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Der Bürokaufmann

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16.12.2010
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Der Bürokaufmann

Wie kam es über mich. Wie konnte es passieren. Ich war verliebt, seit wann wusste ich nicht. Und dass ich nun wusste verliebt zu sein, machte mich auch nicht glücklicher. Wie lang hatte ich mir das gewünscht. Endlich mal wieder Herzklopfen und der Schweissausbruch, der durch meinen Körper fuhr sobald ich ihn sah. Verliebt sein ist doof. Ich bin nicht mehr ich selbst und unsere Gespräche waren meinerseits nur noch verkrampft. Und damit entfernte ich mich mehr als mich anzunähern. Immerhin hatte ich nun einen Grund mich auf die Arbeit zu freuen. Ihn zu sehen war so wunderbar. Und die Wochenenden unglaublich lang. Ich traute mich einfach nicht ihn um ein Date zu fragen. Schon der Gedanke daran. Weshalb sollte er auch mit mir ausgehen. Ausgerechnet mit mir. Und wenn wir ausgingen, würde ich feststellen, dass er gar nicht so toll ist. Am Ende wäre ich so oder so enttäuscht. Also am Besten Klappe halten und so tun als sei nichts. Jeden Abend redete ich mir ein ich sei nicht verliebt. Jeden Morgen stellte ich fest, dass sich etwas einreden nicht meine Stärke ist. Sah ich ihn war meine eingeredete Überzeugung dahin. Was tun? Es heisst, Ablenkung ist die beste Medizin. So zerrte ich den schwarzen, engen Fummel aus dem Kleiderschrank und stellte fest, dass dieser auch schon einmal besser passte. Frauen sind doch immer so schrecklich selbstkritisch und ich halte darin die Spitzenposition. Aber wenn die Nachbarin von unten einen Mann gefunden hat, dann muss das bei mir doch auch klappen. Ich griff zum Telefon und rief meine beste Freundin an. Denn als Frau allein in einen Club zu gehen wirkt total strange, zu zweit sah man mir hingegen nicht gleich an, wie strange ich wirklich war. Den Wunschgedanken, das Glück zu haben, ihn eventuell zufällig im Club zu treffen, schob ich schnell zur Seite. Weshalb sollte er auch da sein?! Ach komm Celina, willkommen in die Realität. Das ist dein Leben und kein Film, oder irgendeine dubiose Reality-TV- Serie. Heute abend wir lustig und du lernst jemanden kennen in den man nicht aussichtslos verliebt sein kann.
Wir trafen uns um zehn bei mir. Ein Gläschen Wein zum Einstimmen und viel Gerede über den neusten Klatsch und Trasch. Das Thema, welches mich die letzten Tage am meisten beschäftigt hatte, lies ich unter den Tisch fallen. Ganz nach dem Motto: was man nicht ausspricht, existiert auch nicht. Wir brachen auf und bahnten uns den Weg durch die schneebedeckten Strassen. Der Wein wärmte von innen und meine Stiefel taten den Rest. Im Club war schon einiges los. Ich spürte den Boden von der Musik vibrieren und der Geruch von balzenden Männern lag in der Luft. Mein Radar war an und während ich mit Carmen an der Bar stand nahm die Selektion ihren Lauf: zu gross, zu klein, geht gar nicht, ist ok, eventuell. Schade, kein Bingo dabei. Aber ein ok und eventuell ist ja auch nicht schlecht. Wenn der Charakter stimmt, kann aus einem eventuell sehr schnell ein definitiv werden.
Ich drehte mich Carmen zu. Und vor lauter >potentielle Männer scannen< hatte ich gar nicht bemerkt, dass sie sich mit einem sehr attraktiven Typ unterhielt. Aber wenn wundert es auch. Carmen war eine wunderschöne Frau. Wäre ich nur halb so schön, könnte ich wahrscheinlich Brad Pitt heiraten. Carmen fand Brad Pitt aber doof und lebte etwas mehr in der Realität als ich. Und so gesehen war ihr Gesprächspartner ein Glanzstück, zumindest das was man von ihm in dem schummrigen Licht sah. Gut dann bleib ich mal bei mir. Ich nahm einen grossen Schluck von meinem Mojito und versuchte Blickkontakt mit Mr.Eventuell aufzubauen. Nach paar Minuten stellt ich fest, dass das so nichts wird. Also musste eine neue Taktik her. Ich ging langsam in seine Richtung, warf immer mal wieder einen Blick zu ihm rüber und bahnte mir zufällig zwischen ihm und der Menschenmenge meinen Weg zur anderen Seite des Raums. Dort stand ich nun, ungefähr 4 Meter von ihm entfernt. Also auf 4 Meter muss es mit dem Augenkontakt dann aber mal klappen. Und es klappte auch. Er schaute her, ich lächelte ihn an, er schaute wieder , ich lächelte weiter und 2 Minuten später stand er neben mir. Er hiess Stefan, war gross und seine Stimme gab mir ein Gefühl der Sicherheit. Sie war tief und doch liebevoll. Wir unterhielten uns lang und tranken Vodka lemon an der Bar. Die Chemie stimmte sofort. Gegen 2 Uhr verlies ich den Club, ohne Stefan aber mit Carmen. Stefan hatte mir seine Nummer gegeben und ich freute mich darauf ihn anzurufen. Carmen und ich teilten uns ein Taxi, als ich daheim war, ging ich sofort ins Bett. In 6 Stunden musste ich wieder in der Arbeit sein.

Der Morgen im Büro startet wunderbar. Ich hatte einen super Typ kennengelernt und mein Telefon läutete auch nicht ununterbrochen. Assistentin von Chef war zwar nicht mein Traumjob, besonders wenn er schlechte Laune hatte, aber ich war zufrieden. Wenn ich mich weiterhin so bemühen würde, könnte ich vielleicht selbst mal Abteilungsleiterin werden. Die Firma war überschaubar und jeden Tag um 11 Uhr trafen sich die Abteilungen zum Meeting. Die letzte Nacht steckte mir in den Knochen aber sie hatte sich gelohnt. Bei dem Gedanken legte ich die Hand auf mein Handy. Es war Viertel vor Elf. Ich bereitete das Dossier für die Sitzung vor und nahm noch einen grossen Schluck Kaffee. Auf dem Weg zum Meeting dachte ich an Stefan. Stefan ist super, wer ist schon dieser blöde Bürokaufmann Marius.

Das Meeting war wie immer. Der Chef redete viel und wedelte mit irgendwelchen Zetteln, einige Abteilungsleiter gaben ihre Meinung zum Besten, ich starte rüber zu Marius und versuchte gleichzeitig darauf zu achten, dass es niemand bemerkte. Super. Stefan war wie weggeblasen und mein Herz schlug etwas schneller als sonst. Ich war verliebt und zwar über beide Ohren. Ein Kaufmann namens Marius hatte mir das Herz gebrochen und ich hatte es nicht mal kommen sehen.

 

Hallo sab27

Es ist doch schön, dieses Gefühl verliebt zu sein, die Welt plötzlich in rosafarbenen Tönen wahrzunehmen und Schmetterlinge im Bauch flattern zu spüren. Du hast dieses klassische Thema für deinen Erstling hier gewählt, es so erzählt wie du es vielleicht schon ähnlich fühltest. Soweit schön, doch verdiente es etwas mehr an Lebendigkeit, die Gefühle von Celine verdichtend, die Handlung der Begegnung vertiefend. Überraschend und gut finde ich den Schluss, als sie entdecken muss, es ist Marius und nicht Stefan, der die Schmetterlinge zum Fliegen brachte. Den Titel fand ich dazu eher nüchtern, nichtssagend und wenig ansprechend. Der Stoff gibt an sich andere Möglichkeiten, etwa wie „Celines Liebesgefühle“ oder „Eine unerwartete Liebe“ oder so ähnliches.

An sich spricht mich die Geschichte an, doch wird sie sich für mich erst wirklich entfalten, wenn du den Gefühlen mehr Ausdruck verleihst und die Handlungen damit anfüllst. Vielleicht etwas weniger Chronologie, dafür mehr Affekt.

Denn als Frau allein in einen Club zu gehen wirkt total strange, zu zweit sah man mir hingegen nicht gleich an, wie strange ich wirklich war.
Hier musste ich subjektiv erahnen, was du mit strange ausdrücken willst. Anscheinend ein Dialektausdruck, da weder Duden noch Wahrig die Antwort kennen. In der Schweiz bedeutet es Strähne oder auch eine Strange Wolle.

Dennoch nicht ungern gelesen. Wäre auf eine vertiefte Fassung neugierig.

Gruss

Anakreon

 
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Hi,
erstmal vielen Dank für das Feedback. Hab es reingestellt um andere Meinungen zu hören und zu wissen, wo ich steh.
Zu deinen Anmerkungen: ich bin eben kein Fan von dieses >Popart-Romanen<. Fande es aber bei diesem Text passend und hab mich daher für ein paar kleine Elemente entschieden. Aber hast du sehr richtig erkannt, dass sie sehr selten vorkommen :)
Den Bürokaufmann hab ich mit Absicht so "blass" gelassen. Damit wollte ich das Gefühl bzw den Punkt unterstreichen, dass sich die Protakonistin verliebt, und zwar in diesen Typ der gar nicht so prominent im Vordergrund steht. Stefan dagegen tritt stärker in Erscheinung. Dadurch möchte ich quasi nochmal zwischen den Zeilen betonen, dass man in der Liebe nicht das vordergründige, das Wahre ist. Sondern das man sich verliebt und das nicht steuern kann. In der Geschichte schleicht sich die Liebe ja von hinten an, und dieser Bürokaufmann schleicht sich quasi auch an. Daher auch der nüchterne Titel. Und plötzlich entdeckt man, dass dieses Hintergründige das Eigentliche ist.
An den èbergängen werde ich weiter arbeiten, vielen Dank für den Tipp!!
Ich hoffe weiterhin auf so konstruktives Feedback :)
Lieben Dank

Hi
ich meine strange im Sinne von seltsam. Aus dem Englischen...

Vielen Dank für dein Feedback. Hab mich sehr darüber gefreut. Ich werde versuchen mehr Gefühl reinzubringen. Habs mir nochmals angeschaut und weiss im Moment eigentlich nicht wie. Aber ist ja oft bei Geschichten so. Manchmal müssen sie paar Wochen liegen, damit man was sieht.

LG

 

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