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Der Angriff der Zwerge

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26.08.2002
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Der Angriff der Zwerge

Es war womöglich schon fast Mittag, als die Zwerge in meiner Küche auftauchten. Sie waren nicht größer als einen halben Meter, trugen Anzug und Krawatte, hatten Handys und Laptops bei sich und öffneten meinen Kühlschrank.

Es war womöglich gegen Mittag, und ich war von einem lauten Poltern erwacht. Jeder Mensch sollte Pläne und Ideen haben. Ich hatte seit langem die Wohnung nicht verlassen und war damit beschäftigt, mich täglich umzubringen, indem ich Hardenbergs Weizenwasser in mich hinein schüttete. Vor vielen Dutzend Stunden hatte ich mein zweihundertstes Bewerbungsgespräch gehabt (es ging um den Job in einer Bratwürstelbude) und seit der Absage die Zeit zuhause mit Trinken, Fernsehen und Schlafen zugebracht. Irgendetwas hinderte mich schon seit meinem sechsten Geburtstag daran, mich auf diesem Drecksplaneten wohl zu fühlen, und seit meinem sechzehnten Geburtstag versuchte ich, den Effekt mit Saufen abzumindern. Normalerweise funktionierte es so gut, dass ich die Nachrichten, Talkshows und Werbespots im Fernsehen überstand, ohne grüne Pickel im Gesicht zu bekommen.

Als ich aus meinem Suff aufwachte, sah ich, dass sich in der Küche - in meiner Küche - eine Klappe im Boden geöffnet hatte, aus der diese Kerle krochen. Ich sag’s ganz offen, es ist sowieso nicht leicht, in meiner Wohnung zu existieren. Ich lebe im Dachgeschoss im vierten Stock, und unter mir wohnt eine Speedmetalband, die es mir unmöglich macht, Pflanzen zu züchten. Wenn diese Band mit ihrer täglichen Session fertig ist, kann auch die stundenlange Beschallung mit Mozartplatten nichts mehr gut machen. Die Pflanzen hauchen einfach ihr Chlorophyll aus, und das war’s dann - Selbstmord. Pflanzen, die Selbstmord begehen. In meiner Wohnung gibt’s das.

Die Zwerge räumten meinen Kühlschrank aus, begannen zu frühstücken und tauschten laut dabei Zahlen aus („8, 88 Prozent!“ – „27-Tausend!“ – „Achtundachtzig-plus!“ – „Bei 30,4 Übernahme!“ – „Neuntausend entlassen!“).
Von mir nahmen sie keine Notiz, als ich mich vorsichtig zur Klappe im Boden begab. Eine Leiter führte drei Meter nach unten und endete in etwas, das wie ein Bergwerksstollen aussah. Jedenfalls war es nicht die Wohnung der Speedmetalband unter mir, das sah ich gleich - es lagen keine leeren Whiskyflaschen und bewusstlosen nackten Weiber herum. Ich starrte auf die Klappe, dann wieder zu den Zwergen und rieb mir die Augen. Ich überlegte, ob ich etwas an der Situation, falls sie real war, ändern sollte. Zum Beispiel, indem ich ein Glas Hardenberg trank und mich wieder hinlegte. Aber diese Scheißzwerge machten einen solchen Lärm, sie waren einfach nicht mehr zu ignorieren. Deshalb holte ich meinen Regenschirm mit Eichenholzgriff, ein Erbstück meines Vaters. Ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich würde die Kerle wieder dorthin zurücktreiben, wo sie hergekommen waren!

Als ich mit dem Regenschirm auf den Tisch schlug, stoben sie schreiend nach allen Seiten auseinander. Ich jagte hinter ihnen her und ließ den Regenschirm durch die Luft kreisen. Bei ihrer Flucht durch die Zimmer schmissen die Zwerge Regale um und warfen mit Geschirr und leeren Weizenwasser-Flaschen um sich, die ich mit dem Schirm abwehrte, während ich sie gleichzeitig durch die Räume trieb. Sie installierten sekundäre Kampfschauplätze, indem sie die Wasserhähne in Bad und Küche aufdrehten oder, wenn genug Zeit war, kleine Feuerchen anfachten, um die ich mich zwischendrin kümmern musste. Sowie sie merkten, dass sie Oberwasser bekamen, gingen ihre Schreie in triumphierendes Gelächter über und ihre Hamstergesichter strahlten. Jetzt begannen sie, mich gezielt zu attackieren, indem sie mir Bücher an den Kopf warfen und dann schnell wegstoben – eine Scheißmethode, die bei AGE OF EMPIRES Shoot’n’run heißt. Außerdem schienen es immer mehr zu werden, und mit einem Mal waren auch weibliche Zwerge darunter, die Kostüme trugen und Handtaschen und Aktenkoffer dabei hatten.
Die Zwerge riefen: „Alles muss verbessert werden!“, und wuselten flink um mich herum und an mir vorbei. Viele hatten jetzt Hämmer und Äxte in den Händen und kleine Teams gebildet, die sich über die Möbel hermachten. Geschrei, Gelächter und Lärm vermischten sich.

Ich stand nur noch da, außer Atem, als das Telefon klingelte. Der Würstelbudenbetreiber war am Apparat (wumm! traf mich Kafkas Prozess am Hinterkopf), um mit mir über den Job zu sprechen, für den ich mich beworben hatte, „Sie wissen schon, letzte Woche...“. Er war jetzt doch an mir interessiert (wumm! Der Dierke-Weltatlas), aber ich konnte mich nicht richtig auf das Gespräch konzentrieren. Daran waren nicht nur die Tolstoi- und Dostojewskigeschosse schuld, die regelmäßig gegen meinen Kopf krachten, sondern auch die Tatsache, dass die Zwerge damit angefangen hatten, meine Wohnungseinrichtung aus dem großen Mansardenfenster zu schmeißen. Soeben kippte meine Waschmaschine nach draußen. Ich schrie: „Jetzt wartet nur!“ und bat den Würstelmeier, mich kurz zu entschuldigen, er möge bitte in der Leitung bleiben, nur bis ich die Zwergenbande umgebracht hätte. Er sagte: „Kein Problem.“ Ich warf das Telefon beiseite, holte erneut aus und ging auf die Zwerge los, die taktisch klug auseinander liefen, um die Richtung meines Angriffs zu zersplittern. Ich blieb bald keuchend stehen, dabei fiel mein Blick auf die Klappe - oh Gott! - es strömten noch mehr dieser nadelgestreiften Teufel in meine Wohnung! Sie schafften schweres Gerät herauf, Spitzhacken, Motorsägen und elektrische Meißel. Auch Zwergenfrauen waren wieder mit dabei, sie trugen Antifaltencremes bei sich, ähnelten Uschi Glas und grinsten in die nichtvorhandenen Kameras. Eine Handvoll Zwerge hatte begonnen, mit einem Presslufthammer die Zimmerwände durchzubrechen. „Alles muss verbessert werden!“, riefen sie, während sie arbeiteten.

Ding-dong. Es klingelte. Wahrscheinlich kommt jetzt auch noch mein Vermieter, dachte ich, riss die Tür auf und sagte: „Was ist?“ Draußen stand Dave, der Schlagzeuger der Metalband, ein massiger Typ in Lederklamotten, und fragte vorsichtig, ob ich es nicht leiser stellen könnte. Ich antwortete: „Vielleicht hilfst du mir dabei, es leiser zu stellen?“
Er bekam große Augen, als er in meinem Wohnzimmer die Felder von Austerlitz erblickte, dazwischen die Gnome, die kreischten und herumwuselten oder auseinander bauten, schlugen oder sägten, was in ihren Radius geriet. Ein halbes Dutzend von ihnen hieb synchron mit Äxten auf meinen Kiefernschrank ein. „Alles muss verbessert werden!“, riefen sie im Chor.
„Mann, jetzt gibt's Rock'n'Roll!“, sagte Dave und legte mir seine Pranke auf die Schulter. „Ich hol die anderen!“ Er verschwand nach unten.

Minuten später hatte die Band ihre Anlage bei mir aufgebaut und dröhnte die Zwerge in tausend Watt mit Iron Maidens "Die with your boots on" gegen die Wände. Das war der Soundtrack für das Finale! Ich packte die nach allen Seiten kopflos fliehenden Zwerge, sobald sie begannen, konvulsivisch zu zucken, und deaktivierte sie. Sie schienen über ihre Laptops virtuell miteinander verbunden zu sein, vielleicht waren sie so eine Art vergrößerter Virusangriff, aber egal: Ihre Schwachstelle waren jedenfalls die Akkus - wenn man die entfernte, erlosch die Lebensenergie. Die Zwerge wählten noch verzweifelt ein paar Nummern mit dem Handy, zappelten zuletzt kurz und wild rum, - und erstarrten dann. Zehn Minuten, und die Schlacht war vorbei.

Die Wohnung sah aus, als wäre ein Asteroidenschwarm durchgeflogen; verschiedene Brandstellen rauchten vor sich hin. Dazwischen lagen die Einzelteile meiner Möbel, die ausgeschalteten Zwerge und ihre Handys, von denen manche polyphon klingelten, piepsten, summten, rappten oder wie Frösche rülpsten.
Mein Blick fiel auf mein Telefon. Ich nahm es vom Boden auf. Der Würstelbrater war natürlich nicht mehr in der Leitung. Hätte mich auch gewundert, phantasieloses Arschloch. Und dann zeigte Dave auf das Fenster und rief: „Scheiße, Mann!“. Ich schaute nach draußen. Über die Stadt. Und ich sah Klappen. Überall. Hunderte. Hunderte von geöffneten Klappen.

 

Hallo flicflac,

mein Eindruck zu deiner Geschichte: schade!
Hier ist schön absurdes Potential drin, aber leider verwurstest du es durch deine wenig bedachte Schreibe. Damit meine ich, dass sich der Text liest, als sei er in einem Guss runtergeschrieben. Mir hat eigentlich nur noch gefehlt, dass dein Prot neben Alkohol noch andere Drogen konsumiert hat, um diese abgedrehten Bilder zu rechtfertigen. Anders als einen Wahnzustand kann ich mir die Szne zumindest nicht erklären.
Mir will sich kein Zusammenhang erschließen zwischen den Zwergen, deren albernes Verhalten und der Situation deines Prots.

Sie waren nicht größer als einen halben Meter, wie aus einem Walt-Disney-Film, trugen Anzug und Krawatte, hatten Handys und Laptops bei sich und öffneten unaufgefordert meinen Kühlschrank.
in den üblichen Disney-Filmen treten die Zwereg nicht in Anzug und mit Laptop auf, das beißt sich also

Ich war dabei, mich jeden Tag umzubringen, indem ich Hardenbergs Weizenwasser in mich hinein schüttete. Jeder Mensch sollte Pläne und Ideen haben.
Pläne und Ideen. So so, wie die Unmöglichkeit sich jeden Tag umzubringen ?! :rolleyes:

Die Anzugmitkrawattezwerge räumten meinen Kühlschrank aus, begannen zu frühstücken und tauschten mit eifrig-roten Gesichtern dabei Zahlen aus („8, 88 Prozent!“ – „27-Tausend!“ – „Achtundachtzig-plus!“ – „Bei 30,4 Übernahme!“ – „Neuntausend entlassen!“).
das ist die erste starke Stelle. Schön absurd. Aber leider fehlt der Zusammenhang, bzw das EInweben in die Geschichte.

Außerdem schienen es immer mehr zu werden, plötzlich waren auch weibliche Zwerge in Kostümen dabei - im Schlafzimmer und im Bad, wo sie mit den Zwergenjungs vögelten.
na klar, das darf natürlich nicht fehlen. :dozey:

Ich war schon ziemlich außer Atem, als das Telefon klingelte. Ich ging ran. Der Würstelbudenbetreiber war am Apparat (wumm! traf mich Kafkas Prozess am Hinterkopf), um mit mir über den Job zu sprechen, für den ich mich beworben hatte, „Sie wissen schon, letzte Woche...“. Er war jetzt doch an mir interessiert (wumm! Der Dierke-Weltatlas), aber ich konnte mich nicht richtig auf das Gespräch konzentrieren,
wieder eine starke Stelle, aber auch die führt zu nichts.
Bis auf das ich ging ran. Findest du die Formulierung angemessen für die Situation?
Mehrere solcher unbedachten Formulierungen komplettieren meinen Eindruck vom Text.

Naja, hat mich nicht überzeugt, las sich so wie "Boah, jetzt schreib ich mal was ganz Abgedrehtes, aber eigentlich habe ich keine Idee."
In diesem Sinne erschließt sich mir auch die Satire nicht. Was genau nimmst du denn hier aufs Korn?

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo FlicFlac,

normalerweise sind deine Satiren immer sofort als solche erkennbar, aber bei dieser hab ich mich gefragt, wo ich was überlesen haben könnte. Bankenkrise? Dieses Pokerspiel in der Küche könnte darauf hindeuten, aber es befriedigt mich nicht so ganz, das ist mir noch zu verschwommen, was du eigentlich zum Thema deiner Satire nehmen wolltest.

Ich habe grad weltenläufers Kritik gelesen und kann ihm nur beipflichten. Mir fällt auch nur die Vokabel "schade" dazu ein, denn ich habe diese Geschichte recht amüsant gefunden, auch, wenn ich die ganze Geschichte über auf dem Weg war, rauszufinden, worum es hier nun gehen soll.

Witzig wars auf jeden Fall zu lesen. ;)

Was mich teils gestört hat, war die Art, wie du die Sätze aufgebaut hast, bitte versuche einmal, dir die Geschichte selbst laut vorzulesen und überlege, ob die Stellen, wo es selbst beim gutwilligen Vorlesen holpert, nicht geglättet werden könnten.
Ich möchte jetzt deinen Text nicht weiter sezieren, weil mir 1. die Zeit fehlt und 2. ich auch davon ausgehe, dass du den Text noch verändern wirst, nicht wahr?

Ich wollte, weil ich ansonsten deine Satiren zu schätzen weiß, dir einfach mal ein kleines Feedback geben.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Weltenläufer,

erstmal danke für die Post!

Mir will sich kein Zusammenhang erschließen zwischen den Zwergen, deren albernes Verhalten und der Situation deines Prots.

Hm, das finde ich bemerkenswert - ich hatte nämlich mehr die Befürchtung, dieser Zusammenhang sei vielleicht zu offensichtlich !
Ich möchte allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nichts Erklärendes zum eigenen Ding schreiben..

Ebenso liebe Lakita:

denn ich habe diese Geschichte recht amüsant gefunden, auch, wenn ich die ganze Geschichte über auf dem Weg war, rauszufinden, worum es hier nun gehen soll.

Kurz zum Schmunzeln, ich hatte den Text vorab einem Kollegen vorgelesen, der mir riet, ein, zwei Formulierungen/Begriffe rauszunehmen - weil ich sonst parallel und platt meinen eigenen Text erläutern würde und der Leser nix mehr zum selber draufkommen hätte. Zu offensichtlich wäre, worauf ich hinaus will. Ich hab dann aber tatsächlich nur zwei Wörter rausgenommen....


Weil ich den Text prüfen lassen und gegebenfalls verändern will, hab ich ihn ja hier rein gestellt ;-)) - insofern: her mit der Kritik!

LG,
Flic

 

Sersen FlicFlac,

mich erinnert die beschriebene Szenerie an Unternehmensberater, wenngleich da die in Realitas vögelnden Zwerge nicht passen wollen (eines meiner liebsten Zitate über diese Kaste lautet danämlich: ein UB kennt 1000 Stellungen, hat aber keinen Sex) - zumindest deutet da das Mantra des "alles muss verbessert werden" drauf hin. Auch denkbar und am Text zu finden ist Kritik an dem Berufsstand der Controller, oder halt wie weltenläufer und lakita schon zu finden glaubten, an der Wirtschaftskrise, den Bankern...
Wie Du siehst, so richtig funkioniert es so noch nicht, denn launige Formulierungen, ein bisken Klamauk und das Verharren in doch zu allgemeinen Plätzen machen die Geschichte zwar fluffig lesbar, doch die Intention, die kommt auch bei Kommentator #3 nicht durch.
Und es wäre doch schlimm, könnten Deine Satiren nur verstanden werden, wenn man Dich aus dem beruflichen Kontext kennt :D

Textkram :

Sie waren nicht größer als einen halben Meter, wie aus einem Walt-Disney-Film,
Querer Bezug. Entweder drehen oder statt "wie aus einem WD-Film" "wie in WD-Filmen/einem WD-Film"
Es war womöglich schon fast Mittag,
Es war womöglich gegen Mittag,
womöglich kannst Du eines davon einsparen
und seit der scheiß Absage zuhause mit Trinken und Fernsehen zugebracht.
entweder zuhause verbracht oder den Tag zuhause zugebracht
Als ich aus meinem Suff aufwachte, sah ich, dass sich in der Küche - in meiner Küche - eine Klappe im Boden geöffnet hatte - aus der diese Kerle krochen.
den letzten Gedankestrich würde ich durch ein Komma ersetzen, da es ja kein gedanklicher Einschub, sondern eine Konretisierung ist
es lagen keine leeren Whiskyflaschen und bewusstlosen nackten Weiber herum.
bewustlose
Jetzt begannen sie, mich gezielt zu attackieren, - indem sie mir Bücher an den Kopf warfen
Gedankenstrich oder Komma, nicht beides
Iron Maidens "If you’re gonna die, die with your boots on"
das Lied heisst nur "Die with your Boots on", während Du den Refrain in Gänze zitierst

Also, konkretisieren, ohne dabei den Zeigefinger zu bohrend zu erheben, oberlehrerhaft zu wirken oder Eulennachathentragender zu werden, das kann leicht oder auch schwer sein, abhängig davon, wen genau Du in die satirische Saftpresse nehmen willst.

Grüße
C. Seltsem

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen, FlicFlac!

Mir hat die Geschichte gut gefallen. Ich sitze hier mit einem Stapel unbezahlter Rechnungen, da kam mir dieses Massaker gerade recht, es ist schwungvoll und witzig, nur manchmal zu klamaukig, dann schnappt die Stimme über, und der Mißton verwässert den schönen trockenen Humor.

Ich denke, der Text könnte durch schmerzloses Streichen noch viel gewinnen. Vorschläge:

als ein Trupp zwergähnlicher Gestalten in meiner Küche auftauchte. Sie waren nicht größer als einen halben Meter, wie aus einem Walt-Disney-Film
das Untestrichene könnte man einfach durch "die Zwerge" ersetzen, das Fette streichen. Den zweiten womöglichen Mittag brauchst Du nicht.
Weizenwasser in mich hineinschüttete.
Vor einigen Dutzend Stunden hatte ich mein zweihundertstes Bewerbungsgespräch gehabt (es ging um den Job in einer Bratwürstelbude) und seit der scheiß Absage zuhause mit Trinken und Fernsehen zugebracht
Da fehlt was. "Ich hatte ein Gespräch gehabt und seit der Absage zuhause zugebracht". Da könntest Du die Dutzenden Stunden reinpacken, Beispiele:
"Ich hatte mein zweihundertstes Bewerbungsgespräch gehabt und die paar Dutzend Stunden seitdem zu Hause etc"
"Seit meinem zweihundertsten Bewerbungsgespräch waren ein paar Dutzend Stunden vergangen, die ich zu Hause etc"
Den scheiß würde ich auch streichen, der ist viel zu oft drin und paßt eigentlich nirgends richtig gut.
Irgendetwas verhinderte es schon seit meinem sechsten Geburtstag, mich auf diesem Drecksplaneten wohl zu fühlen
Das stimmt auch nicht. "Irgendetwas verhinderte es, mich wohl zu fühlen."
entweder hinderte mich daran oder verhinderte, daß
kann auch die stundenlange Beschallung mit Mozartplatten nichts mehr gut machen
Mozart oder Metal, das hätten die Pflanzen wohl verkraftet, aber beides ist ja echt die Hölle ... gutmachen würd ich zusammenschreiben.
Die Anzugmitkrawattezwerge räumten meinen Kühlschrank aus, begannen zu frühstücken und tauschten mit eifrig-roten Gesichtern dabei Zahlen aus
Würd ich auch zusammenstreichen. DAs Unterstrichene kann weg.
bewusstlosen nackten Weiber
da hat der Seltsem Dich verschlimmbessert. Bewußtlos schreibt man mit 2 s.
gingen ihre Schreie in triumphierendes Gelächter über und ihre kleinen scheiß Hamstergesichter strahlten euphorisch.
das Unterstrichene brauchts nicht
Jetzt begannen sie kein Komma, Kursiv muß nicht sein mich gezielt zu attackieren, indem sie mir Bücher an den Kopf warfen und dann schnell wegstoben – eine scheiß Methode, die bei "Age of Empires" Shoot’n’run heißt.
den scheiß raus ... ich bin mir auch nicht einig, ob die Nennung dieses doch eher braven Spiels hier guttut. "In (manchen Computer-) Spielen" o.ä. würde genügen.
Außerdem schienen es immer mehr zu werden, plötzlich waren auch weibliche Zwerge in Kostümen dabei - im Schlafzimmer und im Bad, wo sie mit den Zwergenjungs vögelten.
Den Satz würde ich komplett streichen. Die Zwergenfrauen passen irgendwie überhaupt nicht. Das wirkt wie der Versuch, unbedingt auch noch Gevögel reinzubringen, besser spät als nie, damit's halt auch noch das gibt. Falls Du die Frauen brauchst, laß wenigstens das Gevögel weg. Und "jungs" hört sich hier auch doof an.
Die Zwerge, - damit meine ich die, die gerade nicht vögelten - riefen: „Alles muss verbessert werden!“,
auch hier: Der Einschub ist albern.
daran waren nicht nur die Tolstoi- und Dostojewskigeschosse schuld, die regelmäßig gegen meinen Kopf krachten, sondern auch die Tatsache, dass die Anzugmitkrawattezwerge damit
nicht nur Tolstoi und Dostojewski klänge besser. Oder einfach die Geschosse. Tolstoi fliegt einem an den Kopf: aua. Aber ein Tolstoigeschoss ist überkandidelt und wirkt darum nicht so gut, finde ich.
die taktisch klug auseinanderliefen
Auch Weibchen waren wieder mit dabei, sie trugen Antifaltencremes bei sich, ähnelten Uschi Glas und grinsten in die nichtvorhandenen Kameras.
Wieder so ein Komplettstreichkandidat.
dazwischen die Gnome, die kreischten und herumwuselten oder fickten oder auseinander bauten, schlugen oder sägten, was in ihren Radius geriet
raffen: "..., die kreischten, herumwuselten und auseinanderbauten, -schlugen und -sägten, ..."
Daß sie nicht gleichzeitig sägen, hauen und wuseln sieht man ja, da brauchst Du kein "oder".
Ein halbes scheiß Dutzend von ihnen hieb synchron mit Äxten auf meinen Kiefernschrank ein.
Ähm ... also, wegen dem scheiß da drin ...
dröhnte die Zwerge in fünfhundert Watt mit der Coverversion von Iron Maidens "If you’re gonna die, die with your boots on" gegen die Wände.
Ich würde die Band nicht dadurch entehren, daß ich sie Coverversionen spielen lasse, egal von was. Wie wär's mit "dröhnte die Zwerge mit fünfhundert Watt an die Wand", wenn die Band kein eigenes Lied mit tollem Titel haben darf? Strategisch wichtig sind ja mal vor allem die fünfhundert Watt. Sind fünfhundert Watt überhaupt genug?
Sie schienen über ihre Laptops virtuell miteinander verbunden zu sein und vielleicht sogar gesteuert zu werden, vielleicht waren sie so eine Art vergrößerter Virusangriff, aber egal
das Unterstrichene ist überflüssig, das kommt ja mit dem vergrößerten Virusangriff.

Die Sinnfrage hat sich mir nicht gestellt. Ich hab einen Stapel unbezahlter Rechnungen, eine unaufgeräumte Küche und eine Kettensäge mit leerem Tank. Allerdings frage ich mich, ob die Geschichte nicht besser in Seltsam aufgehoben wäre.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag!
Makita.

 

Hallo Seltsem, hallo Makita,


sehr vielen Dank für eure Mühe!!
Da sind sehr viele konstruktive Hinweise, und ich werd den Text in einer ruhigen Minute überarbeiten ;-)) und hoffe er 'klingt' dann besser!

LG,
Flic

 

Hallo FlicFlac,

ich finde die Geschichte höchst amüsant und habe bezüglich der holprigen Sätze jetzt keinen mehr gefunden, der mich beim Lesen ins Schleudern brachte.
Schöne Formulierungen haste in diesem Text, das fand ich köstlich, weil ich mir das alles so gut habe vorstellen können.

Ich finde zwar immer noch, dass der satirische Aspekt etwas schwach ausgebildet ist, aber ein bisschen klarer isses nun schon geworden.

Auf jeden Fall, Satire hin oder her, eine sehr kurzweilige Geschichte.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita,


danke für das amüsant - natürlich ist's schon richtig, hier ist keine echte Satire ... im Grunde war's nur Idee, dass ein wilder, auf die Menschheit losgelassener Trupp Börsenfreaks (und Anhang: Manager, Politiker, Aufsichtsräte) mit blindem Aktionismus die Lebensumstände des einzelnen Menschen völlig kaputthaut und dabei noch tönt, es handle sich um Optimierungen .... es ist mir einfach so aus der Feder "gerutscht" ;-)

LG,
Flic

 

Hallo FlicFlac,

.... es ist mir einfach so aus der Feder "gerutscht" ;-)

Es gibt Texte, da spürt man als Leser, dass es dem Autor ein deutliches Vergnügen bereitete, ihn zu ersinnen.
Ich bin davon überzeugt, dass das nicht die schlechtesten Geschichten sein können. ;)

 

"bewusstlosen nackten Weiber . " Bei nackten Weibern schau ich immer genau hin :-) "bewusstlose nackte Weiber wären mir lieber :-)

Die Idee ist Klasse. Ich hatte auch schon immer das Gefühl, dass die Scheisszwerge an allem Schuld sind. Egal was der Mensch anstellt immer kommt Müll raus. Das ist doch der eigentliche Unterschied zum Tier. Und wer ist schuld, die Zwerge, die einen nicht zur Bewerbung lassen.
Es erinnert mich ein bischen an die kleinen fiesen Dinger, die nachts die Kleidung enger nähen. Wie heissen die noch - ach ja Kalorien ...

Eigentlich ist es Realsatire, weil es vermutlich in jedem Suffkopp so aussieht.

Also ich fand die Idee gut ! Und die Ausführung auch.

LG gdeki

 

Hallo FlicFlac,

weil es momentan in dieser Rubrik etwas ruhig ist, habe ich in den alten Geschichten gesucht, ob sich da etwas Lustiges oder Kritisches findet, an dem man noch arbeiten könnte - und musste nicht lange suchen. Dieser kaum vier Jahre alte Text von dir würde sich als Dauerbrenner für die Neoliberalismuskritik eignen, wenn ihm nicht etwas fehlen würde: vielleicht eine substanzielle Kritik an der Denkweise egoistischer Krawattenträger. Stattdessen präsentierst du sie als eine Art märchenhaftes Ungeziefer und spielst mit surrealen Bildern. Allerdings hast du ein echtes Talent für Komik und Ironie und ich lese deine Sachen immer mit Vergnügen.

Das folgende sieht sehr nach Zerstreutheit aus. Hast du einen neuen Anfang geschrieben und vergessen, den alten zu löschen?

Es war womöglich schon fast Mittag, als die Zwerge in meiner Küche auftauchten. Sie waren nicht größer als einen halben Meter, trugen Anzug und Krawatte, hatten Handys und Laptops bei sich und öffneten meinen Kühlschrank.

Es war womöglich gegen Mittag, und ich war von einem lauten Poltern erwacht. Jeder Mensch sollte Pläne und Ideen haben. Ich hatte seit langem die Wohnung nicht verlassen und war damit beschäftigt, mich täglich umzubringen, indem ich Hardenbergs Weizenwasser in mich hinein schüttete. Vor vielen Dutzend Stunden hatte ich mein zweihundertstes Bewerbungsgespräch gehabt (es ging um den Job in einer Bratwürstelbude) und seit der Absage die Zeit zuhause mit Trinken, Fernsehen und Schlafen zugebracht.


Bei der Beschreibung, wie die Zwerge ticken, wäre mehr möglich gewesen, als ihnen die Sprüche von Börsenmaklern in den Mund zu legen. Sie könnten in der Wohnung des Protagonisten ein profitables Projekt starten – was ihn sicher ärgern würde, weil er ja anscheinend weniger geschäftstüchtig ist als sie. ;)
Warum übrigens zerhacken die Zwerge die Möbel? An der Business-School haben sie doch sicher einen anderen Umgang mit Anlagevermögen gelernt.
Dass der Würstchenbuden-Besitzer anruft, gerade als es richtig rund geht, fand ich herrlich absurd.

Meiner Meinung nach würde die Geschichte viel gewinnen, wenn du das Verhalten der Zwerge realitätsnäher gestalten würdest:
* Sie könnten den Protagonisten "beraten". Vielleicht im Auftrag des Arbeitsamtes
* Sie könnten in seiner Wohnung ein Geschäft aufziehen, weil diese ja offensichtlich keinem produktiven Zweck dient

Da ist sicher noch viel drin - falls du daran nochmal etwas machen willst. :)

Freundliche Grüße vom
Berg

 
Zuletzt bearbeitet:

weil es momentan in dieser Rubrik etwas ruhig ist, habe ich in den alten Geschichten gesucht, ob sich da etwas Lustiges oder Kritisches findet, an dem man noch arbeiten könnte - und musste nicht lange suchen. Dieser kaum vier Jahre alte Text von dir würde sich als Dauerbrenner für die Neoliberalismuskritik eignen, wenn ihm nicht etwas fehlen würde: vielleicht eine substanzielle Kritik an der Denkweise egoistischer Krawattenträger. Stattdessen präsentierst du sie als eine Art märchenhaftes Ungeziefer und spielst mit surrealen Bildern. Allerdings hast du ein echtes Talent für Komik und Ironie und ich lese deine Sachen immer mit Vergnügen.

Danke. Allerdings habe ich dann auch andere Texte, die anders an die Sache rangehen ;)


Bei der Beschreibung, wie die Zwerge ticken, wäre mehr möglich gewesen, als ihnen die Sprüche von Börsenmaklern in den Mund zu legen. Sie könnten in der Wohnung des Protagonisten ein profitables Projekt starten – was ihn sicher ärgern würde, weil er ja anscheinend weniger geschäftstüchtig ist als sie. ;)
Warum übrigens zerhacken die Zwerge die Möbel? An der Business-School haben sie doch sicher einen anderen Umgang mit Anlagevermögen gelernt.

Darum geht es mir hier aber nicht, es geht rein subjektiv um das Empfinden des Protagonisten, dem Vertrautes "kaputtgehauen" wird, ohne dass er gefragt wurde, ob er das will. Die Betonung liegt also auf kaputt - was sind die Möbel? Vertrautheiten? Strukturen?

Meiner Meinung nach würde die Geschichte viel gewinnen, wenn du das Verhalten der Zwerge realitätsnäher gestalten würdest:
* Sie könnten den Protagonisten "beraten". Vielleicht im Auftrag des Arbeitsamtes
* Sie könnten in seiner Wohnung ein Geschäft aufziehen, weil diese ja offensichtlich keinem produktiven Zweck dient

Das könnte man machen, das wäre aber dann eine andere Geschichte... wie oben bemerkt, es geht um die emotionale Seite der Sache, das Empfinden, die Subjektivität - eben hilflos dabei zuzuschauen wie aus undurchsichtigen Gründen Altbekanntes zu Sperrmüll verarbeitet wird, ohne dass man selbst irgendwas anders haben wollte. (Und der Benefit ist ja auch fragwürdig, den haben wohl nur die Shareholder).

Da ist sicher noch viel drin - falls du daran nochmal etwas machen willst. :)

Ich glaub ich hab das Ding sowieso noch mal überarbeitet, aber die neue Version noch nicht hier eingestellt, muss mal sehen, wo es rumliegt... ;)

Demnächst wollte ich auch mal wieder eine neue Geschichte hier zur Diskussion reinstellen - die erste Fassung gibt's schon.

Bye,
Flic

 

Hallo FlicFlac,

schön, dass du immer wieder hier vorbeischaust! Dieser Aspekt der Geschichte (das eigene Leben umgestaltet bekommen ohne gefragt zu werden) war mir entgangen.

Ich glaub ich hab das Ding sowieso noch mal überarbeitet, aber die neue Version noch nicht hier eingestellt, muss mal sehen, wo es rumliegt...
Immer her damit!

Demnächst wollte ich auch mal wieder eine neue Geschichte hier zur Diskussion reinstellen - die erste Fassung gibt's schon.
Sie wird in dieser Rubrik ungeteilte Aufmerksamkeit finden. ;)

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo FlicFlac!

Vielleicht errege ich ja Anstoß, wenn ich die Partei der Zwerge ergreife, aber manchmal mache ich gerne den advocatus diaboli :D

Diese selbstgerechte Larmoyanz deines Prot kann einen ja aufbringen und auf die Seite seiner Widersacher treiben!

Er hängt zu Hause rum, statt hinaus ins Leben zu treten, weil dieses ein "Drecksplanet" ist. Die gesamte Schuld an seiner Misere sucht der Prot nicht bei sich selbst, sondern gibt sie der bösen bösen Welt.

Und wenn einer nach zweihundert Bewerbungsgesprächen immer noch keinen Job gefunden hat, so könnte es ja auch an ihm selbst liegen.

Es ist diesem Prot dringendst zu wünschen, dass er endlich mal ins Leben hinauskommt, statt noch jahrelang regressiv in seinem Loch herumzuhängen und sich kaputtzusaufen.

Dass endlich die Zwerge aufmarschieren und den Elfenbeinturm, in den er sich verkrochen hat, zerstören, ist ein gutgemeintes, ein wohltätiges Werk.

Dass die Zwerge von unten kommen, aus einem Bergwerkstollen, also aus der Tiefe, ist Symbol dafür, dass sie aus der Tiefe der Seele kommen, aus dem Unterbewusstsein. Sie stammen aus der Seele des Prot, gehören zu seinem besseren Teil und wollen ihn endlich aus dieser fruchtlosen, selbstschädigenden Regression heraustreiben.

Natürlich empfindet der verwöhnte Typ das als Angriff, als Eindringen dämonischer Feinde.

Und natürlich wird man im Erwerbsleben verdinglicht, das heißt, zu einer Sache, zu einem Objekt, das reibungslos zu funktionieren hat, erniedrigt, weshalb die Zwerge die Welt der Banker, Manager, selenlosen Rationalisierer und Optimierer verkörpern.

Dein Prot muss in dieser ausbeuterischen Welt ja nicht aufgehen, es reicht schon, wenn er sich einen bescheidenen Halbtagsjob suchen würde, damit ihm auch Zeit für das eigentlich Wertvolle bleibt, damit er weiter Dostojewskij und Kafka lesen und Mozart hören kann, er muss nicht den Ehrgeiz haben, seine Seele zu verkaufen, um so wie die Manager zu werden...

Deiner Erzählung ist es gelungen mich zu echauffieren, weil sie lebendig, weil sie gut ist!

Grüße
gerthans

 

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