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Der Anruf

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16.09.2002
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Der Anruf

Der Anruf

"Ruf an, wenn du mich brauchst. Du weißt ja, ich bin immer für dich da."
Große Worte, kleiner Abschied.
"Wir wollen als Freunde auseinandergehen" hatte er versprochen, "es tut mir leid. Ich kann doch nichts dafür. Ich kann doch nicht gegen meine Gefühle ankämpfen".
Hah.... Gefühle. Fragte er mich denn nach meinen Gefühlen.
Dreiundzwanzig Jahre lang Socken waschen, Hemden bügeln und Schweinebraten servieren, das hinterläßt eben Spuren. Da hat so ein junges Blondchen es eben leicht. Graue Schläfen und Tränensäcke unter den Augen und ein schlaffer Bauch unter dem Gürtel lassen sich so leicht zu einem Strohfeuer entfachen.
So ließ ich ihn nach seinem theaterreifen Auftritt, seinen Freundschaftsschwüren und seinem Versprechen, immer für mich da zu sein, in seinen neuen Frühling fliehen.

Als ich ihn dann das erste Mal brauchte, rief ich an. Ich brauchte ihn, weil ich allein war und nur mit jemandem reden wollte. Blondchen war am Telefon. Ich legte wieder auf.

Beim zweiten Mal, ein paar Wochen später, erklärte mir sein zweiter Frühling mit mütterlich tröstenden Worten, daß er gerade mit dem Hund um die Ecken sei und ob sie mir vielleicht helfen könne. Oh neee... danke. Entschuldigung.
Zurückgeufen hat er nie.

Beim dritten Mal hatte ich nun wirklich einen Grund anzurufen. Seit drei Monaten saß ich nun hier, ohne einen Pfennig Geld von ihm zu bekommen.
Am Telefon war Blondchen. Er sei auf Geschäftsreise. Wie sie mir helfen könne, wollte sie wissen.
Und ich ließ es sie wissen. So in aller Freundschaft, die er mir beim Abschied versicherte.
"Na das kommt nun aber doch sehr ungünstig", flötete es durch's Telefon. "Auto kaputt und teure Reparatur", alles hab ich nicht verstanden.
Die letzten Worte "rufen sie ruhig an, wenn sie Sorgen oder Probleme haben", die hab ich dann wieder gut verstanden.

Dann hab ich's gelassen, das mit der Freundschaft und so. Hab mir'n Job gesucht und neu angefangen.
Steno statt Socken waschen. Konzertbesuch statt Hemden bügeln. Pizzeria statt Schweinebraten servieren.
Tut mir gut irgendwie.

Das Telefon riß mich aus meinen Gedanken. Eine leise Stimme erinnerte mich an frühere Zeiten. An eine lange glückliche Ehe und an das Versprechen, trotz allem als Freunde auseinanderzugehen.
Blondchen hatte ihn verlassen. Nach nur zwei Jahren. Ein Jüngerer. Ach .... er tat mir ja sooo leid.
So ganz in aller Freundschaft hab ich ihn zum Kaffee und zum Ausheulen eingeladen. Und nur dazu. Seine Socken und Hemden, die nimmt er wieder mit.

Monika A. E. Klemmstein

 

Hi Klemmy,

willkommen auf KG.de!

Deine Geschichte hat mir, auch wenn sie ein wenig kurz war und die große Pointe gefehlt hat, ganz gut gefallen, weil sie wirklichen Alltag zeigt. So ist das Leben nun mal. Gut gemacht. Eine Frau wird wegen einer jüngeren verlassen, zusätzliche Enttäuschungen, und trotzdem geht es weiter. Man bzw. Frau zieht sich an eigenem Schopfe heraus. Hat mich an eine andere starke Frau erinnert: Meine Mutter.

LG

PP

P.S.: Übrigens hast du oben ein ? vergessen: "Fragte er mich denn nach meinen Gefühlen?"

 

Hallo PeterPan, erstmal ein Danke für Deine netten Worte. Ein Fragezeichen habe ich bewußt nicht gesetzt, weil ich das nicht so wirklich als Frage meinte. Eher so mit einem wütenden Luftausstoß: Phaaa, fragte er mich denn ... Also eher eine wütende Feststellung und keine Frage, die eine Antwort gesucht hätte.
klemmy

 

Hallo klemmy,

das hast du wirklich sehr gut erzählt. Ein zeitloses Thema, das du in spürbaren Zynismus verpackt hast. Kurz, einfühlsam, nachvollziehbar.
Kurzum: Super.

Liebe Grüße - Aqualung

 

Hi Aqualung, Deine Worte streicheln sanft mein Selbstbewußtsein. Danke dafür
klemmy

 

Hi Klemmy

Ich habe doch eine Pointe gesehen, zumindest eine kleine.

Seine Socken und Hemden, die nimmt er wieder mit.
Diese trockenen Schlussbemerkung sagt meiner Meinung nach, dass sie ihm die Hemden gewaschen hat, und dann haut er wieder ab; widerstandslos lässt sie sich ausnutzen. Zynisch, aber nicht aufdringlich, so muss es sein.

Vom Stil her gut zu lesen, du vermeidest überflüssige Worte und komplizierte Satzkonstruktionen, ist eine echte Wohltat, dass auch mal jemand an den Leser denkt. Und dann auch alles leicht verständlich erzählt, man könnte meinen, du hättest heimlich geübt.

Vom Inhalt her wäre mehr als dieser kurze Text nicht drin gewesen. Die arme Hausfrau wird vom bösen Mann gequält und leidet ohne sich zu wehren - das wird doch arg schnell langweilig. Und ein kleines Blondchen hat er sich auch noch geholt ... riecht schon arg nach Klischee.

Egal ob daraus ein Roman werden soll oder ob es persönliche Problembewältigung ist, also schreiben als Selbsttherapie - die Frau muss sich wehren.

Kommt noch mehr davon?

Stefan

 

Grüß Dich Stefan,
ich möchte mich bedanken für Deine liebevolle Kritik. Wenns Dir gefällt, gebe ich Dir gerne mehr davon !
Viele Grüße von klemmy

 

Hallo klemmy,

die von Quasimodo666 "lokalisierte" Pointe ;) könnte man vielleicht noch etwas verstärken: "Seine Socken und Hemden, die nimmt er wieder mit. Ungewaschen."

Ich finde den Text amüsant.

Vielleicht eine Anmerkung zum Stil: Du benutzt typische Anfängerfüllwörter im Übermaß und gehäuft. Z. B. "so" und "nun". Mein Tipp deshalb: gehe den Text durch, suche Wortwiederholungen und beseitige sie.

Klaus

 

Hallo Klaus,
für Kritik bin ich immer dankbar. Allerdings muß ich sagen, daß ich bewußt z.B. bei

"so in aller Freundschaft"
oder
"und ich ließ es sie wissen ..."

diese "Füllwörter" benutzt habe.

Gleiches gilt für:
" Das kommt n u n aber sehr ungünstig" ...
Mit diesem Satz wollte ich das überlegende Sprechen von Blondchen am Telefon deutlich machen. Das nun verlangsamt den Satz hörbar. Ich höre sie fast lieblich flöten. Ohne dieses n u n würde sich der Satz schnell, hastig und zu hart anhören. Blondi hat aber ein schlechtes Gewissen und sucht nach Ausreden.

Ich habe eine umgangssprachliche Form gewählt, damit auch die fast trotzigen Gefühle der verlassenen Frau besser zum Vorschein kommen. So wie bei: u n d jetzt erst recht.
Das klingt noch einen Zacken trotziger, als wenn ich schreiben würde: jetzt erst recht.
Deswegen möchte ich die Füllwörter, die für mich gerade in dieser Geschichte keine sind, nicht rausnehmen.
Ich hoffe, Du verstehst das.
Viele Grüße von klemmy

 

Hallo klemmy,

ich habe deinen Text durchaus mit Vergnügen gelesen. Er enthält leider ein, zwei kleinere stilistische und Zeichensetzungsfehler, auf die ich dich gerne hinweisen möchte. Zum Beipiel hast du Lieblingswörter wie "so" und "nun". Nimm zum Beispiel diese Sätze:

Da hat so ein junges Blondchen es eben leicht. Graue Schläfen und Tränensäcke unter den Augen und ein schlaffer Bauch unter dem Gürtel lassen sich so leicht zu einem Strohfeuer entfachen. So ließ ich ihn ...

Drei Mal das Wörtchen "so" in ebensovielen Sätzen.

Oder hier:

Beim dritten Mal hatte ich nun wirklich einen Grund anzurufen. Seit drei Monaten saß ich nun hier, ohne einen Pfennig Geld von ihm zu bekommen. Am Telefon war Blondchen. Er sei auf Geschäftsreise. Wie sie mir helfen könne, wollte sie wissen.
Und ich ließ es sie wissen. So in aller Freundschaft, die er mir beim Abschied versicherte. "Na das kommt nun aber doch sehr ungünstig", flötete es durch's Telefon.

In diesen halben Dutzend Sätzen wiederholst du drei Mal das Wörtchen "nun". Das letzte kann man stehen lasen. Die ersten beiden solltest du streichen.

Die Zeichensetzungsfehler im Text findet du sicher selbst, aber ich möchte dich trotzdem darauf hinweisen, dass das Auslassungszeichen aus genau drei Punkten besteht.

Klaus

 

Hi Sternenkratzer und Klemmy

die von Quasimodo666 "lokalisierte" Pointe könnte man vielleicht noch etwas verstärken: "Seine Socken und Hemden, die nimmt er wieder mit. Ungewaschen."
Nö - gewaschen! So habe ich es verstanden und darin liegt für mich der Witz. Aber sicher wird die Autorin uns aufklären.

Bei den Füllwörtern stimme ich dir zu. Was man ausdrücken will, kann man auch ohne sie, der Text wird nur prägnanter durch Weglassen.
Für mich ein klassischer Fall von: Was der Autor will, ist unwichtig.

mfg

Stefan

 

na klar nimmt der Junge die Socken und Hemden ungewaschen wieder mit. Meine Protagonistin ist ja schließlich nicht blöde.
Liebe Grüße von klemmy

 

Hah! Wusste ich's doch. Diese Verständnisschwierigkeit sollte die Autorin überlegen lassen, ob nicht eine entsprechende Andeutung im Text sinnvoll wäre.

Was der Autor will, ist unwichtig.

<g> Ja - aber ob klemmy schon für diese Erkenntnis bereit ist?

Klaus

 

Für die Erkenntnis des Änderns oder die Socken ungewaschen wieder mitzugeben?
Könnte eigentlich nur das Ändern betreffen, da die Geschichte nicht selbst erlebt wurde. Ich bin schon lange und sehr zufrieden mit meinem Harald verheiratet (wir sind bereits Großeltern).
Es grüßt die sockenwaschende klemmy

 

Hallo klemmy,

Für die Erkenntnis des Änderns oder die Socken ungewaschen wieder mitzugeben?

Für die Erkenntnis, dass manchmal der Text dem Autor vorschreibt, was er wie zu schreiben hat. (Es scheint zumindest so.)

Ich habe ein paar deiner anderen Texte und auch ein paar deiner anderen Kommentare gelesen. Aus diesen schließe ich, dass du dich leider anscheinend entschlossen hast, dem Genre Hausfrauenkitsch zu frönen. (Ich sage nur: "Charlie".) Ich finde es schade, da der obige Text eigentlich zeigt, dass du es auch ernsthafter kannst.

Klaus

 

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