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Deborah
Deborah
Die Scheinwerfer leuchteten grell auf, als ob sie schreien wollten, die Reifen quitschten.
Seit drei Stunden hatte es geregnet und ein feuchter glatter Film lag auf der Fahrbahn. Das Wasser spritzte auf.
Die Gischt schäumte und sprudelte nach allen Seiten.
Der Wagen drehte sich in voller Fahrt und die Achsen schienen vor Wucht zu bersten. Der prasselnde Regen überdeckte lautlos die unheilvolle Szenerie.
Der Himmel hatte seine Schleusen jetzt geöffnet und an jenem Novemberabend schien die Welt im Wasser zu ertrinken. Kalter, nach Herbst und Vergänglichkeit riechender Novemberregen.
Vor Toms Augen drehte sich alles im Kreis, lief in Zeitlupe ab. Er konnte den Wagen nicht mehr beherrschen, es schleuderte ihn nach rechts. Seine Freundin Debby schrie auf.
Tom hatte seinen Führerschein schon seit vier Jahren, aber den neuen Mercedes seines Vaters hatte er bisher noch nicht gefahren. Sein Dad hatte ihn für heute geliehen zu seiner bestandenen Prüfung.
Als er ihm die Schlüssel in die Hand drückte und ihm sagte, wie stolz er auf ihn sei, ist Tom richtig rot geworden.
Nie zuvor durfte er dieses glänzende Gefährt in Silber
gefahren. Jetzt war es soweit, seine letzte Fahrt ?
Der Wagen raßte ohne Kontrolle auf eine Böschung zu.
Debby griff vor Angst in das Lenkrad.Der Wagen drehte sich nun mit ungeheurer Kraft der Zentrifuge aus seiner Fahrtrichtung nach links.Alle elektronischen Warnlichter im Innern leuchteten in rot und grün.Die Kurvenkraft wurde stärker, zerrte die beiden jetzt auf die Beifahrerseite, so dass Tom auf Debby fiel.
Das Radio spielte wie von Geisterhand bedient eine Symphonie, entspannend, wohltuend, wie bei einem Tag im Wellnesshotell, wenn alle Gäste nach der Sauna im Ruheraum liegen und von fernen Lautsprechern diese Musik erklingt, so lieblich. Die klassische Musik verschmolz mit der beruhigenden Einmütigkeit des fallenden Regens.
DAnn durchfuhr ein Ächzen den Wagen, als wolle er auseinanderbrechen.
Er kippte aus voller Fahrt, donnerte auf die Seite , überschlug sich, stand wieder in Fahrtrichtung, drehte sich erneut, wie eine Kugel, einmal angestossen sich immer weiter den Berg hinunter beschleunigend dreht.
Handtaschen, die Kamera, Zigaretten und eine Packung Chips wirbelten wie wild durch das Innere des Wagens.
Eine Scheibe zerplatzte und ein Scherbenregen ergoß sich messerscharf und schmerzhaft wie ein Hagelschauer aus Rasierklingen über die beiden.
Ein lautes Krachen durchbrach das Chaos im Innern und der WAgen flog, fast federleicht durch die feuchtkalte Abendluft. Flog, als ob die Zeit selbst die Luft anhielte fast schwerelos den Abhang hinunter.
Debby hatte sich fest an Tom gepresst und sah ihn mit angsterfüllt aufgerissenen den Aufprall erwartenden Augen an. Tom strich ihr kurz durchs Haar und presste seine Lippen fest auf ihren Mund.
DAnn schloss er die Augen und drückte seine Daumen um ihre Hand fest zusammen.
DAnn wurde es Nacht .................Stille.........
Tom war jetzt im Wald, sein Arm war gebrochen und er konnte Ihn kaum bewegen. Er humpelte mit verdrehten Bein bis er die Straße fand.Dann lief er entlang der Straße, bis er die Stelle fand, an der der Wagen die Holzabgrenzung durchbrochen hatte.
Alles sah so friedlich aus. Der Regen setzte jetzt wieder ein als wolle er die grausamen Spuren des Unfalls verwischen. Ein leichter Hauch von Kälte durchfuhr Toms Glieder.Sein Herz krampfte sich zusammen und pulsierte unregelmäßig schnell. Das Pochen war laut, er konnte sich nicht erinnern was passiert war, .... warum war er hier ?
Wieviel Uhr mochte es sein? Hatte er den Unfall überlebt, er konnte ja sogar laufen.
Er sah an seinem Körper hinab, seine Beine taten furchtbar weh, sein Schädel dröhnte und es fühlte sich an als würde eine Kreissäge jeden einzelnen seiner Gedanken durchtrennen.
Oder war er schon tot und erlebte das alles in einer Art Reminiszenz auf sein Leben.Sowas hatte er in einem Film mal gesehen, Sixt Sense oder so ähnlich.
Seine Erinnerung war wie weggefegt.
Eindeutig hatte er Gefühle und spürte seine schmerzenden Gelenke die ihn bei jedem Schritt peinigten.Auch fühlte er den kalten frischen Regen auf seiner Haut.
Wie ein alter, schwacher Mann wankte er an die Begrenzung und sah hinunter.
Unten im beginnenden Dickicht des Waldes lag der Wagen- versteckt- aber er war zu erkennen.
Er glänzte trotz der vielen Beulen in metallic Silber, das aufkommende Mondlicht wurde durch das Blech reflektiert.Er fasste seinen Mut zusammen, atmete tief durch und setzte seinen ersten Schritt auf den Abhang. Es ging etwa 7 Meter steil nach unten. Er rutschte aus....
Auf dem Laub glitt er wie auf einen Schlitten weich nach unten. Seine Hose war jetz nass und dieKälte der Novembernacht zog seinen Rücken hinauf.
Er war jetzt noch ein paar Meter vom Wagen entfernt.
Der Mond wurde jetzt von einer großen Wolke verdeckt.
In dieser Dunkelheit waren nur noch Umrisse des Wagens zu erkennen.
Dieser lag zur Seite geneigt zwischen zwei säulenförmigen Eichen, die ihn wohl auf seinen hoffnungslosen Fall in die Tiefe aufgehalten hatten.
Das Innere des Wagens sah nicht so schlimm aus, er mußte den Aufprall überlebt haben.
Jedenfalls stand er davor und fasste sanft mit seinen Fingern auf das kalte Blech dann berührte er seine Gesichtskonturen und strich behutsam und ungläubig über seinen Hals. Er lebte..........
Eine leise Musik war zu vernehmen.
Eine Sypmhonie..........
Wo war Debby ?
Er ging auf die Beifahrerseite zu und presste seine Augenlieder zusammen.
DAnn riß er die Augen auf und starrte gebannt auf den Sitz, auf den noch vor kurzem Deborah gelegen haben mußte .
Doch da war nichts......
Sie mußte aus dem Wagen gekommen sein, jedenfalls klebte an der eingedrückten Türe Blut.
Er fand einen DAmenschuh neben der Tür liegen.
Er wußte, dass sie noch leben würde, er würde sie finden, die STraße hinauftragen und Hilfe holen.
Sie würden beide diesen Unfall überleben und wie geplant zusammen Urlaub machen , im kleinen Ferienhaus auf Sizilien.
Das Land wo die Zitronenbäume blühen und im Laub die goldenen Orangen glühen.
In 10 Tagen hatte sie Geburtstag , Ihren 19 ten.
Er stapfte tiefer in den Wald hinein , der Regen hatte nachgelassen.
Vielleicht war der Wald auch nur so dicht, dass die Tropfen nicht mehr durchkamen und hilflos gegen eine Pforte aus Blättern und Ästen schlugen.
Tom mußte kurz verschnaufen, zu stark schmerzten seine Beine und sein Kopf schien zerspringen zu wollen.
Der Druck wurde größer , Schweiß sammelte sich in kleinen durchsichtigen Perlen auf seiner Stirn.
Seine Hände wurden feucht, seine Kehle war ausgedorrt.
Da war etwas , was ihm jetzt langsam wieder in den Kopf zurückkam.
Der Wald.. der Unfall....
Einen Bruchteil einer Sekunde dachte er, jetzt würde es ganz klar in sein Bewußtsein drängen.
Doch dann fiel der Gedanke wieder zurück in Vergessenheit.So kurz davor war er gewesen, sich zu erinnern. Die Nacht ... so schön und doch so trügerisch.
Sein Bein wurde plötzlich angenehm warm, eine gefähliche WÄrme, die an seiner Wade pulsierte.
Tom zog die Hose hoch und sah , dass sein Bein zu bluten angefangen hatte, nicht stark, aber der Schnitt im Fleisch war deutlich zu sehen.
Das war jetzt aber nicht von Bedeutung.
Er rief laut in den Wald hinein: " Debby , melde dich "
Ein dumpfes tückisches Echo ertönte und ihm sträubten sich die Nackenhaare.
Die Wolkendecke riß jetzt auf und die Bäume rauschten leise. Allmächtig stand jetzt der Mond am Firmament und spendete etwas von seinem fahlen gelben Licht.
Tom hörte hinter sich leise einen Zweig brechen.
Rasch drehte er sich um.
Da stand sie ........Deborah........
Sie war kreidebleich und sah furchtbar aus.
Das Mondlicht hob ihre bleiche Erscheinung hervor. Sie schien schwer verletzt zu sein, denn sie bewegte sich apathisch . Ihre Erscheinung wirkte einsam und mystisch. Ihr Kleid flatterte von einer leichten Böhe bewegt von ihrem mit Laub und Erde verschmutzten Antlitz.
" Ich bin so froh , dass du noch lebst Debby , ich muß beim Unfall irgendwie aus dem WAgen gefallen sein.
Als ich erwachte bin ich orientierungslos durch den Wald gelaufen und habe die ganze Zeit nur an dich gedacht. Bist du verletzt? Hast du starke Schmerzen ?"
Er zog seine Jacke aus und ging damit auf sie zu um sie zu wärmen.
Deborah lächelte nur. Kein vertrautes Lächeln. Es schien als stünde sie unter Schock, außerstande auf die Fragen von Tom zu antworten.
Er legte Ihr die Jacke um, dabei fühlte er eine tiefe Wunde an Ihrem Rücken. Sie blutete aber zum Glück nicht mehr stark.
Er drückte sie fest an sich und legte seinen Kopf auf Ihren Nacken.
Ihr Lächeln verschwand langsam, fast unmerklich aus ihrem Gesicht , bis nur noch ein verzücktes Beben Ihre Mundwinkel vibrieren lies.
Tom fragte wieder : Gehts dir gut Schatz ?"
Keine Antwort.
Er sah hinab an Ihrem Körper, das dunkle Kleid.......es war nicht wirklich .......träumte er ?
Er faßte sie bei den Schultern und stellte sich ihrem Gesicht direkt gegenüber.
Ihre Lippen waren blau vor Kälte und Ihr Haar roch nach Moos.
Ihre Augen waren leicht rötlich , eine Entzündung.
Eine düstere Wärme umfaßte seinen Nacken.
Er holte Luft und blies eine Wolke seines Atems ins Halbdunkel des Waldes.
Deborah strich mit ihren langen kalten Fingern über seinen Hals.
Es war das Kleid...........irgendetwas gefiel ihm nicht, etwas grausames verband er damit.
Etwas , was ihm schon vorhin aufgefallen war, was er aber nciht weiter beachtet hatte.
Eine Kleinigkeit nur, kaum merklich, jedoch spürte er die Wichtigkeit sich sofort daran zu erinnern.
Es war das Kleid ....es war tadellos , kein Kratzer , fast wie neu. Das war unmöglich. Seine Hände wurden feucht.
Er wich einen Schritt zurück. Deborah sah ihn mit einem Blick der Verwunderung an, der sich langsam in ein leichtes grausames Lächeln um die Mundwinkel umwandelte. Ihre Augen funkelten rot und Ihr Blick war starr und wurde von Sekunde zu Sekunde bösartiger.
Ihr Blick bannte ihn , er war zu schwach wegzurennen.
Jetzt wußte er , was am Kleid nicht stimmen konnte.
Gedanken schossen jetzt wie Blitze durch sein Hirn.Jetzt wußte er , welcher Gedanke ihn vorhin heimsuchte, welcher sich in emotionaler Ohnmacht in sein Gedächtnis bohrte, und sich dann wie eine dunkle Wolke am Himmel plötzlich verzogen hatte.
Jetzt wußte er alles.........
Er schrieh auf voll Entsetzen , verkrampfte sich , während sein Verstand mit der Wiklichkeit kämpfte.
Ein Alptraum , nur ein Alptraum..... dachte er......
Vor seinen Augen breitete die Gestalt Ihre Arme weit aus.
Ihre Hände und Finger schienen immer länger zu werden.
Sie bewegte sich mit der erbarmungslosen Geschmeidigkeit eines Tieres langsam auf ihn zu, während sich ihre Augen in zwei ausdruckslose Höhlen verwandelten.
Ihre Finger glichen jetzt scharfen Krallen, die seinen Hals umfaßten.
Sie hatte ein schwarzes Kleid an .........
Dasselbe Kleid, in dem sie gestern nachmittag beerdigt worden war.
Schweißgebadet wachte er auf.
Eine leise Musik war zu vernehmen.
Eine Symphonie................