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DB- die Bahn mach "mobil"!

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17.10.2014
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DB- die Bahn mach "mobil"!

Eine kleine Geschichte über das alltägliche Leben.
Aus der Sicht einer Beobachterin, die das stilvolle Treiben einer eigentlich banalen Zugfahrt miterleben durfte.

Es war einmal... Der Anfang vieler lebensreicher Gedanken und Geschichten. Jedes Ereignis wird mit einem bestimmten Tag, mit einem bestimmten Datum oder aber mit einer bestimmten Zeit ins Leben gerufen. Mein Ausgangspunkt ist ein unscheinbarer Sonntag im Mai 2013. Es war Muttertag, um genau zu sein. Ich ahnte noch nichts von meinem bevorstehenden Glück in den nächsten acht Stunden und so ging ich, ungewiss und voller Erwartung, über die Schwelle der Eingangstüren vom Bahnhof. Ich war in Kiel, meine Endstation hieß Berlin. Keine kurze Strecke, wenn man wie ich stur und nicht gewilllt ist, mit dem ICE zu fahren, aufgrund der enorm überteuerten Preise. Meinen Zynismus lasse ich ausnahmsweise aus dem Spiel. Im Bahnhofsgeschehen angekommen, erwartete mich ein flaues Gefühl im Magen. Das Gleis zu finden war keine Schwierigkeit, aber an der anstehenden Menschenmasse vorbei zu kommen schon. Also fuhr ich, wie anscheinend jedermann an diesem Nachmittag, mit dem Regionalexpress. Mein Blick wanderte hoch zur Anzeige. Fünf Minuten Verspätung. Wunderbar. Warum sollte ich auch das Vergnügen erfahren, mit einer zuverlässigen Bahn unterwegs zu sein. Ungeduldig vertrieb ich mir die Zeit mit den Klängen moderner Musik in den Ohren und wartete auf meine Fahrgelegenheit. Langsam beschlich mich jedoch ein allseits bekanntes Gefühl in der unteren Bauchregion. Es war nicht schwer zu erraten, wo die Ursache des Übels lag. Die Cola und das viele Wasser machten sich bemerkbar. Wieder einmal zu den ungünstigsten Zeitpunkten. Meine Blase hat ein wirklich perfektes Timing für unerwartete Auftritte, das muss man ihr lassen. Mit Sicherheit war jeder schon einmal in dieser Situation gewesen, also muss ich nicht ausführlich und wehleidig darauf eingehen, wie lange fünf Minuten in solchen Momenten sein können. Der Leidensdruck stieg, der Schmerz wuchs. Ein Gefühl, welches ich meinen schlimmsten Feinden nicht wünschen würde. Von Entspannung war schon längst keine Rede mehr. Mein Körper bestand mittlerweile aus einer einzigen großen Verkrampfung um gegen den Harndrang anzukämpfen. Die Rettung war nah und kam zu Gunsten meiner Blase immer näher. Bis er vor mir stand in seiner vollen Pracht. Ein Zug, dessen Anblick natürlich nicht mit dem Wort „Pracht“ in Verbindung zu bringen war, aber in meiner Verzweiflung wohl einem millionenschweren Schatz gleich kam. Kaum in den Zug eingestiegen, kannte ich mein Ziel. Die Toilette. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt sehr gut mit schwangeren Frauen mitfühlen und hätte gerne eine Konversation über mein derzeitiges Leiden mit ihnen erörtert, wäre da nicht die Möglichkeit, meinen unstillbaren Drang zu lindern, in naher Ferne gewesen. Also rannte ich zur ersten Kabine. Zu früh gefreut, sie war defekt. Ein leises Stöhnen drang aus meinem Mund. Meine Hoffnung beruhte nun auf die zwei verbliebenen WC`s. Ich ging schnellen Schrittes weiter. Mit zunehmenden Tatendrang durchquerte ich die vollen Abteilungen, wich herumstehenden Menschen aus, sprang todesmutig über herumliegende Koffer und schlängelte mich letztendlich durch die Fahrräder, mit einer Grazie, die mir fast einen Applaus einbrachte. Nach gefühlten zehn Minuten erreichte ich die nächste Haltestelle für die potentielle Beendigung meiner Qual. Doch das Leben meinte es heute nicht gut mit mir. Das unauffällig gestaltete Schild in Schriftgröße 60 mit fett markierten schwarzen Buchstaben und einem stechend gelben Hintergrund war mir, weiß Gott, nicht fremd. DEFEKT. Ich fluchte. Das kann doch nicht wahr sein. Jetzt blieb mir nur noch eine Chance. Ganz am Ende des Zuges. Hätte ich etwas anderes erwarten sollen? Natürlich nicht. Was wäre das Leben ohne Herausforderungen, ohne Schmerzen, ohne Verluste oder ohne falsche Hoffnungen? Ja sie sagen es, ein Leben wie es sich jeder wünscht. Falls es Ihnen auffällt, ich gehöre nicht zu den Glücklichen, die dieses Privileg genießen durften. Jedenfalls nicht an diesem Tag. Mein Spurt ging weiter. Ungestüm setzte ich meine Reise fort.


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So hangelte ich mich von Haltegriff zu Haltegriff und glich mehr der Figur des Tarzans, als der einer zivilisierten Person. Und da war sie.
Wie ein Engel erschien sie in hellem Licht. Die einzig funktionierende Toilette in dieser Bahn.
Das Wort „Erleichterung“ bekam für mich in jenem Augenblick eine ganz neue Bedeutung- gleich zu setzen mit Erlösung, lebenslanger Dankbarkeit und Freudentränen. Zu allem Überfluss bemerkte ich schnell, dass ich nicht die Einzige mit dieser Idee war. Eine lange Menschenreihe zeigte sich mir. Ich sah zum Boden, um eine eventuelle Markierung mit der restlichen Anstandszeit zu erhaschen. So wie es immer in Freizeitparks dargestellt ist. „Wenn sie diesen Strich erreicht haben verbleiben ihnen noch 30 Minuten.“ Aber nein, das blieb mir ausnahmsweise erspart. So kurz vor dem Ziel gab ich nicht auf. Mit einer Seelenruhe nahm ich in einem Vierersitz neben dem stillen Örtchen platz. Wobei das Wort „still“ doch sehr vielseitig definiert wird in diesem Fall. Es saß mir ein junger Herr gegenüber, der sich vollkommen den Klängen seiner Musik hingab. Ich wartete und wartete, bis meine Zeit gekommen war. Ich bat den jungen Mann dann darum, netter Weise kurz auf meine Sachen aufzupassen und erklärte ihm meine Absicht auf die Toilette zu verschwinden. Bereitwillig nickte er nur mit dem Kopf. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, ob er mich überhaupt verstanden hatte oder ob diese wirren Kopfbewegungen den Beat des Liedes wiedergeben sollten. Aber dieses Risiko war ich bereit einzugehen. Ich öffnete die Tür vom WC. Das war ja noch einfach, aber wie um alles in der Welt bekomme ich sie zu und viel wichtiger noch, wie verschließe ich sie? Überall leuchteten Knöpfe, jeder schien eine andere Bedeutung zu haben. Ich drückte auf den mir am wahrscheinlich wirksamsten Knopf, wo ein Schlüssel abgebildet war. Die Tür ging zu. Endlich, aber leider im gleichen Moment auch wieder auf. Was sollte das?! Wollte sie mich damit provozieren oder mich schikanieren? Ich hatte keine Zeit für Späße und schon gar nicht für ausgetüftelte Technologie. Ich wollte einfach nur meine Blase entleeren. Ich wiederholte dieses Spiel zwei Mal. Nichts half, sie blieb stur in ihrem Handeln immer wieder aufzugehen. Bis ich einen Schalter sah, der sich an ihr befand. Ich erinnerte mich an die Worte des Schaffners auf der Hinfahrt. „Niemals den Schalter an der Tür betätigen, sonst geht sie nicht mehr auf.“. Nun, meine Not war größer als der Verstand, also betätigte ich den Schalter. Und siehe da, sie war verschlossen. Nachdem ich mich erleichtert hatte, drückte ich abermals alle möglichen Knöpfe bis die Tür aufgab und mir den Weg zu meinem Sitzplatz eröffnete. Ich setzte mich hin und holte mein Buch aus der Tasche. Bereit die ganze Zugfahrt über zu lesen und mich dieser Geschichte hinzugeben. Nichts, aber auch gar nichts konnte mich von diesem lang geplanten Entschluss abbringen. Dachte ich! Ich war kurz vor Schwerin. Der Junge mir gegenüber verabschiedete sich höflicher Weise und ich war allein. Allein auf einem der Vierersitze. So schmiss ich meine Schuhe beiseite und machte es mir auf den Sitzen gemütlich. In halb liegender Position, mit einer Jacke auf mir, die Beine ans Fenster gelehnt und meinem Buch in der Hand habe ich mich gefühlt wie Kleopatra. Es fehlten nur noch die Weintrauben. Schade eigentlich, ich hatte keine dabei. Vertieft in den Seiten dieses Romans, bemerkte ich zunächst nicht, wie mir jemand auf die Schulter klopfte. Erst ein leises Räuspern und die Worte „ Entschuldigen Sie bitte..“ weckten meine Aufmerksamkeit. Ich schmulte mit den Augen über den Rand des Buches. Warum hat man hier eigentlich nie seine Ruhe?! „Ja bitte?“ Antwortete ich mit engelsgleicher Stimme. „So geht das aber nicht, hier wollen schließlich noch andere Leute sitzen.“ Es war kein Schaffner. Ein Fahrgast, der mich sehr dezent darauf hinwies, dass meine Art sich wie Cäsar zu benehmen, nicht gerade angebracht ist, in einem öffentlichen Verkehrsmittel. Ich sah ihn erschrocken an. Cäsar? So lag ich elfenhaft und anmutig auf diesen wenig ausgepolsterten Sitzen, versuchte mich zu entspannen und er hatte nichts besseres zu tun, als mich aus meiner Gedankenwelt zu reißen?! Widerwillig änderte ich meine Position und setzte mich aufrecht hin. Ich gab ihm mein schönstes Lächeln und widmete mich nun angestrengt dem Fenster, um seine finsteren Blicke nicht weiter ertragen zu müssen. Mein nun angeschlagenes Karma wird sich bei ihm bedanken. Ich hatte reichlich Fantasie, diese nutzte ich unbegrenzt während der gesamten restlichen Fahrtzeit, um es ihm geistig heim zu zahlen. Selbst eine ziemlich grenzwertig zusammengestellte Voodoopuppe diente mir als Zweck zur Befriedigung meiner Wut.

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Schließlich erreichten wir Schwerin. Meine Augen wurden beim Anblick der anstehenden Masse auf dem Bahnsteig immer größer. Ich hatte das Gefühl, das ganz Deutschland sich an diesen kleinen unscheinbaren Ort versammelt hatte, um mir die Heimreise mit Absicht zu erschweren.
Der Gedanke an Ruhe und Entspannung verpuffte wortwörtlich in diesen Moment in meinem Kopf.
Kaum waren die Türen geöffnet ging das Gedränge und das Geschubse los. Jeder wollte der Erste sein. Ich hatte nur darauf gewartet, dass der Schaffner am Eingangsbereich die Worte „Kinder und Frauen zuerst.“ rief, aber zu meiner Enttäuschung blieb das aus. Ich packte in der Eile schnell meine Sachen zusammen, stapelte sie an mir empor und war bereit für das was kommen sollte. Es dauerte nicht lange, da stand ein etwas jüngeres Mädchen vor mir, mit einem riesigen Rucksack in der Hand. Oder sollte ich mich besser ausdrücken, ein riesiger Rucksack stand mit einem Mädchen vor mir. Erschrocken über die gewaltige Größe dieser Tasche sagte ich fast geistesabwesend „Setzen Sie sich doch.“. Das Mädchen hatte kurze blonde Haare, trug eine Jeans und eine blau-weiß gestreifte sportlich aussehende Jacke. Sehr unscheinbar auf den ersten Blick. Ihre blauen Augen waren von einem weißen Schleier überzogen. Nicht sicher, ob sie mich wirklich sehen konnte, räumte ich alles herumliegende aus dem Weg. Sie folgte meiner Anweisung und platzierte sich mir gegenüber. Das fast zum Platzen drohende Ei legte sie auf ihren Schoß und schon war sie weg. Das einzige was noch von ihr zu sehen war, waren ihren Füße. Ein Schmunzeln konnte ich nicht unterdrücken. Ich bot ihr an, das Monstrum auch auf den Boden legen zu können. Ich wollte gerade mein Gepäck unter den Sitz schieben, als sie ihres auf einmal fallen lies. Auf den Boden! Direkt auf meins!! Ich konnte einen hysterischen Aufschrei nicht unterdrücken. So war der Anblick dieser wahrscheinlich 20 Zentner schweren Tasche auf meiner zu viel des Guten. Ich dachte nur an all meine zerbrechlichen Wertsachen und wie sie vor meinem inneren Auge durch dieses riesige rosafarbene Etwas zerstört wurden. Die einzige Antwort, die ich von ihr bekam war „ Ach, das macht nichts. Da sind eh nur Sachen drin.“. Mit ungewollt hoher Stimme gab ich ihr zu verstehen, dass das aber nicht für meine galt. Sie entschuldigte sich und legte sie auf den Platz neben sich. Vor lauter Angst über einen erneuten Überfall auf meine Reisetasche, schob ich sie so weit es nur ging unter meinen Sitz und beäugte das Mädchen misstrauisch. Es war ja nicht ihre Schuld, schließlich hatte ich es ihr ja angeboten, nur hätte ich wahrscheinlich keine Zeit verlieren sollen zwischen dem Äußern dieses Satzes und dem Verstecken meines Rucksacks. Ich war einfach zu langsam für die heutige Welt. Meine Nerven hatten sich allmählich wieder beruhigt. Ich beobachtete das Treiben außerhalb und innerhalb des Zuges. Er füllte sich mit jeder Sekunde immer mehr. Und dennoch sah man kein Ende. Neben mir setzte sich ein Herr mittleren Alters. Schweigsam und unauffällig saß er da mit einem IPad in der Hand und einer Tasche auf dem Schoß. Er hatte kurze blonde Haare mit vereinzelten grauen Strähnen, trug dazu eine Jeans und eine blaue Jacke. Seine Gesichtszüge waren markant, unterstrichen von einem Drei- Tage- Bart.
Weder freundlich noch boshaft gestimmt. Sein geschätztes Alter lag zwischen 35 und 45 Jahren. Er war wirklich sehr schwer einzuordnen, ich habe lange darüber gerätselt. Ich glaube, er sah es mir an. Aber meine Aufmerksamkeit galt nicht ihm, vielmehr den Menschen, die verzweifelt versuchten in den Zug einzusteigen. Die Gänge waren mittlerweile gefüllt. Überwiegend mit Fahrrädern, Kinderwägen und Fahrgästen. Mir wurde klar, dass ich hier festsitze. Nur eine ausgezeichnete athletische Vorstellung mit Saltos und Schrauben hätten es mir ermöglicht aus dem Zug auszusteigen. Da ich weder Peter Pan bin, noch annähernd fähig dazu solch eine sportliche Leistung zu vollführen, war mein Schicksal besiegelt. Wenigstens hatte ich die Toilette in meiner Nähe. Ein kleiner, aber feiner Trost. Ein Fahrradfahrer stellte sich aber direkt vor mein kleines Glück. Ich sah ihn lange an. Er wusste, dass seine örtlich positionierte Stellung sehr ungünstig war, aber er hatte, zugegebener Weise, gar keine andere Wahl. Es gab einfach keinen Platz mehr. Der Zug fuhr endlich los. Die Fahrgäste merkten nur allzu schnell, dass es nur ein WC hier gab. Sie kamen von allen Seiten. Der arme Fahrradfahrer war resttlos überfordert, da er allen den Weg räumen musste. Aber wie denn auch, bei solch engen Gängen?! Für Körperkontakt war auf jeden Fall reichlich gesorgt, ob er das nun wollte oder nicht.

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Durch die regen Bewegungen wurde das Fahrrad ständig nach vorne
und nach hinten geschoben und der Mann neben mir hatte keine andere Möglichkeit als näher an mich heran zu rücken. Er entschuldigte sich dafür und zeigte mir mit einer Geste, seine verzweifelten Versuche dem Lenker auszuweichen.
Ich lachte und deutete ihm, dass das nicht weiter schlimm wäre. Die Stimmung war zu diesem Zeitpunkt keinesfalls gereizt. Jeder bewies Ruhe, Anstand und Höflichkeit. Selbst die bezaubernde Stimme aus dem Lautsprecher klang höflich, wenn auch etwas schrill. Ich versuchte mich wieder auf mein Buch zu konzentrieren. Versuch 2. Derweil telefonierte das Mädchen mir gegenüber. Sie war nicht gerade leise und unauffällig dabei. Man hätte meinen können, sie spräche mit einer schwerhörigen Person. Sie wollte eine Zugverbindung herausfinden und jeder im Umkreis von 100 Metern konnte nun erfahren wo sie wohnt und wie sie dort hin kommt. Ich hatte schon einen Stift und einen Zettel gezückt für die genaue Adresse, vielleicht kann man ja Schadensansprüche stellen, aber diese enthielt sie uns leider vor. Schade, ich hätte ihr gerne einen Brief geschrieben, in dem ich sie darauf aufmerksam gemacht hätte, dass man sich im Zug auch leise unterhalten kann und nicht in den Hörer schreien muss. Aber nun gut. Nach dem Telefonat weckte etwas anderes mein Interesse. Der Mann neben mir und sein IPad. Vorsichtig versuchte ich die Wörter zu entziffern, um zu erkennen was der nette Herr so für Literatur bevorzugt. Nur schien mein Vorhaben nicht ganz so dezent zu verlaufen, wie eigentlich geplant. Durch die Sonneneinstrahlung erkannte ich nicht genau was dort stand, also rückte ich etwas näher, bis er den Kopf hob und mich ansah. Sein Blick war fragend. Erst da bemerkte ich wie nah ich ihm gekommen bin. Ich hob beschwichtigend die Hände. Peinlich berührt von der Situation griff ich instinktiv zu meinem Buch und verschwand darin. Bis ich nichts mehr sah, außer die einzelnen Buchstaben. Wie gerne wäre ich im Erdkern verschwunden. Mein Gesicht nahm derzeit die Farbe einer Tomate an, daher musste ich warten bis meine geliebte Blässe wieder kam, eh ich mich abermals an die Öffentlichkeit traute. Ich versuchte wirklich meinem Roman zu folgen, was mir auch geschah, ganze 10 Minuten lang. Na immerhin. Bis das Mädchen zu dem Fahrradfahrer meinte:“ Sie sich nicht setzen?“ Er lehnte dankend ab. Doch ein anderer Fahrradfahrer gesellte sich zu dem Gespräch dazu und gab ihm zu verstehen, dass das eine gute Idee wäre. Nach langem Reden widersprach er nicht mehr und setzte sich auf den letzten Platz im Viererplatz. Das Mädchen nahm ihren Rucksack in die Hand. Schlagartig griff ich alles was ich hatte und hielt es gut fest. Nicht noch einmal, dachte ich mir. Jetzt saß ich eingequetscht zwischen einem netten Herrn mit seinem IPad, der beständig darin versucht war den beweglichen Lenker auszuweichen und diesem Rucksack mit dem jeweiligen Mädchen dazu. Mein Bewegungsradius beschränkte sich nun mittlerweile auf ein Achselzucken. Selbst meine Beine waren gebeugt und eng an meinem Körper geschmiegt. Memo an mich: beim nächsten Mal Blutverdünner mitnehmen. Für alle Fälle. Der Mann neben mir musste lächeln, als ich qualvoll versuchte mich Zentimeter für Zentimeter fortzubewegen, um meine Position zu wechseln und ein Duckgeschwür am Steiß zu vermeiden. Ich hätte wetten können, dass der erste Grad schon erreicht war. Er machte dem Mädchen das Angebot die Tasche unter seinem Sitz zu packen und sie willigte ein. Gesagt, getan. Ich konnte meine gewonnene Bein- und Armfreiheit kaum fassen. Vor lauter Überschwung und Freude wäre ich ihm fast um den Hals gefallen, aber begnadeter Weise hielt ich mich beherzt zurück und ging abermals meinem Buch nach. Versuch 3. Die nächste Haltestelle war nicht weit entfernt. Das Getümmel nahm kein Ende. Ein paar Menschen verließen den Zug, aber umso mehr wollten auch hinein. Viele mussten zurück bleiben. Besonders die Fahrradfahrer hatte es hart erwischt. Es tat mir leid für diese Menschen. Sie konnten nicht mit, weil die Bahn nicht dazu im Stande war, die jeweilig benötigten Kapazitäten einzuschätzen und sich dementsprechend danach zu richten. Ein älterer Mann stand auf dem Bahnsteig, versuchte vergebens einzusteigen. Aber es gelang ihm nicht, da für seinen Rollator einfach nicht genug Platz war. Das ist erschreckend und zutieftst erschütternd. Ich hegte einen ziemlich großen Groll gegen die Deutsche Bahn. Zurecht, meinerseits. Doch ich war mit meiner Meinung nicht alleine. Meine drei Gesellen teilten sie mit mir und somit kamen wir leicht ins Gespräch.

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Während der Unterhaltung fiel mir ein Mann auf, der es gerade noch geschafft hatte in den Zug mit einzusteigen. Er war groß und kräftig gebaut, wenn nicht sogar üppig in seinem Körperbau. Sein Gesicht wurde durch eine Brille und einem Bart verfeinert. Auf jeweils einem Ohr trug er ein Hörgerät. Meiner Schätzung nach zur Folge war er aber bestimmt nicht älter als 50 Jahre.
Er trug ein dunkles Jackett mit einem blau- kariertem Hemd und eine Jeans. Sein Blick sprach Bände. Dieser Mann strotzte nur so vor Eitelkeit und Arroganz, nicht zu vergessen seiner schlechten Laune, die er nur allzu offensichtlich präsentierte. Ein gefundenes Fressen für mich. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich direkt vor der Toilette zu positionieren. Das war ja schon mal ein guter Anfang. Ich beobachtete das Schauspiel und wartete gespannt auf den Super-Gau. Die Fahrgäste mussten sich majestätisch an ihm vorbei winden, um das göttliche Örtchen zu besuchen, was auf Grund seiner nicht vorteilhaften Figur ein wahrhaft kompliziertes Unterfangen war. Seine Stimmung wurde zunehmend gereizter. Kurze und schnippische Sätze folgten nun in Sekundenschnelle. Ich sah, wie bereits die Vene auf seiner Stirn hervortrat. Oh je. Gleich ist es soweit. Die einst blasse Gesichtsfarbe wechselte nun langsam zu einem immer mehr sichtbarem Rot. Der Vulkan war bereit zum Ausbrechen. Die Gäste wurden immer aufdringlicher und seine Nerven immer schwächer. Ein Lächeln konnte ich nicht verstecken, aber dennoch versuchte ich die Situation vollkommen ernst zu nehmen. Plötzlich sah er mich an. Mein Lächeln verschwand abrupt. Er hatte bemerkt das mein Augenmerk auf ihn gerichtet war. Hat er auch gesehen, dass ich mich über ihn amüsierte? Stehe ich nun auf seiner Todesliste an erster Stelle? Ich musste reagieren, bevor er explodierte und wies ihn freundlicher Weise daraufhin, dass er sich auch ein paar Schritte nach rechts bewegen könnte, um wenigstens den anstehenden Leuten Platz zu gewähren. Erschrockener Weise nahm er meinen Vorschlag an und ging meiner Aufforderung nach. Es gab nur ein Problem. Der Fahrradlenker. Sein voluminöser Vorbau hinderte ihn daran. So sehr er ihn auch einzog und sich anstrengte, nichts half. Ich war schon kurz davor etwas Öl mit hinzuzugeben, um die Sache etwas geschmeidiger zu machen, aber diesen Gedanken verdrängte ich schnell, um einer Eskalation aus dem Weg zu gehen. Der Mann wurde immer hektischer in seinem Tun. Die vorerst zarte Rotfärbung seines Gesichts wurde nun zu einem herausstechendem Rot. Immer wieder sagte er in heller Aufruhr „Ich, ich, ich... ach man ich komm hier nicht durch. Was soll das? Das geht nicht. Lasst mich doch alle in Ruhe!“. Der Fahrradfahrer war bemüht darin ihn zu beruhigen. Zwecklos. Der Mann befand sich in einer ausgedehnten Ekstasephase. Das gesamte Abteil schien zu schweigen und zu beobachten. Keiner wagte es etwas zu sagen. Der Mann gab frustriert auf und weigerte sich von nun an auch nur irgendetwas zu machen, zum Ärgernis der Fahrgäste. Von der einst friedlichen Atmosphäre war nun nichts mehr zu bemerken. Alles war angespannt. Nur nicht meine drei Gesellen und ich. Wir sahen das alles mit überragender Leichtigkeit. Plötzlich klapperte etwas laut neben uns. Wir konnten aber nicht erkennen woher das Geräusch kam, da Mr. Hochrot uns die Sicht versperrte. Erst als er seinen spärlichen Körper schwunghaft zur Seite bewegte, sahen wir, dass eine Frau in der Toilette gefangen war. Die Tür klemmte. Was mich keinesfalls wunderte, da das so überraschend war, wie das Ende eines jeden gut gedrehten Bollywood- Films. Die Misere kam noch schlimmer. Menschen zogen von außen mit aller Gewalt an dieser hartnäckig verschlossenen Tür. Jetzt wo sie endlich mal zu war, war es auch nicht recht. Nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Tür schien vollkommen überfordert zu sein. Ein geistig kluger Kopf kam auf die schlaue Idee auf den Knopf vor der Toilette zu drücken, wo groß gekennzeichnet WC drauf stand. Durch etlichen Vorkenntnissen, wusste ich, dass das ein fataler Fehler war und versuchte die Katastrophe zu verhindern indem ich laut rief: „Nicht den Knopf drücken!!“. Zu spät. Noch bevor meine Worte das Gehirn des jeweiligen erreichten, schritt er zur Tat über. Keine zwei Sekunden darauf, erklang eine zarte monotone Stimme:“ Das WC ist nun außer Betrieb.“ Alle waren in großer Aufruhr. Was passierte nun mit dieser Frau. Wie sollte sie jemals aus den Fängen dieser skandalösen, nun nicht mehr intakten Toilette herauskommen?! Meine Hysterie hingegen hielt sich stark in Grenzen. So war ich mir durchaus der Tatsache bewusst, dass sie sich innerhalb weniger Minuten selbst regenerieren würde. Und mein Instinkt täuschte mich nicht. Bravo.

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Ich hatte noch nie an meinem 7. Sinn gezweifelt. Nach einem kurzem „Bong“ ging die Toilette ihrer Funktion wieder nach und die junge Dame konnte gerettet werden. Ein sehr bewegender Moment für viele Zuschauer, manche hatten Tränen in den Augen, andere applaudierten und viele andere wollten einfach nur noch ihrem Drang nachgeben. Die Anzahl der anstehenden Menschen wuchs stetig. Von Minute zu Minute. Das Spektakel ähnelte immer mehr einem Sommerschlussverkauf, bei dem alle bereit waren ihr Leben für das letzte Stück Stoff zu geben. Bemerkenswert. Zudem verlor Mr. Hochrot jegliche Beherrschung und sah jeden tollwütig an, der es auch nur wagte sich ihm zu nähern. Es fehlte nur noch der Schaum vor dem Mund und er wäre ein perfektes Examplar für die Darstellung dieser Krankheit gewesen. Der Fahrradfahrer redete erneut auf ihn ein. Versuchte ihm zu erklären, dass das so nicht gehe. Moment. Ich glaube ich habe ein Deja vu. Nur diesmal ist es allerdings berechtigt. Der Mann startete einen erneuten Anlauf. Mit viel Elan, Motivation und Zurufen gewann er letztendlich den Kampf gegen das Lenkrad. Natürlich geschah dies nicht ohne Beihilfe. Ein Fahrgast war so freundlich und hob das Fahrgestell etwas an, sodass seine Auswölbung genügend Raum fand. Keuchend, schwitzend, ohne ein Wort des Dankes ging er nun seine drei Schritte nach rechts. Ich hörte nur noch wie er sich etwas in den Bart brubbelte. Ganz automatisch umschloss ich die Flasche mit meinen Fingern, bereit sie jeden Moment nach ihm zu werfen. Der nette Herr mit dem IPad sah mich verwundert an. Erst schaute er auf meine Hand, dann in mein Gesicht. Ich gab ihm deutlich zu verstehen, dass mir Mr. Hochrot mit seinem Hochmut gewaltig auf die Nerven ging. Er schmunzelte und konzentrierte sich wieder auf seinen Bildschirm. Gerade als ich nach meinem Buch sehen wollte, bremste der Zug auf einmal ab. Wir blieben stehen. Aber warum? Was war nun schon wieder? Ist jemand aus dem Fenster gesprungen? Wenn ja, ich würde es verstehen. Alle sahen sich fragend an. Mir wurde die ganze Geschichte allmählich zu abenteuerlustig. Ich bin doch hier nicht bei Indiana Jones. Also hielt ich mich, mit augenscheinlicher Ignoranz meiner Außenwelt gegenüber, in meinem Buch auf. Meine Augen strichen über die Buchstaben. Ich war bereit für meine kleine Geschichte. Versuch 4. Aber so sehr ich es auch wollte, die Wörter gingen einfach nicht in meinen Kopf. Ich las und las. Ein zweites und ein drittes Mal. Nur um es noch einmal zu verdeutlichen. Wie um alles in der Welt soll ein einzelner Mensch dazu im Stande sein sich seelenruhig seinem Buch hin zu geben, WENN diese stetig aufgehende Toilettentür sich vor Quietschen fast umbringt, überall Leute reden, schreien, jammern, diese wunderbare gottesgleiche Stimme aus den Lautsprecher alle 5 Minuten schreit „Die Weiterfahrt verzögert sich um wenige Minuten“. Ich konnte machen was ich wollte. Diesmal war ich kein Cäsar, der kam sah und siegte. Diesmal saß ich gefangen in einem Zug mit zu vielen Menschen, zu vielen Geräuschen, zu wenig Platz und definitiv zu wenig Toiletten! Plötzlich sah ich einen Schaffner von hinten kommen. Sein tollkühnes Vorhaben sich einen Weg durch den Zug zu bahnen war sehr bewundernswert, doch leider auch sehr vergebens. Er geriet ins Schwitzen, zog sich immer wieder nervös an der Krawatte. Ich nehme an, ihm blieb bei dieser sportlichen Leistung schlicht und einfach die Luft weg. Sagten ihm die gefühlten 35 °C in dem Abteil etwa nicht zu?! So füllte sich mein Kopf mit unsagbaren Bildern. Eines davon zeigte mich, wie ich ihm einen Becher Wasser reiche, während er voller Hast den Gang durchquert. Ausgebrannt von der Anstrengung und der Hitze reißt er ihn mir aus der Hand und lässt das kühle Nass über seinen Körper laufen. Selbstverständlich in Slow-Motion. Es soll ja theatralisch wirken. Zurück zur Realität. Er erreichte uns mit Mühe und Not. Das einzige was er schaffte zu äußern waren die Worte:“ich... ich muss hier durch. Jemand hat die Notbremse betätigt, sonst können wir nicht weiterfahren. Es tut mir leid, ich werde später auf ihre Fragen antworten.“ Sehr interessant. Natürlich kommt er zu einem späteren Zeitpunkt wieder. Kämpft sich abermals durch die überfüllten Wagons, nur um uns unsere Fragen zu beantworten. Das einzige was ich dazu nur sage ist: „ Dieser Mann wart nie wieder gesehen.“ Ich habe mich oft gefragt, ob er überhaupt noch unter uns weilt, oder ob ihm die Berge von Koffern zum Verhängnis wurden. Falls ja, so möge er in Frieden ruhen. Die zauberhafte, schrille und mittlerweile durchaus gereizte Lautsprecherstimme meldete sich zu Wort: „ Ich bitte sie vom Eingangsbereich weg zu gehen, sonst ist unsere Weiterfahrt behindert.“ Stille. Alle lauschten.

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Drei Sekunden vergingen, dann: „ Ich wiederhole, ich bitte alle sich vom Eingangsbereich zu entfernen.“.Keiner sagte ein Wort. Weitere fünf Sekunden vergingen. Diesmal hörbar lauter, fast schreiend und keinesfalls friedlich ertönte die Stimme erneut:“ Ich habe gesagt weg vom Eingangsbereich!!“. Mr. Hochrot bekam definitiv Konkurrenz. Irgendwann fuhr der Zug los. Wir hielten an verschiedenen Haltestellen, keine schien eine sichtbare Erlösung darzustellen. Alle hatten das gleiche Ziel: Berlin. Wie unerwartet. Der nette Mann neben mir meinte auf einmal, ganz ohne Vorwarnung und auf eine bemerkenswert trockene Art und Weise: „Ein Wunder, dass noch keiner auf die Idee gekommen ist, die Fahrgäste zu stapeln.“ Ich fing laut an zu lachen. Brilliant. Einfach brilliant. So, sehr geehrtes DB-Team. Hier unterbreite ich nun meinen Vorschlag doppelstöckige Sitzreihen zu entwickeln. Für weitere Fragen stehe ich ihnen gerne zur Verfügung. Meine Antwort daraufhin: „Wissen Sie, eigentlich müsste man ein Buch darüber schreiben.“ Kaum war der Gedanke ausgesprochen, schon ging er mir nicht mehr aus dem Kopf. Doch es blieb keine Zeit zum Überlegen. Die nächste Katastrophe nahte. Die Toilettenspülung hatte offensichtlich und zum Entsetzen aller den Geist aufgegeben. WC Nummer 3 war nun auch DEFEKT. Klasse. Gefühlte 2 Millionen Menschen, darunter 376048 Kinder mussten natürlich alle gleichzeitig und zwar ganz dringend ihr Geschäft erledigen. Die restliche Fahrtzeit bis nach Berlin betrug knapp 1h. Ohne jegliche Möglichkeit seine Notdurft zu verrichten. Ich griff automatisch zu meiner Flasche, legte sie in meine Tasche mit der Äußerung: „Ich hatte eh keinen Durst mehr.“ Der Mann neben mir grinste. Meine Augen richteten sich seltsamerweise auf den mir gegenüberliegende digitale Anzeigetafel im Zug. Ich hatte ihn vorher kaum wahrgenommen und jetzt fixierte ich ihn mit einer Anstrengung, die ich mir selbst nicht erklären konnte. Wahrscheinlich hoffte ich einfach nur meine Endstation lesen zu können. Und da war es. Unverhofft, nichts ahnend studierte ich die Worte, die mir der Bildschirm zu vermitteln gab. „No Signal“. Und dann war alles schwarz. Die Anzeige hat die weiße Flagge gehisst. Wen wunderte es. Was kommt als nächstes? Eine Bombenwarnung? Oder Zugentgleisung? Nichts hätte mich jetzt noch erschüttern können. So bereute ich meine Worte im gleichen Moment, da der Zug überraschender Weise zum Stehen kam. Die merklich resignierte Stimme aus dem Nichts gab sich abermals zum Besten:“ Aufgrund von einem vor uns geführtem Zug können wir nicht weiterfahren.“ Ein hörbares Raunen ging durch die Masse. Ich hatte jedoch Mühe mich wieder ein zu kriegen. Ich fing laut an zu lachen. Das war ja klar.“ Auf die Bahn ist Verlass“. Diese Leute wissen, wie sie die Nerven anderer strapazieren. Ich nahm es mit Humor und sagte noch:“ Mensch, eigentlich habe ich mit zwei Stunden Verspätung gerechnet, da liege ich ja noch gut in der Zeit.“, oder fing an zu singen:“Eine Zugfahrt, die ist lustig...“ und schwänkte meinen Körper mit dem Rhythmus mit. Manch Einer lachte, die meisten warfen mir jedoch Blicke zu, die offensichtlich keine Sympathie aussprachen. Ich nutze die Zeit, um mich dem zu widmen, was mir in dieser Situation am meisten half. Meinem Buch. Versuch Nr. 5. Ich schlug gezielt die Seiten auf, darauf bedacht, nach der Eskapade die Aufmerksamkeit nicht wieder auf mich zu lenken. Nach zehn Minuten des Wartens ging die Reise weiter. Eine halbe Stunde später sah ich das Ziel kommen. S-Bahnhof Berlin- Spandau. Der nette Herr mit dem IPad entschied sich spontan mit mir die Bahn zu verlassen. Wahrscheinlich weil die Chance lebend hier raus zu kommen zu zweit höher war, als Alleinkämpfer zu spielen. Wir gruben uns den Weg durch die Gänge. Im Endeffekt weiß ich nicht mehr, wie wir es geschafft haben, aber es gelang uns. Mit viel Schweiß, Mühe und Teamwork. Ausgestiegen aus der Hölle, beschritten wir gemeinsam den Pfad in die Freiheit. Dort angekommen reichten wir einander die Hand, verabschiedeten uns mit freundlichen Worten und bedankten uns noch einmal für die nette Unterhaltung. Danach ging jeder in eine andere Richtung. Ich drehte mich ein letztes Mal um und sah auf den S-Bahnhof zurück. Mein eigentlicher Tagesplan bestand darin, souverän eine Zugreise zu meistern, mit einer Gesamtzeit von viereinhalb Stunden. Das Endresultat waren zusätzliche 50 Minuten Verspätung, drei defekte Toiletten, hunderte von Menschen in einer Bahn mit nicht ausreichend verfügbaren Sitzplätzen oder Unterstellmöglichkeiten und meine Bekanntschaft mit meinen drei Gesellen. Ich habe nie erfahren wie sie heißen, wie alt sie sind, oder wo ihre Reise enden sollte.

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Drei Gesellen, die mit mir gelacht, geflucht und gebangt haben.
Für kurze Zeit prallten vier verschiedene Welten, oder besser noch, vier verschiedene Leben aufeinander und doch verfolgten alle ein gemeinsames Ziel. Der Weg nach Hause. Mit einem Schmunzeln denke ich an diese Begegnung zurück. So erhielten wir Bruchstücke eines Puzzles von der Gesamtheit. Ich frage mich oft, wer diese Menschen waren. Ich hätte diese wertvolle Erfahrung nie erlebt, wenn die Deutsche Bahn sich an das halten würde, was sie versucht zu verkaufen. Danke, für alle Problematiken und Herausforderungen. Sie waren mir eine große Hilfe auf der Suche nach dem Glück in meinem Unglück.

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Hallo Stefanie,

DB- die Bahn mach "mobil"!
macht mobil, oder?;)
Leider weckt der Titel nicht gerade die Neugier, ich wollte dennoch sehen, was sich dahinter verbirgt.

... einer eigentlich banalen Zugfahrt ...
Deine Worte. Und ja, eine banale Zugfahrt macht leider auch eine banale Geschichte. Ich weiß nicht, ob Du eher sporadisch mit dem Zug unterwegs bist, aber jeder, der ab und zu mal in die Deutsche Bahn einsteigt, oder täglich in S-Bahnen unterwegs ist, kennt solche Situationen zuhauf. Und da hilft es auch nicht, einen Toilettengang bis ins Unendliche zu dramatisieren. Es ist einfach langweilig.

Dein Text liest sich dennoch recht flüssig und Du hast auch ein gutes Sprachgefühl. Ab und zu ist es auch ganz witzig. Aber zu einer guten Geschichte gehört eben mehr, als die dramatisierte Aneinanderreihung von banalen Situationen.

Vielleicht solltest Du die Geschichte mal an die Deutsche Bahn schicken?

Viele Grüße
Kerkyra

 

Ich kann mich meiner Vorrednerin nur anschließen. Mir haben die Vergleiche gefallen (wie z. B die Sache mit Kleopatra. Wobei man hier sagen muss, dass Sie hier nicht gerade im Unschuld standen ;-)) und auch beweist diese Geschichte einen gewissen Sinn für Humor aber bei einer Kurzgeschichte ist es so, dass man wirklich die nötigsten Sachen schreibt. Wenn Sie es etwas verkürzen, sodass die echten High Lights nicht unter den langen Beschreibungen untergehen, würde ich die Geschichte weit mehr als gelungen empfinden :-)

 

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