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Denglisch

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12.03.2005
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Denglisch

„Ich glaube, wenn das so weiter geht, wird das Englische das Deutsche noch vollständig verdrängen“, sagte er, als sie das Kaufhaus betraten.
„Ach Quatsch“, sagte seine Frau, als sie mit einem kleinen Entzückensschrei in das Getümmel bei den Damendessous warf. „Du willst doch bloß nicht anerkennen, dass sich die Zeiten ändern“. Sie prüfte kritisch die Qualität eines Slips. „Oder, dass Du älter wirst.“, fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu.

Sie drängte ihn weiter zur Hosenabteilung.
Der Mann seufzte resignierend, als er sich an einer „Resting Area“ auf eine gepolsterte Bank fallen ließ und einem pausbäckigen kleinen Jungen dabei zusah, wie dieser mit Icecreme-verschmierten Fingern den Joystick einer vom Kaufhaus aufgestellten Playstation malträtierte.

Er schüttelte den Kopf. „Nein das ist es nicht“ rief er seiner Frau hinüber, die gerade in einem mannshohen Kleiderberg aus reduzierten Bodies, Hot Pants und Damenjeans herumwühlte. Jedenfalls nicht nur, fügte er in Gedanken hinzu.
„Ich meine ja nur, dass viel zu viele englische Fremdwörter in der deutschen Sprache kursieren. Nimm doch zum Beispiel…“ er schaute sich suchend um „diesen Service Point da drüben“. Er deutete nach rechts zu einem unbesetzten Schalter über dem ein Schild mit einer entsprechenden Aufschrift prangte.
„Was ist denn damit?“, meinte seine Frau geistesabwesend, da sie gerade auf einem Ständer entzückende Wonder-Bras zum halben Preis entdeckt hatte.
„Na ja, das ist doch unnötig. Man hätte es genauso gut, äh, Informationszentrum nennen können, oder so“.
Sie lachte leise auf. „ Informationszentrum? Na das klingt ja überhaupt nicht sexy.“
Der Mann grunzte etwas eingeschnappt. „Ach, du weißt doch ganz genau, was ich meine. Diese englischen Ausdrücke nehmen einfach überhand. Irgendwann wird es vermutlich gar keine deutschen Bezeichnungen mehr geben.“

„Steht mir das eigentlich, oder sehe ich darin fett aus?“ fragte sie ihren Gatten, während sie sich ein schreiend pinkes Top gegen den Körper hielt. Ihr Mann traute sich nicht, ihr die Wahrheit zu sagen, daher antwortete er mit einem, wie er hoffte vielsagend klingenden Schnaufen. „Na dann halt nicht“, erwiderte sie etwas ärgerlich. Offenbar konnte sie doch Gedanken lesen. „Ich dachte nur, es würde ganz gut zu meinen Sneakern und den Hot Pants daheim passen“. Sie legte das Wäschestück wieder auf das Display zurück. Es dauerte aber nicht sondernlich lange, bis sie sich für einige stylishe Alternativen entschieden hatte.

Er erhob sich wieder ächzend, um ihr die Wäschestücke abzunehmen, die sie ihm aufordernd entgegenhielt. Er fühlte sich ein wenig ausgepowert, aber das schien nicht allein von ihrer Shoppingtour zu kommen, mehr als ob irgendetwas in der Luft läge. Irgendwie strange.
„Weißt Du“, ächzte er gedämpft hinter dem gewaltigen Kleiderstapel hervor, den er für sie zur Kasse trug, „vielleicht wachen wir eines Tages auf und sprechen nur noch in Anglizismen“. Die Verkäuferin am Counter nahm ihm das Bündel ab und zog die Kleidung über den Scanner.

„Du bist ein alter Schwarzseher“ erwiderte sie schnippisch, während sie in ihrer Handbag zwischen Lipgloss, Filofax und Handy kramte, um schließlich ihre EuroCard und ihre Payback-Karte am Counter dem lächelnden Customer Care Assistenten in die Hand zu drücken, der die Karten sofort von seinem Terminal checken ließ und ihre Daten vom Bankserver downloadete. Die Frau begann sich allmählich darüber zu ärgern, dass ihr Honeybunny sie so mit diesem Thema teaste. „So far wird es doch nie kommen, dafür gibt es doch die Society for German Language oder wie die auch immer heißen, I am sure“. Sie took dankend ihre Plastic bags in Empfang, und they begaben sich in die direction vom Exit des Shopping Centers.

„Actually, I still think English will rule out German completely someday“, he repeated when they left the building. “O shut up”, she replied.

 

Well...to begin with...I was not so amused ;)

Hello Ghostwriter,

irgendwie zündet die Geschichte nicht. Der Plot, also dein satirisches Thema ist ja nun sofort und unmissverständlich durch den Protagonisten klargelegt, womit du der Story die Luft zum Atmen abdrehst. Nungut, dennoch hätte man daraus noch sowas wie urkomische oder spritzige Dialoge basteln können, aber genau das läuft nicht ab.

Die Unterhaltung zwischen dem Ehepaar ist so normal wie es nur geht und somit, in Anbetracht der Tatsache, dass mir gleich anfänglich ja auch gesagt wurde, worum es geht, dümpelt es so vor sich hin. Allenfalls am Ende der Geschichte geht es ein wenig skurriler zur Sache, aber eben nur am Ende.
Wäre doch die gesamte Geschichte so, dann....

Oh, ich merke grad, ich wäre ja fast unhöflich geworden, denn ich seh, du bist neu hier, daher erstmal:

Herzlich Willkommen hier auf kurzgeschichten.de! :)

Ich hoffe, dass du trotz meiner Kritik bzw. Einschätzung dich nicht gleich weggeschoben fühlst. Ne gute Satire zu schreiben ist halt das schwierigste Unterfangen im Bereich der Kurzgeschichten und rangiert im Schwierigkeitsgrad noch vor der erotischen Kurzgeschichte, die für meine Begriffe auch eine gefährliche Gratwanderung zwischen Romantik und Erotik abverlangt, denn stürzt man zur Romantikseite ab, wirds ne kitschige Schnulze, stürzt man zur Erotikseite ab, läufts Gefahr nen Porno zu werden.

Lass dich also nicht entmutigen.

Lieben Gruß
lakita

 

Hi lakita,

Huch Kritik!
nun traue ich mich natürlich nicht mehr, jemals irgendetwas anderes zu posten... ;)
Nein, im Ernst ich danke Dir wirklich für Deine ehrliche Meinung, dafür habe ich es ja auch bei kg.de eingestellt (Wenn ich nur zustimmendes Schulterklopfen haben wollte, hätte ich es meiner Mami vorgelegt).
Stimmt, ganz überzeugt war ich von meiner eigenen Story auch noch nicht ganz, ich wußte aber auch nicht ganz, was mich daran störte.
Dass mein Protagonist die Sache vorwegnimmt, sollte ja eigentlich so etwas wie einen Kreis erzeugen, der ...nun gut, ich sehe ein, daß das nicht so recht rüberkommt. Mir gingen auch irgendwann die Anglizismen aus...
Das Ganze war auch eher eine Art Experiment, wie das Skurile immer mehr das Alltägliche durchdringt (daher auch recht alltägliche Gespräche).

(Aber für meine allererste Kritik hätte ich fast Schlimmeres erwartet - zumindest ist der Kopf noch dran...)

 

:)

mir fiele wegen der Umsetzung deines Plots nur die kíshonhafte, also die klassische Variante ein:
der Protagonist bemüht sich redlich, weil ,und dies darf man auch schon anfänglich der Geschichte mitbekommen, er die Anglizismen vermeiden möchte, seiner Familie, sprich Frau und den Kindern immer wieder die deutschen Worte für ihre englischen zu benennen und ermuntert sie auf höchst penetrante überzogene skurrile Weise ihm in der Reinhaltung der deutschen Sprache zu folgen. Am Ende gerät er in eine für ihn außerordentliche Situation, ist wegen irgendwas im Stress, beruflich oder privat und der Leser liest am Ende, dass dieser Protagonist selbst schon bis in die Knochen durchsetzt ist von Anglizismen, weil er eben noch viel schlimmer denglisch daherredet als seine Familie. Mir fällt dazu ein, dass er am Ende sogar noch alles mit *fuck* bekräftigt. ;)
Der Vorteil dieses Plots wäre, dass du ungeniert überziehen und verzerren kannst. Er kann als Oberhaupt der Familie die aberwitzigsten Bedingungen stellen und Argumente liefern und darin liegt viel Potential für eine bissige Satire.

Übrigens kann es gar nicht sein, dass die dir Anglizismen ausgegangen sind, schnapp dir den Duden und schreibe wahllos alles heraus, was dir unter die Augen kommt und dann baue, so ähnlich wie bei unseren Wörterbörsen, diese Worte in den Text, den die Familie am z.B. Frühstückstisch sitzend spricht, hemmungslos mit ein. Da kommt unter Umständen ne höchst interessante Unterhaltung heraus.

Ok, wenn du sagst:

Aber für meine allererste Kritik hätte ich fast Schlimmeres erwartet - zumindest ist der Kopf noch dran...)

Ist denn was anderes ab oder welche Bedeutung hat hier das Wort zumindest? :D

Lieben Gruß
lakita

 

Hm, ja das wäre eine Möglichkeit, aber zugegeben, Kishon ist nicht ganz so mein Fall.
(Mag sein, weil ich als Kind mit seinen Bü+chern überschüttet worden und damit traumatisiert bin). Aber Du hast recht, ich werde den Plot nochmals anders überarbeiten.
Nein, Anglizismen gehen einem nicht wirklich aus (ist "nicht wirklich" nicht quasi auch einer?), mir fiel nur im zusammenhang mit dem Plot nichts mehr ein, da sich beim Schreiben schon Knoten in meinenm zerebralen Kortex bildeten.

Und zu deiner letzten Frage, nein, ist gottseidank noch alles da ;-)
Schöne vollständige Grüße
Ghostwriter

 

Hallo

@lakita

Ne gute Satire zu schreiben ist halt das schwierigste Unterfangen im Bereich der Kurzgeschichten
Hehe das kann aber auch nur ne Satire-Mod sagen :) Ich bin mal gespannt, was meine beiden SciFi-Mods, oder die Humors und Philos dazusagen würden.
Nein, im Ernst. Satire ist schwierig, weil sie in so vielen Gewässern fischt:
muss alltäglich sein, um zu treffen;
muss witzige/ironisch/sarkastisch -> humoristisch sein, um das Thema ins Lächerliche zu ziehen (und mir zugefallen);
muss futuristisch sein, um sich vom normalen Alltag abzuheben;
muss gesellschaftskritisch sein, um überhaupt eine satirische Aussage zu beinhalten

All diese Anforderungen zu erfüllen, ist wirklich schwer. Aber wir versuchen es ja immerhin :)

@Ghostwriter
Lakita hat natürlich die größere Erfahrung, daher vertaue ich ihr mal, wenn sie sagt, dass du da noch nicht alles rausgeholt ist. Aber schon jetzt vom ersten Lesen her hat mir der Text gefallen.
Allein die Stil-Idee, die Anzahl der Anglizismen im Text stetig zu erhöhen fand ich echt gut. Da verschafft dem Text eine weitere Aussageebene die über dem reinen Inhalt steht.
Sicherlich lassen da noch wesentlich mehr Überspitzungen und Bosheit einbauen. In Erweiterung Lakitas Idee dehne doch das Thema auch auf Lateinzismen aus. Und lasse deine Prot im Kontrast zu seiner Frau immer bemüter versuchen, das ursprüngliche Luther-Deutsch zu reden. So als lingualen Protest gegen die schleichende Verarmung der deutschen Sprache.

Das wäre so meine Idee dazu ;)


Ansonsten find ich den Text als Einstieg ins Satire-Forum schon recht gut.
Nur Mut und ein fleißiges Händchen wünscht dir

Hagen

 

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