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Der Bauchschuss

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09.09.2013
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Der Bauchschuss

Anton Moser sah nur noch verschwommen. Er fühlte sich so leicht, als flöge er durch den Raum mit der seit Wochen verschlossen Tür, dessen einziges Fenster aus dickem Glas nur wenig Licht durchließ. Vor allem wegen der Einsamkeit hatte sich Anton in seltsamer Weise verändert.
Anton hörte, wie im Nebenzimmer die Tür aufging.
„Der Gestank wird immer unerträglicher, schlimmer als Scheiße. Das ist bald nicht mehr zumutbar“, hörte Anton die Stimme aus dem Nebenraum. Der Bewacher schien Besuch zu haben. Sicher würden sie wieder über ihn reden. Anton hatte den Mann, der die letzten Tage nichts anderes getan hatte, als sich über Gerüche zu beklagen, noch nie gesehen. Auch die anderen Bewacher nicht.
„Lassen Sie mich zu meinem Jungen.“ Es war die Stimme seiner Mutter. Anton freute sich, wurde traurig, denn er schämte sich. Dann freute er sich wieder auf seine Mutter. Er hätte weinen können, wenn seine Augen intakt gewesen wären. Wegen seinem Anderssein fühlte Anton Mitleid und Schuld. Wie konnte er seiner Mutter solchen Kummer zufügen. Er wusste, dass sie gerade diese Art von Gerüchen, die seine neue Form aussandte, überhaupt nicht vertrug; er konnte aber nicht wissen, dass sie ihn noch nicht gerochen hatte. In seinem Inneren pochten die letzten Reste seines Herzens gegen einen Brustkorb, der schon fast verschwunden war.
„Wir öffnen die Tür nicht mehr. In dem Zimmer ist nur noch übler, unausstehlicher Gestank.“ Die männliche Stimme im Bewachungszimmer sprach wohl zu seiner Mutter. „Es ist nur noch eine trübe Wolke drin. Ich habe den behördlichen Auftrag, den Gestank nicht herauszulassen“, schrie die Stimme. Dann hörte Anton seine Mutter schluchzen. Aber er verstand ihr Gefühlszustand gut, denn Anton hatte sich offenbar in eine Wolke verwandelt. Genauso fühlte er sich. Er bestand nur noch aus Gasen.
„Was meinen Sie wohl, wie mich diese Stinkwolke nervt“, ertönte die tiefe Stimme von neuem. Jemand drückte den Türgriff herunter, wohl Antons Mutter.
„Stinken tut er, er ist zu einem Gestank geworden, ihr lieber Sohn. Sie sollten sich schämen“, sagte der Mann. Antons Mutter wimmerte, er solle endlich die Tür aufmachen.
„Die Arbeit bleibt an mir hängen“, fuhr der Mann fort. „Dieser Mief wird mich noch umbringen.“ Jetzt hatte Anton das Gefühl, als ob der Mann mitweine. Die Person hatte mal ihren Namen gesagt, aber Anton hatte ihn vergessen. Es muss ein gewöhnlicher Name gewesen sein, vielleicht Schmidt oder Bauer.
„Anton! Anton! Bist du da drin?“, schrie die Mutter, während sie an die Tür hämmerte. Anton versuchte zu antworten, aber er konnte nicht. Sein Mund, wenn man noch von einem Mund reden konnte, bestand aus Gas, vielleicht aus einem ähnlichen Gas, aus dem zukünftige Gaswesen beständen. Anton war nicht mehr in der Lage, korrekt zu riechen, aber er hatte eine Vermutung, was aus ihm geworden war. Anton hatte Phantasie, er konnte sich vieles vorstellen. So war ihm klar, dass sich die Teile seines Körpers, die Organe, die Gewebe, die Zellen, getrennt und neu vermischt hatten, um sich dann mit molekularen Kräften in einen Gashaufen zu formieren. Anton dachte an ferne Planeten. Dort hätte er vielleicht besser leben können. Wie er hörte, ginge kein guter Geruch von ihm aus. Die Darmflora müsste sich in den Gaskörper gemischt haben und auf die Außenseite gelangt sein. Milliarden von Darmbakterien, die Gase produzierten, müssten aktiver als im normalen Leben geworden sein und den Gaskörper an der Außenseite stabilisieren. Ja, nur so konnte er sich das erklären, die Darmbakterien waren schuld. Sie allein trugen die Schuld an seinem Unglück. Sie sollten ihm bei der Verdauung helfen und jetzt hatten sie ihn auf der ganzen Oberfläche eingegast. Er sah im Geiste, wie ein Autovergaser Benzin nur in eine Richtung zerstäubte. In seinem alten Körper war die Richtung des Gastransports in einem intakten Darm ebenso vorgegeben gewesen und Anton trauerte vergangenen Zeiten nach.
„Armer Anton“, klagte die Mutter vor der Tür. „Dieses Unglück unserer Familie, immer hat unsere Familie so furchtbares Unglück, immer bringen Vorschriften und ihre Durchsetzter unsere Kinder in den Tod.“ Anton hörte ein Poltern.
„Jetzt ist aber gut“, sagte der Mann. „Niemand hat ihrem Stinkteufel etwas getan.“
„Mein Anton stinkt nicht. Es sind Sie und Ihre Vorgesetzten, die so stinken“, fauchte Antons Mutter den Bewacher an.

Anton überlegte, was sie wohl meine. Er erinnerte sich an einen Besuch auf dem Friedhof, mit seinen Eltern und den Großeltern. Er wusste nicht mehr, ob er bereits selbst gehen konnte. Eher hatten ihn seine Mutter und Großmutter abwechselnd getragen. Vor einem Grabstein, einem Monument aus grauem Granit, waren sie stehen geblieben. Auf dem Grab hatte eine gelbe Lilie geblüht, unter deren Blättern ein fast schwarzer Krötenkopf mit Schlitzpupillen hervorschaute, die erste Kröte in Antons Leben. Ein gemeinsames Weinen hatte dann begonnen. Nur Anton war still geblieben. Sonst war es Anton, der schrie. Ein Wind brachte Kälte und Anton steckte seine Hände in Omas Jackentasche.
„Ein Bauchschuss“, schrie die Großmutter.
„In Afrika“, jammerte der Großvater und nahm eine Schnapsflasche aus der Tasche.
„Trink nur Vater“, sagte die Mutter, „ich weiß noch, wie sie kamen. Und wir haben ihn nie mehr gesehen.“
„Ja“, erwiderte der Großvater, nahm einen Schluck und blickte merkwürdig abwesend zu Antons Mutter. „Er war erst achtzehn und du gerade elf.“
„Vor neunzehn Jahren“, murmelte die Großmutter.
Ein merkwürdiges Gespräch, dachte Anton. Dann blickte er in die Ferne in den schwarzen Wald.
„Was er für Schmerzen ausgehalten haben muss, mein armer Junge“, weinte die Großmutter. Der Großvater und die Mutter vergossen ebenfalls Tränen, denn das Geschehene im Unbekannten klebte fest in ihren Gehirnen. Das Geheul zeigte Anton sehr früh in seinem Leben, dass es da etwas gab, um das er sich auch Sorgen machen müsse. Er fühlte, dass die Alten es bei den Gedanken belassen bleiben wollten. Anton kannte die Dialoge auswendig. Er achtete auf die Worte, wie sie jedes Mal anders gewählt wurden.
„Ein riesiges Blutloch muss im Bauch gewesen sein“, schluchzte der Großvater und senkte den Arm, in dessen Hand er die Schnapsflasche hielt. Er wollte es nicht sagen, auf jeden Fall nicht so. Aber das waren seine Gedanken, die er wohl in eine andere Welt bringen wollte.
„Stinkt so was auch?“, fragte Anton. Alle drei blickten verwundert auf Anton. Er störte ihre Gedanken. Die Frage verschlimmerte die Trauer und brachte sie auf einen Höhepunkt, der die Gesichter der Erwachsenen erstarren lies. Das grausamste Bild tauchte vor ihnen auf. Und sogar Anton sah bald rote und braune Säfte aus einem Bauchloch rinnen. Aus einen Körper, der ausgestreckt auf dem Boden lag, und vielleicht noch schrie und sich wie eine angebissene Schlange fortzubewegen versuchte. Sie alle sahen die gleichen Bilder. Ihre Tränen waren die gleichen. Jetzt weinte auch Anton. Er wusste, dass es stank. Niemand antwortet ihm. Und er wusste bereits ebenso, wo die Körperlöcher zu sein hatten und was herauskam, zumindest kannte er es teilweise.
Die Großmutter fuhr mit der Hand über Antons Bauch.
„Schön, dass wir dich jetzt haben“, sagte der Großvater und blickte zu Anton hinunter.

Solche Besuche auf dem Friedhof hatte es noch nach Jahren gegeben. Solange bis die Großmutter von den Ärzten und Pfarrern und der Großvater vom Schnaps geholt worden waren. Jetzt lagen sie neben ihrem Sohn. Den Text auf dem Grabstein hatte Anton erst ein paar Jahre später lesen können. Niemand hatte ihn vorgelesen. Er wusste nur von der Mutter, dass die Großeltern großen Wert darauf gelegt hatten, dass der Name ihres Sohnes hier und nicht irgendwo auf einem Massengrab auftauchen würde. Als er lebte, wollte der jetzt irgendwo begrabene oder an der Luft verweste Onkel Schreiner werden und er hatte Antons Mutter ein Puppenhaus aus weichem Holz gebastelt. Ein Häuschen, das seine Mutter bei ihren Spielsachen in einem Koffer aufbewahrte. Oft hätte sie damit gespielt, sagte sie; und nach dem Tod ihres Bruders holte sie es nun zum ersten Mal hervor, um es Anton zu zeigen. Anton könne ja auch Schreiner werden, meinte sie; aber Anton wollte nicht. Er war dabei, Buchstaben zu lernen und plante, sich irgendwann mit geheimen Zeichen zu beschäftigen. Er blickte auf den Grabstein. Noch war Anton der Sinn des Textes nicht ganz klar: „Johannes Bellmann, 1924 – 1942, gefallen in Afrika.“
„Gefallen?“, fragte Anton seine Mutter. „Ich bin auch schon gefallen und mein Name steht nicht auf dem Stein.“
„Er wollte nicht …, dein Onkel Johannes, …“, antwortete die Mutter und Anton spürte, dass es besser wäre, nicht weiter zu fragen, denn es bildeten sich Tränen in ihren Augen.

Inzwischen war es vor der Tür still geworden. Anton hörte seine Mutter nicht mehr und auch der Aufseher schien weg zu sein. Auf jeden Fall fühlte sich Anton verlassen. Er ging zur Tür, fühlte das Metall, so wie eine Gaswolke das tut, und stieß endlich auf Ritzen und das Schlüsselloch. Anton presste seinen Körper durch die Öffnungen, bis er einen Widerstand spürte. Sein Körper kam nicht weiter. Er hängte fest. Aber soweit es seine in der Gaswolke delokalisierten Augen zuließen, erkannte er, dass der Raum vor ihm leer war. Anton fasste Mut und zog weiter. Jetzt erst merkte er, dass sich ein Teil seines Körpers durch das Schlüsselloch gezwängt hatte, der andere daneben durch den Türspalt. Dahinter, in seinem Gefängnis, verband ein dünner, aber zäher Gasfaden die beiden Wolken, die sich ins Zimmer des Aufsehers tasteten. Der dehnbare Körper glich einem Hufeisen. Anton entschied schnell. Er zog einen Körperteil durch das Schlüsselloch zurück und entwich schließlich durch die Spalte in den Raum der Bewachung. Er fühlte sich frei und er war frei, denn er erkannte, dass er sich in seiner neuen Form durch jedes noch so kleine Loch bewegen konnte.
Anton ging in den nächsten Raum, in dem ein Mann in grauer Uniform und Brille an einem Schreibtisch saß. Der Mann begann, den Kopf zu bewegen und intensiv zu riechen.
„Scheiße“, flüsterte der Uniformierte. Er blickte in Antons Richtung, aber sagte nichts weiter. Seine Augen starrten an die Wand, sie sahen Anton nicht. Er konnte vielleicht eine Trübung erkennen und darüber staunen oder sich andere Gedanken machen. Anton näherte sich dem Mann. Dieser rümpfte die Nase, stand auf und hastete in den Flur. Der Mann blickte nach allen Seiten, denn offenbar wollte er weder gesehen noch gerochen werden. Möglicherweise dachte dieser Mann, dass er selbst der Verursacher des Gestankes wäre. Vielleicht dachte er an seine Arbeit. Anton konnte es nicht wissen, war aber erleichtert, dass man ihn nicht einmal als Lebenszeichen wahrnahm. Der Mann rieb inzwischen mit einem Tuch an seiner Brille und lahme Augen blickten so, als sähen sie nur eine Leere.
Anton flog durch den Flur und gelangte durch den unteren Spalt der Haustür ins Freie. Dem Wind konnte er keinen Widerstand leisten und so landete er in einem Holunderstrauch. Mit seinen im Wolkenkörper verteilten Muskelfasern konnte er die Äste umschlingen, so dass er verweilen und nachdenken konnte. Unweigerlich stieg leicht der Duft der Holunderblüten in ein paar seiner Geruchszellen im Inneren der Wolke. Zusammen mit dem Weiß der Blüten, das er wie sanften Schnee im ganzen Körper wahrnahm, und dem trockenen Boden, der Wärme hochstrahlte, musste er an Frau Holles Reich denken. Es wurde ihm bewusst, dass er nicht in der Hölle gelandet war. So machte er Pläne. Ein unabhängiges Leben im unendlichen Raum müsste ihm Freude bereiten.

Derartig im Holunder klebend, dachte Anton, dass er beweglicher werden müsse, denn sonst nützten ihm seine Gedanken an Onkel Johannes nichts. Er übte, seinen gasförmigen Körper vollkommen unter die Kontrolle seines Willens zu bringen. Besonders der Bauch fühlte sich geschmeidig an. Das war zwangsläufig, denn er bestand nur noch aus einer Art Rumpf. Er fühlte keinen Schmerz und kein Kribbeln. Sein Onkel Johannes ging ihm nicht aus dem Sinn, vor allem, weil Anton den Eindruck bekam, er besäße jetzt Onkel Johannes‘ Bauch, nur dass man ihn nicht mehr durch Schüsse verletzen könne. Anton lernte bis zum Abend mit Verrenkungen in alle Richtungen, sich zu bewegen. Er bildete Gasfüße, Lappen, flügelartige Ausstülpungen und Halbkugeln, bis er müde wurde und im Holunder einschlief.
Am nächsten Morgen, war sein Ziel, dorthin zu gehen, wo Onkel Johannes sein Ende gefunden hatte. Sicher hätte er ihm, dem Neffen, dem Experten für Geheimschriften, irgendeine Botschaft hinterlassen. So zog er als Wolke knapp über dem Boden nach Süden, in die Richtung, wo sein Onkel gefallen war. Was hätte er auch sonst tun sollen? Nach Hause getraute er sich nicht in seiner gegenwärtigen Form. Die Menschen rannten vor ihm weg. Anfangs war Anton noch etwas traurig darüber, doch bald war ihm das egal und er ging seinen einsamen Weg.
Er lernte, schneller zu fliegen und brachte es auf 80 Kilometer pro Stunde. Die Leute, denen er begegnete und die vor ihm flüchteten, konnten ihm gar nicht so schnell nachriechen, wie er verschwand. Klagen oder Schimpfen über Gestank hörte er immer weniger. Er nahm in seiner Wolke die hineinkommenden Bakterien der Luft als Nahrung zu sich und war froh, nicht mehr aufs Klo gehen zu müssen.
Hasen und Rehe rannten vor ihm davon, obwohl sie die Anton-Wolke eigentlich weder sehen noch hören sollten. Sie röchen ihn gegen den Wind, beobachtete Anton. Als er sich einem Dorf näherte, erschien ein Hund, schnüffelte ihn an und getraute sich schließlich in die Wolke. Anton gefiel, wie ihn das Fell berührte. Aber schon bald hatte sich der Hund sattgerochen und verschwand wieder.
Anton bewegte sich ins Dorf. Am Brunnen unterhielten sich zwei Frauen. Die eine trug ein dünnes Sommerkleid, die andere enge, kurze Hosen. Sie waren nicht älter als dreißig.
„Ich muss jetzt nach meinem Hund schauen“, sagte die eine im Kleid, deren braune Haare über die nackte Schulter hingen, und drehte den Kopf zu Anton. Nur kurz blickte Anton in ihre blauen Augen, die keine Spur von Abweisung zeigten, als plötzlich beide die Nasen rümpften und sich vorwurfsvoll anblickten. Dann gingen sie schweigend auseinander. Anton tat das leid. Wie gut hätte er als Wolke über ihre Körper streicheln können. Jetzt war er schuld, dass sie vor ihm und voreinander wegrannten, und umso klarer wurde es ihm, dass er dorthin musste, wo Onkel Johannes gekämpft hatte, hoffte, dort eine geheime Nachricht entschlüsseln zu können. In seinem jetzigen Zustand, könne ihn für solch eine Tat niemand mehr bestrafen.

Anton suchte nach Symbolen. Zeichen, die da sein müssten, denn deswegen hatte man ihn ja eingesperrt. Die Behörden hatten ihm vorgeworfen, er hätte eine gasförmige Geheimschrift entwickelt und wäre ein Spion. Davon hatte Anton nichts gewusst. Er hatte jedoch Figuren mit Strichen und Kurven auf Papier geschrieben, weil er das gerne tat. Danach hatte er diese Zeichen mit Hilfe eines Computerprograms nachgemalt und gespeichert, eben auch, weil er das tun wollte. Das hatte man ihm vorgeworfen. Die Codes waren von der Festplatte des Computers verschwunden und müssten daher irgendwo anders sein. Anton hätte gegen allgemeine Konventionen verstoßen. Als dann Anton erklärte, sein Ziel wäre es, eine Schrift mit Gasen zu entwickeln, hatte man ihn eingesperrt. Endlich hatte man feste Beweise gegen ihn gefunden. Geheimcodes mit Gasen! Er würde sich mit Unsichtbarem beschäftigen. Ja, es war das Unsichtbare, was den Beamten Angst einflößte, und Anton hatte das Gefühl, dass sie mit Luft hantierten.

Anton zog weiter nach Süden. Je wärmer es wurde, desto mehr blähte sich sein Gaskörper auseinander. Manchmal fühlte sich Anton wie in einem heißen Bad. Angenehm war es über das Mittelmeer zu gleiten. Nur gab es für seine Ernährung weniger Bakterien in der Meeresluft; dafür konnte er seinen Salzbedarf decken. Der Wind kam aus Westen und trieb ihn trotz seines Widerstandes nach Osten. Antons Körper zog sich zusammen, weil er fror. Über und neben ihm, stieg ein blau-weiß-gescheckter Vogel mit einem auffallend dicken Hals immer wieder zum Himmel hinauf, um dann fast senkrecht von oben in Antons Richtung zu stürzen, eine syrische Wammentaube, und Anton spürte die Nähe zum Ufer. Nach mehreren Stunden erreichte er einen Sandstrand, auf dem er sich ausruhte und nach allen Seiten in eine Leere blickte. Die Taube war verschwunden. Er bewegte sich über einer Sandwüste weiter, wobei sich sein Körper in der Hitze wieder aufblähte, bis er in eine Stadt kam und Menschen sah.
Anton näherte sich einer verschleierten Frau. Er dachte gleich an Onkel Johannes. Seine Großmutter hatte ihm nämlich erzählt, wie dieser den Schleier einer Frau gehoben habe, um endlich wieder in ein Frauengesicht zu sehen. Ein zurückgekehrter Kamerad hätte das erzählt und man konnte zu Hause den armen Johannes verstehen, der schon über ein Jahr unter Soldaten zugebracht hatte. So ein Tuch hochzuheben, wäre verständlich, hatte Antons Großvater gesagt. Nur in dem fremden Land hätte er das nicht tun dürfen und er wäre deswegen verprügelt worden. Anton war froh, dass man eine Gaswolke nicht verprügeln kann, doch die Frau lief bereits mit den Händen vor der Nase und geducktem Kopf davon.

Anton brach nach Osten auf. Er umging Dörfer und Städte und stieß auf ein Wüstengebirge, das er überflog. In einer Schlucht entdeckte er eine Ansammlung von Menschen. Anton wollte nicht zu ihnen hinunter, als er sah, dass einer eine Rede zu halten schien. Manche hoben mit Fäusten die Arme in die Höhe und schrien unverständliche Worte. Anton zog es weiter. An den Hängen der anderen Seite vernahm er Geräusche: Poltern, vielleicht Schüsse. Anton blickte nach beiden Seiten und erkannte auf der einen Seite Panzer, auf der anderen Soldaten mit Gewehren. Die Fronten näherten sich. Anton spürte, wie etwas durch in flog. „Der Bauchschuss“, dachte er, doch er spürte nichts.
Anton ging zwischen die Fronten. Die Soldaten hoben die Köpfe und schnüffelten.
„Giftgas!“, schrie einer und die Soldaten rannten in die andere Richtung. Anton näherte sich den Panzern, die bald stehen blieben. Mit aufgerissenen Augen spähten die aus den Panzern steigenden Soldaten in die Umgebung. Einer musste sich übergeben. Dann rannten sie davon. Anton Moser beendete einen Kampf.

Es waren reflektierende Sonnenstrahlen, die Anton zum Anhalten brachten. Er bewegte seine Sehzellen auf die Unterseite und starrte auf eine rundliche, hellgraue Erhebung im Sand. „Onkel Johannes“, dachte er und versuchte zu graben. Es gelang ihm jedoch nicht, eine gasförmige Hand in den Sand zu stecken. Der fanatische Drang, das Ding zu heben, und seine störrische Idee, in dieser Gegend neuartige Zeichen zu finden, müssen den Anstoß dazu gegeben haben, dass Anton plötzlich in seinem alten Körper dastand. In der Hand hielt er bereits einen menschlichen Schädel, aus dessen Innerem eine graugelbe Schlange mit zwei Hörnern auf dem Kopf vor ihn fiel. Sie grub sich sofort mit wuchtigen Wirbeln in den Sand und Anton las über ihr ein ‚g‘. Durch die Augenlöcher des Schädels bröselte Sand, der auf dem Boden die Symbole ‚ehe…‘ bildete. Zumindest stellte Anton sich das so vor. Weiter konnte er nicht lesen. Es knallte und gleich fühlte er einen wahnsinnigen Schmerz in seinem Bauch. Das letzte, was Anton sah, waren zwei Soldaten in der Ferne. Dann sank er in den Sand neben den Schädel. Anton war gefallen.

 

Hallo Fugu,

nach dem Lesen des ersten Absatzes musste ich wieder an deine abgefahrene „Bohnen“-Geschichte denken und habe mich die ganze Zeit gefragt, was denn da wieder abgeht. :lol:

Leider bin ich etwas ratlos zurückgeblieben. So toll wie die erstgenannte Story finde ich diese leider nicht.

Textliches:

seit Wochen verschossen war
verschlossen

nur wenig Licht durchlies.
durchließ (kommt später noch einmal)

Es war die Stimme seiner Mutter. Anton freute sich, wurde traurig. Dann freute er sich wieder.
Abgesehen von der kindlichen Formulierung frage ich mich, warum er denn so Gefühlsschwankungen hat.

Er wusste, dass sie gerade diese Art von Gerüchen, die er gegenwärtig aussandte, überhaupt nicht vertrug;
Gegenwärtig? Welche Gerüche sendet er denn sonst aus?

Ich habe den behördlichen Auftrag, den Gestank nicht herauszulassen
Das finde ich gut und ich dachte, da kämen noch mehr von solchen Verordnungen etc. , so dass ich hier eine bestimmte Richtung erwartet hatte. Aber leider war dem nicht so.

So war ihm klar, dass sich die Teile seines Körpers, die Organe, die Gewebe, die Zellen, getrennt und neu vermischt hatten,
er bestand nur noch aus einer Art Bauch, in den sich alle anderen Orange hinein gemischt hatten.
Organe.
Wiederholung.

In seinem alten Körper
Hm. ich habe ihn mir jung vorgestellt. Wir alt ist denn dann seine Mutter, wenn er schon „alt“ ist?

immer bringen Vorschriften und ihre Durchsetzter unsere Kinder in den Tod.“
Hier blinzelt dieser Verordnungskram wieder mal kurz durch. Schade, dass du das nicht weitergeführt hast.

Er erinnerte sich an einen Besuch auf dem Friedhof, mit seiner Mutter und den Großeltern.
Irgendwie haben mich die anwesenden Personen glauben lassen, dass da Antons Vater im Grab liegt, nicht sein Onkel.

Wenn er noch nicht laufen konnte, konnte er sich auch nicht an die Worte am Grab zurückerinnern. Das passt vom Alter her nicht. :teach:

„Trink nur Vater“, sagte meine Mutter,
Hier ist die Perspektive falsch. „Die Mutter“, nicht „meine“.

denn das Geschehene im Unbekannten klebte so fest wie Röhrenwürmer auf Kalk in ihren Gehirnen.
Komischer Satz.
In wessen Gehirnen? So wie es hier steht, in denen der Röhrenwürmer.

doch die Worte drangen wie Notdurften heraus.
Floss da Scheiße aus ihren Mündern? :sealed:

Er achtete auf die Worte, wie sie jedes Mal anders gewählt und gesetzt wurden.
Diese Formulierung – Worte setzen – kannte ich noch nicht. Oder meinst du „zusammensetzen“?

„Stinkt so was auch?“, fragte Anton. Alle drei blickten verwundert auf Anton.
Hier hast du mich verloren. Ich hatte ihn mir als Baby oder Kleinkind vorgestellt, von wegen „ob er bereits selbst gehen konnte.“

Am Brunnen unterhielten sich zwei Frauen. Die eine trug ein dünnes Sommerkleid, die andere enge, kurze Hosen. Sie waren nicht älter als dreißig.
Manchmal sind mir da zu viele Beschreibungen der nebensächlichen Dinge. Das hier oder die Hunderasse. Oder ich verstehe den Sinn nicht.

Die Behörden hatten ihm vorgeworfen, er hätte eine gasförmige Geheimschrift entwickelt und wäre ein Spion.
Das gefällt mir. Leider wird das nicht weiter ausgeführt.

„Der Bauchschuss“, dachte er, doch er spürte nichts. Anton besaß keine Gedärme mehr, kein Blut, keine Haut, keinen Darminhalt, keine Lymphe, nur ein Gashaufen mit Zellen.
Unnötige Beschreibung. Wissen wir doch längst :Pfeif:

So richtig gefallen hat mir die Geschichte leider nicht.
Das Ende mit dem Giftgas fand ich auch nicht den Brüller. Wenn das der einzige Grund sein soll, dass Anton eine Wolke bzw. Gas sein soll und so seinen Onkel rächt (btw: Wo steckt Antons Vater?), finde ich das etwas lahm. Und warum musste es unbedingt ein Bauchschuss sein?
Sorry, aber vielleicht gehöre ich auch nur nicht zur Zielgruppe.

Hoffe, du kannst dennoch was mit meinen Anmerkungen anfangen.

Schöne Abend und liebe Grüße :)
GoMusic

 

Hallo Fugusan.

Ich verstehe die Geschichte nicht. Sie ist sprachlich und inhaltlich wirr, da kann ich nicht so recht folgen.

Die Idee, aus der Sicht eines Menschen zu schreiben, der sich in eine Gaswolke verwandelt hat, find ich erstmal herrlich schräg. Das hat schon was. Aber was du dann daraus machst, sagt mir nicht wirklich zu. Wie gesagt, ich versteh es halt nicht, ich begreife die Zusammenhänge nicht. Zuerst ist Anton in diesem abgeschlossenen Raum und hört seine Mutter vor der Tür schluchzen und den Wachmann meckern. Dann kommt Anton da raus, weil er sich als Gas durch kleine Ritzen bewegen kann und denkt sich, dass es doch das beste sei, zu dem Ort zu gehen, an dem sein Onkel erschossen wurde. Und dort angekommen, oder zumindest irgendwo in der Nähe davon, beendet er dann einen Kampf. Zwischendurch erinnert er sich noch an das Begräbnis seines Onkels und an seine Versuche, einen Geheimcode oder so etwas zu entwickeln. Und aus irgendeinem Grund ist der Bauchschuss noch ganz besonders wichtig. Sorry, aber da blick ich nicht durch.

Dein Einsatz von Sprache macht die Sache nicht besser. Es klingt alles furchtbar umständlich und unstrukturiert. Dazu ständig diese Wiederholungen.

Exemplarisch mal ein Auszug aus dem Text:

Anton suchte nach Zeichen. Zeichen, die da sein müssten, denn deswegen hatte man ihn ja eingesperrt. Die Behörden hatten ihm vorgeworfen, er hätte eine gasförmige Geheimschrift entwickelt und wäre ein Spion. Davon hatte Anton nichts gewusst. Er hatte jedoch Zeichen mit Strichen und Kurven auf Papier geschrieben, weil er das gerne tat. Danach hatte er diese Zeichen mit Hilfe eines Computerprograms nachgemalt und gespeichert, eben auch, weil er das tun wollte. Das hatte man ihm vorgeworfen. Die Zeichen waren von der Festplatte des Computers verschwunden und müssten daher irgendwo anders sein. Anton hätte gegen allgemeine Konventionen verstoßen. Als dann Anton erklärte, sein Ziel wäre es, eine Schrift mit Gasen zu entwickeln, hatte man ihn eingesperrt. Endlich hatte man feste Beweise gegen ihn gefunden. Geheimcodes mit Gasen! Er würde sich mit Unsichtbarem beschäftigen. Ja, es war das Unsichtbare, was den Beamten Angst einflößte, und Anton hatte das Gefühl, dass sie mit Luft hantierten.

Ich hab da jetzt einfach mal alles (?) markiert, was in irgendeiner Form eine Wiederholung darstellt. Das liest sich wirklich nicht schön. Selbst wenn du bewusst auf Wiederholungen setzst, kann man das sicherlich besser machen. Allerdings hatte ich gerade wegen dieser ständigen Wiederholungen, wegen dieser umständlichen Ausdrucksweise die ganze Zeit das Gefühl, Anton sei ein Kind. Aber bevor er sich in eine Gaswolke verwandelt hat, muss er wohl etwas älter gewesen sein, sonst hätte man ihn wohl nicht einfach eingesperrt.

Also ich mag die Ausgangsidee, aber der Rest ist mir zu wirr, zu unverständlich, sprachlich wie inhaltlich.

Liebe Grüße
Mix

 

Hallo maria.meerhaba,
ich bin jetzt Deine Kritik mehrmals durchgegangen und habe versucht, sie zu verstehen. Das, was mir einleuchtete, habe ich korrigiert, z. B. das erste „aber“ gestrichen und ein paar Sätze umgestellt. Dann habe ich wieder das Bild auf dem Zweihundert-Franken-Schein betrachtet und mir überlegt, warum man sich vor Bergen fürchtet. Du meinst, ich schriebe wie ein Kind. Ich bin eben ein Kind geblieben und da bin ich froh, nicht wie ein Greis zu schreiben. Oder ich schriebe für Kinder? Das ist für mich auch kein Problem, es bedeutet ja, dass es verständlich ist. Der Typ wird dir auch nicht sympathisch! Das ist klar, der stinkt und weil er anders ist, hat man ihn ja auch weggesperrt. Warum man bei Behörden manchmal schreit, ist mir auch nicht klar. Man kann immer zu jemandem anderen sprechen, auch wenn man den nicht sieht. Natürlich kann sich jeder Mensch etwas vorstellen. Einer mit Phantasie kann sich eher Dinge vorstellen, die es in seiner Wahrheit nicht gibt. Vielleicht bedeutet Phantasie besitzen, dass jemand phantastisch über Phantasien phantasiert. Dass er „eiskalt“ trauert, heisst hier, dass er doch nicht so viel verloren hat, wenn er genauer darüber nachdenkt, aber nur unter dieser Bedingung. Trotzdem danke fürs reinschauen. Ich habe kein Problem damit, dass Du nicht bis zum Ende durchgehalten hast. Geht mir auch oft so ähnlich.

Ich mein, du bist schon länger hier, das ist die erste Geschichte von dir, die ich kritisiere und es kommt mir so vor, als hättest du in den letzten drei Jahren überhaupt keinen Fortschritt gemacht. Na, für mich ist das nichts.
Wenigstens siehst Du keine Rückwärtsentwicklung.
Vielleicht habe ich die Geschichte zu früh eingestellt. Die Antwort ist vielleicht auch etwas wirr, so wie die Geschichte. Ich warte mit weiteren Korrekturen ein paar Tage (Wochen).
Viele Grüsse
Fugu

Hallo GoMusic,
besten Dank fürs Reinschauen und das Aufstöbern der Schnitzer. Ich habe Tastaturen ohne Scharfess oder muss das Zeichen immer suchen, und lass das immer automatisch korrigieren, in der Hoffnung, dass sich da bald was ändert, oder, dass ich es mal begreife. Die Perspektivenfehler sind noch aus der Version mit einer anderen Perspektive und jetzt korrigiert. Ich habe den Text zu früh eingestellt. Das, was du angesprochen hast, sollte jetzt geändert sein. Über das Nebensächliche in der Haupthandlung muss ich noch nachdenken. Es hilft mir unheimlich, dass Du die Sätze, die Dir gefallen haben, hervorgehoben hast.

Wenn er noch nicht laufen konnte, konnte er sich auch nicht an die Worte am Grab zurückerinnern. Das passt vom Alter her nicht.
Es gibt Kinder, die laufen sehr spät, sehr zum Ärger der Eltern. Dafür quasseln sie sehr früh. Und dieser Typ ist von Anfang an komisch.
Hat mich sehr geholfen, dass Du die Geschichte korrigiert hast. Sobald ich Distanz habe, gehe ich da noch mal ran. Dann werde auch ein bisschen älter und vielleicht weiser sein.
Viele Grüsse
Fugu

Hallo Mix,
erst mal vielen Dank für Dein Feedback, fürs Lesen und Kommentieren. Die Geschichte kommt wohl wegen der Wirrnis nicht gut an. Ich bin am Überarbeiten. Wahrscheinlich muss ich ganze Passagen streichen. Wiederholungen, solche die stören, habe ich entfernt, möglich, dass noch welche drin sind. In der Passage, die du markiert hast, zeigen die Wiederholungen der Wiederholungen den Ablauf der Bürokratie oder sollen ihn irgendwie darstellen. Der Typ bildet sich ein, er hätte von der Bürokratie einen Bauchschuss bekommen, weil ein Seitenvorfahre ähnlich sinnlos so einen Bauchschuss erhalten hat. Der Typ ist krank im Gehirn und meint, er sei frei. Das muss ich möglicherweise besser darstellen. Ich denke auch über ein anderes Ende nach, da gibt es mehrere Möglichkeiten. Auf jeden Fall, vielen Dank für die Darstellung Deines Eindrucks. Freut mich, dass dir die Grundidee gefällt.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo Fugusan,

ich verstehe deine Geschichte glaube ich auch nicht. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass du eine Intention und eine Prämisse im Kopf hattest, die du mitteilen wolltest. Falls du so eine Prämisse vor Augen hattest, würde ich dir empfehlen, das irgendwie deutlicher auszubauen?

Weiterhin wirkt der Text auf mich ... irgendwie halbgar, unüberarbeitet, wie ein erster Wurf:

Die Darmsäfte und Schweißtropfen müssten sich irgendwie in den Gaskörper gemischt haben und auf die Außenseite gelangt sein. Milliarden von Darmbakterien, die Duftgase produzierten, müssten aktiver als im normalen Leben geworden sein. Ja, nur so konnte er sich das erklären, die Darmbakterien waren schuld. Sie allein trugen die Schuld an seinem Unglück. Sie sollten ihm bei der Verdauung helfen und jetzt hatten sie ihn auf der ganzen Oberfläche eingegast.
Da gibt es einige Details, die ich dir einfach nicht zu 100% abkaufe ... z.B. das hier. Bist du dir wirklich sicher, dass das medizinisch gesehen geht? Auch, dass Bakterien einfach so durch die Luft fliegen (von denen er sich dann ja ernährt)? Ich bin mir da echt nicht sicher, ob Bakterien überall durch die Luft fliegen, oder ob sie auf gasförmigen "Lebewesen" überhaupt haft und überleben würden. Recherchiere das! Wenn du es nicht 100% weißt, würde ich das nicht veröffentlichen. Deine Leser sind klüger, als man sich das oft denkt. Also mir wirkt das irgendwie schleierhaft, aber da ich es auch nicht zu 100% weißt, kann ich natürlich falsch liegen mit der Bakterien-Sache. Aber dass ich dir in der Geschichte nicht ganz glaube, ist immer ein schlechtes Zeichen - mein Tipp: Baue mehr Details ein, mehr Schlüssiges, was diese Gas-Dinge angeht, versuche das so zu verkaufen, dass man es als Leser auf jeden Fall schluckt. Recherchiere, und halte dich vor logischen Engpässen fern - gerade, wenn die mit Chemie/Biologie zu tun haben.

Er nahm in seiner Wolke die hineinkommenden Bakterien der Luft als Nahrung zu sich und war froh, nicht mehr aufs Klo gehen zu müssen.
s.o.

Die Behörden hatten ihm vorgeworfen, er hätte eine gasförmige Geheimschrift entwickelt und wäre ein Spion. Davon hatte Anton nichts gewusst. Er hatte jedoch Zeichen mit Strichen und Kurven auf Papier geschrieben, weil er das gerne tat. Danach hatte er diese Zeichen mit Hilfe eines Computerprograms nachgemalt und gespeichert, eben auch, weil er das tun wollte. Das hatte man ihm vorgeworfen. Die Zeichen waren von der Festplatte des Computers verschwunden und müssten daher irgendwo anders sein. Anton hätte gegen allgemeine Konventionen verstoßen. Als dann Anton erklärte, sein Ziel wäre es, eine Schrift mit Gasen zu entwickeln, hatte man ihn eingesperrt. Endlich hatte man feste Beweise gegen ihn gefunden. Geheimcodes mit Gasen! Er würde sich mit Unsichtbarem beschäftigen. Ja, es war das Unsichtbare, was den Beamten Angst einflößte, und Anton hatte das Gefühl, dass sie mit Luft hantierten.
Auch das hier. Irgendwie glaube ich das nicht. Wieso sollte eine Regierung jemanden deswegen in den Knast stecken? Klar, das kann in einem bestimmten Szenario sein, und das ist deine Aufgabe, dieses zu erfinden und mir so darzustellen, dass ich dir das abkaufe, dass sie ihn deswegen in den Knast stecken. Was ist das für ein Regime? Was hat das mit der Gasförmigkeit auf sich? Wieso ist er überhaupt gasförmig? Und wieso immer wieder der Verweis auf irgendeinen Onkel im Weltkrieg? Hä? Also ausbauen, ausbauen, auserzählen, würde ich sagen. Du lässt hier an den falschen Stellen weg, zeigst ein Szenario, das deine Leser nie ganz verstehen können, und dort fliegt eine Gaswolke umher. Ich würde dir echt raten, das Szenario auszubauen und klar zugänglich zu machen, und der Sache mit dem Gas irgendeine Bedeutung zu geben, einen tieferen Sinn, der sich beim Lesen dann auch erschließen lassen kann, und nicht so kryptisch ist, dass man alles und nichts hineininterpretieren könnte. So wirkt der Text auf mich, als ob du dich vor Recherchearbeit und Auserzählarbeit ein wenig drücken möchtest.

Noch ein Punkt: Die Sache mit dem Gestank. Das wirkt irgendwie stellenweise wie so ein Furz-Pipi-Witz ... also nicht falsch verstehen, ich meine das hier nicht böswillig, ist nur meine ehrliche Einschätzung. Dieser Typ ist eine stinkende Wolke und alle halten sich die Nase zu ... ich weiß auch nicht.

Eine letzter Punkt für mich ist, dass ich den Prot nicht kennenlerne. Wer ist das? Wieso ist er eine Gaswolke? Ich verstehe es nicht. Also für mich holpert es hier an einigen Stellen, sorry, ich würde noch mal drübergehen und auserzählen und plausible Erklärungen für alles darlegen. Sorry, ist meine Meinung, nicht persönlich nehmen, geh noch mal drüber.

Viel Erfolg
zigga

 

Hallo zigga,
es freut mich sehr, dass Du meine Geschichte gelesen und kommentiert hast.
Ich habe genau diese Art von Kritik erwartet und hatte solche Fragen regelmässig zu früheren Geschichten.
Der Wolkenkörper ist biologisch so unmöglich, dass der Leser sofort erkennen sollte, dass er sich in einem fremden Szenario befindet. Das geht in Richtung Märchen. Jedes weitere pseudowissenschaftliche Detail, ist sinnlos und würde mehr verwirren. Den Tag Science Fiction habe ich mich nicht getraut zu geben, weil auf der Erde die Physik solche Gaswesen nicht zulässt. Das grösste Problem hatte ich mit der Farbe. Die habe ich dann ignoriert und bisher hat sich kein Leser beschwert, dass der Typ wie Siegfried mit der Tarnkappe unsichtbar ist. Sich geräuschlos zu bewegen, war kein Problem, das können manche Menschen auch. Also blieb nur noch der Geruch. Den brauchte ich, um eine Geschichte aufzubauen. Ich habe den inneren Geruch nach aussen genommen und dann wieder gefragt, was wäre wenn …Was passiert, wenn jemand nur noch über den Geruch wahrgenommen wird? Zugegeben, es könnte sich auch um angenehmere Gerüche handeln. Damit liesse sich vielleicht eine bittersüsse Liebesgeschichte basteln.
Dann zweifelst Du am Wegsperren des gutmütigen Irren. Ich gehe nicht darauf ein, wer das tut, halte Menschen aber dazu fähig und die Historie zeigt solche Fälle.
Der Sinn des Gases, nach dem du frägst, ist theoretisch. Ich hatte mal gehört, dass die Seele gasförmig sein soll. Hier brauchte ich einen Verletzungs- und Behörden-resistenten Körper. Gas bot sich an. Körper aus Schwermetallen oder Kunststoffen wären eine Alternative.
Zwei verschiedenartige Handlungsfäden zusammen zu führen, ein märchenhaftes Gaswesen auf der einen Seite, auf der anderen ein in der Realität sinnlos Totgeschossener, mag schizophren erscheinen. Ich denke, dass diese Schwierigkeit bleiben wird und sich vielleicht mit skurrilen Sätzen und Handlungen regeln lässt. Zumindest erlebten beide Personen gesellschaftliche Zwänge und leere Vorschriften.
Ich bin am Überarbeiten der Geschichte. GoMusic hatte das Ende bemängelt. Ein neues und erweitertes Ende habe ich gerade eingestellt. Ich hoffe, das geht in die Richtung, die Du Dir vorstellst. Nochmals herzlichen Dank für Deine Vorschläge und Gedanken. Wir sehen das ähnlich, empfinde ich.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo,

Der Wolkenkörper ist biologisch so unmöglich, dass der Leser sofort erkennen sollte, dass er sich in einem fremden Szenario befindet. Das geht in Richtung Märchen. Jedes weitere pseudowissenschaftliche Detail, ist sinnlos und würde mehr verwirren.
Also ich bin hier nicht deiner Meinung. Gut gemachte Märchen brüsten sich jetzt nicht mit wissenschaftlichen Details oder physikalischen Fakten, aber in in der Märchenwelt selbst sind Märchenerzählungen schon immer geschlossen, logisch und für den Erzähler nachvollziehbar. Ich finde auch nicht, dass du hier ein Märchen erzählst - so rein von der Gattung her. Du erzählst eine wunderliche Geschichte, die - meines Empfindens - in keiner Märchenwelt lokalisiert ist, sondern in einer fiktiven, meinetwegen Science-Fiction-Realität. Ich sehe dich schon in der Pflicht, dass du hier ein Universum erschaffst, in dem das, was du erzählst (Wolke, Krieg, Regime) mir als Leser schlüssig erscheint. Und du versuchst das ja auch schon selbst mit "wissenschaftlichen" Erkärungen zu erzählen, wie diese Wolke funktioniert. Überlege doch mal, sämtliche Science-Fiction-Filme, -Romane, auch Märchen, da wird schon erklärt, wie was funktioniert und wieso das so ist. Auch wenn das in (unserer) Realität natürlich nicht so klappen würde, nimmt man das dem Film oder Roman immer erst mal ab. An diese Stelle musst du mit so einer Erzählung wie dieser hier kommen. Meine Meinung. Wenn du dich jetzt dagegen sträubst, sorry, dass ich so ehrlich bin, aber ich habe den Verdacht, dass es dir einfach zu viel Arbeit wäre, das dahingehend noch mal umzubiegen. Oder du siehst das eben anders als ich. Wie gesagt, ist meine Meinung, was du mit deiner Geschichte machst, ist klar deine Sache.

Gruß
zigga

 

Hallo ziga,
schön, dass Du mir weitere Anstsösse zu meiner Geschichte gibst.
Zauberer, Hexen oder Geister, will ich nicht verwenden, um den Wolkenkörper zu erklären. Daher - und, weil Orte und Zeiten definiert sind, fällt die Kategorie Märchen weg.
Als nächstes liessen sich Naturkonstanten ändern. Zum Beispiel könnte die Dielektrizitätskonstante von Luft der von Wasser ähneln. Dann wären vielleicht interzelluläre Signale in der Wolke besser möglich. Ich weiss es nicht. Darüber könnte man einen Essay schreiben und darin fantasieren. Ich habe die Erfahrung, dass technische und naturwissenschaftliche Spekulationen Leser von Geschichten abstossen.
Ich habe ergänzt, dass die Darmbakterien den Gaskörper an der Aussenseite stabilisieren, was sie vielleicht wirklich tun. Die Geschichte ist aber noch lange nicht fertig. Vielleicht teile ich sie in zwei Geschichten. Gegenwärtig erfinde ich auf dem Papier einen neuen Klebstoff.
Eigentlich freut es mich, dass Du wissenschaftliche Erklärungen forderst. Ich schreibe gerne darüber, aber das kommt nicht an. Möglicherweise liegt der Fehler aber irgendwo anders: an meinem Stil, an meinem Denken, an der Zeit? Bisher habe ich Erklärungen immer gestrichen. Hier auch schon. Was sicher auch fehlt, ist eine Erklärung dafür, warum sich nur dieser Typ in eine Wolke verwandelt und sonst niemand, da Naturgesetze im Gegensatz zu den anderen für alle gelten. Da ist mir noch nichts Brauchbares eingefallen.
Danke für Deine Gedanken.
Viele Grüsse
Fugu

 

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