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Der alte Mann und das Mädchen

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02.11.2016
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Der alte Mann und das Mädchen

„Es muss gerade erst passiert sein“, sagte der alte Mann.
„Was denn?“, fragte das kleine Mädchen und zupfte dabei zappelnd an ihrem rosa Kleid herum.
Der Mann schielte sie an. Er konnte sich nicht erinnern, wann sich das Mädchen neben ihn auf die Parkbank gesetzt hatte.
„Siehst du nicht denn Krankenwagen da drüben?“, antwortete er schließlich und deutete mit seinem Gehstock Richtung Straße.
„Ach das. Da ist einer gestorben“, antwortete das Mädchen gelassen, während sie mit ihren kleinen Füßen hin und her wippte.
„Woher willst du das wissen?“, fragte der alte Mann.
„Ich weiß es eben“, erwiderte das Mädchen.
„Du bist wohl eine ganz Schlaue, was? Erinnerst mich an meine Tochter, die wusste auch immer alles“, sagte der alte Mann und sah sie von oben herab an. Für einen kurzen Moment saßen
beide einfach nur da und starrten den Krankenwagen an.
„Wie alt ist sie denn?“, fragte das kleine Mädchen.
„Wie alt ist wer?“, entgegnete der alte Mann verwirrt.
„Na deine Tochter!“, antwortete das Mädchen ungeduldig, dabei suchte sie unter der
Bank nach kleinen Steinchen.
„Oh. Ich schätze, sie war nicht viel älter als du es jetzt bist. Weißt du, sie wurde leider schwer krank und ist schon im Himmel.“ Der alte Mann starrte nachdenklich auf den Boden und bemerkte nicht, wie sich das Mädchen vor ihn stellte und ihn anstarrte.
„Warum sind die so bunt?“, fragte sie den alten Mann und holte ihn damit aus seinem Tagtraum.
Er sah, wie das kleine Mädchen auf die obersten Knöpfe seines alten, dunkelgrauen Mantels zeigte. Es war offensichtlich, dass die oberen zwei Knöpfe nicht die ursprünglichen waren, denn sie passten so gar nicht zu den anderen.
„Sag mal wo sind eigentlich deine Eltern?“, lenkte der Mann ab.
„Meine Mama hat gesagt, ich soll hier auf meinen Papa warten“, antwortete das Mädchen und fuchtelte dabei mit ihren Haaren herum.
Der alte Mann nickte skeptisch und grummelte etwas, das ein „Aha“ hätte werden können. „Warum sind die so bunt?“, wiederholte das Mädchen die Frage im exakt gleichen Tonfall wie zuvor. „Ok, ok. Ich erzähle es dir ja. Aber dann hörst du auf so rumzuzappeln.“
Das kleine Mädchen sprang zurück auf die Bank und grinste den alten Mann erwartungsvoll an.
Er räusperte sich.

„Damals, bevor meine Frau von mir gegangen war, hatten wir eine Schneiderei mit der größten Knopfsammlung, die du dir vorstellen kannst. Es kamen sehr oft Leute zu uns, die einen Knopf verloren hatten und wir waren sehr stolz darauf ihnen immer einen passenden anbieten zu können.
Ich habe in dieser Zeit Hunderte von Knöpfen angenäht. Abgesehen von der Buchhaltung war es nun mal das Einzige, was ich zum Geschäft beitragen konnte.
Richtig nähen konnte ich ja nicht. Meine Frau hingegen war eine äußerst begabte Schneiderin, sie nähte die schönsten Kleider und war dafür in der Stadt bekannt. Nur mit Zahlen hatte sie es nicht so.“ Der Mann lachte und sah dabei skeptisch zu, wie das kleine Mädchen Grashalme vom Wegrand zupfte.
„Wo ist sie denn hingegangen?“, fragte das Mädchen mit abgewandtem Blick.
„Wo ist wer hingegangen?“, erwiderte der alte Mann.
„Na deine Frau!“, antwortete das Mädchen und verdrehte die Augen. Der Mann suchte nach einer passenden Erklärung und beobachtete wie das Mädchen versuchte auf der Wegbegrenzung zu balancieren.
„Weißt du mein Kind“, begann er beschwerlich. „Als meine Tochter in den Himmel kam, wurde meine Frau sehr traurig. Sie wollte nicht, dass ihr Kind alleine im Himmel ist, ohne seine Mutter. Also beschloss sie eines Tages auch in den Himmel zu gehen, um bei ihr zu sein.“
Der Mann blickte in das erstaunte Gesicht des Mädchens.
„Und warum bist du dann nicht mit in den Himmel gegangen?“, fragte das Mädchen.
„Oh das wollte ich. Sogar noch vor meiner Frau“, entgegnete er. „Ich ging zu der großen Brücke am Rande der Stadt, die über den Fluss führt, dort sollte meine Reise beginnen. Aber als ich dort ankam, entdeckte ich auf einmal diesen Knopf.“ Er tippte mit seinem Finger auf den obersten Knopf an seinem Mantel.
Das Mädchen trat näher heran um den Knopf näher zu betrachten. Er war grün und hatte ein schimmerndes Wolkenmuster, das ihn irgendwie verrückt aussehen ließ.
Der Mann fuhr fort: „Der Knopf lag einfach so da, direkt vor meinen Füßen. Glaub mir, ich kenne eine Menge Knöpfe, aber so einen hatte ich noch nie zuvor gesehen. Jemand musste ihn dort auf der Brücke verloren haben und war vielleicht schon auf dem Weg in unsere Schneiderei. Mich störte der Gedanke, dass zum ersten Mal jemand zu uns kommt, dem wir keinen passenden Knopf anbieten können. Also hab ich ihn aufgehoben und bin wieder nach Hause gegangen.“
„Und wem hat der Knopf gehört?“, unterbrach ihn das Mädchen.
„Das kann ich dir leider nicht beantworten, er wurde nie abgeholt.“

„Und der da?“, fragte das kleine Mädchen und zeigte diesmal auf den zweiten Knopf. Es war ein großer, goldener, mit einer verschmierten, schwarzen Aufschrift darauf. Der alte Mann holte tief Luft.
„Nachdem meine Frau sich auf die Reise zu unserer Tochter gemacht hatte, war ich erneut fest entschlossen ihr zu folgen und hatte vor wieder zu der Brücke zu gehen. Es war Abend und ich wollte gerade die Tür der Schneiderei abschließen, als plötzlich ein Mann in einem goldenen Kostüm vor mir stand. Er war Musiker und fragte mich mit tiefer Stimme ob der Laden schon geschlossen hat.
Er erklärte mir, dass er in drei Tagen einen Auftritt in der Stadt habe und dafür dringend noch goldene Knöpfe benötigte.
Ich sagte ihm, dass ich leider keine goldenen vorrätig habe, sie aber bestellen könne. So machte ich am nächsten Morgen die Bestellung und verschob meine Reise erneut aufgrund eines Knopfes. Ich konnte ja nicht mit gutem Gewissen zu der Brücke gehen, ohne dem Mann vorher seine bestellten Knöpfe auszuhändigen.
Sein Name war Elvis Presley, und als er seine Knöpfe abholte, war er so froh darüber, dass er mich kurzerhand zu seinem Konzert einlud. Es stellte sich heraus, dass er einen enormen Bedarf an Knöpfen hatte, weil er am Ende jeder Show seine Jacke ruckartig aufriss, sodass alle Knöpfe kreuz und quer durch den Raum flogen.
Am Ende begleitete ich ihn auf seiner Welttournee und versorgte ihn unterwegs weiter mit Knöpfen. Zum Dank schenkte er mir diesen Knopf aus echtem Gold, mit einem Autogramm von ihm drauf.“
Der alte Mann klopfte mit dem Griff seines Gehstocks leicht gegen den goldenen Knopf, ein metallischer Klang ertönte. Das kleine Mädchen unterbrach ihre Purzelbäume, um den Knopf zu untersuchen. Sie entdeckte, dass jemand die Initialen „EP“ mit einem schwarzen Filzstift auf den
Knopf geschrieben hatte.
„So haben mich diese simplen Knöpfe mehr als einmal vor einer Dummheit bewahrt. Deshalb habe ich sie mir an meinen Mantel genäht, damit sie mich immer daran erinnern“, erklärte der alte Mann.

„Wo bleibt denn nun dein Vater?“, fragte der alte Mann ungeduldig.
„Der kommt bald, Mama hat gesagt, dass es etwas dauern kann“, antwortete das Mädchen.
Beide schwiegen kurz, dann drehte sich der alte Mann zu dem kleinen Mädchen, das diesmal ganz still auf der Bank neben ihm saß.
„Weißt du, wenn man so alt ist und so viel erlebt hat wie ich, denkt man wieder oft an die Reise in den Himmel. Nur dass ich dazu jetzt keine Brücke mehr brauche.“
Der alte Mann setzte ein Lächeln auf und zwinkerte dem kleinen Mädchen zu. Dann kramte er eine alte Lederbrieftasche aus seinem Mantel, zückte ein abgegriffenes Familienfoto aus ihr hervor und starrte es an.
„Es ist wirklich verblüffend, wie sehr du meiner Tochter ähnelst. Nach all den Jahren vermisse ich sie immer noch sehr.“
Plötzlich rief das Mädchen: „Ich glaube, da kommt mein Papa!“, und deutete aufgeregt auf die
andere Straßenseite, wo noch immer der Krankenwagen stand.
Der alte Mann erkannte nun das Gebäude, vor dem der Krankenwagen stand. Es war seine alte Schneiderei. Die Eingangstür öffnete sich und zwei Rettungssanitäter schoben eine Trage heraus,
auf der ein bewusstloser Mann lag.
Als der alte Mann das Gesicht des Bewusstlosen sah, überkam ihn plötzlich einen stechender Schmerz, als hätte jemand ein Messer in seine Brust gerammt.
Wie in einem Spiegel erkannte er sein eigenes Gesicht und verstand: „Der Mann auf der Trage bin ich!“ Notarzt und Sanitäter kämpften mit allen Mitteln um das Leben des Mannes und verloren. Der Mann auf der Trage war tot.

Der Schmerz ließ nach. Erschöpft nahm der Mann seine Hand von der Brust und versuchte zu Atem zu kommen. Doch es war nicht länger die Hand eines alten Mannes, sein Gesicht war faltenlos, jegliche Gebrechen wie weggeblasen. Er schaute wild um sich. Es war alles so klar:
Das Zwitschern der Vögel, der Geruch in der Luft.
Dann blickte er in das lächelnde Gesicht des kleinen Mädchens und erkannte seine Tochter.
„Da bist du ja! Lass uns nach Hause gehen, Mama wartet schon.“

 

Hallo Chris!

Willkommen bei den Wortkriegern!

Könntest du noch Zeilenumbrüche in deinen Text einbauen? Im Dialog immer, wenn der Sprecher wechselt? Dann ließe sich der Text viel besser lesen.

Außerdem solltest du die Redebegleitungen, die Zeichensetzung und die Groß- und Kleinschreibung dabei überprüfen.
Beim ersten Satz sieht man, dass du eigentlich weißt, wie es richtig gemacht wird.

Hier:
„Warum sind die so bunt?“ Holte sie den alten Mann aus
seinem Tagtraum.
=> Redebegleitungen sind sagte, fragte usw. Aus dem Tagtraum holen ist keine, also musst du anders formulieren. Z. B.: Sie holte den alten Mann mit der Frage: „Warum sind die so bunt?“ aus seinem Tagtraum.

Soviel erstmal von mir.

Grüße,
Chris

 

Hallo Chris,
vielen Dank für den netten Empfang und deine Tipps. Ich habe den Text nochmal bearbeitet, hoffe so ließt es sich besser.

Bei den Redebegleitungen war ich mir unsicher, habe mich aber nochmal schlau gemacht und hoffe, dass es so korrekt ist.

Viele Grüße
Chris

 

Hallo Chris Petry,
manchmal hat man in einer Geschichte die Figuren sehr deutlich vor Augen, hört den Tonfall ihrer Stimme und sitzt in der Szenerie, die man als Unbeteiligter beobachtet. So geht es mir in Deiner Geschichte, die ich ausgesprochen berührend finde. Das könnte auch sehr kitschig sein, sehr duselig, wie das auch häufig gemacht wird und die Thematik ist weiß Gott ja gut beackert, literarisch, cineastisch und sonstwie. Tod und Vergänglichkeit und Heimkommen ist ja das große Thema der Zeit. Ich versuche mal, zu beschreiben, warum ich das bei Dir stimmig fand. Ich glaube, Dein Tonfall in den direkten Reden ist sehr gut getroffen. Das geht richtig als Rede durch. Das kann man sich vorstellen, dass es aus einer spontanen Kommunikation kommt. Der Schluss ist natürlich auch sehr hübsch trickreich. Das ahnt man nicht, also, zumindest ich habe die Auflösung nicht vorhergesehen. Ok, zur Konsequenz des Schlusses unten noch mehr. Die Knopfstory ist auch originell und auch spektakulär, wenn der Alte sich als Knopfwart des großen Elvis outet. Insgesamt spüre ich so ein schönes mildes, versöhnliches Licht, so eine Wehmut, die am Ende aufgelöst wird. Die Figuren haben eine lebendige Zeichnung. Sehr hübsch, dass die Kleine die Augen rollt, weil der Alte immer die gleiche Frage "wer?" stellt. Nettes, liebevolles Detail. Ich glaube, es sind einige Kommata zu wenig. Ein paar Ausdrücke haben mich irritiert und ein paar Wiederholungen. Zweimal kommt am Anfang "er starrte" und gleich drauf "anstarrte". Das "dass" ist wohl ein Relativpronomen und wird mit einem s geschrieben. "dass ein „Aha“ hätte werden können". Am Ende blickt er "wild" um sich. Vielleicht eher verwirrt? Gut, den Schluss verstehe ich nicht ganz. Also, sie wartet auf den alten Mann, der rausgetragen wird und dann stirbt und dann ist der alte Mann, der auf der Parkbank sitzt, jung und ihr Vater und kommt dann von hinten auf sie zu. Er ist dann also schon in der Sphäre der Verblichenen, bevor er stirbt. Ach, egal. Davon weiß ja niemand etwas Belegbares zu berichten. Von daher wird das bei Dir schon seine Richtigkeit haben.
Herzlich
rieger

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rieger,
herzlichen Dank für dein Feetback. Es freut mich, dass meine Charaktere dich überzeugen konnten und auch das Ende etwas überraschen konnte. Vielleicht war es in der Tat etwas holprig geschrieben, sodass man es nicht ganz verstehen konnte.

Du hast richtig erkannt, dass der alte Mann sich in einer Zwischenwelt befindet. Sein echter Körper ist, während des Dialogs, in der Schneiderei und bereits dort kämpfen die Sanitäter um das Leben des alten Mannes. Das kleine Mädchen ist die ganze Zeit über seine Tochter, – ich fand die Idee schön, dass die Toten von ihren bereits verstorbenen Angehörigen abgeholt werden – sie erkennt ihn aber nicht, da er seit ihrem Tot stark gealtert ist. Und auch er muss zunächst seinen Tot begreifen, um seine Tochter zu erkennen. Dies geschieht in dem Moment, als er seinen Körper auf der Trage sieht. Nach seinem Tot erhält er sein altes Aussehen zurück, das er hatte, als seine Welt noch in Ordnung war und Familie noch lebte.

Der Erklärungsbedarf zeigt mir natürlich auch, dass man das Ende hätte noch besser schreiben können. Das setzen von Kommata war leider noch nie meine Stärke. Nochmals vielen Dank für deine Kritik.

VG Chris

 

Hallo Chris,

eine nette kleine Geschichte hast du geschrieben. Der Lesefluss ist gut, der Aufbau ebenso. Ich vermute mal, dass das nicht dein erster Versuch ist. Schreibfehler gibt es kaum, hier und da fehlt ein Komma, aber das war's fast schon. Der Text liest sich fast, als wäre er für Kinder geschrieben, verständlich und leicht, sogar verspielt. Eine Geschichte mit Happy End, obwohl sie wirklich vom Ende erzählt.

Allerdings sehe ich an ein paar Stellen auch Probleme mit der Logik. Würde ein älterer Herr im Park wirklich ein kleines Mädchen im Vor- oder Grundschulalter auf den Krankenwagen ansprechen? Anfangs kommt sie ihm ja unbekannt vor.

Am Anfang sagt das Mädchen:

Da ist einer gestorben
Aber später wird der Mann zwar bewusstlos, aber lebend aus dem Haus getragen. Erst später, auf der Straße, stirbt er. OK, das Mädchen weiß, wie es ausgeht. Aber dann müsste sie wohl eher so etwas sagen wie: "Da stirbt einer gleich!"

Die ganze Zeit redet das Mädchen über seinen Papa wie über einen Dritten. Wieso erkennt sie nicht den Papa, der direkt vor ihr sitzt, aber dafür den, der auf einer Bahre in mehreren Metern Entfernung herausgetragen wird? Ich sehe, du hast dafür nachträglich eine Erklärung geliefert, aber in der Story fehlt diese Erklärung und wirkt inkonsistent.

Die Erzählperspektive wird gegen Ende ein bisschen unklar:

Die Eingangstür öffnete sich und zwei Rettungssanitäter schoben eine Trage heraus, auf der ein bewusstloser Mann lag. Als der alte Mann das Gesicht des Bewusstlosen sah, überkam ihn plötzlich einen stechender Schmerz, als hätte jemand ein Messer in seine Brust gerammt.
Diese Sätze vermitteln die Perspektive des alten Mannes, weil sie erzählen, was er sieht und fühlt. Woher er wissen will, dass der Mann auf der Trage bewusstlos ist, ist aber nicht ganz klar. An dieser Stelle ist das auktoriales Wissen. Der Prot kann es vermuten, aber wissen kann er es nicht.
Notarzt und Sanitäter kämpften mit allen Mitteln um das Leben des Mannes und verloren. Der Mann auf der Trage war tot.
Hier hast du die Perspektive gewechselt. Hier wird nicht mehr erzählt, was der Mann sieht, sondern was ist; die Perspektive ist also auktorial. Das passt, weil das, was erzählt wird, auktoriales Wissen ist, aber den Perspektivwechsel mitten im Absatz finde ich problematisch.

Ein Problem habe ich auch mit der räumlichen Perspektive. Anfangs schreibst du:

„Siehst du nicht denn Krankenwagen da drüben?“, antwortete er schließlich und deutete mit seinem Gehstock Richtung Straße.
Wie weit sitzt er von der Straße weg, wenn er auf einer Parkbank sitzt und mit dem "Gehstock Richtung Straße" zeigt? Zehn Meter? Fünfzig? Jedenfalls nicht direkt an der Straße.

Später dann:

Plötzlich rief das Mädchen: „Ich glaube, da kommt mein Papa!“, und deutete aufgeregt auf die
andere Straßenseite
(...) Wie in einem Spiegel erkannte er sein eigenes Gesicht und verstand: „Der Mann auf der Trage bin ich!“
Hier habe ich nicht mehr den Eindruck, die beiden säßen weiter weg, sondern direkt auf dem Bürgersteig gegenüber.

Das sind, wie ich finde, so einige kleine Inkonsistenzen in einer ansonsten schönen, etwas rührenden Geschichte. Hat mir gefallen!

Gruß
Hopper

 

Hallo Hopper, freut mich sehr, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Vor allem schmeichelt mir deine Vermutung, dass es nicht mein erster Versuch ist, tatsächlich ist er es aber.

Sicher hast du recht mit den Inkonsistenzen. Dass das Mädchen am Anfang sagt „Da ist einer gestorben“, obwohl der Mann auf der Trage noch nicht tot ist, ist mir sogar selbst aufgefallen. Ich habe mich jedoch bewusst dagegen entschieden es zu ändern, mit folgender Begründung: Das Mädchen weiß in diesem Moment lediglich, dass sie ihren Vater dort abholen soll. Sie geht erstmal davon aus, dass er schon gestorben ist und jeden Moment vor ihr stehen wird.

Die ganze Zeit redet das Mädchen über seinen Papa wie über einen Dritten. Wieso erkennt sie nicht den Papa, der direkt vor ihr sitzt, aber dafür den, der auf einer Bahre in mehreren Metern Entfernung herausgetragen wird?

Sie erkennt weder den alten Mann auf der Bank, noch den auf der Trage. Sie sieht nur das sich die Tür der Schneiderei öffnet und sagt: „Ich glaube, da kommt mein Papa!“ Ihren Vater erkennt sie erst nach der Verwandlung in sein jüngeres Ich.

Die Problematik mit den Perspektiven habe ich nicht erkannt. Hier fehlt mir wahrscheinlich einfach noch die Erfahrung.

Bei der räumlichen Perspektive frage ich mich, wie sehr eine detaillierte Beschreibung des Ortes der Geschichte genützt hätte oder ob sie die Kurzgeschichte nicht zu sehr aufgeblasen hätte.
In meiner Vorstellung befand sich die Bank am Rande eines Parks, mit einem sehr breiten Gehweg davor. Müsste ich schätzen, wäre die Schneiderei etwa 10 bis 15 Meter von der Bank entfernt.

Natürlich kann der Leser das nicht wissen, daher stimme ich dir auch hier zu.

Ich danke dir vielmals für deine Kritik und Mühe, die du dir gemacht hast. Das hilft mir sehr dabei, meinen Schreibstil zu verbessern.

Viele Grüße
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Das Mädchen weiß in diesem Moment lediglich, dass sie ihren Vater dort abholen soll. Sie geht erstmal davon aus, dass er schon gestorben ist und jeden Moment vor ihr stehen wird.


Sie erkennt weder den alten Mann auf der Bank, noch den auf der Trage. Sie sieht nur das sich die Tür der Schneiderei öffnet und sagt: „Ich glaube, da kommt mein Papa!“ Ihren Vater erkennt sie erst nach der Verwandlung in sein jüngeres Ich.

Das weißt du als Autor, aber ich als Leser weiß es nicht, weil du es nicht vermittelt hast. Versuch, die Lerserperspektive einzunehmen und frag dich: Wie viel kann ich dem Leser an eigenständigen Schlussfolgerungen abverlangen/zumuten? Das ist nicht einfach, aber es gilt, den "sweet spot" zu finden zwischen "alles zu Tode erklären" und "den Leser ratlos zurücklassen".
Bei der räumlichen Perspektive frage ich mich, wie sehr eine detaillierte Beschreibung des Ortes der Geschichte genützt hätte oder ob sie die Kurzgeschichte nicht zu sehr aufgeblasen hätte.
Es geht mir nicht darum, mehr über das Außenrum zu erzählen, sondern um Konsistenz darin, wie die beiden die Szene auf der Straße wahrnehmen. Das kommt mir im ersten Absatz weit weg vor und zum Schluss ganz nah. Vielleicht könnte das Mädchen nicht "auf die andere Straßenseite" deuten, sondern wie der Alte vorher, einfach "Richtung Straße". Und der Alte würde nicht sein eigenes Gesicht wiedererkennen, da er zu weit weg sitzt, sondern seine Kleidung. Oder umgekehrt könntest du die Anfangsszene weg vom Park auf den Bürgersteig gegenüber verlegen. Nur so als Vorschlag :).

Gruß
Hopper

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chris Petry,

ich fand die Geschichte ganz schön. Unter anderem, wie du durch die Knöpfe zwei Sub-Geschichten eingebaut hast. Auch die Auflösung hat mir gefallen, hatte etwas von "The Sixth Sense" mit Bruce Willis.

Hab mir beim Lesen ein paar sprachliche Kleinigkeiten notiert:

rum zu zappeln
Egal, ob MS Word meckert, aber dies wird zusammengeschrieben.

richtig nähen konnte ja ich nicht.
Wortverdreher.

nur mit zahlen hatte sie es nicht so.
Groß, so oder so.

Er erklärte mir, dass er in drei Tagen einen Auftritt in der Stadt hat.
Ich sagte ihm ... sie aber bestellen kann
Da gibt es meiner Meinung nach jeweils einen zeitlichen Bezugsfehler. Hatte und konnte wären richtig, denn obwohl das eine nach dem anderen geschah, solltest du im Präteritum bleiben.

keinen Goldenen
Klein, denn das Bezugswort ist da (die Knöpfe), auch wenn es im vorherigen Satz steht.

Ein metallischer Klang ertönte
Finde ich keine gelungene Beschreibung des Geräuschs, das ein massivgoldener Mantelknopf machen würde, ist doch keine Glocke. Klicken fänd ich plausibler, gefällt mir selbst aber auch nicht. Vielleicht fällt dir noch was ein.

unterbrach ihre Purzelbäume Komma um den Knopf zu untersuchen.
Bin ja ein Freund des Kommas und setze viele, wo andere keine setzen würden und müssten, aber dieses hier ist keine Ansichtssache. ;)

der alte Mann … das Mädchen
Benutzt du meiner Meinung nach zu oft. Da es sich im Wesentlichen nur um zwei Personen handelt, könntest du sie ruhig hin und wieder mit er oder sie adressieren.

Nur das ich dazu jetzt keine Brücke mehr brauche.
Dass … passiert halt.

Prinzipiell fand ich das Mädchen etwas zu "gewollt aktiv" mit ihrem ganzen Haargespiele und den Purzelbäumen; ist jedoch nur meine Einstellung, und ich verlange nicht von dir, da was zu ändern.

Hat mich gefreut.

Bis dann
imperfektionist

 

Hallo imperfektionist,
auch dir danke ich sehr, für deine Kritik und die Korrekturen. Da haben sich ja doch noch paar Fehler eingeschlichen. ;)

Er erklärte mir, dass er in drei Tagen einen Auftritt in der Stadt hat.
Ich sagte ihm ... sie aber bestellen kann

Auch wenn deine Version wahrscheinlich die richtige ist, klingt für mich "hatte" und "konnte" irgendwie falsch, da es ja indirekte Rede ist.

Vielleicht eher so:
"Er erklärte mir, dass er in drei Tagen einen Auftritt in der Stadt habe."
"Ich sagte ihm ... sie aber bestellen könne"


Viele Grüße
Chris

 

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