen sah war es bereits zu einem stattlichen Baum heran gewachsen. Der Alte erschrak als er in dem Stamm des Baumes seine Verstorbene andere Hälfte erkannte. Er setzte sich an den Fuß des Baumes und plötzlich passierte etwas unbeschreibliches. Überall an den Ästen sprossen Blätter und die starken Zweige schlangen sich um den Mann und hoben ihn hoch neben das Abbild seiner Ehefrau. Als er nun so da lag und die Rinde des Baumes anschaute, blühten alle Blüten des Baumes auf und dem alten Mann wurden die Glieder schwach. Ihm fielen die Augen zu, er schlief entspannt ein und wachte nie wieder auf, zumindest nicht in unserer Welt, sondern vereint mit seiner Liebsten im Tod als verschlungener Baum.