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- 18.02.2002
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Der Anfang ist das Ende auf der anderen Seite
In Kürze muss ich sterben.
Ich habe versucht, eine Ausnahmeregelung für mich zu erwirken, habe gebettelt, gefleht. Habe geltend gemacht, dass ich noch nicht so weit bin. Vergeblich.
Soeben hat man mir mitgeteilt, dass ich mich verabschieden soll. Es ist bald soweit.
Die Trauer darüber, dass ich gehen muss, zerreißt mir fast das Herz. Alle, die ich liebe, bleiben hier zurück.
Ich hasse den Gedanken, anderen Schmerz zuzufügen, und doch muss ich es tun. Das es mich treffen soll, habe nicht ich entschieden. Die anderen haben gesagt, es sei an der Zeit. Sie können keine Rücksicht darauf nehmen, dass wir alle unter der Trennung leiden werden. Was sein muss, muss halt sein, sagen sie.
Kaum schaffe ich es, mich von all meinen Lieben zu verabschieden. Sie bemühen sich tapfer, ihren Schmerz nicht zu zeigen.
„Wir sehen uns wieder“, sagen sie.
Drüben. Auf der Anderen Seite.
Jetzt kommen sie, mich zu holen. Haltung bewahren! Oh, wie gerne würde ich mich wehren. Um mich schlagen. Irgend etwas.... tun. Aber damit würde ich mich meiner Würde begeben.
Ich will nicht.
Herr im Himmel, ich will nicht!
Der Prozess wird sofort eingeleitet. Jetzt ist auch die letzte Möglichkeit zur Flucht vertan.
...Oh Gott, diese Schmerzen. Diese Enge, diese Hitze, diese Qual. Ich hasse es, hasse es, hasse es! Wo ist oben, wo ist unten? Hat diese Hölle einen Ausgang? Unten? Oben? Irgendwo? Man zerrt an mir, schiebt an mir... Dann plötzlich dieses grelle Licht, der Schock, die Kälte.
Schon wieder. Zum wievielten Mal ertrage ich das jetzt?
Ich bekomme einen Schlag auf die Rückseite meines Körpers, der hilflos zappelnd mit dem Kopf nach unten hängt. Mein eigener Schrei gellt mir in den Ohren.
„Hallo Welt – da bin ich wieder“, denke ich gerade noch. Dann setzt das Vergessen ein.
[ 30.04.2002, 12:29: Beitrag editiert von: Pipilasovskaya ]