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Dem Kaiser zuliebe

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19.02.2004
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Dem Kaiser zuliebe

Die Pfeifen der Offiziere ertönten und das verhasste “Sprung auf, Marsch” trieb Tausende von pickelhäubigen Soldaten aus ihren Schützengräben hin zu den Franzosen, die sich 300 Meter weiter tief eingegraben hatten und sich einem gewaltigen Ansturm von schreienden Menschen gegenübersahen. Die deutschen Soldaten kamen gut voran. 10 Meter. 20 Meter. Noch keine eigenen Verluste. 50 Meter. Dann das Gegenfeuer. Hämmerndes Maschinengewehr. Kugeln mähten durch die Reihen, die ersten Männer blieben stumm oder schreiend am Boden. Weiter, immer weiter. Das Anstürmen gegen den Feind war kein Mut, nur Routine. Genau wie das Sterben. Das Geräusch reißenden Leinens in der Luft. Gegnerischer Artilleriebeschuss. Viel zu kurz. Die nächste Salve saß besser. Mit einem Schlag zerriss es ein Dutzend Männer. Weiter, immer weiter. Wieder eine wohlplatzierte Salve. Die Detonation riss zwei Männer von den Beinen und wirbelte sie durch die Luft. In einem alten Granattrichter fielen sie beinahe aufeinander. Schmerzensschreie. Hart tackerndes Maschinengewehr. Granateinschläge. Plötzlich Ruhe. Vergessen waren die Schmerzen für einen gesegneten Augenblick. Das Feuer setzte aus, nur hier und da wimmerte noch ein getroffener Soldat. Die beiden im Trichter sahen sich zum ersten Mal an. Der junge Mann sah einen alten, der alte ein Kind. Da, die Soldaten kamen wieder zurück. Die zwei erkannten die Pickelhauben. Flucht, das war Flucht. Und keine Sekunde später hörten sie das „Allez!“ aus weiteren Tausenden von Kehlen. Der Alte riss den Jungen an sich und presste sein Gesicht in den Dreck.
„Gegenangriff! Die Franzmänner kommen! Stell dich tot!“
Obwohl der Junge mit dem Gesicht im Schlamm kaum atmen konnte, verhielt er sich ruhig. Ihre Herzen schlugen fast hörbar durch das Schlachtgetümmel, als die französischen Soldaten an ihnen vorbei rannten. Der Strom der Leiber wollte nicht enden. Dann wieder einsetzendes Maschinengewehrfeuer, diesmal von der eigenen Seite. Granateinschläge, wieder von den eigenen Stellungen her. Die Franzosen kamen wieder zurück. Verirrte Granatsplitter sirrten durch die Luft und trafen den alten Mann im Loch. Der Junge war so darauf fixiert, sich tot zu stellen, bis die Franzosen über ihm hinwegwaren, dass er die Schmerzensschreie des älteren nicht mitbekam.
Mit einem Schlag wurde es wieder still. Obwohl der Junge kaum noch Luft bekam, traute er sich nicht, sich zu bewegen, bis ihn die Stimme des Alten wieder wieder in die Wirklichkeit riss.
„Hol Luft, mein Junge. Riecht hier so schön nach Schwefel und Blut.“
Rein instinktiv sahen sich die beiden Männer an. Der Junge streckte die Hand aus. „Mein Name ist Peter. Ist der Angriff vorbei?“
„Denke schon“, grunzte der Alte. „Fürs erste werden die Franzmänner den Arsch genug verkloppt gekriegt haben. Und ich bin der Paul.“
Sie reichten sich die Hände. Ein harmonisches Bild inmitten einer Todesszene.
„Wo kommst du her, Paul?“
„Na, von da drüben. Von der dritten Kompanie.“
Peter schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine aus welcher Stadt?“
„Ach so. Ich komm aus einem kleinen Dorf bei Bremen. Vor dem Krieg war ich Schuster. Und du, Jungchen?“
„Ich habe mich von der Schule weg freiwillig gemeldet“, sagte Peter stolz.
Paul versuchte sich mit schmerzverzehrtem Gesicht auf die Seite zu drehen und raunte zornig: „Wieso habt ihr es eigentlich so eilig, ins Gras zu beißen?“
Peter war irritiert. „Aber wir müssen doch für den Kaiser Kämpfen.“
„So, müssen wir das? Pass mal auf. Mein Großvater war Schuster, mein Vater war Schuster und ich bin’s auch. Wenn der Kaiser etwas für mich getan hätte, wofür es sich zu kämpfen lohnt, säße ich jetzt in einem Kontor und nicht in einem Schlammloch zusammen mit einem Grünschnabel.“
„Und warum bist du dann hier?“
„Reserve. Bin eingezogen worden.“
Der Alte war sichtlich verärgert.
„Es tut mir leid, ich konnte doch nicht wissen....“
Paul winkte ab. „Ach, lass mal, Jungchen. Ich bin dir nicht böse. Es ist nur, ich kann mich nicht bewegen, das nervt.“
„Dann warten Sie. Ich helfe Ihnen.“ Doch kaum versuchte Paul sein Bein zu belasten, sank er schmerzverzerrt wieder zu Boden.
„Und du, Kämpfer für den Kaiser? Wo hat es dich erwischt?“
„Mein Bein! Ich glaube mein Bein ist gebrochen!“
„Und ich kann mich nicht rühren. So, nun haben wir den Salat.“
„Zeigen Sie mir mal ihren Rücken, Herr Paul.“
„Nicht so förmlich, Jungchen. Paul alleine reicht auch. Wieso willst du den denn sehen? Bist du Arzt?“ Sein Gesicht verzog sich zu einem entstellten Grinsen.
„Nein, bin ich nicht. Aber ich hab mal in einem Buch gelesen, dass meist was am Rücken ist, wenn man sich nicht bewegen kann.“
Paul stöhnte auf und ließ sich umdrehen.
„Und? Kannst du was sehen?“
„Es blutet nicht, aber Ihr Mantel ist zerrissen. Und es qualmt.“
„Verdammte Granaten. Tu ein bißchen Wasser drauf, dann wird das schon.“
So wie der Alte das Gesicht verzog, musste es höllisch schmerzen, als Peter Wasser vom Boden des Trichters auf die verwundete Stelle tröpfeln ließ, immer darauf bedacht, sein gebrochenes Bein nicht zu belasten.
Erschöpft lagen die beiden Männer im Granatloch. 150 Meter von den eigenen Stellungen entfernt und 150 von den Franzosen. Einen Ausweg schien es nicht zu geben. Doch Peter wollte nicht aufgeben. Er hatte eine Idee. Er rüttelte Paul am Arm.
„Paul! Hör zu. Ich werde zurückkriechen oder humpeln. Und ich werde Hilfe schicken. Warte hier auf mich.“
Peter war schon an den Rand des Kraters gekrochen, als Paul ihn zurückrief.
„Bevor du aus dem Loch hier kriechst, zwei Sachen. Erstens, wo soll ich denn hinlaufen? Zweitens, nimm doch mal dein Gewehr und steck den Helm drauf. Dann lässt du den Helm erst mal kucken, ob die Luft rein ist. Alter Soldatentrick.“
Peter hielt das für eine gute Idee und befolgte den Rat. Keine Sekunde später hatte er ein sauber gestanztes Loch in seinem Helm, produziert von einem französischen Scharfschützen. Peter schluckte hart. So ging es also nicht. Als die Nacht hereinbrach, war ihnen noch immer niemand zu Hilfe gekommen. Es schien gerade Peter, als würden man sie gar nicht vermissen. Die Nacht war furchteinflössend. Tagsüber hatte Peter die Schreie und das Wimmern der Verwundeten zwar auch gehört, doch in der Dunkelheit quälten ihn die gepeinigten Männer. Mittlerweile hatte er mit dem Gewehr notdürftig sein Bein geschient, da er davon ausging, dass er es so schnell nicht mehr gebrauchen würde. Das Gewehr als auch das Bein, sinnierte er mit einem Anflug von Galgenhumor.
Am nächsten Morgen wurde Peter unsanft von Paul geweckt. Das Sirren der ankommenden Granaten hatte er nicht gehört.
„Hau dich rein in den Dreck! Jetzt gibt’s Musik!“
Und dann ging es wieder los. Bumm! Bumm! Eine Granate nach der anderen pflügte das Schlachtfeld aufs Neue um. Erdfontänen fielen auf die beiden Männer im Loch. Plötzlich war es still, doch nicht für lange. Wie aus weiter Ferne hörten sie Offizierspfeifen und ein dumpfes „Sprung auf, Marsch!“. Peter riss die Augen auf.
„Sie kommen! Mensch, Paul, sie kommen uns rausholen!“
Seine Begeisterung schien unendlich. Er schrie lauthals nach den Kameraden und winkte ihnen aus dem Loch zu. Die ersten Schatten. Da waren sie!
„Hey Leute, hier sind wir! Hey! Hey!“ Peters Stimme klang bereits heiser, trotzdem rief er ohne Unterlass den Kameraden zu. Doch Peters Rufe blieben ungehört. Enttäuschung breitete sich in Peters Gesicht aus.
„Paul, ich versteh das nicht. Warum laufen die weiter?“
„Na Jungchen, weil da drüben de Franzmänner sind. Die sind wichtiger als wir. Hast du wirklich geglaubt, dass die uns hier raushauen wollen? Mach dich lieber wieder klein, gleich geht’s in die andere Richtung.“
Paul hatte recht. Erst kamen die deutschen Kameraden zurück, bald dahinter die Franzosen. Und nur wenige Zeit später flohen auch die wieder zurück in ihre Schützengräben. Niemand hatte sie bemerkt.
„Ich will hier nicht verrecken“, wisperte Peter mit zitternder Stimme, obwohl er ahnte, dass es keine Alternative gab.
„Paul! Erschieß mich!“
„Red kein Mist, Jungchen! Genieß lieber noch die frische Luft, solange du kannst. Und dreh mich mal auf die Seite, ich will was anderes sehen.“
Peter verstand nicht, wie Paul mit einem Mal so entspannt war in all diesem Wahnsinn. Trotzdem tat er ihm den Gefallen – und schreckte laut zurück.
„Was ist?“ fragte Paul mit unnatürlich ruhiger Stimme. Doch Peter konnte nicht antworten. Sein Blick blieb starr auf Pauls Rücken geheftet. Da, wo es gestern noch geraucht hatte, breitete sich ein großer roter Fleck auf dem Mantel aus. Blut war am Rücken heruntergelaufen und hatte sich mit dem Schlamm und dem Wasser unten im Trichter vermischt. Peter erwachte aus seiner Starre und riss Pauls Mantel am Rücken auf. Der alte Mann protestierte nicht einmal. Peter erstarrte erneut.
„Paul?“
„Ja?“
„Es hat dich am Rücken erwischt. Da – da steckt ein Granatsplitter tief in dir drin.“
Peter sah weg. Der Anblick der Wunde war schlimmer als alles, was er jemals gesehen hatte.
„Ist schon in Ordnung, Jungchen. Ich weiß, dass ich abtreten muss. Ist nicht schlimm. Und jetzt lass den alten Paul mal ne Runde schlafen.“
Peter starrte ungläubig auf den Kameraden. Was hatte er da gesagt?
„Paul?“
„...müde.“
Peter schubste ihn vorsichtig an. Keine Reaktion. Noch einmal, etwas heftiger. Nichts. Dann brach es aus ihm heraus. Er schüttelte den leblosen Körper so hart, dass es ihn einmal auf die eine und dann wieder auf die andere Seite warf. Und Peter schrie dem Wahnsinn nahe, was seine Lungen hergaben.
„Neeeiiin!“
Erst nach zwei Stunden, als er erschöpft neben dem, was mal sein Kamerad gewesen war, niedersank, wischte er sich die Tränen aus und den Dreck ins Gesicht. Ihm war klar, dass er nun alleine war.
Wieder brach eine Nacht herein und ein neuer Gefährte gab sich die Ehre. Peter verspürte einen Hunger, wie er ihn noch nie gekannt hatte. Beim Blick auf die herabschwebende Leuchtmunition, die den Himmel immer wieder für kurze Zeit in ein fahles Licht tauchte, spielten ihm seine Sinne Streiche. An einem der kleinen Fallschirme hing keine Magnesiumkugel, sondern ein Laib Brot, an einem anderen meinte er, Pauls Gesicht zu sehen. Gedemütigt von seiner eigenen Phantasie sank er auf den Rücken und schloss die Augen. Essen. Er musste dringend etwas essen. Wenn doch nur ein Pferdekadaver in der Nähe liegen würde. Was konnte er sich besorgen, ohne das Loch verlassen zu müssen? Es gab nichts. Nur dieses Loch, ihn – und Paul! Voll Widerwillen um seine eigenen Gedanken sah er den Toten neben sich an. Sollte er es tun? Wollte er es überhaupt tun? Weit entfernt wimmerte ein Verwundeter, den man auf dem Schlachtfeld vergessen hatte. Der arme Teufel durfte sich nicht einmal bewegen, sonst würde er gleich erschossen. Aber Peter hatte Deckung. Niemand würde ihn bei seinem Tun beobachten. Mit zitternden Finger nahm er das Bajonett von seinem Gewehr, das sowieso nur noch als Beinschiene diente und rutschte damit näher an den alten Paul heran. Er knöpfte ihm vorne den Mantel auf und setzte das Bajonett am Bauch an.
„Oh mein Gott.“
Stich zu, mahnte ihn eine teuflische Stimme. Nimm dir, was du brauchst. Peter setzte erneut an. Noch einmal. Und noch einmal. Es ging nicht. Er konnte es nicht tun. Und was jetzt? Das blutgetränkte Wasser im Trichter reichte höchstens noch für ein paar Stunden. Außerhalb lauerten die Scharfschützen, die nur auf ihn warteten. An diesem Morgen hatte er miterlebt, dass die anderen Kameraden ihm auch nicht helfen würden. Peter setzte sich steif hin und verzog den Mund zu einem breiten Grinsen. Er würde also sterben. In diesem Loch würde er elendig verrecken, weil die anderen nur an sich dachten. Er lachte auf. Erst war es nur ein Glucksen, doch dann brach er in ein derart schallendes und wieherndes Gelächter aus, dass man auf beiden Seiten des Schlachtfeldes zusammenzuckte. Peter fand es gut und lachte weiter. Er fühlte sich prima bei dem Gedanken, bald sterben zu müssen. Es ging zu Ende. Dann konnte er auch bei seinen Kameraden sterben. Dass der Wahnsinn und nicht eine Kugel den Jungen erwischt hatte, war dem einerlei. Hastig und kichernd zog er sich völlig nackt aus und hielt seine weiße baumwollene Unterhose wie ein Fanal in die Luft. Man würde doch nicht auf jemanden schießen, der eine weiße Fahne trug! Er robbte mühselig aus dem Krater, richtete sich kichernd auf und humpelte auf einem Bein davon. Die Richtung war egal, er würde schon irgendwie auf seine Seite kommen. Niemand schoss auf ihn. Sein Anblick war zu bizarr, selbst in diesem Krieg. Und er ging weiter über das Schlachtfeld. Humpelnd, nackt und mit seiner Unterhose in der Hand. Da drüben – waren das nicht deutsche Stimmen? Er begann wieder zu schreien, als er in diese Richtung wankte.
„Hey! Hey!“
Da begann ein Maschinengewehr zu rattern und mähte ihn nieder. Peter war bereits tot, als er zu Boden fiel.
Ein aufgeregter Soldat rann im deutschen Schützengraben auf den Maschinengewehrschützen zu und fragte, was los war.
„So ein bekloppter Franzmann kam nackt auf mich zu und rief die ganze Zeit ‚Allez! Allez!’. Da hab ich ihn geschossen.“
„Du sagst, er war nackt? Und wenn es gar kein Franzmann war?“
Der Soldat am Maschinengewehr zuckte gleichgültig mit den Schultern.
„Und wenn schon. Ob’s nun diesen oder jenen trifft – der arme Teufel hat’s auf jeden Fall hinter sich.“


E N D E

 

Zunächst ein herzliches Willkommen auf KG.de

Leider muß ich über die erste Geschichte, die ich auf der Seite von Dir gelesen habe, sagen, das ich sie nicht besonders gut finde, denn sie ist für die Thematik zu oberflächlich.

Da ist zunächst das Schlachtfeld. Von Dir so wage geschildert, das es nur dank des Titels der Geschichte einzuordnen ist. Hier würde ich ein paar erleuternde Worte einschieben, ein oder zwei Sätze, warum sich Deutsche und Franzosen dort gegenüber stehen. Nicht jeder ist in Geschichte bewandert!

Die Schilderung der Schlacht als skurrieles Ballet oder ritualisierter Massenmord ist sehr gelungen. Gut das Du Dich da nicht zu abgetrennten Körperteilen und anderen Ekelexzessen hinreißen läßt wie manch anderer bei ähnlicher Thematik.

Dann liegen Deine beiden Protagonisten im Bombentrichter - und tun und sagen nichts, was ich nicht schon mehr als einmal in einem Film gesehen oder einem Buch gelesen hätte. Alles scheint irgendwie zusammengeklaubt aus Filmen wie "Im Westen nichts Neues" oder "No Man's Land". Deine Protagonisten haben keinen Charakter, sie sind beliebig, es gibt nichts, was sie mir nahe bringt, keine Gefühle.

Darum läßt mich auch das Ende kalt. Es war das Ende, das ich erwartet habe. Skurril fand ich nur die weiße Unterhose. Wie weiß kann die wohl noch sein bei einem Grünschnabel nach fast zwei Tagen in einem Schlammloch mit gebrochenem Bein unter Dauerbeschuß?

Jetzt sitze ich seit einer Weile hier und überlege, welchen Rat ich geben kann, damit die Geschichte aus meiner Sicht besser wird. Handwerklich ist sie nicht schlecht gemacht, flüssig zu lesen, und was Grammatik und Rechtschreibung angeht bin ich eh der letzte, der was kritisieren darf. Der einzige Rat, der mir einfällt, ist dieser: gestalte die Figuren lebendiger!

Kane

 

Hallo Kane,

erst einmal vielen Dank für die konstruktive Kritik. Eigentlich hatte ich bei der Geschichte ja vorgehabt, die beiden Protagonisten als neutrale Wesen zu gestalten, die genau so neutral sind wie all die anderen Männer, die jeden Tag aufs Neue sinnlos gegen den Feind angerannt sind, egal auf welcher Seite. Trotzdem gebe ich dir Recht. Da es nun einmal die Hauptfiguren sind, sollten sie schon etwas Leben besitzen, auch wenn sie es gleich wieder ausblasen.

Daß nicht jeder in Geschichte bewandert ist, ist klar. Doch es gibt nun einmal Großereignisse, gerade im letzten Jahrhundert, deren grobe Umrisse eigentlich jeder kennt - wie in diesem Fall der erste Weltkrieg. Den Grund noch zu erklären, warum Deutsche, Franzosen und Briten im Clinch liegen, hätte den Rahmen der Geschichte gesprengt und hätte eher den Charakter einer Belehrung (äußerst unangenehm für den Leser). In diesen Punkten muß ich dir also widersprechen. Aber vielen Dank für deine Aussage, daß handwerklich wenigstensd einiges stimmt. Das hat mir gezeigt, daß ich in meinem Studium doch einiges gelernt habe...:)

In diesem Sinne beste Grüße

Hans

 
Zuletzt bearbeitet:

Wer kennt sie denn nicht, diese endlosen Schilderungen über Waffenvorkommen, strategische Hinterhälte, Angriffe mit Pistolen und Gewehren? Wer kennt sie nicht, die 0815 - Kriegsgeschichten von der Stange?

Deine Geschichte zählt nicht dazu. Ich finde es gut, dass du dich auf das zwischenmenschliche im Krieg konzentriert hast. Brother Kane muss ich widersprechen, denn mM nach sind die Figuren sehr gut ausgearbeitet. Eine intensivere Beschreibung der Charaktere wäre komplett überzogen und würde den Leser den Blick aufs Wesentliche verlieren lassen.

Denn der Kern in deiner Geschichte dreht sich nicht um den Charakter der einzelnen Figuren. Er handelt von Ironie, von zwischenmenschlichem in Akutsituationen und über Verzweiflung.

Genau zwischen Franzosen und Deutschen in einem Loch liegend, spielt sich ein moralisches Szenario sondergleichen ab. Von den eigenen Kameraden wird der brave "Kämpfer für den Kaiser" ignoriert und zu guter Letzt völlig gleichgültig erschossen.

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Nun zu meiner Kritik:

Das Wort "Hey" passt nicht wirklich in den Zusammenhang und ist meiner Meinung nach für monarchische Verhältnisse eher untypisch. Dieses erscheint nämlich in geschriebener Form in einem sehr amerikanischen Licht und erinnert mich mehr an Hollywood-Filme als an eine traditionsreiche monarchische Gesellschaft. Ich beziehe mich hier im Übrigen nicht auf die Aussprache der Oberschicht, ich denke, selbst ein Kleinbauer oder Viehzüchter hätte sich im 19., oder im frühen 20. Jahrhundert gewundert, wenn er irgendwo das Wort "Hey" gelesen hätte.

„So ein bekloppter Franzmann kam nackt auf mich zu und rief die ganze Zeit ‚Allez! Allez!’. Da hab ich ihn geschossen.“

==> erschossen

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P.S.: Dies ist übrigens meine liebste Passage:

Sie reichten sich die Hände. Ein harmonisches Bild inmitten einer Todesszene.

 

Hallo Screwball,
ich hab deine Geschichte schon gestern gelesen - und kann ihr auch heute nicht viel abgewinnen.
Meiner Meinung nach ist die Geschichte in dieser Rubrik fehl am Platze. Welche nennenswerten historischen Informationen liegen vor, was erfährt man Neues?
Meiner Ansicht nach rein gar nichts, deshalb möchte ich dich bitten, mir mitzuteilen, in welche Rubrik ich deine Geschichte verschieben kann.

Deine Geschichte liest sich wie ein Remarqueverschnitt, wobei ihr mE freilich das Eindringliche fehlt. Du baust die Handlung eigentlich nur auf einem reißerischen Hintergrund und zwei grob geschnitzten Stereotypen auf, verzichtest auf Details.
Auf der einen Seite der ideologische, junge Freiwillige („Aber wir müssen doch für den Kaiser Kämpfen.“), dem ein alter, abgekämpfter Landser entgegengesetzt wird („Wieso habt ihr es eigentlich so eilig, ins Gras zu beißen?“).
Beide geraten zwischen die Fronten.
Warum kommt der "Grünschnabel" man nicht auf die Idee, nachts "zurücklaufen oder humpeln"? Wohl weils der Story vollends den Boden unter den Füßen wegziehen würde.
Störend fand ich es außerdem, dass du dem Leser plump Wertungen aufdrängst ("harmonisches Bild", "gesegneten Augenblick") und die Dialoge doch ziemlich ungelenk wirken ("Es ist nur, ich kann mich nicht bewegen, das nervt.“, „Hol Luft, mein Junge. Riecht hier so schön nach Schwefel und Blut.“).
Nein, das liest sich alles wie nach Rezept zusammengeschmissen - man nehme den ersten Weltkrieg, denn der wird grad mal wieder populär, Grünschnabel und desillusionierten Alten, würze noch ein wenig mit Kannibalismusgedanken, Wahnsinn und tragischem Einzelschicksal inmitten von industrialisiertem Töten, et voilá - was kommt raus?
Mir zumindest schmeckts nicht.

Grüße,
...para

 

Hallo Leute,

es ist schon interessant zu sehen, was sich in diesem Forum für Meinungen tummeln. Wie bereits weiter oben erwähnt, finde ich eure kontruktiven Kritiken prima. Was mich etwas betrübt hat, ist die Kritik von Paranova. Kriegsgeschichten sind bestimmt nicht jedermanns Sache, sie aber nur nach ihrem Inhalt zu verurteilen, weil man diese Art von Literatur nicht mag, finde ich ein wenig unangemessen. Die einen lesen Tolkien, die anderen John Sinclair. Was dem Sinclairleser gefällt, trifft bestimmt nicht den Geschmack der Tolkiengemeinde.

Zu den anderen Anmerkungen: Den Ausruf "Hey" habe ich benutzt, um das mißverstandene "Allez" deutlich zu machen. Ich muß euch aber recht geben, dieser Ausdruck gehörte sicher nicht zum Wortschatz des gemeinen Frontsoldaten zu dieser Zeit.

Die Hintergründe der Geschichte zu durchleuchten oder auch die Vergangenheit des Hauptprotagonisten - das sind mit Sicherheit wichtige Bestandteile. In einer Kurzgeschichte finden sie aber keinen Platz, weil die Kurzgeschichte sich nun einmal mit einem kleinen Ausschnitt aus dem Leben der Hauptperson beschäftigt. Kurz, prägnant, auf den Punkt gebracht. Natürlich hat Remarque das hervorragend hinbekommen, dafür hatte er auch wesentlich mehr Platz in seinem Roman...:)

Beste Grüße

Hans

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hans,
Vielleicht verstehst du da was falsch: Ich verurteile den Inhalt deiner Geschichte nicht, weil ich eine generelle Antipathie gegen das Thema Krieg haben würde - als Moderator für "Historik" und "Gesellschaft" wär das auch nicht besonders hilfreich... ;)
Meiner Meinung nach bietet meine Kritik auch keine Anhaltspunkte, die in diese Richtung deuten.

Ich halte daran fest, dass deine Geschichte kein historisches Hauptmotiv hat. Angelpunkt ist das Geschehen um Paul und Peter, die zeitliche Einordnung ist sekundär, bietet keine Information außer dem allseits bekannten "Im ersten Weltkrieges erstarrte die Westfront aufgrund der Überlegenheit des Feuers zum Grabenkrieg, in dem sich zwei Massenheere gegenüberstanden, ohne operativ vorgehen zu können".

Deshalb möchte ich dich bitten, mir eine andere Rubrik mitzuteilen, in die ich deine Geschichte verschieben kann. Die Übergänge zwischen "Historik"- und "Nicht-Historik" Geschichten sind natürlich schwer zu definieren, aber vielleicht wird dir meine Ansicht etwas klarer, wenn du dir das mal anschaust.
Grüße,
...para


PS:
Remarque hat in Amerika einige Kurzgeschichten veröffentlicht, an die ich eher gedacht habe.

 

Hallo Paranova,

ich hatte mir eigentlich gedacht, eine Geschichte mit einem geschichtlichen Hintergrund passt in die Rubrik Historik. Wenn du sie verschieben möchtest, würde ich sagen, passt sie ansonsten nur in die Rubrik sonstiges.

P.S.: Ich habe leider noch nicht die Qualität eines Erich-Maria Remarque - aber ich arbeite daran...:)

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn ich meine bescheidene Meinung einbringen darf: Ich finde der Text passt ausgezeichnet in diese Rubrik. Eine historische Belehrung will hier keiner lesen, deshalb sollte man schon bereits dann eine Geschichte in diese Rubrik aufnehmen, wenn sie mehrere historische Anteile enthält und das ist hier sicherlich der Fall.

Aber wie gesagt, das ist nur meine bescheidene Meinung. :)

 

Screwball,
lies dir bitte meinen Link weiter oben durch. Eine Geschichte mit geschichtlichem Hintergrund passt nicht automatisch in diese Rubrik.


Jingles,
ich verlange keine "historischen Abhandlungen", aber sehe in der Geschichte, wie gesagt, eben nicht "mehrere historische Anteile".


Verschoben nach "Sonstiges"

 

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