Deckenspiegel
Deckenspiegel
Sie hatte wunderschöne, braune Agen, als ich sie zum ersten Mal sah. Mit leisen Schritten kam sie in die Bar und schaute sich ein wenig um. Dabei wehten ihre schulterlangen, braunen Haare im Wind, der hinter ihr durch die Tür herein wehte. Ich schaute kurz auf dir Uhr, um mich zu vergewissern, wie viel Zeit mir noch bleiben würde. Gerade mal 21:30Uhr. Ich winkte die Kellnerin zu mir und bestellte mir noch einen von diesen Köstlichen Drinks. As das genau für ein Drink gewesen ist, weiß ich bis heute nicht.
Ich kann mich nur daran erinnern, wie ein Gast eines Abends zu mir kam und sich mit mir unterhielt. Er hatte ein Glas mit diesem sehr gutem Zeug in seiner Hand. Das Glas stellte er auf den Tisch und wir unterhielten uns ein wenig. Aber bereits nach einer viertel Stunde musste er gehen. Sein Glas jedoch war noch fast voll.
Da ich nun einmal ein sparsamer Mensch bin, lies ich mich nicht bitten und leerte sein Glas mit einem Schluck. Seit dem bestelle ich immer dasselbe, ekelig, grün schimmernde Zeug. Aber es schmeckte wirklich köstlich.
Ich schaute mich wieder nach dieser Frau um, als ich mein neues Glas auf den Tisch gestellt bekam. „Sag mal, Tony. Du bist heute aber auch nicht bei der Sache. Sonst sitzt du hier, schiebst dir deine vier, fünf Drinks rein und machst wieder einen Abgang. Aber heute… Bist du krank, oder was ist los?“ Ich musste meine Blicke von meiner Suche abwenden, um nicht aufzufallen. Es war mir schon ein wenig peinlich, dass ich einer Frau hinterher schaute, die ich gerade zum ersten Mal gesehen hatte. „Nein. Nein, es geht mir gut. Es ist nur. Irgendwie ist es heute so, als würde etwas auf mich warten. Ein Ereignis, auf das ich Jahre lang gewartet habe.“ Ich steckte meine Nase in das Glas und schlürfte ein wenig daran.
Die Kellnerin runzelte ihre Stirn. „Ach, Tony. Du weißt doch, dass deine Frau nicht zurückkommen wird. Sie hat dich verlassen. Sieh das endlich ein. Ach Gott, das ist nun mehr als drei Jahre her. Schau dich doch mal an.“ Ich schaute lediglich zur Decke, an der ein großer, über den ganzen Raum reichender Spiegel befestigt war. Meine Augen waren schwarz, meine Lippen klebrig von diesem Zeug. Meine kurzen, schwarzen Haare waren in sämtlichen Himmelsrichtungen verstreut und meinen Bart müsste ich unbedingt wieder einmal rasieren.
Sie hatte ja Recht. Das hatte sie in Grunde immer, wenn sie mir Ratschläge gab. Doch war es für mich einfach schwer auf diese zu hören und sie einzutauschen, gegen ein Funken Realität.
„Kopf hoch Tony. Ich hab es doch nicht so gemeint. Du wirst deinen Stern am Himmel schon noch finden. Wer weiß, vielleicht sogar hier und heute. Aber eines sag ich dir gleich. Deine Annäherungsversuche an mir, kannst du dir abschminken. Ich will nicht noch einmal solch einen Ärger mit Bill. Du weißt, er hackt dir die Rübe ab.“ Ich musste lachen. Dieser Bill war Zweifels ohne ein schlimmer Kerl. Ich hatte schon einmal Theater mit ihm, als ich seiner Freundin einen Kuss gab. Damals kam ich jedoch mit einem blauen Auge davon.
„Siehst du. So mag dich Jeder auf der Welt. Lächle ein wenig, dann bekommst du das schon hin.“
Vielleicht hatte sie auch heute Recht. Ich genehmigte mir noch einen Schluck und schaute in die Masse der teilweise sehr besoffenen Menschen, die sich im Laufe der Zeit in dem Schuppen ansammelten.
Wo waren nur diese bezaubernden, braunen Augen geblieben, die mich einst in ein Märchenland führten. Und diese Haare. Es war geschehen, sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Abermals schaute ich an die Decke, zum Spiegel. Dort, hinter dem Tresen konnte ich sie erkennen.
Doch als ich mich vom Spiegelbild abwand konnte ich in der dichten Masse nicht einmal ihre Haarpracht erkennen. Ich trank noch einen Schluck und rieb mir die Augen, um sie von dem Qualm der Raucher zu befreien. Langsam hob ich meinen Kopf. Ich hatte schon überlegt, ob ich mich nicht hinlegen sollte; das wäre bequemer. Aber es würde doch zu sehr auffallen. Und das wollte ich in jedem Fall vermeiden.
Dort sah ich sie wieder. Schulterlange, braune Haare, ein wunderschöner Körper. Nicht gerade die Idealmaße, aber doch, wie ein Engel.
Ich beobachtete ihre rechte Hand. Sie hielt damit ein Glas. Ich erschrak, senkte meinen Kopf wieder und trank nochmals einen kräftigen Schluck. Diese Frau. Es war mir unbegreiflich. Sie trank dasselbe ekelig, grüne Gesöff, wie ich. Das musste einfach Schicksal sein. Aber, an Schicksal glaubte ich eigentlich gar nicht. An diesen Abend, jedoch, glaubte ich an alles.
Ich musste einen Blick von ihr erhaschen. Doch wie sollte ich das anstellen. Der Spiegel schien mich gerade zu anzuflehen ihn wieder zu benutzen.
Ich lies ihn auch nicht lange warten und blickte nach oben.
Mittlerweile waren alle Lichter eingeschaltet und der Raum war sehr hell erleuchtet. Ich malte mir aus, wie ein Kranz von Glühlampen ihr Gesicht umschließen und dieses zum leuchten bringen. Aber, als ich genauer schaute, musste ich feststellen, dass sie nicht mehr da saß.
Um Himmels Willen. Sie war verschwunden. Ich schaute mich an der Decke genau um, eine kleine Träne schlich aus meinem Auge. Aber sie war weg. Ich konnte sie im Spiegel nicht mehr erkennen.
Ich brach traurig zusammen und versank in meinen verschränkten Armen auf dem Tisch. Mir schossen alle möglichen Gedanken durch den Kopf.
Hatte ich die Möglichkeit wieder Glücklich zu werde etwa vertan, weil ich nicht im ersten Moment zu ihr gegangen bin? Hatte sie mich überhaupt bemerkt? Ich war am Ende. Mein Leben schien keinen Sinn mehr zu haben.
Ich krallte blind mein Glas und richtete mich langsam und vorsichtig auf. Eine Person stand vor mir. Vor lauter Tränen konnte ich jedoch nur einige Konturen erkennen. Wer da wohl etwas von mir wollte?
Ich trank mein Glas leer und wischte mir dann die Augen trocken.
Eine leise Stimme, wie ein Engel schien mit mir zu reden: „Ist alles in Ordnung mit dir?“
Ich schaute auf. Es war sie. Die Frau. Ihre schulterlangen Haare hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden und ihre braunen Augen, sie strahlten. Ich schaute kurz an mir herunter. Es war mir peinlich in diesem Aufzug eine Frau kennen zu lernen. Aber, was sollte ich dagegen machen?
„Ja, mir geht es gut – Jetzt, wo du bei mir bist.“ Ich stammelte diese paar Worte aus mir raus.
An den Rest des Abends erinnere ich mich nur flüchtig. Ich weiß noch, dass sie mich lediglich nach einem Feuerzeug fragte, was ich ihr nicht einmal geben konnte. Dann kam auch noch ihr Freund vorbei, den sie mir, ohne mit der Wimper zu zucken vorstellte. Ich fragte sie, warum sie ausgerechnet mich nach Feuer gefragt hat, wo sie doch mitten in der Menschenmenge stand. Sie meinte, wer dieses ekelig grüne Zeug verträgt, der kann kein schlechter Mensch sein. Als sie diesen Satz ausgesprochen hatte, nahm ich mein leeres Glas, lächelte ein wenig und schmiss es gegen die Decke.
Written By Goalten 01.06.2002
[ 01.06.2002, 19:59: Beitrag editiert von: Goalten ]