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Depression?
Ich sass mal wieder am Fenster im dritten Stock. Genau wie meine Freunde genoss ich es mich strecken zu koennen. Pausenbrote waren ausgepackt, wenn nicht schon verzerrt. Leise war es nicht. Wie sollte es auch, wenn hier Spaesse, Gespraeche und Hausaufgaben kursierten. Und doch war es entspannend dort zu sitzen, dort mit meinen Freunden.
War es das wirklich? Warum fuehlte ich mich dann gerade in diesem Moment so ausgepowert? Ich fuehle mich in letzter Zeit oft so fertig. Ich weiss nicht wann es angefangen hat. Vielleicht im Januar als ich von der Klassenfahrt zurueckam, zurueck nach Hause. Vielleicht im September als das Schuljahr anfing. Vielleicht auch schon im Maerz als Paps anfing alleine wegzugehen.
"Ich will hier weg!" Wie oft habe ich diesen Satz in den letzten zwei Jahren wohl gesagt? Meine Freunde scheinen ihn laengst nicht mehr ernst zunehmen. Haben sie es jemals getan? Aber wie kann ich von ihnen verlangen es zu verstehen? Ich verstehe es doch selber nicht. Wie koennte ich es auch von ihnen verlangen? Ich wuensche es mir doch nur! Wenn sie dann scherzhaft"verwoehnte Diplo-goere"sagen, hoer ich den Scherz schon lange nicht mehr.
Wenn mich Pa nach einer Begruendung fragt, kommen meist nur Saetze wie "Ich will aber!" oder "Ich muss hier weg!". Fuer ihn scheinen es die Trotzreaktionen einer siebzehnjaehrigen, pubertierenden zu sein. Wie oft habe ich diese zwei Woerter nicht schon seit meinem Geburtstag gehoert? Ich weiss doch dass ich siebzehn bin. Manchmal kommt ihm eine andere Idee, und er fragt mich ob in der Schule alles ok ist. Ob die Klassenkameranden nicht gemein zu mir sein. Sie sind es nicht. Die Leute auf der Stufe sind alle nett. Natuerlich sind nicht alle meine Freunde, aber wir verstehen uns.
Ich war schon laengst nicht mehr in der Schule. Irgendwie war das Zehn-Stunden-Pensum geschaft.
Ich stand im Badezimmer und wusch mir die Haende und wieder ein Blick in den Spiegel. Entnervt wendete ich mich ab. Spiegel gehoeren abgeschaft! Wiederwillig wende ich mich dem Spiegel zu. Da sind sie wieder. Langsam ziehe ich die Brille aus. Meine Augen sehen mich an. War ja klar! Wie soll ich es beschreiben? Leuchten? Nein, das ist das falsche Wort. Genauso wie Strahlen nicht angebracht ist. Ich weiss nicht, kennt ihr es wenn die verdaechtigen Traenen sich langsam aus den Augen kaempfen und ein feuchter Schimmer oder Schleier auf ihnen zurueckbleibt?
Wann habe ich schon geweint? Jetzt wo ich mich das frage fallen mir nur mein Armbruch und der Tod meines Wellensittiches ein. Aber in letzter Zeit habe ich staendig Traenen im Gesicht. Anfangs da war es, weil meine zwei Freundinnen mir auf einmal allen ernstes erzaehlen " Du, du bleibst nur zwei Jahre hier. Wir werden niemals Freundinnen, gute Freundinnen sein!" Was soll denn das?, habe ich mich gefragt. Meine staendigen Umzuege sind doch kein Grund keine Freundschaften zu schliesen. Oder?
Ich sass ueber mein Geschichtsbuch gebeugt, versuchte gerade meine Arbeit vorzubereiten, als wieder dieses vertraute Nass an meiner Wange entlanglief. Ich wollte es nicht wahr haben, aber als ein Tropfen auf die schwarzweisse Seite des Schulbuches fiel... Wieder stehe ich vorm Spiegel und betrachte diesen Schleier. Nicht ich schaue zurueck. Traurigkeit schlaegt mir ins Gesicht. Ich laufe ins Bad, leise dass Ma nichst merkt. Schliesse die Tuer ab. Drehe den Wasserhahn auf. Spritze mir das kuehle Nass ins Gesicht um das andere zu vertreiben. Es geht wieder. Abgesehen davon dass ich schrecklich aussehe. Ich fuehl mich besser und schleiche zurueck ins Zimmer. Dort angekommen setze ich mich auf mein Sofa und fange an zu flennen. Natuerlich leise und aufpassend, dass niemand kommt.