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David und die Dunkelheit

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17.06.2018
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David und die Dunkelheit

1 Erwachen​

Träumte er? Es war dunkel. Was war passiert? Sein Kopf schmerzte. Konnte man von Dunkelheit träumen? Wohl eher nicht. Was war da an seinem Hinterkopf? Ein nasser Fleck, die Haare waren verkrustet. War das Blut? Wieso war es dunkel? Was war passiert?
Er bemerkte, dass er am Boden lag. Er hob die Arme, als würde er schwimmen. Links knallte er gegen etwas flaches, wohl eine Wand. Rechts, gegen eine Kante. Er tastete sich an der Kante entlang, griff zu und zog sich daran hoch. Dabei dröhnte der Schmerz in seinem Kopf kurz auf, ehe er wieder in den ursprünglichen monotonen Tonfall zurück fiel.
Nun tastete David die Kante mit beiden Händen ab. Es war eindeutig ein Becken, und schlagartig fiel ihm alles wieder ein.
Er war an diesem Freitagabend der letzte in der Kanzlei gewesen. Er hatte gerade die letzten Aufräumarbeiten, die jeden Tag nach der Arbeit eine Art Abschlusszeremonie darstellten, erledigt, und wollte nur noch schnell auf die Toilette gehen, da er es nicht mehr bis nach Hause geschafft hätte. Dann ein dumpfer Schmerz am Hinterkopf. Und dann Dunkelheit, bis jetzt.
Nun, da er sich wieder entsinnen konnte, was zuletzt geschehen war, spürte er seine Blase, und plötzlich war sein einziger Gedanke der, sich zu erleichtern. Er drückte sich also an der Kloschüssel hoch und wollte gerade seinen Hosenschlitz öffnen, als ihm wieder einfiel, dass es ja dunkel war, und er die Schüssel so wohl nicht treffen würde. Das Bild des Klos, dass in seinem Kopf durch seine Erinnerungen und durch die Berührung der Schüssel entstanden war, war so klar gewesen, dass er für einen Moment vergessen hatte, dass er nichts sehen konnte.
Jetzt wusste er es wieder. Und er brauchte Licht, ganz klar. Er drehte sich um, dahin, wo die Tür sein musste. Er streckte die Hand aus, ertastete den Lichtschalter und - nichts.
Er drückte den Schalter erneut, erneut geschah nichts. Er drückte noch drei, vier Mal. Sinnlos, klar. Doch der psychologische Effekt, den das hatte, nämlich sich selbst das Gefühl zu vermitteln, alles menschenmögliche getan zu haben, stellte sich ein. Immerhin.
Das alles änderte allerdings nichts daran, dass seine Blase immer noch drückte wie wahnsinnig. Er zog sich also seine Hose bis zu den Knien und setzte sich aufs Klo. Nun konnte er es endlich laufen lassen. Was für eine Erleichterung!

2 Panik​

Nach getanem Geschäft stand er vom Klo auf, betätigte die Spülung und wandte sich zum Waschbecken, dass sich momentan rechts von ihm befand. Er wusch sich die Hände, trocknete sie am Handtuch ab, und wollte nun die Dunkelheit verlassen. Doch es ging nicht.
Er versuchte den Schlüssel nochmal zu drehen, es tat sich nichts. Verschlossen konnte die Tür also nicht mehr sein. Vielleicht klemmte sie? Er warf sich dagegen, wieder nichts.
Irgendetwas stimmte eindeutig nicht, das war ihm jetzt klar. Er war sich nun auch sicher, dass er nicht etwa ausgerutscht, und sich so den Kopf gestoßen hatte, oder ähnliches. Nein, es war jetzt eindeutig, dass ihn hier jemand mit Absicht eingesperrt hatte.
>>Hallo, lasst mich wieder raus, was soll die Scheiße?<<, schrie er, während er gegen die Tür hämmerte. Niemand antwortete. >>Hallo! HAAAALLO!<< Mit jedem Schlag auf die Tür hämmerte auch der Schmerz in seinem Kopf. >>Haallo… bitte!<< Er glaubte jetzt schon nicht mehr daran, dass ihn jemand hörte. Er war ja vorhin schon alleine gewesen, die einzige Person die ihn - wenn überhaupt - hören hätte können, war die selbe, die ihn hier eingesperrt hatte. Und die würde ihn wohl nicht raus lassen. Es war offensichtlich, dass es sich hier nicht um einen Scherz handelte. Ein Scherzbold schlägt einen nicht nieder.
Er lehnte sich an die Tür und sank zu Boden. Seine Füße konnte er sitzend gerade so ausstrecken, seine Zehenspitzen berührten die Kloschüssel. Was sollte das hier? Wer würde so etwas tun?
Die Dunkelheit machte ihn nervös. Er sah sich um, suchte nach Licht, doch nicht einmal der Türspalt, den er mit seinen Händen ertastet hatte, lies Licht erahnen.
Es war völlig finster.
Er war ganz alleine.
Sein Handy! Ihm fiel sein Handy ein. Wo war es? Es sprang auf, taste sich ab, einmal, zweimal, dreimal, wo war es? Hosentasche vorne links, nichts. Hosentasche vorne rechts, nichts. Hosentaschen hinten, nichts. Wo war es?
Er musste es einsehen, es war nicht da. Wahrscheinlich hatte sein Peiniger es ihm abgenommen, als er bewusstlos war. Oder es lag noch auf seinem Schreibtisch, er wusste es nicht. Er wusste nur, es war nicht da.
David hämmerte wieder gegen die Tür, heftiger als je zuvor. Er schrie, keine bestimmten Worte, es war einfach nur Gekreische. Das machte seine Kopfschmerzen noch stärker, bis sie schließlich so schlimm waren, dass er sich mit den Handflächen an die Schläfen griff und in die Knie ging. Sein Rücken stieß am Klobecken an, seine Augen pressten Tränen heraus.
>>Das ist nicht lustig.<<, winselte er.
Er kippte zur Seite, schlug mit dem Kopf gegen die Wand, was einen erneuten Schmerzensschauer wie einen Blitz durch seinen Kopf jagen ließ. Er schrie auf. Und weinte.

3 Hass​

David saß da, wusste nicht wie lange er nun schon wach war. Es war still. Es war dunkel. Theoretisch. In seinem geistigen Ohr hörte er das Dröhnen seines Kopfschmerzes. Vor seinem geistigen Auge tanzten bunte, unförmige Figuren im Takt dazu.
Er versuchte beides zu ignorieren. Er konzentrierte sich auf die Frage, wer es sein konnte, der ihn hier eingesperrt hatte. Es musste jemand aus der Kanzlei gewesen sein. Vielleicht Linda. Oder dieser neue… wie hieß er noch? Oliver? Viktor? Der hatte auf David von Anfang an einen sehr gestörten Eindruck gemacht. Wahrscheinlich war es Holger Leguk gewesen, der hatte David noch nie gemocht, weil er wusste, dass David besser war als er. Oder vielleicht war es auch Hilde Ecrus gewesen. David hatte sich letztes Jahr auf der Weihnachtsfeier von ihrem Ehemann einen blasen lassen. War es sein Problem, dass ihr Mann ihr untreu war? Sicher nicht! Oder es hätte auch Stefanie Runis sein können. Sie und David hatten erst vor einer Woche einen größeren Streit über das Vorgehen in einem Fall gehabt, und ihre Chefin Eleonora Kweibl hatte David Recht gegeben. Stefanie war immer schon sehr eitel gewesen, wer weiß? Vielleicht hatte sie das so sehr in ihrer Ehre verletzt, dass sie zu so einem Schritt bereit war.
>>Aber deswegen musst du mich doch nicht hier einsperren, du elendige Dreckskuh!<<, brüllte er und hämmerte mit der Faust nach links gegen die Tür, was seine Kopfschmerzen wieder aufflammen und die Oberhand über seine Gedanken gewinnen ließ. David stöhnte, griff sich wieder an die Schläfen.
Drei Tage. Es war sehr wahrscheinlich, dass er hier drei Tage ausharren musste. Am Wochenende kam normalerweise nie jemand in die Kanzlei. Die nächste Person, die kommen würde, war aller Voraussicht nach der Putzmann, der Montags seinen Dienst um viertel vor fünf Uhr morgens antrat. Bis dahin… nun bis dahin war David wohl hier eingesperrt.
Dieser Gedanke schnürte ihm die Kehle zu. Er hüpfte auf, blendete den erneuten Aufschrei seines Kopfes aus, drehte panisch den Wasserhahn auf und trank.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, wie das Wasser seine Speiseröhre hinunter rann. Dadurch, dass um ihn herum Dunkelheit herrschte, fühlte er jede Berührung viel intensiver. Es war fast so, als wäre er eins mit seiner Umgebung. Es war, als wäre er selbst die Dunkelheit.
Das Gefühl endete abrupt, als er das Wasser wieder abdrehte.
Er setzte sich wieder. Er fühlte sich elend. Nicht nur wegen der Schmerzen, nicht nur wegen seiner im wahrsten Sinne des Wortes beklemmenden Situation. Auch irgendwie…allgemein.

4 Hunger​

Was war jetzt? David spürte, dass er die Augen geschlossen hatte. Er öffnete sie, doch nichts änderte sich. Hatte er geschlafen? Er war sich nicht sicher, wie konnte er, diese Dunkelheit hatte sein Zeitgefühl komplett durcheinander gebracht. Und das nach ziemlich kurzer Zeit… nahm er an.
Sein Magen knurrte. Es war das erste Mal, seit er hier drinnen war, dass er Hunger verspürte. Er schloss daraus, dass er noch keine vierundzwanzig Stunden eingesperrt sein konnte.
Scheiße!
Doch es gab auch gute Nachrichten! Seine Kopfschmerzen hatten deutlich nachgelassen. Glich das Pochen vor einigen Stunden (?) noch einem schweren Bass, war es nun zu dem leisen Ticken eines Metronoms geworden. Das tröstete ihn ein bisschen. Er hatte schon befürchtet, er müsse den Schmerz nun Tage lang aushalten.
Dieser Trost machte ihn jedoch kein bisschen satt. Er beschloss, Wasser zu trinken, um den Magen gefüllt zu haben und so den Hunger möglicherweise ein wenig einzudämmen. Also trank er wie ein verdurstendes Kamel, gluck-gluck-gluck-gluck.
Und nun war ihm schlecht. Er hatte zu viel und zu schnell getrunken. Er rülpste und rutschte an der Wand wieder in seine Sitzposition, die ihm schon in den Knien weh tat, weil er seine Beine nicht ganz ausstrecken konnte. Er wollte sich hinlegen, was er auch tat, doch der Boden war so hart, er hatte Angst, dass das seine Kopfschmerzen wieder verschlimmern würde. Also zog er seine Jeans aus, kalt war ihm nicht, und nutzte sie als provisorischen Polster. Er legte sich der Länge nach hin, mit dem Kopf zur Türe. Er wollte sich auf die Seite drehen und knallte mit dem Knie gegen die Kloschüssel.
>>Scheiße, du Depp!<<, sagte David zu sich selbst. Er hätte wissen können, dass die Schüssel da im Weg war.
Schnell bereute er ein zweites Mal seine Entscheidung, sich auf die Seite zu drehen - ihm wurde noch schlechter. Er drehte sich (vorsichtig!) wieder auf den Rücken, hörte und spürte wie sich das Wasser in seinem Magen bewegte. Das war ihm zu viel. Er setzte sich ruckartig auf, und war mit seinem Mund gerade rechtzeitig über der Kloschlüssel, als er sich übergab. Das ganze Wasser schoß so schnell aus ihm heraus, wie er es getrunken hatte.
Als sein Magen leer war, legte er sich wieder auf seine Jeans. Es ging ihm nun besser. Und Hunger hatte er auch keinen mehr.
>>Super zum Abnehmen!<<, sagte er und lachte wie ein Idiot.

5 Langeweile​

Es verging wieder Zeit. Er wusste immer noch nicht wieviel, aber er war froh zu wissen, dass sie überhaupt verging, denn so rückte seine Befreiung näher.
Momentan war ihm verdammt langweilig. Er hatte sich an alles gewöhnt - die Dunkelheit, die Dimensionen des Raumes, das verlorene Zeitgefühl, den flüsternden Schmerz in seinem Kopf. Und zur Zeit kam er auch ganz gut mit den gegebenen Umständen klar. Wie gesagt, seine Befreiung rückte mit jedem seiner Atemzüge näher.
Er bemerkte, dass er an seinem Geschlechtsteil herum spielte. Er hatte keine Ahnung, wie lange schon, manchmal tat er das einfach so, wenn seine Hände nichts besseres zu tun wussten. Tatsache war jedenfalls, dass sein Penis halb steif war. Es gab sonst nichts zu tun, also wieso die Gelegenheit nicht nutzen?
Er öffnete die Knöpfe seiner Unterhose und packte seinen Schwanz aus. Er wichste immer mit links, mit der rechten Hand fuhr er unter sein T-Shirt und streichelte in sanften Zügen seinen Oberkörper, spielte an seinen Brustwarzen, zwickte sie leicht. Der Vorteil, der in der Dunkelheit lag, war, dass er nicht krampfhaft die Augen schließen musste um sich etwas vorzustellen. Sein geistiges Auge und sein fleischliches waren verschmolzen und er sah zwei Frauen auf einer cremefarbenen Couch dabei zu, wie sie sich genüßlich gegenseitig Schokolade von den Brüsten leckten. Als sie fertig waren, luden sie David zu sich auf die Couch ein und nun leckte er ihre Körper. Sie waren nicht mehr voller Schokolade, aber sie schmeckten immer noch süß. Sie bearbeiteten in der Zwischenzeit seinen Penis mit ihren Händen. Dann, endlich, setzte sich die eine auf seinen Schwanz, die andere setzte sich auf seinen Mund. Und genüßlich wippten sie mit ihren Hüften vor und zurück.
David stöhnte.
David zwickte seinen linken Nippel.
David spürte, wie ein warmer Saft über seine Finger floss.
Nun pochte sein Kopf wieder.
Nun war er wieder deprimiert.
Nun hatte er wieder Angst.

6 Die Stimme​

David lief am Klo auf und ab - das hieß, nicht ganz drei Schritte zu machen, sich umzudrehen, und wieder nicht ganz drei Schritte zu machen. Er hatte langsam Sorge hier durchzudrehen. Er dachte, dass es eigentlich schon längst Montag Morgen sein müsste. Er hatte wieder Hunger. Er sehnte sich nach Sonnenlicht. Und Bewegungsfreiheit. Und einem Bett. Und er hatte Hunger. Er sehnte sich nach einem weichen Sitzpolster. Er sehnte sich nach Unterhaltung. Nach seinem Handy. Und er hatte Hunger. Er hatte Hunger, verdammt.
Mit beiden Fäusten hämmerte David nun wieder gegen die Tür.
>>Lasst - mich - raus - ihr - HURENKINDER!<<, keine Antwort. David gab einen Schrei von sich, der klang wie jener der Germanen, als sie die Römer aus ihrem Reich vertrieben. Wieder flammte der Schmerz in seinem Schädel auf, was interessierte es ihn? Was interessierte es ihn, der Schmerz hätte noch viel schlimmer sein können und es wäre ihm egal gewesen. Er hämmerte mit seinem Kopf so fest er konnte gegen die Tür. TUSCH-TUSCH-TUSCH. Völlig egal!
David fühlte, wie ein dünner, warmer Fluss von seiner Stirn über seinen Nasenrücken floss und an ihrer Spitze einen kleinen Tropfen bildete. Er schüttelte den Kopf wie wild.
Müsste nicht eigentlich irgendjemand nach ihm suchen? Vermisste ihn denn niemand?
Du tust fast so, als ob zu Hause jemand auf dich warten würden., sagte ich.
>>Hallo?<<, sagte David. >>Ist da jemand? Ich bin hier! Hiiiier!<<
Aber da war niemand.
Tatsächlich wartete zu Hause niemand auf ihn. Er war für dieses Wochenende auch nicht verabredet gewesen. Und es kam schon öfters vor, dass er länger nicht auf Nachrichten auf seinem Handy antwortete. Also lautete die Antwort nein, niemand suchte ihn zur Zeit.
Du bist schon eine traurige Gestalt!, lachte ich.
>>Hallo, da ist doch jemand!<<
Keine Antwort.
>>Ich glaube, ich drehe wirklich langsam durch.<<
Er bereute nun, dass er seinen Kopf gegen die Tür geschlagen hatte. Nicht nur, weil er glaubte, dass er wahnsinnig wurde, sondern auch, weil sein Schädel wieder unerträgliche Schmerzen von sich gab. Und die Wunde auf seiner Stirn brannte ein bisschen, das Blut, das langsam eintrocknete, fühlte sich unangenehm auf der Haut an.
Bist wohl doch nicht so tough wie du vorhin geglaubt hast., sagte ich im arrogantesten Tonfall, den ich zusammenbrachte.
>>Jetzt reicht’s!<<, schrie David. >>Ich hör doch, dass da jemand ist!<<
Das bildest du dir ein., sagte ich. Da bist nur du und dein Elend.
>>LASS MICH RAUS DU SAU!<<, schrie er.
Keine Antwort.
Stille.
Nur das Dröhnen des Schmerzes in seinem Kopf.

7 Wahn​

Es verging wieder einige Zeit. Er versuchte des Öfteren mit dem zu kommunizieren, was er glaubte zu hören. Aber es kam nie etwas zurück. Natürlich nicht, dachte er. Er war alleine.
Nun ja, nicht ganz alleine. Wenn man eine Person mit einem freien Willen gleichsetzte, dann war er nicht alleine. Dann gab es da noch jemanden - den Hunger. Der hatte nämlich seinen eigenen Willen entwickelt. Er hatte David gedroht, würde er nicht essen, würde er ihn mit unendlichen Schmerzen bestrafen, und nun machte er diese Drohung war. Es war ihm egal, dass David einfach nichts zu essen hatte. Er war wie ein Mafia-Boss. Konntest du nicht zahlen, brachte er dich eben um.
In seiner Not und seiner beginnenden Geisteskrankheit aß er nun Klopapier. Er hielt dies für eine gute Idee um Boss Hunger hinzuhalten.
Du frisst Klopapier, du bist echt ganz unten angekommen., lachte ich ihn aus.
>>Was soll ich deiner Meinung nach… was?<< David hüpfte auf und stieß sich dabei seinen Kopf am Waschbecken. >>Wer ist da?<<
Niemand.
>>Und wer spricht dann da?<<
Ich antwortete nicht.
Davids Magen knurrte wieder. Er suchte den Boden nach dem Klopapier ab, blieb aber stehen und lauschte weiter aufmerksam, während er sich die Blätter wie Chips in den Mund stopfte.
>>Ich dreh’ gerade durch.<<, sagte er.
Sensorische Deprivation., warf ich ein.
>>Ja genau, so heißt das!<<, sagte David mampfend. >>Nach dem Begriff suche ich schon die ganze Zeit, wieso ist mir das….. das bin ja ich!<<, schrie er und warf das Klopapier weg, was nichts brachte, da es fünfzig Zentimeter vor seinem Körper von der Wand abprallte und auf den Boden fiel.
Ich lachte.
>>Lass das!<<, sagte er, und Griff sich an den Kopf. >>Nicht hinhören… oder besser noch, es gar nicht denken.<<
So wirst du mich sicher nicht los.
David schrie auf. >>Gut, du willst nicht still sein? Hm? Hm? Dann werde ich eben dafür sorgen, dass du still bist!<<
David drehte den Wasserhahn voll auf. Statt des Rauschens seines Blutes hörte und nun das Rauschen und Plätschern des Wassers.
Ich lachte ihn wieder aus. Ich kann lauter sein als das!
>>Ach ja???<<, sagte er. >>Und was ist damit?<<
Wie ein Verrückter begann er damit, die Klospülung zu betätigen. Das war zwar lauter als der Wasserhahn, aber
Ich kann trotzdem lauter sein, und die Spülung läuft nicht ewig.
David knirschte mit den Zähnen. Er nahm den Klodeckel und schmetterte ihn mit voller Wucht auf die Schüssel. Immer und immer wieder. TING-TING-TING-TING.
Ich verhielt mich ruhig, ich wollte ihn in Sicherheit wiegen.
Und es funktionierte. Er dachte, er hätte diese Stimme, woher auch immer sie kam, ruhig gestellt. Hörte aber nicht auf, diese Geräusche zu machen.
>>Na, jetzt bist du still, was? Das ist zu laut für dich, nicht?<<
Ich ließ ihn fünf Minuten, oder wer weiß wie lange, weiter machen, ehe ich sagte:
Du bist erbärmlich.
David schrie und knallte den Klodeckel so fest auf die Schüssel, dass er in dutzende Teile zersprang. Er schrie immer weiter, hörte nicht auf. Er dachte, dass würde endgültig Stille bringen.
Aber ich lachte nur.
>>HÖR AUF! HÖR AUF ZU LACHEN!<<
Ich dachte nicht daran.

8 Dunkelheit​

Das Spiel spielten wir, oder besser gesagt er, eine Weile. Ich sagte ihm immer und immer wieder, dass er mich so nicht loswerden würde. Das brachte ihn dazu, zu drastischen Mitteln zu greifen.
Er zerschlug den kleinen Spiegel über dem Waschbecken mit seiner Faust. Er hatte wirklich viel Kraft, wenn er wütend war, dass erstaunt ihn. Dann ertastete er einen großen Splitter, brach ihn heraus, und hielt ihn sich drohend an den Hals.
>>Wenn du nicht still bist<<, sagte er. >>dann töte ich uns.<<
Auch so wirst du mich nicht loswerden!, beteuerte ich. Sei vernünftig.
>>Ich will nicht vernünftig sein. Ich will einfach nur, dass du still bist!<<
Tut mir Leid., sagte ich. Aber ich lasse mir von dir sicher nicht den Mund verbieten!
>>Du willst es nicht anders!<<
Er rammte sich die Spiegelscherbe in die Carotis und lachte dabei, als würde der Schmerz ihm Spaß machen.
>>Spü…spürst du es schon?<<, fragte er.
Was soll ich spüren?, ich war genervt. Er verhielt sich kindisch.
David zog die Spiegelscherbe einmal sauber von links nach rechts.
>>Jäz? Sürus jäz?<<, gurgelte er und kippte nach vorne auf die Kloschüssel. Er zuckte ein bisschen.
Du bist so dumm., sagte ich. Dumm und erbärmlich.
Normalerweise war jener Moment, den David gerade durchlebte, der im Leben eines Menschen, in dem die ruhige und schöne und einladende Dunkelheit einen holen kommt. Für gewöhnlich ist es ein schöner Moment, doch David konnte ihn nicht genießen. Er bemerkte die Dunkelheit nicht.
Mich wurde er nicht los. Ich war noch immer da.
Ich werde immer da sein.

 

Hallo Alveus Jekat

Ich habe deinen Text mit Interesse gelesen, bin aber irgendwie nicht richtig rein gekommen. Was mich gestört hat war u.a., dass du sehr viel über erklären willst. Zum Beispiel aus Teil 1:

"Doch der psychologische Effekt, den das hatte, nämlich sich selbst das Gefühl zu vermitteln, alles menschenmögliche getan zu haben, stellte sich ein. Immerhin."

Das ist sehr viel tell und sehr wenig szenisch dargestellt. Vllt besser: Mehr konnte er nicht tun.

Oder wegen Statements, die irgendwie deplatziert wirken.

"Er fühlte sich elend. Nicht nur wegen der Schmerzen, nicht nur wegen seiner im wahrsten Sinne des Wortes beklemmten Situation. Auch irgendwie…allgemein."

Warum denn allgemein? Und statt beklemmten wäre beklemmenden richtig.

Dass er mit sich selbst spricht habe ich verstanden, aber das mit der gespaltenen Persönlichkeit ging mir nicht richtig ein. Braucht es dafür nicht ein krasses Erlebnis? Eine Vergewaltigung zum Beispiel? Und wie lange braucht es dafür bis sie sich ausbildet? Und dass er sich dann umbringt ist auch krass. Vielleicht müsstest du dir auch mehr Zeit nehmen um darzustellen was in seinem Kopf abläuft.

Viele Grüße Helen

 

Hallo, Alveus Jekat

Und willkommen bei den Wortkriegern!

Zuerst einmal muss ich sagen: Das Setting fand ich wunderbar. Auch eigentlich alles, was passiert ist, also den Aufbau der Geschichte. Ich pflege, Geschichten mit dem Inhalt Wahn als Fantasy zu lesen – das funktioniert auch hier sehr gut. Obgleich ich denke, dass Du viele Details versteckt hast, die es ermöglichen, dass es auch ohne Fantasy funktionieren würde (in diesem Sinne widerspreche ich meiner Vorrednerin).

Da ich mich aber vor allem für die Formalitäten zuständig sehe, muss ich sagen: Diesbezüglich ist Dein Text Kraut und Rüben. Beginnen wir mit der wörtlichen Rede. Da gibt es zwei wesentliche Probleme.

Erstens: Die Anführungszeichen. Das, was Du da setzt, sind keine Anführungszeichen. Verwende bitte entweder diese „“ (Shift+2) oder diese »« (Alt+175, Alt+174). Bitte, bitte schnellstens nachschieben. So tut es in den Augen weh.

Zweitens: Die Zeichensetzung mit nachgestelltem und eingeschobenem Redebegleitsatz. Beispiele aus dem Text:

>>Das ist nicht lustig.<<, winselte er.
Das bildest du dir ein., sagte ich.
Du frisst Klopapier, du bist echt ganz unten angekommen., lachte ich ihn aus.

Bei nachgestelltem Redebegleitsatz gibt es genau drei Fälle:
1. mit Ausrufezeichen: „Hallo!“, rief er.
2. mit Fragezeichen: „Hallo?“, fragte er.
3. mit Punkt: „Hallo“, sagte er.
Was fällt uns auf? Endet die wörtliche Rede mit einem Punkt und wird ein Redebegleitsatz nachgestellt, wird der Punkt in der wörtlichen Rede weggelassen. Das machst Du praktisch konsequent falsch. Bitte im gesamten Text korrigieren.

>>Wenn du nicht still bist<<, sagte er. >>dann töte ich uns.<<

Bei eingeschobenem Redebegleitsatz gilt:
„Hallo“, sagte er, „wie geht’s?“
Der Redebegleitsatz endet also nicht mit einem Punkt, schließlich befinden wir uns immer noch innerhalb eines Satzes. Er endet mit einem Komma, dahinter geht die wörtliche Rede weiter.

Auch ansonsten gibt es viele Fehler zu entdecken. Ich fange mal oben an.

Links knallte er gegen etwas flaches, wohl eine Wand.

„Flaches“ ist hier eine Nominalisierung. Und was machen wir mit Nomen? Wir schreiben sie groß. Sagt mir mein Rechtschreibprogramm übrigens auch, also vielleicht aktivieren und drauf hören.

Rechts, gegen eine Kante.

Komma weg.

Dabei dröhnte der Schmerz in seinem Kopf kurz auf, ehe er wieder in den ursprünglichen monotonen Tonfall zurück fiel.

„aufdröhnen“ ist kein mir bekanntes Wort. Meinem Rechtschreibprogramm ist es zwar bekannt, aber selbst wenn, ich mag es nicht. Ich würde das „auf“ streichen, vielleicht den ganzen Satz etwas umbauen. Das klingt hölzern, obwohl das Bild gut ist.

Er war an diesem Freitagabend der letzte in der Kanzlei gewesen. Er hatte gerade die letzten Aufräumarbeiten, die jeden Tag nach der Arbeit eine Art Abschlusszeremonie darstellten, erledigt, und wollte nur noch schnell auf die Toilette gehen, da er es nicht mehr bis nach Hause geschafft hätte.

Wiederholung von „letzte“, Komma weg vor „und“. Außerdem ist der zweite Satz wirklich sehr lang. Brauchst Du den Nebensatz mit den Abschlusszeremonien? Ist zwar ganz nett, aber ich würde das streichen. Und … äh …, ob man unbedingt erklären muss, warum jemand aufs Klo geht, wage ich zu bezweifeln. Ich finde Leute, die das tun, einigermaßen komisch. Also, beide Nebensätze können meinetwegen raus. Der eine ist relativ überflüssig, der andere irritierend.

Dann ein dumpfer Schmerz am Hinterkopf. Und dann Dunkelheit, bis jetzt.

Zweimal „dann“ ist wohl Geschmackssache. Meinen Geschmack trifft das nicht.

Nun, da er sich wieder entsinnen konnte, was zuletzt geschehen war, spürte er seine Blase, und plötzlich war sein einziger Gedanke der, sich zu erleichtern.

Auch den Nebensatz „was zuletzt geschehen war“ kannst Du streichen. Das hast Du jetzt ausreichend ausgebreitet, ich brauche keine Erinnerung daran, was er sich vor einem Satz erst in Erinnerung gerufen hat.

Das Bild des Klos, dass in seinem Kopf durch seine Erinnerungen und durch die Berührung der Schüssel entstanden war, war so klar gewesen, dass er für einen Moment vergessen hatte, dass er nichts sehen konnte.

In dem Teil „das in seinem Kopf“ heißt es „das“ statt „dass“. Übrigens Inhalt: Der Typ kann im Dunkeln an einem vertrauten Ort nicht pinkeln? Also, alle Toiletten, auf denen ich im Stockdunkeln war, waren Restauranttoiletten, wenn ich das Licht nicht finden konnte. Also Orte, die ich gar nicht kenne. Geht auch. Also überflüssige, ablenkende, verwirrende Informationen. Sag doch einfach, dass es verflucht dunkel ist! Nicht dass der Typ im Dunkeln nicht pinkeln kann. Komisch. Ist total komisch.

Doch der psychologische Effekt, den das hatte, nämlich sich selbst das Gefühl zu vermitteln, alles menschenmögliche getan zu haben, stellte sich ein.

Auch „Menschenmögliche“ ist eine Nominalisierung (wieder erkannt vom Rechtschreibprogramm). Außerdem wieder wahnsinnig verschwurbelter Satz. „sich selbst“ würde ich streichen.

Das alles änderte allerdings nichts daran, dass seine Blase immer noch drückte wie wahnsinnig. Er zog sich also seine Hose bis zu den Knien und setzte sich aufs Klo. Nun konnte er es endlich laufen lassen. Was für eine Erleichterung!

Ah, geht also doch im Dunkeln. Keine Ahnung, was das sollte.

Nach getanem Geschäft stand er vom Klo auf, betätigte die Spülung und wandte sich zum Waschbecken, dass sich momentan rechts von ihm befand.

„das“ statt „dass“. Und außerdem: „momentan“? Ändert das seine Position? Ich meine, ich weiß, dass „rechts“ eine Ortsangabe ist, die vom/von der Betrachter/in abhängt, sich das also tatsächlich ändern kann, aber da das Waschbecken ja der aktive Part ist, klingt das schon irgendwie witzig. Ich würde auf so detaillierte Ortsangaben einfach verzichten. Ist egal. Alles, was egal ist, kannst Du der Fantasie Deiner Leser/innen überlassen.

Er wusch sich die Hände, trocknete sie am Handtuch ab, und wollte nun die Dunkelheit verlassen.

Komma weg vor „und“.

Er versuchte den Schlüssel nochmal zu drehen, es tat sich nichts.

Komma vor „den“.

Er war sich nun auch sicher, dass er nicht etwa ausgerutscht, und sich so den Kopf gestoßen hatte, oder ähnliches.

Komma weg vor „und“ und vor „oder“. Mal ganz davon ab würde ich „oder ähnliches“ streichen. Klingt sprachlich unbeholfen, und kaum ein/e Leser/in würde verlangen, dass Du abschließende Möglichkeiten aufzählst/es kenntlich machst, wenn Du nicht abschließend aufzählst.

Nein, es war jetzt eindeutig, dass ihn hier jemand mit Absicht eingesperrt hatte.

„mit Absicht“ würde ich auch streichen. Überflüssig.

HAAAALLO

Großgeschreibungen sind so was von Facebook. Die vielen Buchstaben, die Kursivsetzung, das Ausrufezeichen und die Wiederholungen reichen mir völlig, um die Lautstärke zu erahnen.

>>Haallo… bitte!<<

Wenn Du den Satz, nicht das Wort abbrichst, dann kommt vor den drei Punkten ein Leerzeichen.

Er glaubte jetzt schon nicht mehr daran, dass ihn jemand hörte. Er war ja vorhin schon alleine gewesen, die einzige Person die ihn - wenn überhaupt - hören hätte können, war die selbe, die ihn hier eingesperrt hatte.

Wiederholung von „schon“. Und „hören hätte können“? Was spricht gegen „hören könnte“? Und ich würde „dieselbe“ bevorzugen.

Wer würde so etwas tun?

Ist ja schon passiert, also kein Konjunktiv.

Er sah sich um, suchte nach Licht, doch nicht einmal der Türspalt, den er mit seinen Händen ertastet hatte, lies Licht erahnen.

„lies“ statt „ließ“.

Lieber Alveus, Dein Text hat ein, wie man so schön sagt, „editing eye“ bitter nötig. Die Formulierungen sind oft unnötig umständlich, Du füllst mit vielen Wörtern und Nebensätzen, die Du nicht brauchst, Du machst Zeichensetzungs- und Rechtschreibfehler. Es geht im Text leider so weiter, wird am Ende sogar schlimmer. Bitte, bevor Du einen Text hochlädst, korrigiere ihn sorgfältig. Lasse ihn ein paar Tage liegen, korrigiere ihn wieder. Lasse eine andere Person Korrektur lesen. Gib ihn danach erst zur Besprechung.

Manche Leute sind so vermessen zu sagen, man würde das nicht brauchen, wenn die Geschichte gut ist. Das stimmt nicht. Ich kann mir vorstellen, dass Du hier allein für den Aufbau Deiner Geschichte Lob einfahren könntest. Aber mit der Form schreckst Du Leser/innen schon am Anfang ab, und es fällt einem doch eher schwer, eine Geschichte in einer solchen Form ernst zu nehmen. Das Ding ist: Du selbst musst Deine Geschichte ernst nehmen, sie mit Hingabe behandeln.

Also. Es liegt viel Arbeit vor Dir. Auf Stil und so weiter gehe ich gerne ein, wenn ich den Text lesen und zitieren kann, ohne das Bedürfnis zu verspüren, an jedem Satz noch was zu korrigieren. Bis dahin: Make it work!

Viel Spaß noch hier im Forum und an der Überarbeitung Deines Textes.

Fantastische Grüße,
Maria

 

Hallo Alveus Jekat,
die Idee finde ich klasse, und du hast auch gut aufgebaut, wie er immer mehr abdreht. Dieses "ich", das sich plötzlich in den Vordergrund schleicht, gibt mir nochmal einen zusätzlichen Gruseleffekt. Toll! Es hat mich auch nicht gestört, dass ich nicht weiß, warum David da festhängt oder ob überhaupt, vielleicht bildet er sich von Anfang an alles ein. Wir erfahren nur, dass er mit einer Menge Kollegen Probleme hatte, aber ob die ihn niedergeschlagen und eingeschlossen haben oder ob er sich selbst verletzt hat - wir wissen es nicht, und ich finde es gut, dass du das offen lässt, denn das macht es für mich spannender.

Mit dem Erzählstil habe ich allerdings die gleichen Probleme gehabt wie meine Vorgänger. Durch diese eingeschobenen Nebensätze nimmst du dem Text mMn einiges an Spannung und haust mich aus dem Lesefluss.

Ich führe hier mal einige Stellen auf, über die ich gestolpert bin, bzw. mache dir Vorschläge, was du weglassen könntest. Ob du es tust, bleibt dir natürlich selbst überlassen, ist ja dein Text.

" Wohl eher nicht." Finde ich überflüssig.

" monotonen Tonfall." Das klingt nicht schön. Vielleicht einfach nur: Monotonie.

"Er hatte gerade die letzten Aufräumarbeiten erledigt." Kann mMn raus.

"Nun spürte er seine Blase und wollte sich erleichtern." Braucht es auch nicht.
Sowie:

"Sinnlos, klar."

"Nun konnte er es endlich laufen lassen. Was für eine Erleichterung!"

"Nach getanem Geschäft ..." Ich würde einfach mit: "Er spülte und wandte sich zum Waschbecken" beginnen.

"Er war ja vorhin schon alleine gewesen. Die einzige Person ... und die würde ihn wohl nicht rauslassen."

"Doch es gab auch gute Nachrichten."

"Dieser Trost ..."

"Er konzentrierte sich auf die Frage ..."

"Wie gesagt ..."

Ich wage es, folgende Sätze mal so umzuformulieren, wie es mMn besser klingen würde:

"Er hörte das Dröhnen seines Kopfes. Bunte, unförmige Figuren tanzten im Takt dazu."

" ... Speiseröhre hinunterrann. Es war, als wäre er selbst die Dunkelheit."

"Er beschloss Wasser zu trinken und trank wie ein verdurstendes Kamel."

Das jetzt nur als Beispiel, wie der Text mehr Zug bekäme, und die Sätze eine viel größere Wirkung erzielten als mit erklärenden Nebensätzen. (Die ich auch viel zu oft benutze in meinen Texten ...)

Der Absatz, in dem David überlegt, wer ihn eingesperrt haben könnte, enthält zuviel "hatte" und "hätte."

Das Kapitel "Hass" würde ich mit dem Satz:"Er fühlt sich elend" beenden und die letzten zwei Sätze streichen.

Inhaltlich bin ich über zwei Sachen gestolpert. Du beschreibst erst sehr detailliert, wie David sich im Dunkeln vorantastet. Aber dann findet er plötzlich ohne Probleme das Handtuch.

TING TING TING TING als Geräusch für den fallenden Klodeckel passt für mich nicht. Da höre ich eher eine Bimmelbahn.


So, das war jetzt recht viel, aber ich denke, durch kräftiges Entmüllen würde sich der Text noch viel spannender lesen, denn die Figur als solche und die Idee finde ich jetzt schon plastisch umgesetzt.

Hab ich gerne gelesen.

Viele Grüße,
Chai

 

Hallo Alveus Jekat,

die Idee hinter deinem Text finde ich sehr gelungen, die Horror-Elemente funktionieren auch weitestgehend. Wie sich nach und nach der Wahn einstellt, hervorgerufen durch Dunkelheit, Isolation, Enge und Hunger, diese Abfolge, und wie schnell dein Protagonist die innere Sicherheit verliert, herausgerissen aus seinem bisherigen Dasein, beschreibt die Geschichte plastisch. Schwierigkeiten habe ich allerdings mit der Taktung, anfangs fließt der Text recht zäh, die Masturbationsszene könnte für meinen Geschmack raus oder deutlich gekürzt werden, wie ich insgesamt denke, dass du abschmelzen solltest, damit die Geschichte den Leser besser reinzieht. Auch sprachlich lassen sich einige Formulierungen durchaus verbessern. Wenn du daran arbeitest, kann es ein richtiger guter Text werden.

Textstellen:


Träumte er? Es war dunkel. Was war passiert? Sein Kopf schmerzte. Konnte man von Dunkelheit träumen? Wohl eher nicht. Was war da an seinem Hinterkopf? Ein nasser Fleck, die Haare waren verkrustet. War das Blut? Wieso war es dunkel? Was war passiert?
finde ich ein bisschen ungeschickt mit so vielen Fragen zu beginnen, liest sich für mich nicht gut: die letzten drei Fragen würden reichen, zumal du die Dunkelheit ja doppelt erwähnst.

Es musste jemand aus der Kanzlei gewesen sein. Vielleicht Linda. Oder dieser neue… wie hieß er noch? Oliver? Viktor? Der hatte auf David von Anfang an einen sehr gestörten Eindruck gemacht. Wahrscheinlich war es Holger Leguk gewesen, der hatte David noch nie gemocht, weil er wusste, dass David besser war als er. Oder vielleicht war es auch Hilde Ecrus gewesen. David hatte sich letztes Jahr auf der Weihnachtsfeier von ihrem Ehemann einen blasen lassen. War es sein Problem, dass ihr Mann ihr untreu war? Sicher nicht! Oder es hätte auch Stefanie Runis sein können. Sie und David hatten erst vor einer Woche einen größeren Streit über das Vorgehen in einem Fall gehabt, und ihre Chefin Eleonora Kweibl hatte David Recht gegeben. Stefanie war immer schon sehr eitel gewesen, wer weiß? Vielleicht hatte sie das so sehr in ihrer Ehre verletzt, dass sie zu so einem Schritt bereit war.
hier dasselbe, kannst du fast komplett streichen, Info-Dump, der die Geschichte nicht weiterbringt.

Er setzte sich ruckartig auf, und war mit seinem Mund gerade rechtzeitig über der Kloschlüssel, als er sich übergab. Das ganze Wasser schoß so schnell aus ihm heraus, wie er es getrunken hatte.
sich übergeben vom Wassertrinken, echt?

David gab einen Schrei von sich, der klang wie jener der Germanen, als sie die Römer aus ihrem Reich vertrieben.
oha, woher soll denn der Leser diesen Schrei kennen?

Davids Magen knurrte wieder. Er suchte den Boden nach dem Klopapier ab, blieb aber stehen und lauschte weiter aufmerksam, während er sich die Blätter wie Chips in den Mund stopfte.
>>Ich dreh’ gerade durch.<<, sagte er.
Sensorische Deprivation., warf ich ein.
woher das Ich kommt, wird mir zwar nicht klar, aber die Schilderung der gespaltenen Persönlichkeit gelingt richtig gut.

Normalerweise war jener Moment, den David gerade durchlebte, der im Leben eines Menschen, in dem die ruhige und schöne und einladende Dunkelheit einen holen kommt. Für gewöhnlich ist es ein schöner Moment, doch David konnte ihn nicht genießen. Er bemerkte die Dunkelheit nicht.
Mich wurde er nicht los. Ich war noch immer da.
Ich werde immer da sein.
ziemlich mystisches Ende, aber gefällt mir.

Viele Grüße und herzlich willkommen hier
Isegrims

 
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Liebe HelenK,

als erstes: Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast meine Geschichte zu lesen und eine Kritik zu schreiben!

Du hast recht, ich neige dazu, zu viel erklären zu wollen, und so den Fluss zu stören. Bei Gelegenheit werde ich mich erneut an die Geschichte setzen und diese Passagen überdenken.

Vielen Dank auch für den Hinweis, dass es "beklemmenden" und nicht "beklemmten" heißt - du hast natürlich Recht! Wird sofort ausgebessert.

Zu der Sache mit der Stimme: Ich finde es interessant, dass du sie als Selbstgespräch interpretiert hast. Wenn man es so betrachtet, hast du absolut Recht, es bräuchte ein schlimmes Erlebnis in der Vergangenheit. Vielleicht gab es das bei David, und erst die Isolation löst die Spaltung aus? Ich persönlich interpretiere es nicht als Selbstgespräch bzw. als gespaltene Persönlichkeit, daher habe ich an eine entsprechende Erklärung gar nicht gedacht. Aber das ist ja das schöne an der Literatur und vor allem an Kurzgeschichten: Die vielen Möglichkeiten der Interpretation und die vielen Fragen die dadurch offen bleiben, und der Leserin einen Freiraum lassen die eigene Fantasie dazu zu befragen (:

Nochmal vielen Dank und liebe Grüße,
Alveus

Liebe TeddyMaria,

auch dir vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast meine Geschichte zu lesen und eine Kritik zu schreiben! Ich gebe dir Recht: eine gute Geschichte braucht eine korrekte Orthographie, alles andere ist störend. Rechtschreibfehler bei anderen sehe ich sofort, bei meinen eigenen bin ich leider oft betriebsblind, da bei ich beim Korrekturlesen immer wieder in die Geschichte hinein falle und die Fehler dadurch übersehe. Mit Interpunktion habe ich leider generell große Probleme. An beidem arbeite ich!

Ein paar Worte zum Wort "aufdröhnen": Du hast mich da etwas verunsichert, aber der Duden hat mir dann Recht gegeben, das Wort existiert ;) Das Morph /auf/ bedeutet, dass es (in diesem Fall der Schmerz) kurz da, und gleich wieder weg ist. Vgl: aufblitzen

Sobald ich Zeit habe, werde ich mich an deine Kritik setzen und sie Punkt für Punkt durcharbeiten und meinen Text verbessern. Nochmal vielen Dank für deine Mühe, ich schätze das sehr!

Liebe Grüße,
Alveus

Hallo Chai,

vielen Dank fürs Lesen und für die Kritik! Ich kann eigentlich gar nicht viel mehr dazu sagen, da ich mit Dir im großen und ganzen übereinstimme! Ich werde mich, so bald ich die Gelegenheit habe, mit den Passagen die du genannt hast auseinandersetzen und sehen, wie ich das verbessern kann.

Zum Inhaltlichen: Auch da stimme ich mit Dir überein, aber von selbst wäre mir das nie aufgefallen! Das wird so schnell wie möglich ausgebessert.

Noch mal vielen Dank für deine Zeit und liebe Grüße,
Alveus

Hallo Isegrims,

ich möchte mich auch bei dir für deine Zeit und deine Kritik bedanken. Auch ich bin sehr für Streichungen, oder wie du es so schön nennst, Abschmelzen. Es tut gut von außen zu hören, welche Passagen überflüssig beziehungsweise zu ausführlich sind. Ich werde mir deine Punkte zu Herzen nehmen!

Zum Übergeben vom Wassertrinken: Ja das geht, ich spreche aus Erfahrung und gehe nicht weiter ins Detail :P

Zum Schrei: Als die Römer ins Germanische Reich einfielen waren sie den Germanen zahlenmässig überlegen. Trotzdem gewannen die Germanen die Schlacht und die Geschichtsschreibung sieht es als gesichert an, dass die Germanen so laut schrien, dass die Römer Angst bekamen und flüchteten. Nichtsdestotrotz danke ich Dir für diesen Hinweis, da sich in diesem Satz ein Darstellungsfehler eingeschlichen hat: Die Germanen vertrieben die Römer aus dem Germanischen Reich, und nicht, wie der Satz suggeriert, aus dem Römischen.

Noch mal vielen Dank fürs Lesen und liebe Grüße,
Alveus

 

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