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Delirium

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12.04.2016
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Delirium

Draußen wurde es langsam hell. Durch die nicht ganz geschlossenen Rollläden und das gekippte Fenster drang Dämmerlicht und Vogelzwitschern. Das Flackern des Fernsehers warf diffuse Schatten an die Wand.
Langsam drehte er den Kopf in Richtung Nachttisch, sah auf die Uhr : fünf Uhr achtzehn.
Zweiundvierzig Minuten bis der Wecker klingeln würde. Aber jetzt war er wach.

Seine Freundin schlief noch. Vorsichtig griff er nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Abrupt verstummte das monotone Hintergrundgeräusch. Was über den Bildschirm geflimmert war, hatte er nicht registriert.
"Was machst du da?", grummelte es.
"Hab den Fernseher ausgemacht."
Aber sie war schon wieder eingeschlafen und atmete mit halb geöffnetem Mund in ihr Kissen.
Mühsam schälte er sich von seiner Seite des Doppelbettes herunter und tappte auf Zehenspitzen Richtung Tür. Das Parkett war kalt an seinen nackten Füßen. Unwillkürlich erschauerte er und es knarzte.
Schnell schaute er zum Bett, aber sie schlief weiter. Leise setzte er seinen Weg zum Badezimmer fort, die Schlafzimmertür vorsichtig hinter sich ins Schloss ziehend.

"Vierzig Minuten noch", dachte er, als er sich auf dem Klo erleichterte. Die kalte Brille sandte ihm einen Schauer über den Rücken.
Er war in diesem seltsamen Zustand zwischen wach und schläfrig. Auf der einen Seite nicht mehr in der Lage einzuschlafen, aber andererseits zu schlaftrunken, um in die Gänge zu kommen.
Er war fertig, stand auf und betätigte die Spülung. Das Geräusch des Wassers in der Toilettenschüssel übertönte das Vogelkonzert. Schnell waren die Hände gewaschen.

"Wäre ich doch abends einmal so müde, wie ich es morgens bin", ging es ihm durch den Kopf.
Immer noch bemüht, leise zu sein, ging er in die Küche und schloss die Tür hinter sich.
Neben dem Waschbecken stand noch das Geschirr vom Vortag, da keiner mehr Lust gehabt hatte, die Spülmaschine auszuräumen.
Seufzend nahm er Filter, Kaffeepulver und schlurfte mit dem blauen Wasserfilter zur Kaffeemaschine. Klack, die Maschine begann aufzuheizen und das charakteristische Brodeln begann, wurde lauter.
Dann die Rollladen an der Balkontür hochziehen, Aschenbecher hereinholen, Zigarette anzünden und warten, dass der Kaffee durchläuft. Jeden Morgen eben dieses Ritual.
Während er die ersten Züge nahm, tief inhalierte und den Rauch langsam über den mit einem weißen Tuch bedeckten Küchentisch ausatmete, kam wieder dieses Gefühl einer traurigen Hilflosigkeit in ihm hoch.
Er wollte nicht auf die Arbeit fahren, lächeln, obwohl er lieber kotzen würde und sich wieder aufs Neue der Schikane des Chefs aussetzen.

Die Zigarette war noch nicht ganz fertig geraucht, da hörte er, wie seine Freundin ebenfalls ins Badezimmer ging.
Ein letzter Zug, Tassen aus dem Schrank und Milch aus dem Kühlschrank holen, Kaffee eingießen und warten:
"Morgen", klang es verschlafen von der Küchentür.
"Morgen", brummte er zurück.
Schweigend saßen sie da und rauchten gemeinsam, tranken immer wieder vom Kaffee.
Das Radio blieb aus, eine klebrige Stille lastete auf dem Raum.
"Ich gehe mich mal waschen"
Aufstehen, kurzer, flüchtiger Kuss, dann stand er im Bad, betrachtete sich im Spiegel.
Müde Augen sahen ihn ausdruckslos an.
Seufzend drehte er das Wasser auf, wartete auf die richtige Temperatur. Nach dem Haarewaschen noch die Zähne putzen.

Währenddessen waren die Brote geschmiert und der Kaffee in Thermoskannen abgefüllt. Sie tauschten die Plätze.
In der Küche eine schnelle, dritte Zigarette, die letzten Schlucke bereits kalten Kaffees aus der Tasse.
Im Schlafzimmer zog er sich an: Unterhose, Unterhemd, Hemd, Anzughose, Gürtel, Krawatte, Sakko. Immer in dieser Reihenfolge.

Als er in den Flur trat, kam seine Freundin bereits fertig aus dem Bad.
"Sollen wir los?", fragte sie.
Er antwortete mit einem müden Nicken und griff nach seiner Tasche.
"Wir können ja im Auto rauchen." Keine Antwort.
Erst als sie im Auto saßen und bereits losgefahren waren:
"Ich habe keine Lust."
"Ich weiß."
Morgen würde es genauso sein.

 

Hej Fortuniat,

in deiner Geschichte klingt dieses morgendliche Ritual eines beinahe jeden Menschen überaus deprimierend. Durch die detaillierte Draufsicht der Tätigkeiten vermittelst du eine quälerische Stimmung. (Ich dachte einmal spontan: vielleicht sollten sie schon mal aufhören zu rauchen :D)

Vierzig Minuten noch", dachte er, als er sich auf den Klo erleichterte.

'dem'.

Die Atmosphäre stimmt also schon mal bei mir.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hey Kanji,

danke für dein Feedback, der Fehler wird berichtigt :)

Das war auch genau mein Ziel, freut mich das es gelungen ist :D

Gruß vom Fortuniat

 

Hallo Fortuniat,

Erst als sie im Auto saßen und bereits losgefahren waren:
"Ich habe keine Lust". "Ich weiß".
Morgen würde es genauso sein.

Sehr, sehr schön. Finde ich.
Um dem ganzen noch mehr Ausdruck zu verleihen, würde ich für das 'ich weiß' eine neue Zeile beginnen. So klingt es ein wenig so, als käme es von ihr wie aus der Pistole geschossen zurück, aber ins Geschehen passt es natürlich sehr viel besser, wenn dazwischen wenigstens eine kurze Pause ist. Ein Atemzug vielleicht, oder mehr.

Ansonsten schließe ich mich Kanji an, du schaffst es, eine sehr niedergeschlagene Stimmung zu erzeugen, du zeichnest das Bild eines Menschen, der vermutlich kurz vorm Burnout steht (oder sogar schon mitten drinsteckt?), und das an einer sehr alltäglichen Situation. Stellenweise fand ich es allerdings zu 'banal', zum Beispiel als du seinem Klogang einen ganzen Absatz widmest ;) Ich weiß nicht, vielleicht gefällt mir auch einfach nicht diese Vorstellung, wie er da so auf dem Klo sitzt. Sich schlaftrunken auf den Waschbeckenrand abstützen und durch sein eigenes Spiegelbild hindurchstarren ist für mich ein stärkeres Bild und würde mir an dieser Stelle besser gefallen. Aber das ist nur mein subjektives Empfinden :)

Ich habe deine Geschichte gerne gelesen :)

Liebe Grüße,
Sommerdieb

 

Moin Moin Sommerdieb,

dem Namen nach bist Du also Schuld an meinem verregneten Urlaub? :D

Danke für Dein Feedback :)

Freut mich, dass auch bei Dir die beabsichtigte Stimmung angekommen ist! :)

Deine Anmerkung über den Einbau einer neuen Zeile werde ich direkt umsetzen, wirkt sonst tatsächlich etwas plötzlich die Antwort.

Stellenweise fand ich es allerdings zu 'banal', zum Beispiel als du seinem Klogang einen ganzen Absatz widmest ;)

War das die einzige banale Stelle oder gibt es deiner Meinung nach noch mehr?

Deine Idee mit dem Waschbecken finde ich gut, das werde ich mir für die nächste Geschichte merken, danke dafür :)

Gruß vom Fortuniat

 
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Moin Fortuniat,

ich habe deine Geschichte gerne gelesen. Die trostlose Atmosphäre ist greifbar und ermöglicht ein schnelles Mitfühlen mit deinem Paar. Dein Text lässt einen den eigenen Alltag hinterfragen, denn nicht nur deine Protagonisten müssten wachgerüttelt werden, sondern wir alle. Zumindest manchmal. Oder? Kaffee allein reicht da wohl nicht aus.

Ich habe noch eine Handvoll Kleinigkeiten gefunden.

Wörtliche Rede: Die Anführungszeichen müssen nach dem Punkt stehen. -> 2. Absatz Zeile 6, 5. Absatz Zeile 10, 7. Absatz Zeile 6, 8 und 9

3. Absatz -> "DAS morgendliche Vogelkonzert"
4. Absatz -> "seufzend nahm er Filter, Kaffeepulver und schlurfte ..." -> Das Komma zwischen Filter und Pulver würde ich durch ein "und" o.ä. ersetzen, da sich das so recht holprig liest.
-> "Lächeln" wird m.E. in diesem Kontext kleingeschrieben.
5. Absatz -> "sahen IHN ausdruckslos an"

Liebe Grüße,
JackOve

 
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Hey Fortuniat

Bei solch kurzen Texten ist es wichtig, dass jeder Satz sitzt. Ich erlaube mir daher einen etwas pingeligen Blick auf den Text. Nimm, was du brauchen kannst.

Draußen wurde es langsam hell. Durch die nicht ganz geschlossenen Rollläden und das gekippte Fenster drang Dämmerlicht und Vogelzwitschern.

Das liest sich für mich recht sperrig, vor allem der zweite Satz mit den „nicht ganz geschlossenen“ Rolläden. Auch die Kombination von Licht durch die Rolläden und Vogelzwitschern durch das gekippte Fenster in einem Satz will mir nicht so ganz gefallen. Mein Vorschlag:
Draussen wurde es hell. Dämmerlicht drang durch die Rollläden, Vögel zwitscherten.

Das Flackern des Fernsehers warf diffuse Schatten an die Wand.

Das klingt seltsam. Das Flackern wirft Schatten an die Wand? Ist es nicht vielmehr so, dass der Fernseher flackert und Schatten an die Wand wirft, bzw. flackernde Schatten an die Wand wirft?

Langsam drehte er den Kopf und schaute auf die Uhr auf dem Nachttisch

Klingt nicht so elegant.

Zweiundvierzig Minuten [KOMMA] bis der Wecker klingeln würde.

Endlich verstummte das monotone Hintergrundgeräusch.

Warum „endlich“? Das ganze Prozedere hat höchstens eine Minute gedauert.

Was überhaupt über den Bildschirm geflimmert war, hatte er nicht registriert.

Unnötiges Füllwort.

"Hab den Fernseher ausgemacht".

Punkt vor den Schlusszeichen

Das Parkett war kalt an seinen nackten Füßen.

Unglücklich formuliert, finde ich.

Leise setzte er seinen Weg zum Badezimmer fort, die Schlafzimmertür leise hinter sich ins Schloss ziehend.

Wortwiederholung

Er war in diesem komischen Zustand zwischen wach und schläfrig.

Ich würde „komisch“ für Lustiges reservieren und hier „seltsam“ verwenden.

Auf der einen Seite nicht mehr in der Lage einzuschlafen, aber zu schlaftrunken, um in die Gänge zu kommen.

Kann man streichen, vor allem auch, weil kein „auf der anderen Seite“ kommt.

Das laute Geräusch des plätschernden Wassers in der weißen Toilettenschüssel übertönte des morgendliche Vogelkonzert.

Ich bin mal frech und behaupte: Jedes dieser Adjektive ist unnötig.

Klack, die Maschine begann aufzuheizen und das charakteristische Brodeln wurde lauter.

Hat die Maschine schon gebrodelt, bevor sie aufzuheizen begann?

Während er die ersten Zügen nahm

Züge

Er wollte nicht auf die Arbeit fahren, Lächeln, obwohl er lieber kotzen würde und sich wieder aufs Neue der Schikane des Chefs aussetzen.

lächeln

Nach dem Haare waschen noch die Zähne putzen.

Haarewaschen

Okay, ich finde den Text recht gut gemacht, die von dir angestrebte Stimmung kommt auf. Du arbeitest dabei aber sehr mit Adjektiven und Adverbien, die die Sache schlichtweg benennen: (monoton, mühsam, seufzend, traurig, klebrig, müde, müde). Da wäre es ein Wunder, wenn der Leser die Stimmung dieses Morgens nicht erfassen würde. Und die ganze Sache hat halt auch nichts Individuelles, keine besondere Färbung, die Figuren sind irgendwer und jedermann (ist wohl auch von dir beabsichtigt). Die Geschichte entfaltet so eine Stereotypie, die dem Inhalt einerseits gerecht wird, andererseits den Text selbst stereotyp werden lässt.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hei Fortuniat,

so spontan fällt mir keine Szene mehr ein, die mir 'banal' (eigentlich ein doofes Wort) erschien, außer die oben genannte ;)

Liebe Grüße,
Sommerdieb

 

Moin JackOve,

schön, dass Dir der Text ebenfalls gefallen hat und vielen Dank für Dein Feedback.

Dein Text lässt einen den eigenen Alltag hinterfragen, denn nicht nur deine Protagonisten müssten wachgerüttelt werden, sondern wir alle. Zumindest manchmal. Oder? Kaffee allein reicht da wohl nicht aus.

Genau aus dem Grund ist unter anderem die Idee zum Text entstanden :D


Die von Dir angesprochenen Fehler habe ich nach Bestem Wissen und Gewissen berichtigt :)

Gruß vom Fortuniat

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Fortuniat,

Dein Text hat in mir leider keine Emotionen ausgelöst – und die können ja sehr weitgefächert sein. Deine Veranlassung, diesen Text zu schreiben, kenne ich nicht – da kann ich nur vermuten. Wahrscheinlich soll das die Routine des Alltags sein, dem nun mal die meisten Menschen zum Opfer fallen. Ich vermeine, eine hintergründige Anklage zu vernehmen, weil die Gesellschaft, das System ... doch ich werde wohl irren.
Wie trist jedoch der beschriebene Morgen abläuft, ist auch den beiden Prots anzulasten; man könnte sich in der frühen Morgenstunde mehr sagen als „Morgen“. Ich kann kein Mitgefühl aufbringen für ein Paar, das Arbeit und somit Einkommen hat (auch wenn die Hälfte davon für Zigaretten draufzugehen scheint).
Den Herrn Schlaffi kann ich auch nicht nachvollziehen:

Seufzend nahm er Filter, ...
... und schlurfte ...
Auch wenn Dein Prot diese morgendliche 'Schinderei' durchleidet, lese ich ungerührt weiter.
Wahrscheinlich, weil ich nicht mitleide.

... schaute auf die Uhr auf dem Nachttisch: fünf Uhr achtzehn.
Zweiundvierzig Minuten bis der Wecker klingeln würde.
So verpennt wie der ist, so schnell ist er schon im Kopf: 18 + 42 macht 60!
Unnötige Akribie, bringt nix. Ein anderer hätte gesagt: Viertel nach fünf (oder viertel sechs) – hab ich noch ’ne Dreiviertelstunde.

Er wollte nicht auf die Arbeit fahren, Lächeln, obwohl er lieber kotzen würde K und sich wieder aufs Neue der Schikane des Chefs aussetzen.
Aber hallo! So brennend neu ist diese Situation nicht. Ich finde, hier – und anderswo – solltest Du Deinem Text Würze verpassen, denn ich hab ihn gleich zu Ende gelesen und weiß nicht warum. Ist diese KG nicht ein wenig zu schnell geschrieben, ohne Feinarbeit?
Ich empfinde sie als Grundgedanken, der aufs ‚Aufmotzen’ wartet. Ich erkenne nichts Witziges, Raffiniertes, Überraschendes etc. – es bleibt langweilig. Guck mal:
Im Schlafzimmer zog er sich an: Unterhose, Unterhemd, Hemd, Anzughose, Gürtel, Krawatte, Sakko. Immer in dieser Reihenfolge.
Mensch Meier! Das ist die Härte – jeden Morgen! Unvorstellbar für den Leser:D.

Als solcher empfinde ich diesen Text als zu schnell und simpel gestrickt. Das Thema ‚Alltag’ ist nur dann interessant, wenn man mit der Lupe draufschaut. Auf dieses Manko möchte ich Dich aufmerksam machen.
Fortuniat, denk bitte daran, dass ich Dich gar nicht kenne und Dich auch nicht ‚begrobigen’ will – es geht nur um das Geschriebene, und das soll ja besser werden (wie übrigens auch bei mir).

Viele Grüße!
José

PS: Mit dem Titel komme ich nicht zurecht. Wie ist das zu verstehen?

 

Lieber Fortuniat,

zur Atmosphäre deines Textes ist schon einiges gesagt worden. Die kommt schon recht gut rüber. Diese Aneinanderreihung banaler Handlungen, wie sie sich wohl jeden Tag in Millionen von Haushalten wiederholen. Für sich genommen sind es Abläufe, die wertneutral sind: aufstehen, zur Toilette gehen, frühstücken usw. Die Bewertung gibst du als Autor ihnen durch die Wahl deiner Worte und Sätze; sie machen diese morgendliche Situation zu einem tristen, sinnlosen und bedrückenden Geschehen.

Aber wo ist Problem deines Protagonisten? Ist es der immer gleiche Ablauf der morgendliche Stunde? Oder die Arbeitssituation des Protagonisten, die Schikanen des Chefs?

Während er die ersten Zügen nahm, tief inhalierte und den Rauch langsam über den mit einem weißen Tuch bedeckten Küchentisch ausatmete, kam wieder dieses Gefühl einer traurigen Hilflosigkeit in ihm hoch.
Er wollte nicht auf die Arbeit fahren, Lächeln (lächeln), obwohl er lieber kotzen würde und sich wieder aufs Neue der Schikane des Chefs aussetzen.
Oder ist es die Beziehung der beiden Personen zueinander:

Das Radio blieb aus, eine klebrige Stille lastete auf dem Raum.
Eine der wenigen Stellen im Text, die sich eines Bildes bedient und nicht nur Handlungen benennt.

Das eigentliche Problem kann ich nicht wirklich fassen. Ich verstehe, dass die Arbeitssituation nicht gut ist, aber was ist mit den beiden los? Auf der einen Seite geht er mit ihr sehr rücksichtsvoll um,

Vorsichtig griff er nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus
Leise setzte er seinen Weg zum Badezimmer fort, die Schlafzimmertür leise hinter sich ins Schloss ziehend.
auf der anderen Seite sprechen sie kaum miteinander, sitzen sich gegenüber, ohne zu sprechen.

Schweigend saßen sie da und rauchten gemeinsam, tranken immer wieder vom Kaffee.
Was spielt sich zwischen den beiden ab, was ist die Ursache dafür und was hat die Arbeitssituation des Mannes damit zu tun? Ich suche nach einem Zusammenhang und kann ihn in deinem Text nicht finden. Aus der einfachen Darstellung der Abfolge von Alltäglichkeiten erschließt sich mir das Problem der beiden nicht. Denn obwohl dein Text so tut, die Ursache ist nicht die Tristesse des Alltäglichen, sondern etwas, was mich diese Tristesse überdeutlich wahrnehmen lässt.
Was ist dieses ‚etwas’?
Der Mann kann sich nicht aus seiner Misere (Chef, Schikane) befreien, das ist klar, aber, was geschieht zwischen beiden? Da ist mir dein Text zu vage und teilweise widersprüchlich. Es kommt mir ein wenig so vor, als hätte für dich die Beschreibung der Atmosphäre im Vordergrund gestanden, wäre beinahe Selbstzweck gewesen. Und da gerät dein Text auf so eine Jammerebene. Ihm fehlt etwas, was der beschriebenen (wie @Pepperkorn richtig sagt: stereotypen) Situation ihren Platz in einem Schicksal oder Geschehen gibt.
Warum nämlich alles so ist, wie es ist oder vom Protagonisten so empfunden wird, erschließt sich mir als Leser nur, wenn ich mir selber eine Geschichte hinter der Geschichte ausdenke. Das, was sich der Autor dahinter vorgestellt hat, bleibt mir verborgen, wenn ich mich nicht mit dem knappen Verweis auf die ‚Schikanen des Chefs’ zufriedengebe.

Fazit: Du hast die morgendliche Öde gut beschrieben. Aber, wenn dein Text nicht auf dieser Jammer-Ebene bleiben soll, dann müsste diese Situation für mein Empfinden eingebettet sein in einen übergeordneten Handlungszusammenhang.
Fortuniat, ich begrüße dich bei den Wortkriegern und wünsche dir hier viel 'Fortune'.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hey @Peeperkorn
Hey @josefelipe
Hey @barnhelm

vielen lieben Dank auch für eure Kritik :)

Ich werde mich in den kommenden Tagen auch damit auseinandersetzen und eine Antwort verfassen.

Im Moment bin ich zeitlich allerdings ziemlich knapp dran, seht es mir bitte nach das es nicht zeitnah passsiert ;)

Gruß vom Fortuniat

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey,

habe gerade wieder ein bisschen Zeit zusammenkratzen können und gucke mal, wie viel von den Kritiken ich jetzt beantworten kann :)

@Peeperkorn

Erstmal vielen Dank für Deine Mühen !

Deine berechtigten Verbesserungsvorschläge habe ich in den Text hineingearbeitet.

Und die ganze Sache hat halt auch nichts Individuelles, keine besondere Färbung, die Figuren sind irgendwer und jedermann (ist wohl auch von dir beabsichtigt). Die Geschichte entfaltet so eine Stereotypie, die dem Inhalt einerseits gerecht wird, andererseits den Text selbst stereotyp werden lässt.

Ja, ich habe die Figuren bewusst nicht genauer gezeichnet, damit diese Situation nicht zu individuell wird, so dass sich vielleicht der ein oder andere darin wiederfinden kann.

War darüber hinaus auch ein Experiment dazu, wie lange ich brauche, um eine bestimmte Situation, die mir spontan einfällt, zu Papier zu bringen.
Ich schreibe nämlich tatsächlich noch auf Papier vor, bevor ich meine Texte in den Computer übertrage :Pfeif::lol:

@josefelipe

Danke Dir für deinen Kommentar !

Schade, dass ich bei Dir keinerlei Gefühl auslösen konnte.

Da vermutest Du schon ganz richtig, dass ich mich mit einer vermeintlich banalen Alltagssituation auseinandersetzen wollte. Im Prinzip ist da auch eine kleine Anklage versteckt, wie unbedarft und selbstverständlich man mit schönen Augenblicken und Dingen umgeht.
Vogelkonzert, lecker Kaffee, einem Partner..

Vielleicht ist mit dem Kopfrechnen ein bisschen von mir dort mit eingeflossen, dabei ertappe ich mich immer wieder. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, ein Blick auf die Uhr und schon wird ausgerechnet, wie lange es noch bis zu irgendeinem Ereignis dauert :D

Genau diese fehlende Würze, die Wendung die man sich herbeisehnt, die diesen Trott durchbricht, fehlt mit voller Absicht.
Es soll genau diesen langweiligen, monotonen und unausweichlichen Gang gehen.
Kreislauf des Alltagstrotts, den man nur aus sich selbst heraus durchbrechen kann..

Owei, jetzt wird das philosophischer, als ich wollte -.-

Nunja, der Titel..

Delirium als Begriff steht unter anderem für eine Störung des Bewusstseins und der Wahrnehmung :klug:

Von daher fand ich das als Titel für die KG passend, da die Protas um sich herum auch nichts mehr wahrnehmen, sondern nur mit sich selbst beschäftigt sind.

@barnhelm

Auch Dir vielen Dank für deinen Kommentar !

Im Kommentar an josefelipe habe ich mich mit deiner Kritik auch schon in Teilen auseinandergesetzt.

Ich hatte im Sinn, eine möglichst allgemeine Situation zu kreieren, die durch das "Delirium" der Protas eine unausweichliche wird und bleibt, weil keiner die Energie, die Kraft aufbringt, etwas zu ändern.
Daher auch der Absatz mit der nicht ausgeräumten Spülmaschine und dem sich stapelnden Geschirr in der Spüle.

Ich kann eure beiden Argumente, dass ich sehr mit stereotypen um mich geworfen habe, gut nachvollziehen.

Die Idee, die ich dahinter hatte, kenne ich im Zweifel ja nur selber :hmm:

Nur muss ich auch sagen, dass sich, meiner Absicht nach, der ein oder andere von euch darin wiederfinden sollte, in einer individualisierten Version, die beim lesen im eigenen Kopf entsteht. :)

Ich hoffe meine Antwort ergibt etwas Sinn für euch :Pfeif:

Gruß vom Fortuniat

 

"Wäre ich doch abends einmal so müde, wie ich es morgens bin", ging es ihm durch den Kopf.

Jetzt kommt der auch noch!, magstu denken,

lieber Fortuniat ,

aber keine Bange, es geht hier jetzt nicht zu wie gestern, und die Fassung vom 28. 6. d. J. - die mir als Vorlage dient - zeigt doch schon Fortschritte, so dass jetzt nahezu nur Vorschläge kommen, die sich mit dem einen oder andern Vorredner (Vorschreiber ist ja was, auf das ich allergisch reagiere) durchaus überschneiden können. Meine grundlegende Frage ist aber, wieso rauchen so viele junge Leute heute in der Literatur (mehr als früher, da Nichtraucher - und ich bin immer einer gewesen, was nicht ausschließt, dass ich auch schon mal geraucht hätte, aber dann sicherlich nicht Emschersüdseite), wenn die Statistik und der Verkauf das Gegenteil beweisen?

Gleichwohl hat's mir besser gefallen als gestern.

Zu den Auffälligkeiten, die mal korrigiert werden sollten und andererseits bloße Vorschläge sind!

Durch die nicht ganz geschlossenen Rollläden und das gekippte Fenster drang Dämmerlicht und Vogelzwitschern.

Besser Pluralbildung, selbst wenn Dämmerlicht so gut durch die Rolläden drang wie [= vergleichende Konjunktion] Vogelzwitschern: Dämmerlicht und [= (an sich) neutrale Konjunktion und Aneinanderreihung, die zugleich additiv wirkt; Mathematik ist sowohl die Mutter des Er-zählens als auch der Schrift: Die ersten Schriftzeichen symbolisierten Zahlen, I, II, III, IV, V, VI usw.]

Zweiundvierzig Minuten[,] bis der Wecker klingeln würde.

Bis, ursprünglich ein Adverb („bis zu ...“ u. a.), ist hier aber zur Konjunktion mutiert, was Du an der Ausformulierung „Zweiundvierzig Minuten[,] bis dass der Wecker klingeln würde“ erkennen kannst - womit wir auch gleich uns fragen müssen, wozu die würde-Konstruktion taugt, wenn ein einfaches Futur reicht, ja selbst ein historisches Futur (schlicht und einfach das Präsens) genügt, wenn dem Leser beschieden wird, dass in x Minuten der Wecker klingeln werde? Eleganter und kürzer also
Zweiundvierzig Minuten[,] bis der Wecker klingelt.
Ähnlich wie hier zum historischen Futur kannstu den Schlusssatz
Morgen würde es genauso sein.
umgestalten.

Letztlich für heute

"Ich gehe mich mal waschen[. / alternativ: !, weil der Entschluss vllt. Mehr bedeutet als eine bloße Aussage]"

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo Fortuniat,
Weltüberdruss, Weltekel, Langeweile - die sind bei deinen Personen zu spüren. Aber warum interessiert mich das nicht? Weil die Ursachen nicht bekannt sind. Sie haben halt einen Durchhänger, ihr Leben ist Routine? Na und ? Das ist zu einfach: Du stellst nur fest: Jeden Morgen ...
Das ist langweilig, hat keine Spannung. Es wenig sollte in einer Geschichte schon geschehen.
Lass ihn morgen aufwachen, seine Freundin wecken und sagen: Ich rauche nicht mehr.
Frische Luft wünscht fröhlichst
Wilhelm

 

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