Was ist neu

Der Aufsässige

Beitritt
01.05.2003
Beiträge
64
Zuletzt bearbeitet:

Der Aufsässige

Der Aufsässige

Fjo lauerte hinter einer kniehohen Kiste und beobachtete wie Tschu mit seinen stählernen Armen das Messer auf den groben Stein hin und her wetzte. Blaue, rote und gelbe Funken sprangen in einem wilden Tanz durch die Luft. Er wetzte bereits seit einer Stunde Messer für Messer und von Mal zu Mal wurde Fjo nervöser. Er wäre zu gerne aus seinem Versteck hervorgesprungen, aber er musste sich wie ein gefräßiges Tier zurückhalten und auf einen günstigen Moment warten. Dann würde er ihn, wie er es bei all seinen Opfern handhabte, rücksichtslos von hinten packen, ihm seine Krallen in den Rücken bohren und seine hübschen schwarzen Augen aus dem furchtlosen Gesicht kratzen.

Tschu war ein richtiges Prachtexemplar - ein seltenes Geschöpf mit einer unüberwindbaren Anziehungskraft. Er war nicht nur schön – für Fjo war er der Schönste.
Mit seinen langen zotteligen Haaren ähnelte er einem Wildpferd und auch seine Art kam ihm so unbändig vor wie er es nur von einem undressierten Tier her kannte.
Aber nicht nur das reizte ihn. Tschu gehörte zu den Stärksten. Er konnte Menschen so lange durch die Luft drehen bis sie sich in seinen starken Armen übergaben. Aber seine größte Anerkennung bekam Tschu, als er einmal einem Menschen das Bein herausgerissen und ihn damit windelweich geprügelt hatte. Und doch, so stark er nun auch war, gehörte er nicht zu den Kriegern des Stammes.
Wenn er auch diese Gabe besaß, so war es nicht die einzige. Tschu war flink wie ein Wiesel. Einmal hatte er ihn dabei beobachtet, wie er einem Kaninchen hinterher gesprungen war. Er war so schnell wie ein Leopard, so bissig, so unbeschreiblich gerissen, dass er jedes Tier überlisten konnte. Und doch gehörte er nicht zu den Jägern in ihrem Volk.
Nein, Tschu bekam eine edlere Aufgabe zuteil. Er schmiedete Waffen. Er war ein Meister des Handwerks und des Feuers und Fjo vergötterte ihn dafür, denn Tschu hatte sich einen Status in ihrem Stamm ergattert, den er selber nie erreichen würde. Von Tschu hing die Existenz des Volkes ab. Er war ein Führer der hinter der Bühne stand. Er war ein Gott in der Schmiede des Krieges.

Aber so war es nicht immer gewesen. Es gab noch eine Zeit vor dem Umbruch. Damals kannten sie sich nicht. Tschu fiel ihm zum ersten Mal auf, als er vor die Menschen trat und von dem Umbruch sprach. Er redete und alle hörten zu.
So lernte er ihn kennen, leider zu spät, denn Tschu setzte an diesem Tag Maßstäbe, die ihn mit seinem Volk, ohne dass er es wusste, eine weitere Periode überleben liesen.

Tschu war einer von denen, die sich dafür einsetzten, Aufsässigen zu töten und Reviere zu bilden. Dies sagte er in seiner Rede und alle hörten zu. Fjo hätte an diesem Tag wahrscheinlich mit einigen anderen rebelliert, aber als er ihn reden hörte, als alle ihn reden hörten, wusste er, dass man diesen Mann sprechen lassen musste, denn er war ein Löwe in diesem Gebiet, der seine Gegner zerfleischte wenn es sein musste. Aber es wäre nicht dazu gekommen, denn zu dieser Zeit sehnten sich viele Menschen nach einem Führer und so sprach er wie ein Herr zu ihnen, gut und gnädig, streng und bedacht und mit Respekt. Er sprach so laut, dass seine Worte noch Tage später in Fjos Ohren hallten und seine Ohren waren wahrhaftig nicht mehr die Besten. Tschus Worte waren Gesetz und selbst diejenigen, die gegen ihn waren, hätten niemals den Mum gehabt, etwas gegen ihn zu sagen.

Doch Fjo lies sich nicht einfach so von seinen Worten abspeisen. Zwar wurden die Aufsässigen, die sich nicht bekehren ließen, getötet oder verjagt, aber Fjo durstete so sehr nach Verrat, dass er sich in dieser schwierigen Phase ruhig verhielt. Tschu zähmte alle die sich nicht auf eine Seite einigen konnten und je mehr er bekehrte, desto mehr wollte Fjo, diese – seine - Gesetze übertreten. Er hatte sich lange versteckt gehalten, war unscheinbar geblieben, hielt sich an die neuen Regeln. Aber er wusste, dass er die Gesetze nicht lange einhalten konnte und dass er die alten Regeln als Erstes bei Tschu wieder verwenden würde. Denn der „kleine Kreis“ hatte einen Aufsässigen vergessen, vergessen zu töten, zu verjagen, zu demütigen und nun wartete Fjo auf seine Stunde in der er Tschu verspeisen würde. Aus seinen Mundwinkeln floss Speichel, aber diesmal hielt er ihn nicht zurück.
Er wollte endlich wieder Menschenfleisch. Jetzt. Er wollte Tschu mit Haut und Haar.

 

Hallo Herbert,

deine Geschichte – vor allem das Ende – gefällt mir inhaltlich leider nicht besonders. Ich hätte mir einen schöneren Ausgang mit weniger Mordpotential gewünscht. Trotzdem ... die Hintergründe für Fjos Vorhaben hast du anschaulich erläutert, die Charaktere konnte man sich ebenfalls gut vor Augen führen.
Vielleicht finden andere Leser ja mehr Gefallen an deiner kleinen Geschichte.

Stilistisch ist der Text flüssig und angenehm zu lesen.

lies -> ließ

Viele Grüße,

Michael :)

 

Hallo Michael,

vielen Dank für Dein Kommentar. Sicherlich ist die Geschichte geschmacksache und wird nicht jedermann gefallen. Nun hatte ich die Idee schon sehr lange und irgendwie wollte sie sich nicht verdrängen lassen. Also musste ich sie niederschreiben.

Das Ende ist die logische Konzequenz des steigenden Handlungsablaufs in Richtung Kanibalismus. Der Plot der Geschichte könnte man in einer Frage zusammenfassen: Was wäre, wenn sich noch ein Kanibale unter einem primitiven Volk befindet?

Für "schöne" Geschichten halte ich allerdings diese Rubrik für nicht besonders gut geeignet, denn meiner Meinung nach sind "seltsame" Geschichten eher geheimnisvoll oder eben furchterregend. Aus diesem Grund passt diese Geschichte auch ganz gut rein.
Sicherlich bestätigen ein paar Ausnahmen die Regel.

Trotzdem noch einmal ein dankeschön für die schnelle Antwort und vielleicht steht schon bald eine "schönere" Geschichte als Ausnahme in dieser "seltsamen" Rubrik.

Herbert Stahlvogel

 

Hallo Herbert,

Dein Text hat leider viele kleine sprachliche Ungenauigkeiten, die sich doch zu einem ungünstigen Gesamtbild summieren.

(Zitate mit Anmerkungen - ):

Blaue, rote und gelbe Funken sprangen in einem wilden Tanz durch die Luft. Es war ein schöner Anblick und dennoch machte ihn diese hühnenartige Gestalt nervös. Er wäre zu gerne aus seinem Versteck herausgesprungen, aber er musste sich wie ein gefräßiges Tier zurückhalten und auf einen unachtsamen Moment warten. Dann würde er, wie er es bei all seinen Opfern handhabte, ihn rücksichtslos von hinten packen und ihm seine Krallen in den Rücken bohren und ihm seine hübschen schwarzen Augen aus diesem furchtlosen Gesicht kratzen
- Es war ein schöner Anblick bezieht sich auf Funken, deshalb ist „dennoch“ in Bezug auf die Gestalt unpassend. Man sagt `hünenhaft´, ohne `h´. Der Moment ist nicht „unachtsam“. „Diesem … Gesicht“ - es gibt ja kein Gesicht zur Auswahl, `dem´ Gesicht.


Einmal hatte er ihn dabei erwischt, wie er einem Kaninchen hinterher gesprungen war.

- „Erwischt“ impliziert ein Vergehen, `beobachtet´.

Fjo vergötterte ihn dafür, denn er hatte sich einen Status in ihrem Stamm ergattert, den er selber nie erreichen würde.

- „Er“ bezieht sich einmal auf Fjo, einmal auf Tschu, `denn sein Gegner hatte sich´ …

Dies ist jetzt, heute, vielleicht auch noch morgen

- Was?

So lernte er ihn kennen, leider zu spät, denn Tschu setzte an diesem Tag Maßstäbe, die ihm, ohne dass er es wusste, eine weitere Periode überleben lies.

- die ihn; ließen. Wer überlebt nun, aufgrund der Maßstäbe? (Wahrscheinlich ist Tschu gemeint).

Aber es wäre nicht dazu gekommen, denn

- Zu was? Es wird einiges aufgezählt.

Tschu zähmte alle die sich nicht auf eine Seite einigen konnten und je mehr er bekehrte, desto mehr wollte Fjo, diese – seine - Gesetze übertreten.

- und mit der wachsenden Anzahl der bekehrten Stammesangehörigen (Gegner …) stieg das Verlangen von Fjo die aufgezwungenen Gesetze des Führers (Häuptlings) zu übertreten.

Aus seinen Mundwinkeln floss Speichel, aber diesmal lies er ihn gewähren.

- `Gewähren lassen´ ist eine Personifizierung von „Speichel“ - hielt er ihn nicht zurück.

Ansonsten schildert der Text eine brutale Gesellschaft. Diese Beschreibung ist recht plastisch, doch ohne inhaltliche Entwicklung oder gar übergreifende Aussage. Mir kommt es vor, als sei das Geschriebene der Prolog für ein längeres Werk.

Leider keine besseren Nachrichten- zumindest heute.

LG,

tschüß… Woltochinon

 

Hallo,
vielen Dank für das ausführliche Kommentar. Nun, hier kann man wieder einmal sehen, was dabei heraus kommt, wenn man sich nicht für eine gewisse Zeit von der Geschichte löst und dann eine Überarbeitung vornimmt.

Und in der Tat, hatte ich schon mit dem Gedanken eines längeren Werkes gespielt, aber ein Steinzeitroman ist wohl die Aufgabe anderer Köpfe.

Die Verbesserungsvorschläge werde ich in Kürze vornehmen.

Vielen Dank Wolchtochinon, Deine Kritiken sind immer gern gesehen.

Viele Grüße
Herbert

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom