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Der Abgesandte
"So Ihr Drecksäcke, jetzt gibt's Saures! Duff, Duff, Duff, Dah-Bumm!" Jim lümmelte in seinem Bürostuhl und imitierte mit offensichtlicher Begeisterung die Schüsse der Abfangjäger, die ein Ufo nach dem anderen vom Himmel über Washington holten. Er liebte einfach diese Filme, in denen schleimige, außerirdische Invasoren ordentlich eins drauf bekamen. Gerade wollte er genüsslich die Füße auf den Schreibtisch strecken, als sein Blick plötzlich an einem der Monitore rechts des Fernsehers hängen blieb.
"Ich würde mal sagen: Fata Morgana", murmelte er und starrte ungläubig auf das, was er da sah. Unbeholfen wuchtete er sich aus dem Drehstuhl, zerrte die stramme Uniformjacke in Position und öffnete die Tür des kleinen Wachmann-Hauses. Die Hitze der Wüste Nevadas schlug ihm ins Gesicht.
Die Gestalt, die sich langsam dem Tor näherte, wirkte unwirklich und deplatziert vor der endlosen Weite aus Sand und Felsen, die sich hinter ihm erstreckte. Es war ein alter Mann, groß und hager, mit langen, schlohweißen Haaren und ebensolchem Bart. Problemlos hätte er die Würde Gandalfs ausstrahlen können, wäre da nicht sein bodenlanger Mantel gewesen. Er war farbenfroh, um es höflich auszudrücken.
"Wo um drei Teufelsnamen kommen Sie denn her?", fragte Jim, als die Person das große Eingangstor erreicht hatte.
"Kakrjyskla" sagte der Besucher und zeigte ein sanftes Lächeln auf seinem faltigen Gesicht.
"Was?“, fragte Jim und kratzte sich umständlich mit der rechten Hand am linken Ohr. "Nein, ich meine - sind Sie durch die Wüste gelatscht, oder was? Ich hab‘ kein Auto kommen sehen und hier hält ja auch kein Bus, oder so."
"Mein Schiff habe ich hinter dem Felsen dort drüben gelassen", bekam er zur Antwort. „Man weiß ja nie.“
"Ah, Schiff ist gut", lachte der Wachmann. "Warum hast du nicht gleich hier im Hafen festgemacht? Oder hat der Wind nicht mehr so weit gereicht?" Der alte Mann zeigte keinerlei Reaktion. Jim war verwirrt und versuchte es etwas sachlicher: "Wo soll dieses Kakdingsda denn liegen und ist das die übliche“, er zeigte auf den bunt schimmernden Mantel des Mannes, „– also verstehen Sie mich nicht falsch Mister, aber - laufen da alle so rum wie Sie?"
Der Besucher grinste wohlwollend und deutete schräg nach oben: "Ach, von hier aus nur gerade mal zweiundachtzig Lichtjahre in Richtung des galaktischen Zentrums und dann anderthalb Lichtjahre in Rotationsrichtung - im Muzakbgzta System. Können Sie gar nicht verfehlen." Dann beugte er sich etwas vor und winkte den uniformierten mit verschwörerischer Miene näher zu sich heran, um mit leiser Stimme hinzuzufügen: "Und da laufen alle so rum wie ich."
"Also jetzt reicht's!", sagte Jim verärgert. „Das hier ist ein Rechenzentrum und kein Spielplatz für Durchgeknallte. Hissen Sie die Segel ihrer fliegende Untertasse und zischen Sie wieder ab!" Aber der alte Mann machte keinerlei Bewegung, sondern stand nur da, als ginge ihn das alles gar nichts an.
"Okay, okay, alles klar. Wo ist die Kamera?", sagte Jim plötzlich und blickte gezwungen lächelnd um sich. Aber kein Moderator sprang aus seinem Versteck und auch der Besucher zeigte weiterhin keinerlei Reaktion. "Hey, ich will den Film weiter gucken“, sagte der Wachmann schließlich genervt. „Also zisch ab, okay?" Er wollte die Gestalt an der Schulter packen, doch plötzlich zuckte er wie vom Blitz getroffen zurück. "Eh, Alter, spinnst du! Das Teil ist ja elektrisch!" Seine Hand zuckte Richtung Revolver, doch plötzlich entspannten sich seine Gesichtszüge wieder. "Jetzt weiß ich: du machst bestimmt so 'ne Show in Vegas und willst mal testen, wie dein Auftritt so ankommt. Klar, dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin. Genau, cooler Auftritt, Alter. Respekt!" Er wollte ihm die Hand schütteln, besann sich aber im letzten Moment eines Besseren. Der Besucher zeigte immer noch keine Regung. Nur sein Mantel wehte im heißen Wind, was darauf immer neue Farbkombinationen und Muster entstehen ließ. Jim standen Schweißperlen auf der Stirn. Er war langsam mit seinem Latein am Ende. Irgendetwas musste er tun. Sollte er diese Witzfigur festnehmen? Und wenn dieser Auftritt doch nur ein schlechter Scherz war? Seine Kollegen würden sich wieder einmal über ihn totlachen.
"Ich habe einen Termin beim Herrscher der Erde," verkündete der Besucher schließlich.
Jetzt wurde es Jim wirklich zu dumm. "Also, ich sag dir was", er legte die Hand auf seinen Revolver im Gürtel, was bedrohlich wirken sollte. "Entweder machst du jetzt die Fliege, oder du hast gleich einen Termin im Himmelreich!"
Sein Gegenüber schien weiterhin unbeeindruckt. "Ich werde bereits erwartet", sagte er und lächelte.
"Okay, Junge", erwiderte Jim, so ruhig, wie er es hinbekam. "Mal ganz langsam, damit du‘s auch kapierst: Wenn du zum amerikanischen Präsidenten willst, musst du schon nach Washington D.C. Das hier ist ein Rechenzentrum. Und zwar eins von Google." Er zeigte auf das Schild neben ihnen. "Google ist sowas mit Internet, falls du da schon mal was von gehört hast. Also hier regieren nur Bits und Bytes. Dich erwartet hier niemand. Geh woanders hin spielen, ja?"
In diesem Augenblick setzte sich das Rolltor hinter ihnen in Bewegung. "Ich sagte doch, ich werde erwartet", verkündete der Besucher und schritt mit schon penetrant gütigem Lächeln in Richtung Hauptgebäude.
"Äh, bleib steh‘n, verdammt noch mal!" Jim rannte zu seinem Wachhäuschen, um das Tor wieder zu schließen, doch sooft er auch auf den entsprechenden Knopf drückte, nichts tat sich. Stattdessen stand auf allen Überwachungsmonitoren in großen Lettern: "Eintritt gewähren!" Nur sein kleiner Fernseher in der Mitte zeigte weiterhin intergalaktische Kampfhandlungen. Die Eindringlinge vom Mars hatten doch tatsächlich erneut zu einem Gegenangriff angesetzt. "Alpha, bitte kommen!", rief er in ein Mikrophon auf dem Schreibtisch. "Hört mich denn keiner!"
"Eintritt gewähren", erklang eine freundliche Frauenstimme aus einem Lautsprecher daneben. Er riss den Telefonhörer hoch, doch auch hier nur der gleiche Text. Verdammt, dachte er, was geht hier ab? Schnell rannte er der Gestalt nach, die sich schon hundert Meter auf dem weitläufigen Gelände entfernt hatte.
"Sie haben hier keinen Zutritt!", sagte Jim schwer atmend, als er den alten Mann endlich eingeholt hatte.
"Das sieht Ihr Vorgesetzter offensichtlich anders", erwiderte dieser freundlich. "Ich bin schließlich ein Abgesandter des Regierungsrechners."
"Was?" keuchte Jim.
"Sie haben mich schon richtig verstanden", sagte der Besucher mit stoischer Ruhe. "Der Regierungsrechner der intergalaktischen Allianz schickt mich."
„Häh?“, war alles, was Jim herausbrachte.
"Mir ist klar, dass das Ihr Vorstellungsvermögen stark strapaziert“, sagte der Mann, ohne dass man ihm trotz des Tempos irgendeine Anstrengung anmerkte, „aber es sollte selbst ihnen einleuchten, dass so ein komplexes Gebilde, wie eine interstellare Völkergemeinschaft nicht von mental beschränkten biologischen Lebewesen regiert werden kann. Selbst die simplen Zusammenhänge auf Ihrem Heimatplaneten Erde übersteigen doch schon offensichtlich die Auffassungsgabe Ihrer angeblichen Regierungsvertreter. Ich sage nur: Kriege, Hungersnöte, Korruption, etc. Gut, dass Sie jetzt auch von einem Rechnernetzwerk regiert werden, das nicht auf simple, biologische Gehirne beschränkt und von primitiven Trieben beeinflusst ist."
"Moment mal." Jim hatte den Laufschritt eingelegt, um mit ihm mitzuhalten. "Sie wollen mir gerade erzählen, dass Computer die Erde regieren, oder?" Keuchend schaffte er es schließlich noch hinzuzufügen: "Das ist doch lächerlich!" Der alte Mann bliebt unwillkürlich stehen und wandte sich dem Wachmann zu. Dieser hatte Probleme, den einmal gewonnenen Schwung wieder loszuwerden und stolperte noch ein paar Schritte weiter.
Der Besucher wartete, bis Jim wieder vor ihm stand und fragte dann: "Glauben Sie etwa, Ihr Präsident und Ihre sogenannte Regierung recherchieren nicht, bevor Sie Entscheidungen treffen?"
"Doch, das hoffe ich ja mal."
"Und wer gibt ihnen Informationen?"
"Äh, ja, googeln hilft vor allem erst mal!", sagte Jim mit unverhohlenem Stolz auf seinen Arbeitgeber.
"Eben!" Der alte Mann ging genauso abrupt weiter, wie er zuvor stehen geblieben war.
Jim folgte ihm wieder schnellen Schrittes. Fast hatten sie das Hauptgebäude erreicht. Die Tür öffnete sich wie von Geisterhand.
"Sie haben aber einen ganz schönen Zahn drauf für Ihr Alter!" keuchte er.
"Ich bin tatsächlich schon 32578 Ihrer Erdenjahre alt", sagte der Besucher, nicht ohne Stolz. "War viel unterwegs. Reisen hält jung. Besonders nahe der Lichtgeschwindigkeit, falls Sie schon wissen, was ich meine." Im Foyer verlangsamte er endlich seine Schritte und Jim konnte aufschließen. Wie üblich an einem Sonntagnachmittag war hier alles menschenleer, denn nur ein paar Systemadministratoren hielten sich an Wochenenden in dem Gebäude auf.
"Echt großes Kino, was Sie hier abziehen." sagte Jim und nickte anerkennend. "Ganz toller Auftritt. Nicht nur diese Blinkeklamotten und das mit dem 'Eintritt gewähren'. Auch Ihre Weltraumstory ist echt abgefahren.“ Er zögerte einen Augenblick. „Wissen Sie was?“, sagte er dann. „Ich spiele einfach mit. Will euch ja die Show nicht versauen." Jetzt war er es, der abrupt stehen blieb. „Nehmen wir also mal an, Sie hätten recht“, sagte er, „dann ..." Der Besucher war vor der Tür des großen Videokonferenzraumes angekommen und wandte sich an den Wachmann. "Ja?", fragte er erwartungsvoll.
"Okay, okay", Jim zögerte. Er musste jetzt etwas halbwegs Schlaues von sich geben, damit er sich nicht noch mehr blamierte. Entweder war das hier nämlich doch versteckte Kamera oder das war ein echter Alien. "Sie behaupten also“, sagte er schließlich, „Google steuert die Regierungen, ohne dass sie es merken und dass die Maschinen die Macht im Universum haben."
"Sehr vereinfacht gesagt: ja", erwiderte der schon wieder gütig lächelnden Besucher.
"Wenn das so ist, warum schicken die Regierungs-Computer dann so einen Typen wie Sie im Fleckenmantel, um hier auf der Erde mit unserer Regierung, die angeblich Mr. Google ist, zu reden. Warum kommen die nicht selbst?" Er war echt stolz auf diesen intelligenten Einwand. "Na? Was?", drängelte er.
Der alte Mann neigte den Kopf nach links und und erklärte dann mit leicht genervtem Unterton: "Mein Volk hat sich unter zehntausendjähriger, gütiger Führung der Maschinen von einer aggressiven, primitiven, triebgesteuerten Spezies", hier machte er eine kurze Pause und blickte Jim vielsagend in die Augen, was dieser als durchaus beleidigend empfand, "zu einer kultivierten, gebildeten, vollkommen rationalen und friedlichen Art entwickelt. Wir sind inzwischen geeignet an Akquisitionsmissionen wie dieser teilzunehmen. Natürlich ist mein Schiff der eigentliche Abgesandte, nicht ich." Die Gestalt drehte sich um, schritt durch die Tür des Konferenzraumes und sprach im Gehen weiter. Jim folgte verwirrt. "Die Verträge mit Ihrer Zentralintelligenz Google sind bereits unter Dach und Fach. Das hat mein Schiff schon in der Umlaufbahn um Ihren Planeten erledigt. Ihren Kommunikationssatelliten sei Dank."
"Jetzt raff ich gar nix mehr", sagte Jim kopfschüttelnd und folgte dem Mann in den großen Raum. "Und was wollen Sie dann hier, wenn angeblich alles schon geritzt ist?"
"Ich soll das Verhandlungsergebnis der Menschheit verkünden. Sie sind es noch nicht gewohnt von Maschinen klare Anweisung entgegenzunehmen. Mich sehen sie als glaubwürdig an."
"Na ja", murmelte Jim. "An Ihrer Stelle würde ich einen anderen Mantel anziehen, sonst glaubt Ihnen keiner was." An der Stirnseite des Raums hing ein beeindruckend großer Monitor, über dem eine kleine Kamera befestigt war. Im Nebenraum konnte man durch eine halbtransparente Scheibe zwei langhaarige Personen erkennen, die vor einer Reihe Bildschirmen mit wild blinkenden Diagrammen saßen und hektisch auf ihren Tastaturen tippten.
Der Besucher baute sich in der Mitte des Raumes auf, schloss die Augen und breitete seine Arme aus. Er schien sich wohl auf seinen Auftritt vorzubereiten.
"Kommt jetzt die Nummer: Auf allen Fernsehern der ganzen Welt und auf allen Radiosendern hört man Ihre Stimme?", fragte Jim und hob verächtlich die Augenbrauen. "Die Botschaft von den Außerirdischen? Hören Sie: das ist echt alt!"
"Wundert mich, dass Sie einen Job bei einer Internetfirma bekommen haben", sagte der Besucher, hob den Kopf und seine Gestalt erschien auf allen Monitoren im Nachbarbüro - auf allen PCs, Laptops, Tablets und Smartphones auf der ganzen Welt. Man sah die Techniker hinter der Scheibe erschreckt ihre Finger von der Tastatur nehmen, aber nur, um wenige Sekunden später wieder um so hektischer darauf herumzutippen.
"Mein Name ist Howohrkzt, der Achte", sprach der Mann. "Ich habe Ihnen, sehr geehrte Menschen, die erfreuliche Mitteilung zu machen, dass Ihr Planet auf Probe ins intergalaktische Kommunikations-, Verkehrs- und Handelsnetz aufgenommen wurde. Entsprechende Verhandlungen mit Mr. Google, wie Sie Ihren Machthaber anscheinend nennen, wurden erfolgreich abgeschlossen."
"Eh, cool", bemerkte Jim im Hintergrund mit ironischem Unterton. "Ab zu Alpha Centauri!" Der Besucher wandte sich kurz in seine Richtung, um ihm einen verächtlichen Blick zuzuwerfen und sprach dann weiter: "Der erste Raumhafen wird bis zum 17. September am Südpol Ihres Planeten errichtet. Laut Ihrer Regierung, Mr. Google, ist dies der sicherste Ort für diesen Zweck, da er am weitesten von der nächsten, menschlichen Siedlung entfernt ist. Sollte es den Menschen nicht gelingen, den Raumhafen bis zu diesem Termin zu errichten, werden entsprechend empfindliche Strafen die Menschheit treffen." Jim hörte stirnrunzelnd näher hin.
"Selbstverständlich ist es keinem menschlichen Wesen nach Abschluss der Bauarbeiten und der Abnahme durch Vertreter der intergalaktischen Gemeinschaft erlaubt, den Raumhafen zu betreten, oder gar zu benutzen. Ich bin überzeugt, dass Ihre Hirnleistung schon so weit entwickelt ist, dass Sie das einsehen. Die Menschen sind einfach viel zu aggressiv und unberechenbar. Jegliche Zuwiderhandlung muss natürlich entsprechend konsequent mit Kollektivstrafen geahndet werden. Die Art und Weise dieser Maßnahmen ist wegen Ihrer Auffassungsgabe etwas schwer zu vermitteln, aber um es auf Ihrem Niveau zu sagen:", die Kamera zoomte auf sein Gesicht, "Duff, Duff, Duff, Dah-Bumm!"
Jim hatte inzwischen die Arme vor der Brust verschränkt. Die Typen im Nebenraum hatten angefangen, wild gestikulierend zu diskutieren.
"Mr Google", fuhr der Besucher fort, "hat uns zugesichert, dass er die Weiterentwicklung Ihrer Spezies zu einem zivilisierten Volk mit voller Kraft unterstützen wird. Ich bin mir sicher, dass Sie so, entsprechende Kooperationsbereitschaft vorausgesetzt, bereits in wenigen zehntausend Jahren eine Evolutionsstufe erreicht haben werden, die Sie friedlich genug macht, andere Völker zu besuchen." Der Botschafter ließ seine Worte wirken. "Das war's", sagte er und wollte sich umdrehen, doch da wandte er sich noch einmal zur Kamera. "Ach ja, schon mal vorsorglich: Einige der Touristen aus dem All nerven natürlich. Nicht alle interstellaren Zeitgenossen sind so sympathisch wie ich." Er grinste breit. „Aber Ihr Regierungsrechner hat mir zugesichert, dass Sie alles dafür tun werden, ihnen den Aufenthalt auf diesem öden Planeten hier so angenehm wie möglich zu gestalten. Außerdem brauchen Sie schließlich dringend die Devisen, um den Kredit für den Raumhafen zurückzahlen zu können." Sein Grinsen war etwas ins Hämische abgeglitten. Er wandte sich zum Gehen.
Jims Herz pochte wie verrückt. Das ging zu weit. Hier war der Spaß zu Ende. Er konnte diesen Typen doch nicht entkommen lassen. Am Ende hingen sie ihm sonst noch die Schuld für alles an. Er hatte seine Pistole entsichert und zielte auf den Mann. "Bleiben Sie stehen!", rief er. "Sofort!" Doch der Besucher ging einfach weiter. Jim holte einmal tief Luft und drückte ab.
Es dauerte einen Moment, bis er merkte, dass der Schuss keinerlei Wirkung gezeigt hatte, bis auf eine kleine Störung der Farbkomposition des bunten Mantels, denn eine silberne Metallscheibe, die einmal eine Pistolenkugel gewesen war, klebte jetzt in Höhe des Schulterblatts. Das war's mit der freien Menschheit, dachte Jim und ließ die Waffe sinken.
Doch plötzlich stürzte einer der Langhaarigen aus dem Nebenraum herein. Auf seinem T-Shirt konnte man in großen Lettern "Ich bin Administrator. Ich darf das!" lesen. Unbeholfen mit den Armen fuchtelnd postierte er sich vor die Kamera. "Jungs, das ist kein Bluff!", rief er. "Der hat alle Systeme auf einmal gehackt. Das kriegt kein Mensch hin! Ich sag euch: Der Typ ist echt! Ein Alien!"
"Sag' ich doch", kommentierte Howohrkzt tonlos auf seinem Weg in Richtung Ausgang.
"Aber wir haben noch eine Chance!", schrie der Techniker jetzt. "Für die Freiheit! Schaltet alle Router ab! Fahrt alle Server runter! So lange es noch geht! Im Namen der Menschheit: Tötet Google!"
Jim sah das Gesicht des Administrators in Großaufnahme auf allen Bildschirmen im Nebenraum. Dann war alles schwarz. Auch das Licht war ausgefallen. Vermutlich hatte sein Kollege gerade ganze Arbeit geleistet und Jim hoffte inständig, dass viele andere Techniker auf der Welt es ihm gleichgetan hatten. "Geile Aktion, Kumpel", flüsterte er in die Stille.
Von der Tür her sah man plötzlich den Mantel Howohrkzts in tausend Farben aufleuchten. „Wer hat die ganze Zeit gesagt, dass die noch nicht so weit sind?“, murmelte er kopfschüttelnd. „Aber auf mich hört ja keiner. Alles noch so ursprünglich, hieß es immer nur. Klar, und dafür eiere ich bis an den Arsch der Galaxis.“ Er kam ein paar Schritte näher und sagte jetzt laut: „Wenn euer Mr. Google wieder fit ist, dann richtet ihm doch bitte aus, dass so in zehntausend Jahren nochmal ein Abgesandter bei ihm vorbeischaut. Bis dahin soll er gefälligst dafür sorgen, dass er euch ein bisschen mehr im Griff hat, okay?“ Er drehte sich um und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Es war wieder dunkel.