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Der Akt der Sabotage
Der Akt der Sabotage
Der schwere Schmiedehammer fiel krachend auf das glühende Metall. Fargar hätte die Explosion, welche das Dorf erschütterte, gar nicht mitbekommen, wenn nicht ein Stück der Decke der Schmiede auf seine Schulter herab gefallen wäre. Schreie hallten im nächsten Moment durchs Dorf. Der Zwerg sprang von seinem Holzschemel an der Esse auf und ging ins Freie. Ganz Goldstein versank im Chaos. Auf der Straße bot sich Fargar ein grausames Bild. Verbrannte Teile von Menschen, Zwergen und Pferden lagen auf der ganzen Hauptstraße verteilt. Überall liefen Verletzte blutüberströmt umher. Soldaten eilten heran um ihnen zu helfen und das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Der rothaarige Zwerg schaute sich auf der Straße um. Er wollte wissen, wo sich die Explosion ereignet hatte. Als er weiter aus der Schmiede raustrat sah er, was er schon vermutet hatte.
Das Waffenlager, inklusive aller umliegenden Gebäude, lag in Einzelteilen über das gesamte Dorf verteilt. Ein Funke flog in seinen dichten roten Bart. Aber bevor sein Bart in Flammen aufgehen konnte schlug Fargar das Feuer mit seinem schweren Schmiedehandschuh aus. Er wollte gerade loslaufen, um sich das ganze aus der Nähe anzusehen. Aber die Prügelei gestern Nacht in der Dorfschänke und der viele Branntwein erlaubten nur ein paar torkelnde Schritte zur nächsten Hauswand. Ein krachendes Geräusch über Fargar ließ den Zwerg aufhorchen. Als er nach oben schaute sah er, wie das Schild der Münzschmiede vom Dach brach. Vor Schreck stolperte der Zwerg und fiel rücklings um. Das schwere Schild schlug mit der unteren linken Ecke knapp neben Fargar ein und kippte glücklicherweise in die andere Richtung um. Mit einem tiefen Schnaufer stand er auf und bewegte sich in Richtung des Brandes. Aus dem Augenwinkel sah der Zwerg, dass sich ein schwarzer Schatten schnell von der Explosionsstelle Richtung Steintor am anderen Ende der Stadt bewegte. Fargar konnte nicht genau erkennen wer oder was da lief, da er alles doppelt und verschwommen sah. Plötzlich blieb der schwarze Schatten stehen und sah in die Richtung der Schmiede. Im nächsten Moment kam Fargar ein kleines rotes Säckchen entgegengeflogen und prallte hinter ihm in der Schmiede in die Esse.
Ein ohrenbetäubender knallt gefolgt von einer sengenden Druckwelle schleuderte Fargar in hohem Bogen in die Pferdetränke auf der anderen Seite der Straße. Hart schlug er durch die hölzerne Tränke und stoppte erst als er gegen eine Steinwand prallte. Völlig durchnässt und mit schmerzendem Rücken kam er kurz nach dem Aufschlag wieder zu sich. Das kalte Wasser hatte in ein wenig wachgerüttelt und so konnte er gerade noch dem fliegenden Dolch ausweichen der für seinen Kopf gedacht war. Fargar rollte sich hinter die Trümmer der Holzstränke und versuchte den Angreifer zu erblicken. Doch dieser hatte sich weiter in Richtung Steintor abgesetzt. Fargar konnte nur noch den schwarzen Umhang mit dem roten Vollmond erkennen der von zwei weißen Dolchen durchkreuzt wurde.
Jetzt dämmerte Fargar wer der Angreifer war und das er mit Sicherheit für diesen Anschlag verantwortlich war. Das Zeichen auf dem Umhang gehörte zur Enklave der Giftklingen, welche unteranderem auch die Garde für den obersten Dunkelelfen stellten. Lange dunkelgrüne Haar wehten im Wind und tiefschwarze Pupillen sahen zu Fargar herüber. Das große und zugleich grazile Wesen hatte ein grausames Lächeln auf den Lippen und schaute hasserfüllt auf den blutenden Fargar. Trotz brennender Schmerzen auf seinem Rücken sprang Fargar auf und setzte dem Angreifer nach. Beide waren nun auf dem Weg Richtung Steintor. Trotz seiner kurzen Beine konnte Fargar mit dem Dunkelelfen mithalten. Als dieser sich umdrehte um weitere Bombensäckchen nach Fargar zu werfen sprang dieser über die Wurfgeschosse hinweg und rollte sich nach vorne ab, um im nächsten Moment vom Boden in Richtung des Angreifers zu schnellen. Als Fargar den Dunkelelfen mit seinem ganzen Gewicht zu Boden riss rollten die beiden ein ganzes Stück über den Boden und es fielen weitere Bombensäcken auf den Boden und explodierten. Durch die Druckwelle wurden die beiden am bodenliegenden Kontrahenten durch das Steintor und in die dahinterliegende Felsspalte geschleudert. Sie stürzten an den Felswänden entlang bis auf den sandigen Boden der Spalte.
Als Fargar wieder zu sich kam spürte er sofort einen stechenden Schmerz an seinem linken Fuß. Er war unter einem großen Stein eingeklemmt. Noch benebelt vom Sturz sah er sich um, aber konnte den Dunkelelf nicht erblicken. Plötzlich traf ihn ein harter Tritt von rechts mitten ins Gesicht. Blut floss Fargar aus der Nase und seine Sicht wurde verschwommen. Immer mehr Tritte und Schläge folgten bis Fargar regungslos am Boden liegen blieb. Das einzige was er hörte war das grausame und tiefe Lachen des Dunkelelfs und die Worte die er Fargar ins Ohr flüsterte: „Die Dunkelheit wird dein Tod sein!“. Als Fargar schon keine Hoffnung mehr hatte, hörte er den Dunkelelfen aufschreien. Er öffnete seine Augen und sah, dass ein Pfeil in der Schulter des Dunkelelfen steckte und dieser sich vor Schmerzen krümmte. Der Zwerg hörte aus der Ferne eine vertraute Stimme rufen: „ Fargar, du fauler Sohn einer räudigen Elfin. Steh auf und töte dieses stinkende Spitzohr.“ Es war die Zwergin Ferina, die Tochter des Küfers. Sie war vor ein paar Jahren den Schildmaiden, den Wächtern von Goldstein, beigetreten. Ferina hatte geschworen Goldstein zu beschützen und war eine meisterhafte Bogenschützin. Sie konnte eine Fliege aus hundert Meter Entfernung treffen. Fargar versuchte seinen Fuß zu befreien, aber er schaffte es nicht. Ferina sprang zu ihm herunter und schob den Fels beiseite unter dem Fargars Fuß festsaß. Der Dunkelelf versuchte währenddessen den Pfeil aus seiner Schulter zu ziehen und zu flüchten.
Ferina drehte sich in Richtung des Dunkelelfen und versuchte diesen anzugreifen. Aber dieser war schneller und rannte die Felsspalte entlang. Auch Fargar machte sich an die Verfolgung des Elfs. Ferina rannte so schnell sie konnte, doch der Elf war schneller als sie. Sie bremste ab, spannte ihren Bogen und zielte auf den Kopf des Dunkelelfen. Der Pfeil sauste mit einer unglaublichen Geschwindigkeit
durch die Luft. Nur durch einen gewagten Sprung nach vorn konnte sich der Verfolgte vor dem tödlichen Geschoss retten. Auf ihrer Hetzjagd hatte Ferina allerdings nicht bemerkt, dass sich unter ihr zwei kleine rote Beutel befanden, die der Dunkelelf dort hatte fallen lassen. Noch bevor Ferina reagieren konnte schrie der Elf ihr zu: „Grüße von Siltin, wenn du deinem Schöpfer gegenüber trittst!“. Er warf einen Dolch in Richtung der Säckchen. Fargar wollte Ferina noch wegziehen, aber er war zu weit entfernt. Die Explosion zerriss die Zwergin in tausend kleine Stück und brachte die Felsspalte zum erbeben. Fargar konnte nur zusehen, wie seine Retterin zerfetzt zu Boden sank.
Wut und Trauer überkamen Fargar und er lief los um Siltin zu töten und seine Freundin zu rächen. Doch der Dunkelelf reagierte schneller und warf seine letzten Dolch. Dieser traf Fargar direkt in den linken Oberschenkel. Der Zwerg sank schmerzerfüllt zu Boden und sah wie Siltin ans Ende der Felsspalte zum großen Graben flüchtete. „Das ist dein Ende.“ rief Fargar Siltin zu, weil er wusste, dass es eigentlich keinen Weg über den Graben gab. Langsam stand er auf und zog sich den Dolch aus dem Bein. Mit einem Schmatzen und einem tiefen Stöhnen von Fargar rutschte der Dolch aus seinem Oberschenkel. Aber er hatte sich zu früh gefreut. Der Dunkelelf nahm einen großen Anlauf und wollte über den Graben springen. Siltin rannte los und drückte sich kräftig von der Grabenkante ab. Er schien es tatsächlich zu schaffen. Geistesgegenwärtig nahm Fargar den Dolch und warf in Richtung des Dunkelelfs. Kurz bevor Siltin die andere Seite erreicht hatte bohrte sich der Dolch in seine linke Wade. Zwar erreichte Siltin noch die andere Seite, jedoch als er bei seiner Landung auftreten wollte knickte sein links Bein ein und er fiel mit einem ohrenbetäubenden Schrei rückwärts in den Graben. Ein leiser Knall begleitete seine Landung auf dem Grabenboden. Blut floss in alle Richtungen und Siltin bewegte sich nicht mehr. Er war tot. Zufrieden sah Fargar auf den Grabenboden. Seine Freude hielt nicht lange an. Als er den Kopf wieder hob und auf die andere Seite des Grabens blickte sah er in die Gesichter von hunderten Dunkelelfen, welche ihn hasserfüllt mit ihren tiefschwarzen Augen anstarrten. In diesem Moment wurde Fargar bewusst, dass der Angriff erst begonnen hatte und Goldstein ein langer Tag bevorstand.
©Marcel Maashofer