Das Vermächtnis der Sally Slanders
Ein Meer aus feurig gelben Augen lauerte aus dem Hintergrund und beobachtete von den Bäumen aus das stark flackernde Lagerfeuer im Camp Sally. Eigentlich war es kein richtiges Camp. Es gab keine Holzhütten, sondern nur ein Lagerfeuer und zwei Zelte, die sich an einem sagenumworbenen Platz befanden. Amys Herz raste als sie den ihr fast gänzlich unbekannten Jason zuhörte, wie er eine Lagefeuergeschichte erzählte. Doch sie folgte nur halbherzig seinen Worten, da sie die Geschichte über die Alte Sally Slanders kannte. Schließlich war sie die einzige von den vier Leuten am Lagerfeuer, die hier aus der Gegend kam, die für ihre vielen Eulen bekannt war. Jason und sein bester Freund Allen kamen gar nicht mal aus Kanada. Sie stammten aus Kaliforniern. Die beiden schienen fast schon unzertrennlich zu sein. Und dann war da noch die mysteriöse Megan, die den Platz von Amys Freund Mitch in letzter Minute einnahm, der kurzfristig im Krankenhaus als Notarzt einsprang. Megan kam aus England und obwohl sie Allen und Jason erst seit gestern kannte, schien sie viel über die beiden zu wissen. „Was mache ich bloß hier? Alleine. Ganz alleine, mit drei völlig Fremden. Wieso hat mein Freund mich sitzen lassen?“, dachte sich Amy. Doch sie wollte es allen beweisen und die 5000 Dollar Preisgeld gewinnen, die jeder Teilnehmer bekam, wenn er nur eine einzige Nacht in diesem mystischen Ort mitten in den kanadischen Wäldern, direkt am Owl River, überstand. Dichter Nebel zog langsam über das Camp. Amy dachte an die starke Unwetterwarnung, die sie zuvor im Radio gehört hatte. Sie hatte die Geschichte der Sally Slanders zwar schon oft gehört, doch erst an diesem Lagerfeuer, an diesem besonderen Ort entfachte sie ihre spezielle Wirkung.
Der Legende nach kaufte sich Sally Slanders vor ungefähr 30 Jahren, nachdem ihre beiden Töchter aus dem Haus waren und ihr Mann verstorben war, eine kleine Hütte genau an diesem Ort, die sie mit mehreren Eulen aus dem Wald bewohnte. Sally verstand sich prächtig mit diesen mysteriösen Tieren und auch wenn die Menschen dachten, dass die alte Frau verrückt geworden sei, liebte Sally ihr Leben und alles schien perfekt. Doch eines Tages brachen zwei betrunkene junge Männer in die Hütte ein um einige der Eulen zu stehlen. Es handelte sich um eine dumme Mutprobe. Dabei töteten die Männer zwei ihrer Eulen, als diese die beiden attackierten. Als Sally versuchte ihre Eulen zu schützen, kam es zu einer Prügelei bei der Sally zu Boden stürzte und leblos liegen blieb. Die beiden Männer gerieten in Panik und ließen sie einfach dort am Boden zurück. Als einer von ihnen Wochen später die Tragödie gestand, suchten zwei Polizisten die Hütte auf. Doch was sie dort sahen, sollten sie nie wieder vergessen. In der Hütte war die alte Frau mit ihrem Rücken zu ihnen gerichtet. Sie lag auf der Seite. Sally bewegte sich nur mit einem leichten Kopfschütteln. Die beiden Männer sprachen sie an, doch sie reagierte nicht. Als einer der beiden die Frau zu sich drehte, sah er ein Loch in ihrer Bauchhöhle. Die Augen der Frau waren angepickt. Der Polizist musste sich sofort übergeben. Dann schaute der Kopf einer Eule aus dem Bauch der Alten Sally. Als dies sein Partner sah, fing er an laut zu schreien und plötzlich flatterten dutzende Eulen in der Hütte umher…
In diesem Moment schenkte Amy Jason wieder ihre Aufmerksamkeit. Im Camp wurde es deutlich kühler. Der Nebel wurde noch dichter. Plötzlich fing es an zu Donnern und vor lauter Schreck zog Amy sich ihre Kapuze über den Kopf. Jason schien Gefallen an ihrer Angst zu finden und deshalb strahlte er Amy mit seiner Taschenlampe ins Gesicht. „Amy. Die Eulen riechen deine Angst. Deine Angst riecht wie Mäuse! Also fürchte dich nicht!“, sagte Allen, mit einem widerlichen Grinsen. „Ist es nicht geil, wenn Frauen Angst haben, mein Freund?“, sagte er zu Jason. Dieser stoß ihn wütend in die Seite und flüsterte ihm hysterisch etwas ins Ohr. Amy hatte selten einen solch schönen Mann gesehen, der jedoch durch seinen Charakter so unattraktiv, ja fast schon abstoßend wirkte, wie Allen. Auch Jason, war ihr nicht viel sympathischer. Beide hatten etwas Unheimliches an sich. Megan jedoch schien Interesse an den beiden zu finden und setzte sich sogar nun zwischen sie und flirtete mit ihnen. Sie spielte aufmerksam mit ihren Haaren. „Aber irgendwas mit ihrem Blick stimmt nicht!“, dachte sich Amy, als sie mit einer Mischung aus Zweifel und leichter Eifersucht auf die drei blickte.
Die Rufe der Eulen wurde immer lauter. Wie das endlose Ticken einer Uhr nahm Amy die Geräusche war. Sie blickte zu Megan, die mittlerweile wieder neben ihr saß. Diese blickte starr auf Jason und Allen. Ein merkwürdiges Grinsen, das Amy zuvor noch nie gesehen hatte, zierte ihr Gesicht. Sie schien ihre Zuneigung nur zu spielen. Die Geräusche im Hintergrund wurden immer prägnanter. Der Donner und die Rufe der Eulen bildeten für Amy eine Symbiose des Schreckens. Sie versuchte durch den dichten Nebel die Kameras, an den Bäumen zu entdecken, die ihre Nacht im Camp per Livestream im Internet für zahlende Zuschauer zeigten, die sich an ihrer Angst ergötzen wollten. Doch Amy konnte nichts erkennen. In diesem Moment fuhr Jason mit seiner Version der Geschichte fort. Amy, war so aufgeregt, dass sie nun aufmerksam seinen Worten lauschte, obwohl sie selber wusste, wie die Geschichte weiter ging.
„Einer der beiden jugendlichen Mörder war der Sohn des Bürgermeisters und so wurde der Mord durch ihn verschleiert. Sallys Hütte wurde heimlich abgerissen und ihre Überreste vergraben. Seitdem rufen die Eulen hier im Wald Sallys Namen. Aber das Gruseligste an der Geschichte ist, dass sich die Alte Sally einmal im Jahr mit ihren Eulen aus der Erde erhebt und jeden, der Unrechtes tut, mit in ihr kaltes Grab zieht.“ Jason nahm die Taschenlampe und strahlte auf sein Gesicht. „Mit diesem präpubertärem Streich macht er mir keine Angst“, dachte sich Amy und fasste sich an ihr dunkelblaues ovales Amulett, welches ein Erbstück ihrer Großmutter war, die sie leider nie kennengelernt hatte. Sie machte sich Mut. „Genau hier unter uns!“, schrie Jason mit verzerrter Stimme. Doch keiner erschrak. Lediglich ein lauter Ruf einer Eule war zu hören. „Langweilig!“, rief Megan. Jason strahlte auf Amys Gesicht um wenigstens ihr Angst zu machen. Plötzlich wurde er kreideblass und ließ seine Taschenlampe fallen. Auch Allen fing an zu schreien. Gerade als Amy sich umdrehen wollte, verspürte sie einen starken Schlag auf ihr Ohr, ehe ein großes Objekt auf Jason zuflog. Alle vier sprangen auf. Doch die Eule schien permanent auf Jasons Kopf einzuhacken. Sie war mindestens einen Meter groß und erst als Allen Jason zu Hilfe kam, die Eule an ihren Flügeln packte und in die tiefe Finsternis des Waldes warf, beruhigten sich alle. Allen nahm Jasons Taschenlampe und beleuchtete sein braungebranntes Surfergesicht. Auf seiner markanten Nase war ein großer Kratzer zu sehen. Zudem hatte die Eule sein Lippenpiercing herausgerissen. Seine Lippe blutete sehr stark und er hatte Federn in seinen langen lockigen blonden Haaren. Während Megan schadenfroh auf die beiden Männer starrte, stürmte Amy in das Zelt, dass sie mit Megan teilte und suchte hektisch nach Verbandzeug. „Ich find nichts!“ schrie sie hysterisch. Der Donner wurde immer lauter und langsam prasselten Regentropfen auf das Zelt. Amy erschrak. Dann hörte sie ein Geräusch. Es kam aus dem Zelt. Danach blickte sie auf den großen Rucksack von Megan, der sich leicht bewegte. Amy zuckte vor Angst. Sei griff den Reißverschluss des Rucksacks als plötzlich etwas Nasses ihre Schulter griff und sie zur Seite stoß. „Nicht diesen!“, brüllte Megan, welche mit einem hasserfüllten Gesicht vor ihr stand. Geschockt blickte Amy Megan an. Danach veränderte sich Megans Miene. Sie griff nach ihrem kleinen anderen Rucksack und gab ihn Amy. „Nimm lieber diesen hier!“, sagte sie und lächelte Amy sehr freundlich an. Amy krabbelte nach draußen und suchte dort nach dem Verbandzeug. Schnell fand sie einen kleinen Kasten. Mit Allen behandelte sie Jasons Wunden. „Oh Mann, was man nicht alles für 5000 Dollar tut?!“, sagte Jason mit schmerzverzerrtem Gesicht, als er sich an die blutende Lippe packte.
Danach gingen alle schlafen. Jason und Allen gingen in ihr Firstzelt. Amy begab sich zurück in das Wurfzelt von Megan und ihr. Megan schlief bereits. Amy legte sich in ihren Schlafsack. Doch sie konnte nicht schlafen. Der Regen wurde von Minute zu Minute stärker. Sie befürchtete, dass ihr bald Zelt bald unter den Wassermassen zusammenbrechen würde. Als sie sich umdrehte blickte sie auf den großen mysteriösen Rucksack von Megan. Sie starrte ihn minutenlang an. Doch dieses Mal bewegte er sich keinen Millimeter. Sie sah lediglich ein großes Loch an der Seite des Rucksacks. „Amy beruhige dich! Das ist nur die Angst. Nur noch wenige Stunden und das Preisgeld gehört dir!“, sagte sie zu sich.
Es war über eine Stunde vergangen und aus irgendeinem Grund war Amy, trotz ihrer Angst eingeschlafen. Plötzlich wurde sie durch ein Geräusch geweckt. Sie drehte sich schreckhaft um. Es war Megan, die sich heimlich aus dem Zelt schlich. „Schlaf weiter! Ich geh zu den beiden Jungs. Ich muss mich etwas amüsieren!“, sagte sie mit einem großen Grinsen. Amy hatte Angst alleine in dem Zelt zurückgelassen zu werden. Doch sie sagte nichts. Sie versuchte weiter zu schlafen und dachte einsam an ihren Freund und an das Preisgeld. Gerne hätte sie auf die Uhr geschaut, um zu sehen wie lange sie noch durchhalten musste. Doch alle Teilnehmer wurden schriftlich darüber informiert ohne elektronische Hilfsmittel wie Handys und ohne Uhren zu erscheinen. „Super, und dabei hat uns keiner kontrolliert!“, ärgerte sich Amy. Danach schlief sie langsam ein.
Ungefähr eine halbe Stunde später wurde sie durch ein entsetzliches Brüllen geweckt. Es hörte sich an, als ob jemand bei lebendigem Leib geschlachtet wurde. „Megan, das ist Megan“, dachte Amy. Sie griff sich eine Taschenlampe und stürmte aus dem Zelt. Es regnete immer noch heftig. Das Campfeuer war schon längst erloschen, doch die grässlichen Schreie sowie ihre Taschenlampe wiesen ihr den Weg zu dem Männerzelt. Doch schon vor dem Zelt stockte Amy der Atem. Das Firstzelt der Männer war in sich halb zusammengefallen. Im Zelt bewegte sich etwas, auch wenn die Schreie plötzlich verstummt waren. Als Amy das Zelt öffnete, flog ihr eine kleine Eule entgegen. Amy erschrak. Ihre Taschenlampe flog in den Matsch. Hysterisch suchte sie nach der einzigen Lichtquelle und als sie diese gefunden hatte und in das Innere des Zeltes leuchtete, erwartete sie ein Anblick des Grauens. Nicht nur, dass es bestialisch nach wilden Tieren in dem Zelt stank. Der leblose Körper Jasons lag auf dem Bauch vor ihr. Als sie ihn umdrehte sah sie sein blutüberströmtes Gesicht. Es hatte keine Augen mehr. „Oh mein Gott, Oh mein Gott!“, wiederholte Amy mehrmals wimmernd. „Das ist doch bestimmt nur ein Kostüm. Wo ist die versteckte Kamera?“, dachte sich Amy. Der Radiosender will uns doch nur erschrecken!“ Doch es war kein Scherz. Dann sah Amy am hinteren Ende des Zeltes Allen, der im Schneidersitz seinen Rücken zu ihr gewandt hatte. Er bewegte sich. „Allen, Allen! Was ist passiert?“ Er antwortete ihr nicht und nickte nur mehrmals mit dem Kopf. Amy kroch über den leblosen Körper von Jason. Überall in dem Boden waren Löcher. Sie sah den Schlamm des Waldbodens. Ängstlich kroch Amy über die Löcher und starrte sie vorsichtig an. Sie waren aber nicht allzu tief. Bei Allen angekommen, fasste sie ihn an die Schulter. Sein Körper fiel leblos nach hinten. Auch ihm fehlten beide Augen. Auf einmal bemerkte Amy, dass Allen keine Hose trug. Mit der Taschenlampe fuhr sie langsam seinen Körper hab. Dann sah sie es. Ein geflügeltes braunes Wesen umschlang wie festgeklebt seinen Intimbereich. Doch es bewegte sich nicht mehr. Es war gerade eben verstorben. Etwas berührte Amys Füße und schien sie wegzureißen. Sie schrie. Dann leuchtete sie auf die linke eingestürzte Hälfte des Zeltes. Sie sah eine blutüberströmte Hand. „Amy, hilf mir!“, krächzte eine schwache weibliche Stimme. Es war Megan. Amy zog Megans Körper, hervor. Sie war komplett nackt und ihr weißer, bleicher Oberkörper und ihre kleinen zarten Brüste und auch ihre hellblonden Haare, die sonst noch blonder schienen als die von Amy, waren mit Blut verschmiert. Als Amy sie fragte, was passiert war, fing Megan an zu stottern. „Sally Slanders. Sie war hier!“. Mehr sagte Megan nicht. Amys Gesicht färbte sich vor Angst ganz weiß. Erschöpft krochen Megan und Amy aus dem Zelt. Der Regen strömte immer noch weiter und säuberte langsam Megans Körper. Amy wollte Hilfe rufen, doch keiner von ihnen hatte ein Handy dabei. Bei diesem Gedanken musste sich Amy übergeben. Es vergingen mehrere Minuten. Als sie sich leicht erholt hatte, blickte sie sich um. Megan war verschwunden. Amy ging zurück zu dem Männerzelt. Ungefähr 15 Meter davon entfernt, hörte sie den endlos lauten Ruf einer Eule. Amy wusste nicht warum, doch sie ging auf die Eule zu. Sie konnte dem Ruf nicht widerstehen. Sie nahm ihre Taschenlampe und strahlte die Eule an. Diese flog weg. Doch Amy fand einen Gegenstand, auf dem die Eule zuvor gehockt hatte. Es war Megans großer Rucksack, der weggeschmissen wurde. Amy öffnete den Rucksack. Was sie in ihm fand stockte ihr den Atem. Sie fand Messer, große Eulenschnäbel, zahlreiche Federn, unbekannte Medikamente und Spritzen, sowie Kleber. Plötzlich hörte Amy ein seltsames Geräusch. Eine Stimme rief andauernd ihren Namen „Amy, Amy, Amy!“ Amy ließ den Rucksack liegen und folgte der Stimme immer tiefer in den Wald. Sie wusste, dass sie nicht mehr in der Reichweite der Kameras war, doch irgendwas ließ sie nicht los. Sie musste der Stimme folgen. Es schien so als ob sie keine Kontrolle mehr über ihren Körper hatte. Sie wurde geführt. Das Rauschen des Owl Rivers wurde immer lauter. Der Fluss stieg aufgrund des Regens immer weiter an. Plötzlich hörte Amy wieder den lauten Ruf einer Eule. Instinktiv leuchtete sie auf den Boden. Sie sah, dass sie vor einem großen Loch stand, dass wie ein Grab aussah. Es fing an zu blitzen und Amy verspürte einen starken Schmerz in ihrem Hals. „Etwas hat mich gebissen!“, dachte sie sich. Panisch drehte sie sich um und sie sah Megan. Megan war wieder angezogen. Doch sie hatte einen leeren Blick und sah aus wie ein wandelnder Geist. In ihrer Hand hatte sie eine Spritze, deren Spitze abgebrochen war. Etwas Flüssigkeit tropfte noch aus der Spritze. Amy wollte davonrennen, doch sie war wie paralysiert. Ihr ganzer Körper war taub. Sie konnte sich kaum bewegen. Langsam sank sie auf ihre Knie. Megan trat an sie heran.
Megan sprach zu ihr. Im Dämmerzustand nahm Amy einige Sachen verschwommen war. Sie hörte etwas von starken Betäubungsmitteln in ihrem Körper, die Megan zuvor auch Allen und Jason gespritzt hatte. Und etwas von Megans kleiner Schwester Lucy, der während eines Auslandssemesters in Kalifornien schlimme Dinge angetan wurden, so dass sie sich später das Leben nahm. Und das Wort Rache, für die wichtigste Person in Megans Leben, dass durch Lucys nicht mehr lebenswert war, fiel ebenso.
Langsam wurde Amys Wahrnehmung ein bisschen klarer, als Megan weiter zu ihr sprach. „Es tut mir leid, dass ich dich damit reingezogen habe. Das Grab war eigentlich für die beiden Schweine bestimmt, aber du musstest ja unbedingt diesen Rucksack entdecken und mir dazwischenfunken! Du hättest ja zuvor schon fast die beiden Eulen in meinem Rucksack entdeckt, die ich zuvor betäubt hatte. Das Grab hatte ich schon vor einigen Tagen hier angelegt. Hier sind keine Kameras mehr aufgebaut. Du fragst dich bestimmt wie das Alles zu Stande gekommen ist? Ich habe reiche einflussreiche Freunde, die mir dabei geholfen haben den Platz bei dem Spiel zu ergattern. Und durch Facebook wusste ich, dass die beiden hier teilnehmen. Oder denkst du es war purer Zufall, dass dein Mitch kurzfristig arbeiten musste? Glaub mir, ich wollte das nicht, aber dieser Ort ist wohl wirklich verflucht.“
Megan lächelte. Danach schubste sie Amy eiskalt in das Loch, welches nicht allzu tief war, da das Wasser des nur circa 5 Meter entfernten Owl Rivers allmählich in das Grab floss. Megan warf ihren großen Rucksack zu Sally in das Grab. Langsam füllte es sich. Nach wenigen Minuten war Amys Körper vollständig mit Schlamm und Wassermassen bedeckt. Auch wenn Megan zufrieden auf das nasse Grab schaute, waren auch ihr die Anstrengungen der Nacht ins Gesicht geschrieben. Das Grab war zwar noch etwas uneben, aber Megan würde zurückkehren. Zu ihrem Glück, hörte es plötzlich auf zu regnen. Amys Körper drohte nicht mehr heraus gespült zu werden. Megan zückte ein Handy aus ihrer Hosentasche und fing an zu telefonieren. „Es gibt eine kleine Planänderung. Aber sonst sieht alles noch ganz gut aus. Bitte komm jetzt! Ciao“.
Gerade als Megan sich auf den Weg machen wollte, um alle ihre Spuren im Camp zu verwischen, wurden die Rufe der Eulen immer lauter und bedrohlicher. Megan sah nun wie hunderte feurige Augen auf sie lauerten und ehe sie sich versah, spürte sie wie sich die ersten Krallen in ihren Nacken bohrten. Eine Eule nach der anderen attackierte sie. Megan verlor die Orientierung und fing an hysterisch zu schreien und um sich zuschlagen. Doch es half nichts. Sie ging einige Schritte nach hinten und verlor den Halt als sie auf das unebene Grab trat. Eine Hand schoss plötzlich aus der Erde und griff ihr Bein. Sie wurde nach unten gezogen. Amys Körper erhob sich wie ein Geist langsam aus dem Grab. Megan kroch vor Schreck hysterisch einige Meter nach hinten und blieb kurz vor dem Fluss stehen. Nun ließen die Eulen von ihr, die sich nun mit ihrem Rücken zum Fluss gerichtet befand, ab. Wie gelähmt schaute Megan nun auf Amy. „Du bist es! Oh mein Gott du bist es!“, wimmerte Megan ängstlich mit letzter Kraft. Amy drehte sich überrascht um und sah, wie ein großer brauner kanadischer Uhu sanft auf ihrer Schulter hockte. Die Augen des Uhus fixierten Megans Gesicht. Ihr Blick war voller Angst. Danach schaute Megan an sich herunter und merkte wie eine Spritze in ihrem Fuß steckte. Amy, die langsam wieder gehen konnte, aber von einer seltsamen Kraft besessen schien, ging reaktionslos fort. Der Uhu verdrehte seinen Kopf und starrte auf Megan. Diese blieb wie angewurzelt stehen und sah, wie sich langsam der Untergrund löste. Erneut stürzten sich die anderen Eulen auf sie bis sie in das reißerische Wasser des Owl Rivers fiel, der aufgrund seiner scharfen Steine, die so spitz wie Eulenschnäbel waren, seinen Namen erhalten hatte. Megan wurde von den Fluten mitgerissen.
Eine Stunde später tauchten zwei Mitarbeiter des Radioteams, die Polizei und ein Rettungswagen auf. Sie wurden von den Zuschauern alarmiert, die einen Teil der Geschehnisse online verfolgen konnten. Langsam wurde es hell. Alle Eulen waren verschwunden. Die Mitarbeiter entschuldigten sich aufrichtig bei Amy, die auf einer Liege im Krankenwagen lag und mit einer Wärmedecke umhüllt war. Sie berichteten ihr, dass einige Onlineviewer einen großen Schatten, der die Silhouette einer alten Frau hatte, auf ihren Bildschirmen sahen. Auf dem Bildmaterial von ihnen, war allerdings nichts davon zu erkennen. „Das war unheimlich“, sagte einer der beiden Mitarbeiter. Amy wusste nicht, was die beiden Männer meinten.
Die Polizei konnte Megans Leiche nicht finden. Jedoch entdeckten sie ein menschliches Skelett sowie einige Uhu- Skelette, die in der Nähe des Grabs an die Erdoberfläche gespült wurden. Das Skelett hatte ein dunkelblaues ovales Amulett um seinen Hals. Zudem hatten die Polizisten vor ihrem Eintreffen einen schwarzen Mercedes aus weiter Ferne davon fahren sehen. Das Nummernschild konnte sie nicht erkennen. Einer der Polizisten ging zu Amy, die sich im Krankenwagen befand, und sprach sie an. „Ms. Slanders, wir hätten da noch einige dringende Fragen an Sie.“ Amy umklammerte müde das Amulett ihrer Großmutter und küsste es. Danach nickte sie.