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Der Anruf
Draußen war es dunkel. Nur eine einzelne Kerze flackerte als Lichtquelle in dem großen Raum und warf unförmige Schatten an die Wand.
Sie saß in der Mitte des Raumes auf der runden Matratze und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Vor ihr stand das Telefon auf dem alten Dielenfußboden.
Bis auf das offene Regal an der Wand neben der Tür war der Raum leer. Die lange, weiß Gardine flatterte im Wind des offenen französischen Fensters.
Sie erhob sich und ging langsam zum Fenster. Dort lehnte sie sich an die Zage und sah lange aus dem Fenster hinaus in die klare Nacht. Nichts war zu sehen. Sie spürte nur den leichten Windhauch.
Es war die vierte Nacht, die sie nun schon darauf wartete.
Sie sah sich um. An der Wand wanderten die Schatten. Langsam ging, nein, schlich sie in Richtung des Regals. Dort lag neben der Vase mit den vertrockneten Rosen nur ein Stein.
Sie nahm den Stein und blickt ihn lange an und fuhr dann vorsichtig mit den Fingern über die Furchen. Dieser Stein war das Symbol ihrer Verbundenheit gewesen.
Letzten Samstag hatte sie eine Veranstaltung von ihrer Firma aus gehabt. Eigentlich hatte sie den Abend mit ihm verbringen wollen, denn es wäre der dritte Jahrestag ihrer Beziehung gewesen. Sie hatte sich früher aus der Veranstaltung ausgeklinkt und dafür einen strengen Blick des Chefs geerntet, doch das war ihr egal gewesen.
Auf dem Weg zu ihm hatte sie vor sich hingepfiffen, ein untrügerisches Zeichen für gute Laune. Bei ihm angekommen, hatte sie die Haustür aufgeschlossen und war vorsichtig die Treppe hinaufgestiegen. Dort wurde sie von Kerzen und Rosenblättern empfangen. Sie folgte diesen in Richtung Bad und öffnete die Tür. Nichts.
Die Tür vom Bad ins Schlafzimmer stand offen. Sie ging hinein und konnte zwei Körper in dem Kerzenlicht erkennen. Sie drehte sich um und verließ das Haus ohne sich noch einmal umzudrehen.
Das war es gewesen. Sie hatte ihn erwischt. Eine Szene zu machen, hätte nicht zu ihr gepasst. So war sie eben gegangen.
Das Telefon schwieg noch immer. Und der Stein in ihrer Hand wurde immer schwerer. Langsam drehte sie ihn in ihrer Hand und ging zum Fenster. Dort blickt sie lange in die Dunkelheit und schleuderte dann den Stein so weit weg, wie sie konnte.
Ein Geräusch ließ sie aufschrecken. Das Telefon schrillte mit diesem nervtötenden Ton, der sie jedes Mal schnell ans Telefon springen ließ, doch sie bewegte sich nicht.
Nach unzählig vielen Klingeltönen stoppte es und es war, als ob die ganze Spannung der letzten Tage von ihr abfiel. Sie ging zur Telefondose und zog den Stecker hinaus. Dann schloss sie die Fenster und blies die Kerze aus.
Der Raum war stockdunkel.