Deine Liebe klebt!
Eigentlich war ihm die Bettkante zum Sitzen zu unbequem, doch meinte er, dies sei der rechte Platz, seinen großen Auftritt zu planen. An diesem Abend sollte es soweit sein. Endlich der Befreiungsschlag.
Sicherlich würde es Tränen geben. Die Frage war: Wer würde weinen. Er? Sie? Beide zusammen? Egal! Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Und dabei dachte er oft an sie, wenn sie nicht da war. Manchmal waren es zärtliche Gedanken, die ihm ein Lächeln auf die Lippen und einen kalten Schauer auf den Rücken zauberten. Das Gefühl geliebt zu werden, erfüllte ihn mit wohliger Wärme. Und doch wurde immer alles ganz anders, sobald sie zusammen waren. „Deine Liebe klebt...“ sang Grönemeyer und traf damit den Nagel auf den Kopf. Ihre verliebten Blicke, ihre ständigen Fragen, ob sie etwas falsch gemacht habe, nervten ihn. Und jedes Mal dachte er, es sei an der Zeit, die Sache zu beenden. Nur wie? Am Telefon? Zu unpersönlich und stillos. Schriftlich? Gute Gelegenheit für ein Gedicht zum Abschied. Ja, das könnte Stil haben, aber würde sie es verstehen? Wohl nicht. Also zu unsicher. Bleibt nur die Auge-in-Auge-Lösung.
Diesmal war er wild entschlossen. Noch eine Stunde, dann würde sie - pünktlich wie immer - vor seiner Tür stehen. Er würde sagen: „Komm rein. Wir müssen reden.“ Und dann würde er ihr kurz und schmerzlos sagen, dass es ihm furchtbar leid tut, er es aber nicht ändern kann. Nein, sie solle nicht weinen, würde er ihr sagen. Sollte es nötig sein, würde er sie in den Arm nehmen und trösten.
Das Piepen seines Telefons riss ihn aus seiner Überlegung. Eine SMS, wahrscheinlich von ihr. Klebrige Liebe auf allen Kanälen!
Leicht genervt kramte er das Telefon aus seiner Tasche und las: Ich werde nicht kommen. Habe lange über uns nachgedacht. Ich merke, es ist sinnlos. Ruf mich nicht mehr an. K.
Niemand nahm ihn tröstend in den Arm, obwohl es nötig war.
[Beitrag editiert von: Teleny am 25.02.2002 um 23:09]