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Der Arhammad war's! - Wir sind Wir
Diese Geschichte basiert auf dem Lied von Wolfgang Ambros Da Hofa
Es dauerte nicht lange bis man die Leiche gefunden hatte. Die Hausbesorgerin fand den toten Körper mitten auf dem Gehsteig liegen. Ihre Schreie lockten andere Bewohner des Komplexes herbei und bald waren sie alle beisammen und betrachteten die Leiche.
Ein furchtbarer Anblick bot sich der Blut riechenden Meute. Mit aufflackernder Begierde betrachteten sie den Toten, dessen Körper beinahe nicht mehr als solcher zu erkennen war. „Wie kann man nur so etwas tun?“, fragten sich Pensionisten mit glänzenden Augen. „Wer ist nur zu so etwas im Stande?“, fragten Hausfrauen mit konformer Besorgnis. Das Gesicht des Opfers war Blutverschmiert, die Augen nicht mehr in ihren Höhlen und die Lippen abgeschnitten. „Oh Gott, ist das schrecklich. Wie kann man nur zu so etwas Grausamen fähig sein?“, fragten sich besorgte Väter, die ihre Kinder auf die Schultern hievten, damit auch die Kleinen besser sehen konnten.
Unruhe träufelte auf die Stille des Todes. Der, der zu Beginn ganz fahl im Gesicht gewesen war, bekam nun wieder Farbe. „Wer war das? Wer?“, schrieen Stimmen auf.
„War es etwa einer von uns?“, fragten die Frauen, die ihre Gesichter von der Leiche wandten, „Und wenn ja, sind denn als nächstes unsere Kinder an der Reihe?“
„Das werden wir nicht zulassen!“, versicherten die Starken der Partie und warfen die Leiche zur Seite. „Wir sind wir und das kann uns keiner nehmen!“
Bald wurden die Stimmen lauter und lauter und vereinten sich zu einer.
„Doch wenn es keiner von uns war, wer war es dann?“
„Wenn es weder Kunz noch Strunz, kein Maier und auch kein Huber war, wer bleibt denn da noch über?“
Und schließlich kam die Antwort wie von ganz alleine: „Dann kann es nur der Arhammad gewesen sein!“
Frauen schlugen die Hände zusammen und Männer griffen zu den Waffen.
„Ich hätte es wissen müssen. Wir haben es doch alle gesehen, dass der keiner von uns war“, flennten sie, „Dieser Zorn in den Augen, die Gewalt in seinem Gehabe. Oh mein Gott, beschütze uns vor dem Fremden!“
„Auf! Auf!“, schrieen die Kämpfer unter ihnen laut, „Holen wir uns den Verräter! Schlagen wir auf ihn ein, bis ihm das Hirn aus der Nase rinnt. Wir sollen ihn töten und sein Blut in der Gegend verteilen, auf das, dass es uns eine Lehre sein wird und unser Vertrauen beschränkt. Zu den Waffen!“
Und so schritten sie zu der Wohnung von Arhammad und klopften an seine Tür. „Mach auf, du Teufel und hole dir deine Strafe. Bete zu Gott, dass deine Seele nicht ewig in der Hölle schmore!“.
Doch auch nach dem dritten Mal Klopfen rührte sich nichts. Da hatten es die Kämpfer satt und stießen die Tür auf. „Mit uns nicht, mein Freund. Du wirst bezahlen für das, was du uns angetan hast!“
Sie stürmten in die Wohnung und verteilten sich, schlugen Stühle auseinander, warfen Tische zu Boden und zerstörten die Bilder an der Wand, die fremde Menschen in fremder Umgebung zeigten.
„Mein Gott, er ist bereits geflohen!“, jammerten die Frauen und versteckten ihre Kinder hinter dem Rücken. „Was, wenn er wiederkehrt und jeden von uns meuchelt?“
Kleider und Bücher wurden aus dem Fenster geworfen. „Wir werden wachen, auf dass man uns nicht erlege. Wir sind wir und das kann uns keiner nehmen!“
Da schritt ein Kind zu der Leiche und griff in dessen Jackentasche. „Tu das nicht, man nimmt nicht das Geld eines Toten“, sagte jemand, „Bete lieber, dass der arme Teufel seinen Frieden findet. Gott habe ihn selig“.
Es war die gleiche Stimme die danach schrie: „Versammelt euch, Leute, versammelt euch. Ihr werdet den Feind nicht finden, kehrt zurück. Der, der in seinem eigenem Blut krepiert ist, ist der, den ihr sucht! Arhammad ist tot!“
Ein erleichtertes Seufzen ging durch die Meute, als sie zurück in den Alltag flossen.