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Deeskalierend wirken

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20.04.2012
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Deeskalierend wirken

„Und Sie sind sich wirklich ganz sicher, dass Sie das tun wollen?“
Der Polizist guckt Peters aufmerksam von der Seite an. Peters drückt das Kreuz durch und schiebt das Kinn selbstbewusst nach vorne.
„Selbstverständlich! Hier geht es schließlich um die Kinder, da kann ich doch nicht einfach nur tatenlos zusehen!“ In Gedanken hängt Peters an: „Und die Chancen für meine Wiederwahl steigen natürlich auch...“
Er schaut sich um. Überall stehen die Leute vom SEK, Kamerateams und Schaulustige und versuchen, sich ein Bild von der Lage zu machen. Die lokalen Polizisten, die sonst gemächlich im Streifenwagen durch den Kurort Streife fahren, versuchen mit hochroten Köpfen, die Zuschauer hinter den Absperrungen zu halten. Währenddessen diktiert ein Pressesprecher der Polizeibehörde den Reportern in den Block, dass man die Situation unter Kontrolle habe. Unter Kontrolle. Das ist für Peters entscheidend. Denn das bedeutet: Keine Gefahr. Nur eine grandiose Möglichkeit für Werbung in eigener Sache.
Der Polizist an seiner Seite hat inzwischen den Einsatzleiter und einen Mann in Zivil heran gewunken. Der Einsatzleiter wirkt mit seinem Schnauzbart und der doch etwas fülligen Figur wie ein Wachtmeister aus dem Bilderbuch. Allerdings ist er weder gemütlich noch freundlich, sondern mustert Peters konzentriert und kühl. Peters gibt sich ganz entspannt und begrüßt den Einsatzleiter mit einem festen Händedruck.
„Guten Tag, Herr Oberkommissar!“
Der Einsatzleiter lächelt säuerlich und erwidert spitz: „Wenn schon, dann bitte Herr Polizeirat. Sie sind sich also ganz sicher, dass Sie den Austausch vollziehen möchten?“
„Aber ja, immer doch! Die armen Kinder müssen doch so schnell wie möglich da raus geholt werden.“
Der Einsatzleiter nickt und zeigt zum Mann in Zivil.
„In Ordnung, unser Psychologe Dr. Müller wird Sie vorbereiten. Schließlich wollen wir kein Risiko eingehen, nicht wahr?“
Peters wendet sich Müller zu, einem kleinen dürren Mann undefinierbaren Alters, der in einem gelb-braun karierten Tweed-Anzug mit etwas zu kurzen Hosen, der nicht zur roten Fliege passen will, vor ihm steht. Müller streckt ihm die Hand entgegen und verbeugt sich dabei leicht.
„Sehr, hm, angenehm, Herr, äh, Peters. Ich gehe davon aus, dass wir heute aller Wahrscheinlichkeit, ähem, ja, noch öfter mit, hm, mit einander zu tun haben werden. Ich, äh, ich bin nämlich auch der, nun ja, Erstsprecher bei diesem, ähem, Einsatz.“
Nach einer kurzen, aber unangenehmen Pause sieht sich Peters zu einer Antwort gezwungen: „Aha.“
Müller räuspert sich und fährt in seiner monotonen und tonlosen Stimme fort: „Oh, vielleicht sollte ich, äh, mich da erklären. Als, hm, sozusagen Zivilist sind Sie mit den, ähem, Fachbegriffen ja nicht zwangsläufig vertraut, nicht wahr? Erstsprecher bedeutet, dass ich, äh, nun ja, wie sagt man, also die Verhandlungen sozusagen mit dem, ähem, Geiselnehmer führe. Ein zäher Bursche, aber ich denke, dass wir, hm, gute Chancen haben, ihn in die, äh, Knie zu, tja, zwingen.“
Er keckert trocken und ein wenig unsicher.
Peters lacht sein kurzes Höflichkeits-Lachen, das er sich während einer Vielzahl von Bürgergesprächen auf Vereinsfeierlichkeiten und Grillfesten angewöhnt hat.
„Unglaublich! Da läuft eine Geiselnahme im Kindergarten und dieser Müller macht noch schlechte Witze,“ denkt er, während Müller ihn umständlich auffordert, ihm zu folgen.

Kurze Zeit später steht Peters wieder auf der Straße und atmet tief durch. Jetzt zittern seine Beine doch ein wenig. Vielleicht sollte er sich das Ganze noch einmal überlegen? Unsicher schielt er zu den Reportern, die die Kameras auf ihn richten. Nein, da muss er jetzt durch. Wenn er jetzt kneift, weiß es morgen der ganze Ort. Dann braucht er gar nicht mehr zur Wahl antreten. Erst große Töne spucken und dann klein beigeben, das kommt bei dem konservativen Klientel hier im beschaulichen Kurbad nicht an. Er schließt kurz die Augen und geht in Gedanken noch einmal durch, was gleich passieren soll. Als Müller ihm die Hand auf die Schulter legt, öffnet Peters seine Augen wieder.
„Ähem, ja, es ist nun alles sozusagen für den, hm, Geisel-Austausch bereit und auch, äh, vorbereitet. Sie können also zum Kindergarten, hm, herüber gehen, sobald ich Sie, also sobald ich Sie, hm, drüben, äh, angekündigt habe.“
Müller nestelt sein Handy aus der Anzugtasche und begibt sich nach vorne, um das vereinbarte Signal durchzugeben. Peters atmet langsam aus, sammelt sowohl Kraft als auch Mut und stellt sich neben Müller an das Polizeiauto, das direkt vor der kleinen Pforte zum Kindergarten parkt. Müller raunt ihm zu: „Und vergessen sie nicht, was ich Ihnen, äh, gesagt habe: Einfach die, äh, Ruhe bewahren und deeskalierend wirken. Dann kann auch nichts, ähem, passieren!“
Peters setzt sich entschlossen in Bewegung und hofft, dass er damit seine Beine überlisten kann, die am liebsten unter ihm nachgeben würden. “Jetzt gilt es!“, murmelt er vor sich hin.
Mit einem mulmigen Gefühl öffnet er die Pforte und beginnt, den Kiesweg zum Glaskasten mit dem Eingang entlang zu schreiten. Er kann die verängstigte Kindergärtnerin sehen, die wie vereinbart mit den fünf Kindern am Eingang auf ihn wartet. Ruhe bewahren und deeskalierend wirken. Ein wirklich toller Ratschlag, wenn man sich in die Hände von einem potenziell Verrückten mit einer Waffe begibt! Peters versucht bewusst zu Atmen, um seinen Puls zu beruhigen.
„Ruhig, ruhig, denk daran, wie du morgen als ein Held im Lokalteil gefeiert wirst!“
Ach was, Lokalteil. Mit dieser Aktion wird er es wahrscheinlich sogar in die überregionalen Blätter schaffen. ‚Der mutigste Bürgermeister Deutschlands!‘, so etwas in die Richtung, da ist Peters sich sicher.
Inzwischen steht er an der Tür zum Glaskasten und versucht sie zu öffnen. Seine Hände zittern noch ein wenig, aber jetzt ist er wieder entschlossen, die Sache durchzuziehen. Trotzdem passiert nichts, als er an der Tür rüttelt. Scheinbar ist sie noch abgeschlossen. Er sieht, wie der Geiselnehmer im Hintergrund nervös hin und her zuckt und mit fahrigen Bewegungen mit der Waffe in seiner Hand die junge Kindergärtnerin auffordert, die Tür aufzuschließen. Diese ist ebenfalls mit den Nerven am Ende, sodass es eine Weile dauert, bis sie es endlich geschafft hat. Dabei wird der Geiselnehmer immer hektischer. Auf eine seltsame Art wird Peters dadurch wieder ganz ruhig.
„Mein Gott, wer so durch den Wind ist, der kann doch gar nicht mehr lange durchhalten. Wahrscheinlich sitze ich in einer Stunde schon vor der Presse und gebe Interviews...“
Endlich hat die Kindergärtnerin die Tür aufgeschlossen und Peters geht hinein.
„Kommen Sie hierher, aber dalli!“, krächzt das Nervenbündel, das einen Geiselnehmer simuliert. Peters, der inzwischen Oberwasser fühlt, geht ruhig und entschlossen nach hinten. Im Vorbeigehen zwinkert er den Kindern zu, die verschüchtert hinter der Kindergärtnerin stehen, und tätschelt dieser den Arm.
„Keine Sorge, gleich haben Sie es überstanden!“
Als er beim Geiselnehmer angekommen ist, fordert dieser seine bisherigen Geiseln auf, den Kindergarten zu verlassen. Zitternd treten die sechs ins Freie. Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fällt, sind die beiden Männer alleine. Der Geiselnehmer schaut Peters kurz misstrauisch in die Augen, bevor er mit der Waffe auf einen viel zu kleinen Stuhl zeigt.
„Setzen Sie sich so hin, dass ich Sie im Blick behalten kann. Und keine Mätzchen!“
Dann stiert er durch die Glasfassade des Eingangs auf die Straße, bis das Telefon zu klingeln beginnt.

Peters sitzt auf dem kleinen Stuhl, der noch viel ungemütlicher ist, als er es sich vorgestellt hat und starrt auf die Uhr an der Wand. Schon vier Stunden! Gelangweilt lässt er Luft aus seinen Backen entweichen, während er zum wahrscheinlich tausendsten Mal mit dem Blick dem Linienmuster an der Wand folgt. Währenddessen redet der Geiselnehmer, der Blaszcyk heißt, zum x-ten Mal mit Müller.
„Hören Sie, da muss es doch eine Lösung geben. Meine Frau...“
Er hört sich nickend an, was Müller am anderen Ende der Leitung erwidert. Dann schüttelt er energisch den Kopf.
„Nein, nein, nein! Sie verstehen das immer noch falsch. Lassen Sie mich doch einfach...“
Er beginnt wieder zuzuhören, wiederum vom Nicken begleitet.
„Aha... aha... aber dann kann ich mit meiner Frau reden, oder?“
Blaszcyk klopft nervös mit den Fingern auf dem Tisch herum.
„Wie oft soll ich es denn noch sagen? Ich muss erst mit meiner Frau reden! Was ist das hier? Ein Ablenkungsmanöver? So geht das doch nicht! Wieso nehmen Sie mich denn nicht ernst? Ich rede erst wieder mit Ihnen, wenn Sie vernünftig werden!“
Seine Stimme überschlägt sich fast vor Aufregung. Wütend legt er auf und schnaubt vor sich hin. Peters rollt die Augen nach oben und schaut an die Decke. Seit Stunden das gleiche Spiel: Müller ruft an, Blaszcyk stellt die Forderung, mit seiner Ex-Frau reden zu wollen, Müller macht auf seine umständliche Art Gegenvorschläge, Blaszcyk lehnt ab und legt wütend auf.
Blaszcyk fummelt eine Zigarette aus der Schachtel, die auf dem Maltisch liegt, und zündet sie sich an. Missmutig brummelt er vor sich hin und lugt dabei aufmerksam aus einem Fenster, das auf den Spielplatz zeigt. Aber außer einer Amsel ist dort nichts zu sehen. Peters betrachtet den Mann, der so gar nicht wie ein Geiselnehmer wirken will. Blaszcyk muss wohl etwa so alt sein wie er selbst. Aber wo Peters ein hochgewachsener, gesunder und kräftiger Mann in den besten Jahren ist, ist Blaszcyk ein etwas zu kurz geratener Hänfling, der von chronischer Krankheit und Alkohol gezeichnet wurde und einen ungepflegten Vollbart trägt.
„Wie eine antibürgerliche Kopie von Müller,“ denkt Peters.
Sein Blick wandert von Blaszcyk zu der Waffe, die von diesem unbeachtet auf dem Maltisch liegt. Mit einer schnellen Bewegung könnte Peters sie an sich reißen. ‚Bürgermeister überwältigt Geiselnehmer im Kindergarten!‘ Aber wie? Er hat keine Erfahrung mit Waffen und weiß nicht so wirklich, wie er Blaszcyk im Schach halten soll, Waffe hin, Waffe her. Was, wenn Blaszcyk auf ihn zu stürmt? Soll er dann schießen? Kann er überhaupt schießen? Vielleicht ist die Waffe gar nicht entsichert, woher soll er das schon wissen?
Blaszcyk bemerkt, wie Peters in Richtung der Waffe guckt und zieht sie misstrauisch näher an sich heran. Dann raucht er weiter, während sein Fuß nervös hin und her wippt.
Peters seufzt. „Hoffentlich redet Blaszcyks Ex-Frau bald mit ihm, damit alle nach Hause gehen können!“

Peters schreckt hoch. Er muss wohl eingenickt sein. Draußen dämmert es bereits. Blaszcyk sieht einmal mehr aus dem Fenster und raucht schon wieder. Er wirkt sogar noch nervöser als vorher.
„Drei Stunden,“ murmelt er vor sich hin, „drei Stunden; da stimmt doch was nicht...“
Peters reibt sich die Augen und streckt sich.
„Ich müsste mal auf die Toilette gehen...“
Blaszcyk scheint ihn nicht wahrzunehmen. Peters räuspert sich, woraufhin Blaszcyk abrupt herum fährt. Die Anspannung ist in seinem Gesicht deutlich zu sehen.
„Was ist?“
„Äh, ich muss mal,“ wiederholt Peters. Blaszcyk schaut ihn misstrauisch an.
„Warum wollen Sie denn gerade jetzt aufs Klo?“
Peters verdreht innerlich die Augen.
„Weil es mich eben gerade jetzt pressiert. Wenn Sie mich also bitte gehen...“
Blaszcyk macht mit einer Geste unmissverständlich klar, dass Peters den Mund zu halten habe.
„Pst, seien Sie still! Was war das gerade für ein Geräusch?“, flüstert er.
Peters hört angestrengt hin, kann aber kein Geräusch außer dem Ticken der Uhr ausmachen. Blaszcyk greift nervös nach seiner Waffe.
„Jetzt kommen sie“, murmelt er leise, „aber mich kriegt ihr nicht!“
Langsam beginnt er, sich in Richtung des Ausgangs zum Spielplatz zu schieben. In diesem Moment kracht es und gleißend helles Licht erfüllt den Raum.
„Halt, Polizei, bleiben Sie stehen und ergeben Sie sich!“
Während er seinen Blick vom Licht abwendet, kann Peters erkennen, wie Blaszcyk panisch in Richtung Tür zum Spielplatz läuft, nur um festzustellen, dass sich auch vor dieser Polizisten positioniert haben. Hektisch wechselt er die Richtung und läuft auf Peters zu. Dabei kreischt er: „Verdammte Scheißbullen!“
Als er seine Waffe zückt, weicht Peters instinktiv zurück. Aber Blaszcyk richtet die Waffe gar nicht auf ihn, sondern drückt sie such selbst an seine Schläfe. Ehe Peters oder einer der Polizisten, die in den Raum drängen, etwas unternehmen kann, drückt er ab. Peters schließt schnell die Augen.
„Ruhig bleiben und deeskalierend wirken, ruhig bleiben und deeskalierend wirken. Das findet gerade alles nicht statt. Das ist nur ein böser Traum. Wenn du gleich die Augen aufmachst, ist alles wieder gut!“
Er macht die Augen wieder auf und wünscht sich sofort, es nicht getan zu haben. Etwas Feuchtes läuft an seiner Wange runter, während er stockstarr auf den leblosen Körper starrt, der vor ihm liegt. Ein Polizist redet dabei auf ihn ein, aber die Worte kommen nicht bei ihm an.

Peters sitzt auf dem Sofa und hält das Glas in der Hand. Die Flasche auf dem Tisch ist nur noch zu einem guten Viertel gefüllt. Er starrt auf die Uhr an die Wand. Sie zeigt fünf Uhr morgens an, aber er sieht es nicht. Stattdessen sieht er nur immer wieder die selben schrecklichen Bilder, die sich in sein Hirn drängen. An Nichts denken hilft wenigstens ein bisschen. Er muss sich weiter betäuben und nimmt noch einen Schluck aus dem Glas. Bald wird es hell werden. Dann wird er ins Rathaus fahren und Verordnungen unterschreiben. Alles ganz normal. Er legt sich aufs Sofa und kauert sich zusammen wie ein Embryo, die Augen sperrangelweit offen.
„Einfach ruhig bleiben und deeskalierend wirken,“ sagt er sich, „dann kann nichts passieren...“

 

Hallo MuGo,

Ein sehr realistisch wirkendes, glaubwürdig erzähltes Szenario, das in ein Drama mündet. die Figur des Bürgermeisters ist facettenreich aufgebaut.

Der Text ähnelt etwas einer Reportage, alles wird dokumentiert, was die Glaubwürdigkeit steigen und die Spannung abnehmen lässt.
Ich denke, der Leser braucht nicht jedes Detail. Pars pro Toto könnte wirkungsvoller sein.

Ein paar Absätze würden der Lesbarkeit darüberhinaus sehr gut tun.

Gut finde ich, wenn eine Figur so beschrieben wird, dass auch gleichzeitig eine Haltung zu ihr mittransportiert wird und so eigentlich zwei Figuren gleichzeitig porträtiert werden, der Beobachter und der Beobachtete wie hier:

Peters betrachtet den Mann, der so gar nicht wie ein Geiselnehmer wirken will. Blaszcyk muss wohl etwa so alt sein wie er selbst. Aber wo Peters ein hochgewachsener, gesunder und kräftiger Mann in den besten Jahren ist, ist Blaszcyk ein etwas zu kurz geratener Hänfling, der von chronischer Krankheit und Alkohol gezeichnet wurde und einen ungepflegten Vollbart trägt.
„Wie eine antibürgerliche Kopie von Müller,“ denkt Peters.

Fazit, etwas schwer verdauliche Lesekost, Kompliment für die komplexität, die Innensicht und Handlung verbindet.

schönen sonntag
petdays

 

Hallo petdays,

vielen Dank für deinen Kommentar!

Der Text ähnelt etwas einer Reportage, alles wird dokumentiert, was die Glaubwürdigkeit steigen und die Spannung abnehmen lässt.
Ich denke, der Leser braucht nicht jedes Detail. Pars pro Toto könnte wirkungsvoller sein.

Hm, okay. Da muss ich jetzt allerdings zugeben, dass ich bei dieser Geschichte inzwischen absolut betriebsblind bin. Wo sind denn deiner Meinung nach Stellen, die man streichen könnte, ohne das die Geschichte in sich zusammenfällt?

Ein paar Absätze würden der Lesbarkeit darüberhinaus sehr gut tun.

Wird bei der nächsten Überarbeitung beachtet!

Fazit, etwas schwer verdauliche Lesekost, Kompliment für die komplexität, die Innensicht und Handlung verbindet.

Danke für das Kompliment! Es freut mich, dass du was mit der Geschichte anfangen konntest und natürlich noch mehr, dass du sie scheinbar für gut komponiert hältst, trotz der Langatmigkeit.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo MuGo,

Wo man kürzen könnte? Ich versuchs an einem beispiel zu verdeutlichen:

Der Einsatzleiter wirkt mit seinem Schnauzbart und der doch etwas fülligen Figur wie ein Wachtmeister aus dem Bilderbuch. Allerdings ist er weder gemütlich noch freundlich, sondern mustert Peters konzentriert und kühl. Peters gibt sich ganz entspannt und begrüßt den Einsatzleiter mit einem festen Händedruck.
„Guten Tag, Herr Oberkommissar!“
Der Einsatzleiter lächelt säuerlich und erwidert spitz: „Wenn schon, dann bitte Herr Polizeirat. Sie sind sich also sicher, dass Sie den Austausch vollziehen möchten?“
„Aber ja, immer doch! Die armen Kinder müssen doch so schnell wie möglich da raus geholt werden.“
Der Einsatzleiter nickt und zeigt zum Mann in Zivil.
„In Ordnung, unser Psychologe Dr. Müller wird Sie vorbereiten. Schließlich wollen wir kein Risiko eingehen, nicht wahr?“
Peters wendet sich Müller zu, einem kleinen dürren Mann undefinierbaren Alters, der in einem gelb-braun karierten Tweed-Anzug mit etwas zu kurzen Hosen, der nicht zur roten Fliege passen will, vor ihm steht. Müller streckt ihm die Hand entgegen und verbeugt sich dabei leicht.
„Sehr, hm, angenehm, Herr, äh, Peters. Ich gehe davon aus, dass wir heute aller Wahrscheinlichkeit, ähem, ja, noch öfter mit, hm, mit einander zu tun haben werden. Ich, äh, ich bin nämlich auch der, nun ja, Erstsprecher bei diesem, ähem, Einsatz.“
Nach einer kurzen, aber unangenehmen Pause sieht sich Peters zu einer Antwort gezwungen: „Aha.“
Müller räuspert sich und fährt in seiner monotonen und tonlosen Stimme fort: „Oh, vielleicht “

Der Einsatzleiter wirkt mit seinem Schnauzbart und der fülligen Figur wie ein Wachtmeister aus dem Bilderbuch. Allerdings ist er weder gemütlich noch freundlich, sondern mustert Peters konzentriert und kühl. Peters gibt sich entspannt und begrüßt den Einsatzleiter mit festem Händedruck.
„Guten Tag, Herr Oberkommissar!“
Der Einsatzleiter lächelt säuerlich: „Wenn schon, dann bitte Herr Polizeirat. Sie sind sich also ganz sicher, dass Sie den Austausch vollziehen möchten?“
„Aber ja, immer doch! Die armen Kinder müssen doch so schnell wie möglich da raus geholt werden.“
Der Einsatzleiter nickt und zeigt zum Mann in Zivil.
„In Ordnung, unser Psychologe Dr. Müller wird Sie vorbereiten. Schließlich wollen wir kein Risiko eingehen, nicht wahr?“
Peters wendet sich Müller zu, einem kleinen Mann undefinierbaren Alters, der in einem Anzug mit zu kurzen Hosen vor ihm steht. Müller streckt ihm die Hand entgegen und verbeugt sich dabei leicht.
„Ich gehe davon aus, dass wir heute aller Wahrscheinlichkeit, noch öfter mit einander zu tun haben. Ich bin nämlich, nun ja, der Erstsprecher bei diesem Einsatz.“
Nach einer kurzen, unangenehmen Pause sieht sich Peters zu einer Antwort gezwungen: „Aha.“
Müller fährt in seiner tonlosen Stimme fort: „Vielleicht .

Die Füllwortquote sollte in der Regel nie mehr als 10 % betragen. Besser sind 5- 8 %. Wenn du zu dem Thema googlest findest du auch einen Füllwortsuch-Test.
willkürlich herausgegriffen:
z.B. hier http://www.philognosie.net/index.php/tests/testsview/135/

es gibt auch bessere.
natürlich ist so ein test nur ein hinweis. manches richtige wort wird leider "miterfasst" ;). aber es ist auf jeden fall eine hilfe.

Beschreibungen. lieber nur wenige, aber dafür treffend. vor allem sollten die details für die geschichte wichtig sein. mir selber fällt das leider auch oft schwer. ich versteh schon, du wolltest herrn müller karikieren. aber die vielen "ähs " etc. verlangsamen für mich nur das tempo und nerven.

trotzalledem finde ich deinen text gut, nur in schlankerer form um einiges besser.

schöne grüße p.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo MuGo,

ich freue mich, dass du wieder da bist.

Deine Geschichte hat mir von der Idee her gefallen. Ein auf Publicity geeichter Bürgermeister, der zum Schluss wie ein verängstigtes Baby im Bett liegt. Das hatte es mir schon die ganze Zeit angetan und gleichzeitig fand ich die Geschichte immer zu blass.

petdays schreibt ja, es wäre schwere Lesekost und das hier:

Der Text ähnelt etwas einer Reportage, alles wird dokumentiert, was die Glaubwürdigkeit steigen und die Spannung abnehmen lässt.
Ich denke, der Leser braucht nicht jedes Detail. Pars pro Toto könnte wirkungsvoller sein.

Vielleicht ist da was dran, ich habe darüber nachgedacht, bin aber nicht schlüssig geworden.

Mein Fazit ist dennoch anders: Es bleibt zu sehr alles auf einer Ebene, die in der Situation enthaltenen Konfliktfelder sind für mich gar nicht weitgehend genug ausgereizt.

Peters Charakter ist insgesamt recht gut geschildert, er kommt für mich an, ich weiß, wie er denkt. Außerdem fand ich das Szenario gut, dass da der Polizeipsychologe und die anrückenden Polizisten durch ihre Art beängstigender wirken als der Geiselnehmer. Das in Szene zu setzen, das ist dir auch im Großen und Ganzen gelungen, du könntest es jedoch im Sinne deiner Idee verstärken.
Ich habe mich also unterhalten gefühlt und das Ende hat im positiven Sinne ein unangenehmes Gefühl hinterlassen. Aber: So richtig reinhauen tut es eben noch nicht.

Es stimmt sicherlich, dass du Füllwörter raussuchen könntest, wie petdays schreibt. Die Seite, die sie rausgesucht hat, die fand ich witzig. Ich glaube aber nicht, dass deine Geschichte nach dem Rauspicken der Füllsel eine intensive Charakterstudie wird oder dann vor Spannung strotzt.
Ich weiß selbst nicht genau, woran es liegt, dass es so spannungsarm bleibt. Ich wünschte, da würden noch ein paar andere Leute draufgucken (ich mein außer petdays und mir, aber das hat man ja nicht in der Hand).
Was ich mir überlegt habe, das sind zweieinhalb Sachen:

- Die Ausfeilung von Peters Charakter nach der Ausgangssituation
(das ist die halbe Sache)
- Die Charakterisierung des Polizeipsychologen
- Die Szene bei/mit Blaszcyk

Ich sehe dich schon innerlich aufstöhnen: "Verdammt, das ist ja alles". So ists aber von mir nicht gemeint. Ich habe halt mal alles aufgeschrieben, in welche Richtung es gehen könnte, und an welchen Punkten man ansetzen könnte.

Zu a) Peters

Ich sah den Peters vor mir. Ganz ohne Kleidungsbeschreibung ist es dir geglückt, seine Art vorstellbar zu machen. Aber im Verlauf der Geschichte ändert sich da nichts mehr groß. Er krümmt sich zwar am Ende der Geschichte im Bett, aber vorher ist er die ganze Zeit so ziemlich auf einem Level. Er kriegt Angst, als er in den Kindergarten reingeht, gewinnt Sicherheit, zwinkert den herauskommenden Kindern zu und tätschelt die Kindergärtnerin. Ab dann ist er relativ abgebrüht und so bleibt es dann auch. Da ist dann für mich nur wenig Schwankung, keine Spannung in seinem eigenen Charakter da, so dass das auf einer Ebene bleibt. Ich kann mir aber gar nicht vorstellen, dass die Abgebrühtheit in einer solchen Situation so durchgezogen ist. Und wenn er es schon ist, warum greift er dann nicht mehr ein? Ich finde du verschnkst hier eine Möglichkeit, ihn mit dem Geiselnehmer zu sprechen. Du hast da seinen Gedanken an die Pistole und dass er zum Klo will und seine Überlegungen zum Geiselnehmer, der ihn an Müller, den Psychologen erinnert. Das fand ich klasse, diese letzte Idee. Aber warum versucht er nicht mit Blacszyk stärker in Kontakt zu kommen? Würde so ein Bürgermeister, wie du ihn dir ausgedacht hast, nicht genauso handeln?
Dass er dann gegen Ende den Mutspruch des Polizeipsychs im Munde führt, als die Polizei reinkommt, das wirkt dann unvorbereitet. Die Entwicklung dorthin könntest du glaubhafter machen.


Zu b) Müller

So wie du ihn mit den ähs und der Kleidung und so geschildert hast, wirkt er einfach inkompetent. Wenig facettenreich. Ein Typ, der unsicher ist und keine Ahnung hat. Wer stellt denn so einen als Sprecher bei Geiselnahme ein? Wenn ich mich jetzt in so einen reindenke, damit er da funktionieren kann, da braucht er mehr Selbstsicherheit, auch wenn die gespielt ist. Vielleiht sogar Eitelkeit. Und Selbstüberschätzung. Und der vielleicht ein Schubladendenken hat über Geiselnehmer, ich weiß es nicht. So, wie er hier geschildert ist, ist mir das auf jeden Fall zu wenig. Einfach so ein äh machender Buchhaltertyp? In so einem Job? Das kommt mir unrealistisch vor und ist auch im Sinne der Spannung arg knapp. Gut fände ich es, zwischen ihm und dem Bürgermeister käme es ein bisschen mehr zur Konfrontation, z. B. in der Szene, als der Blaszcyk mit dem Psychologen telefoniert. Vielleicht könnte Blaszcyk dem Bürgermeister das Telefon übergeben. Ich weiß auch nicht, ob so was denkbar ist. Und von der Dramatik her finde ich es auch besser, wenn da nicht von vorneherein so eine komplette Nullnummer agiert. Der Schrecken, das beängstigende Ende wären für mich persönlich noch viel höher, wenn der Psychologe nicht ganz so inkompetent wäre. Ein bisschen was da ist, was zwar den Peters mit Angst und Misstrauen in die Situation gehen lässt, aber andererseits auch mit der Überlegung, dass der Typ das schon machen wird. So ist die Sachlage von vorneherein klar.


Zu c) Die Szene mit Blaszcyk

In diesem Sinne fände ich es auch besser, wenn Peters stärker an Blaszcyk rankommt, mit ihm spricht, irgend sowas wie ein Bruchteil von Sympathie zwischen beiden entsteht. Der Peters dann mit dem Psychologen redet, er einzugreifen versucht, man seinen inneren Konflikt spürt, dass er Mitgefühl mit einem Geiselnehmer empfindet. Er sich ein bisschen wandelt vom instrumentell denkenden Taktiker, der alles danach beurteilt, wie es sich auf seine Wahlchancen auswirkt hin zu einem Typen, der mehr Angst empfindet, aber eben weniger vor dem Geiselnehmer .

Ich könnte mir vorstellen, dass die Szene am Ende dann noch gewinnen würde. Das muss alles gar nicht viel sein, kleine Andeutungen halt.

Im Einzelnen:

„Sehr, hm, angenehm, Herr, äh, Peters. Ich gehe davon aus, dass wir heute aller Wahrscheinlichkeit, ähem, ja, noch öfter mit, hm, mit einander zu tun haben werden. Ich, äh, ich bin nämlich auch der, nun ja, Erstsprecher bei diesem, ähem, Einsatz.“
Nach einer kurzen, aber unangenehmen Pause sieht sich Peters zu einer Antwort gezwungen: „Aha.“

Mir ist hier nicht klar geworden, was für Peters nun so unangenehm war, wie sind denn seine Gefühle hier? Was hält er von seinem Gegenüber? Was schießt ihm durch den Kopf?


Müller räuspert sich und fährt in seiner monotonen und tonlosen Stimme fort: „Oh, vielleicht sollte ich, äh, mich da erklären. Als, hm, sozusagen Zivilist sind Sie mit den, ähem, Fachbegriffen ja nicht zwangsläufig vertraut, nicht wahr? Erstsprecher bedeutet, dass ich, äh, nun ja, wie sagt man, also die Verhandlungen sozusagen mit dem, ähem, Geiselnehmer führe. Ein zäher Bursche, aber ich denke, dass wir, hm, gute Chancen haben, ihn in die, äh, Knie zu, tja, zwingen.“

Ok, da klingt er ein wenig markiger. Aber das ist ein bisschen sehr vordergründig. Und ich fände es auch besser, wenn er nicht von vorneherein als so eine Windnudel gezeichnet wäre. Wer vertraut denn diesem kurzhosigen Äher sein Leben an? Also das viele Äh, das ist definitiv zu viel. Und ich finde echt, dass du dir für die Charakterisierung noch was einfallen lassen solltest, denn diese Geschichte hat ordentlich Potential. Weniger so viele Äußerlichkeiten wie bei der Kleiderbeschreibung, mehr indirekte Charakterisierungen. Obwohl die zu kurzen Hosen, die finde ich echt gut, die solltest du unbedingt lassen.


Kurze Zeit später steht Peters wieder auf der Straße und atmet tief durch. Jetzt zittern seine Beine doch ein wenig. Vielleicht sollte er sich das Ganze noch einmal überlegen? Unsicher schielt er zu den Reportern, die die Kameras auf ihn richten. Nein, da muss er jetzt durch. Wenn er jetzt kneift, weiß es morgen der ganze Ort. Dann braucht er gar nicht mehr zur Wahl antreten. Erst große Töne spucken und dann klein beigeben, das kommt bei dem konservativen Klientel hier im beschaulichen Kurbad nicht an. Er schließt kurz die Augen und geht in Gedanken noch einmal durch, was gleich passieren soll. Als Müller ihm die Hand auf die Schulter legt, öffnet Peters seine Augen wieder.

Diesen Passus find ich gut, da kann ich mir den Peters richtig vorstellen.


„Peters setzt sich entschlossen in Bewegung und hofft, dass er damit seine Beine überlisten kann, die am liebsten unter ihm nachgeben würden. “Jetzt gilt es!“, murmelt er vor sich hin.

Auch das find ich gelungen. Auch der ganze nachfolgende Passus, der ist gut, weil einem die Gedankengänge von Peters klar werden.

„Kommen Sie hierher, aber dalli!“, krächzt das Nervenbündel, das einen Geiselnehmer simuliert.

Mit dem simuliert verrätst du schon vorweg, dass der Geiselnehmer nicht die Gefahr ist. Und Peters Selbstsicherheit danach, die finde ich hier unglaubwürdig:
Peters, der inzwischen Oberwasser fühlt, geht ruhig und entschlossen nach hinten. Im Vorbeigehen zwinkert er den Kindern zu, die verschüchtert hinter der Kindergärtnerin stehen, und tätschelt dieser den Arm.
„Keine Sorge, gleich haben Sie es überstanden!“

Das hier gefile mir gut:

Blaszcyk fummelt eine Zigarette aus der Schachtel, die auf dem Maltisch liegt, und zündet sie sich an. Missmutig brummelt er vor sich hin und lugt dabei aufmerksam aus einem Fenster, das auf den Spielplatz zeigt. Aber außer einer Amsel ist dort nichts zu sehen. Peters betrachtet den Mann, der so gar nicht wie ein Geiselnehmer wirken will. Blaszcyk muss wohl etwa so alt sein wie er selbst. Aber wo Peters ein hochgewachsener, gesunder und kräftiger Mann in den besten Jahren ist, ist Blaszcyk ein etwas zu kurz geratener Hänfling, der von chronischer Krankheit und Alkohol gezeichnet wurde und einen ungepflegten Vollbart trägt.

Auch wenn ich den Hänfling nicht so mag (ist aber bestimmt Geschmack), da sehe ich Peters Gedanken, sehe auch, dass Blaszcyk gar nicht gefährlich ist, sondern ein armer Tropf. Auch der Vergleich mit Müller, das ist eine sehr gute Idee.
„Wie eine antibürgerliche Kopie von Müller,“ denkt Peters.

Deine Geschichte hat Spaß gemacht und es hat mir auch Spaß gemacht, mir zu überlegen, wie sie noch besser funktionieren könnte.

Ich hoffe, du kannst was mit meinen Anmerkungen anfangen.
Machs gut
Novak

 

Hallo petydays und Novak,

vielen Dank für die Antworten, ich habe leider gerade keine Zeit, mich intensiver damit zu beschäftigen, habt also bitte ein wenig Geduld. Aber schon nach dem ersten Lesen habe ich den Eindruck, dass da viel Hilfreiches dabei ist!

Viele Grüße aus der Uni-Bibliothek,
MuGo

 

Wurde ja auch mal Zeit...

Sooo, jetzt wird es aber langsam mal Zeit mit der versprochenen ausführlichen Antwort...

@ petdays:

Ach ja, die Sprechweise von Herrn Müller...

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich ihn so sprechen lassen soll oder nicht, da ich mir der Gefahr, es zu übertreiben, bewusst war. Am Ende habe ich es drin gelassen. Okay, dass muss da mal raus.

@ Novak:

Es ist mir richtig peinlich, dass du nach deiner so ausführlichen Antwort so lange auf eine Antwort warten musstest...

Das hatte es mir schon die ganze Zeit angetan und gleichzeitig fand ich die Geschichte immer zu blass.

Hm, ich fand sie für meine Verhältnisse schon ziemlich farbig - da habe ich wohl noch ganz schön viel Übung nötig...

Zu a) Peters

... Ich kann mir aber gar nicht vorstellen, dass die Abgebrühtheit in einer solchen Situation so durchgezogen ist. Und wenn er es schon ist, warum greift er dann nicht mehr ein? Ich finde du verschnkst hier eine Möglichkeit, ihn mit dem Geiselnehmer zu sprechen. Du hast da seinen Gedanken an die Pistole und dass er zum Klo will und seine Überlegungen zum Geiselnehmer, der ihn an Müller, den Psychologen erinnert. Das fand ich klasse, diese letzte Idee. Aber warum versucht er nicht mit Blacszyk stärker in Kontakt zu kommen? Würde so ein Bürgermeister, wie du ihn dir ausgedacht hast, nicht genauso handeln?
Dass er dann gegen Ende den Mutspruch des Polizeipsychs im Munde führt, als die Polizei reinkommt, das wirkt dann unvorbereitet. Die Entwicklung dorthin könntest du glaubhafter machen.


Hm, okay, da ist meine Vorstellung von Peters Ideenwelt nicht so wirklich rüber gekommen - ihn tangiert das eigentlich nicht so wirklich. Er macht das ja alles nur, um als Held dazustehen. Aber er nimmt Blaszcyk nicht ernst und denkt sich, dass dieser ohnehin gleich aufgeben wird. Und als es dann nicht voran geht, ist es in seinen Augen Müller, der es einfach nicht gebacken bekommt. Mit anderen Worten: Er ist nur von Dilettanten umgeben, die in seinen Augen einfach nicht in die Puschen kommen. Und dann plötzlich eskaliert alles um ihn herum - darum wieder der Rückgriff auf den Mutspruch, weil es Peters auch alles viel zu schnell geht. Gerade eben war er noch Herr der Situation und plötzlich muss er realisieren, in was für einer Gefahr er da gerade wirklich war.

Naja, ich konnte das scheinbar nicht so gut zwischen den Zeilen transportieren. Also werde ich mir da was überlegen. Ein Gespräch mit Blaszcyk wäre da vielleicht wirklich ideal, aber andererseits muss Blaszcyk alles abwimmeln, was gegen seinen "Plan" geht (zumindest habe ich mir das aus den wenigen Infos zusammengereimt, die man im Netz über Geiselnehmer, die Selbstmord begehen, finden kann). Mir kommt da gerade eine Idee, aber ich muss zusehen, wie ich die einbauen kann.

Zu b) Müller

So wie du ihn mit den ähs und der Kleidung und so geschildert hast, wirkt er einfach inkompetent. Wenig facettenreich. Ein Typ, der unsicher ist und keine Ahnung hat. Wer stellt denn so einen als Sprecher bei Geiselnahme ein? Wenn ich mich jetzt in so einen reindenke, damit er da funktionieren kann, da braucht er mehr Selbstsicherheit, auch wenn die gespielt ist. Vielleiht sogar Eitelkeit. Und Selbstüberschätzung. Und der vielleicht ein Schubladendenken hat über Geiselnehmer, ich weiß es nicht. So, wie er hier geschildert ist, ist mir das auf jeden Fall zu wenig. ... Der Schrecken, das beängstigende Ende wären für mich persönlich noch viel höher, wenn der Psychologe nicht ganz so inkompetent wäre. Ein bisschen was da ist, was zwar den Peters mit Angst und Misstrauen in die Situation gehen lässt, aber andererseits auch mit der Überlegung, dass der Typ das schon machen wird. So ist die Sachlage von vorneherein klar.


Okay, Peters ist zu holzschnittartig, gebongt. Wie er in den Job gekommen ist? Naja, was braucht man schon für einen Polizei-Psychologen in nem ruhigen Kurort? Der ist eben so lange weggelobt wurden, bis er da irgendwann gelandet ist, wo alle dachten, dass er keinen Schaden anrichten kann - und dann kam Blaszcyk...

Aber da Müller eh umgearbeitet werden muss, kann ich da vielleicht ein wenig mehr Arroganz reinbringen. Und vielleicht noch einen Hinweis auf erfolgreiche Arbeit in der Vergangenheit oder so...

Zu c) Die Szene mit Blaszcyk

In diesem Sinne fände ich es auch besser, wenn Peters stärker an Blaszcyk rankommt, mit ihm spricht, irgend sowas wie ein Bruchteil von Sympathie zwischen beiden entsteht. Der Peters dann mit dem Psychologen redet, er einzugreifen versucht, man seinen inneren Konflikt spürt, dass er Mitgefühl mit einem Geiselnehmer empfindet. Er sich ein bisschen wandelt vom instrumentell denkenden Taktiker, der alles danach beurteilt, wie es sich auf seine Wahlchancen auswirkt hin zu einem Typen, der mehr Angst empfindet, aber eben weniger vor dem Geiselnehmer .


Da ist keine Sympathie zwischen Peters und Blaszcyk. Peters hat allenfalls ein wenig Mitleid mit Blaszcyk. Aber er versteht voll und ganz, warum dessen Ex-Frau weggelaufen ist. Wie gesagt, Peters nimmt das alles nicht ernst. Wenn es nach ihm ginge, würde er Blaszcyk die Waffe aus der Hand nehmen, ihn wie einen kleinen Jungen an der Hand nach draußen führen und alle könnten beruhigt nach Hause gehen - nur dass er dann in Wirklichkeit doch ein bisschen zu feige ist dafür. Aber ich sehe jetzt den ganzen Punkt - das fehlt, das kommt nicht rüber. Peters sitzt da nur irgendwie dumm rum, aber warum ergreift er nicht die Initiative, wenn das doch die beste PR für ihn wäre? Okay, das wird aufgenommen!

„Sehr, hm, angenehm, Herr, äh, Peters. Ich gehe davon aus, dass wir heute aller Wahrscheinlichkeit, ähem, ja, noch öfter mit, hm, mit einander zu tun haben werden. Ich, äh, ich bin nämlich auch der, nun ja, Erstsprecher bei diesem, ähem, Einsatz.“
Nach einer kurzen, aber unangenehmen Pause sieht sich Peters zu einer Antwort gezwungen: „Aha.“

Mir ist hier nicht klar geworden, was für Peters nun so unangenehm war, wie sind denn seine Gefühle hier? Was hält er von seinem Gegenüber? Was schießt ihm durch den Kopf?

Die Pause ist unangenehm, weil Peters noch mehr erwartet - er weiß schließlich nicht, was ein Erstsprecher ist - aber Müller scheinbar auf eine Reaktion auf ihn wartet.

„Kommen Sie hierher, aber dalli!“, krächzt das Nervenbündel, das einen Geiselnehmer simuliert.

Mit dem simuliert verrätst du schon vorweg, dass der Geiselnehmer nicht die Gefahr ist. Und Peters Selbstsicherheit danach, die finde ich hier unglaubwürdig

Okay, dabei ging es mir gerade darum - der Leser soll wissen, dass der Geiselnehmer keine Gefahr darstellt und dass Peters eigentlich nichts zu befürchten hat. Und Peters denkt jetzt, dass er mit diesem Schnulli von einem Entführer schon fertig wird. Wie gesagt, die Prämisse ist immer, dass sich Peters für den einzigen mit Durchblick hält...

Deine Geschichte hat Spaß gemacht und es hat mir auch Spaß gemacht, mir zu überlegen, wie sie noch besser funktionieren könnte.

Na, das ist ja schon mal was. Mal sehen, wie ich hier noch ein wenig rumschrauben kann, damit sie gleich beim ersten Lesen funktioniert...

Vielen Dank für die Hinweise und das aufmerksame Lesen,
MuGo

 

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