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DeEsDeEs
Dutzende nett lächelnde Kamerafratzen haben sich um das gläserne Grabmaul des schlichten Betongebäudes versammelt.
Sie sitzt irgendwo abseits und weint; weint tief in sich hinein.
Denn Tränen, die nicht nach außen dringen, so sagt man, diese Tränen sind viel schlimmer als jene, die ganz schlicht und einfach die Wangen hinunterkullern.
Weil man sie nicht sehen kann. Das ist ja das Problem.
Es ist eben so, dass kein Mensch jemals sagt, es täte ihm Leid, weil sein Gegenüber nicht Rotz und Wasser heult, sondern innerlich stirbt.
Mitleid ist ein bisschen so wie Hollywood.
Es ist Musik; es ist eine Konstante Einheit aus Gefühl und Musik; eine Einheit, konstant und bestehend aus Musik, Gefühl und unendlicher Trauer.
Der Befehl zum traurig sein. Das beschreibt Mitleid ganz gut.
Die Münze, die fällt, wenn man sich auf seltsame Weise verbunden fühlt; denkt, das könnte mir auch passieren.
Natürlich war sie schlecht. Daher hat das Grabmaul des schlichten Betongebäudes sie wieder ausgespiehen.
Doch all das ändert nichts an der Tatsache, dass sie weint.
Und die Tränen fließen nach innen, greifen die Organe an, und machen nur noch schlimmer, was vorher schon nicht da war.
Niemand hier begreift, dass sie gerade stirbt, weil die Stimme versagt, die Jury sie vor laufendem Publikum rausgeekelt hat.
Niemand hier weiß um das, was sie am Montag in der Schule erwarten wird.
Niemand hier realisiert, dass man im inneren des Gebäudes den geifernden Hunden zum Fraß vorgeworfen wird.
Die Leute fragen sich nur, warum sie nicht weint.
Sie sehen nicht, wie sie vor ein paar Minuten bereits gestorben ist.