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Das vergiftende Ende der Menschenkatze
So, nun ich habe mich hier eingefunden. Hier habe ich Zeit. Hier werde ich nachdenken können. In aller Ruhe. Anfangs dachte ich es wäre ein dumme Idee hier einzusteigen , aber jetzt bin ich froh.Es gefällt mir hier.
Wirklich, nein, außerordentlich unerwartet und überraschend wie gemütlich es doch hier ist. Ich bin, doch in der Tat, ganz erstaunt.
"Schnäppschen?, Schnäppschen!" jeden Mittwoch. Aber ich wollte nicht. Oft wollte ich, aber nicht diesen Mittwoch. Das muss doch zu verstehen sein. Der Brandt, er hielt die Woche nicht aus. 7 Tage. Am Mittwoch waren es schon zwei zu viel. Zwei zu viel von beidem, Schnäppschen und Tage. Aber diesmal wollte ich nicht. Schnäppschen?, Nein. Aber er verstand scheinbar nicht, vielleicht hatte ich es ihm auch nicht richtig erklärt. Vielleicht versteht Herr Brandt auch generell nicht. Eigentlich wusste ich gar nicht ob sein Wortschatz über dieses eine Wort hinausging. Hörte ich doch immer nur dieses eine Wort. Meistens wiederholend. Eigentlich mochte ich ihn auch. Also trank ich mit, doppelt, zwei.
Eine schöne Straße. Ich mochte diese Straße wirklich, eine Allee. Wirklich schön in Herbstmonaten. Goldene Kastanien-Blätter überschlugen sich im Wind. Immer wieder. es konnte einem geradezu schwindelig werden, betrachtete man sie zu lange. Wirklich schwindelerregend schön.
Als ich einem der fallenden Blätter mit den Augen folgte, hatte ich ein Gefühl der Andersartigkeit. Es erschien mir anormal. Vielleicht täuschte ich mich, denn es war schließlich nur ein Gefühl. Wenn auch ein sehr starkes, schwer zu beschreibendes aber ungewöhnliches empfinden.
Außerdem, ja geradezu lächerlich, denke ich jetzt darüber nach, war es gar kein goldenes Blatt. Es war aber auch nicht Gelb, Grün oder Braun; wie Blätter zu dieser Jahreszeit ebenfalls auszusehen hatten. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich nicht im Stande die Farbe dieses Blattes beschreiben zu können. Wirklich seltsam.
Wirklich, ein außergewöhnliches Blatt. Vielleicht hing es auch mit dem darauffolgenden Ereignis zusammen, denn noch ungewöhnlicher als das Blatt, dessen Farbe ich nicht zu beschreiben wusste, war der Augenblick den selbiges einleitete. Erst viel es mir gar nicht auf. Ich konnte schwören als dieses Blatt die Erde berührte, kannte ich seine Farbe noch.
Es landete direkt neben dem Stamm eines Baumes auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Anfangs erkannte ich es aus dem Augenwinkel, die schemenhafte Anspielung eines Gesichts. Als ich es doch zu fixieren begann -denn meine Neugier ist doch nur allzu menschlich-, wünschte ich mir Augenblicklich ich hätte einfach weggesehen. Hätte ein anderes Blatt beim herabfallen beobachtet. Und noch eins. Ich hätte den ganzen Herbst dort unten gestanden und abgewartet; bis in gesamter Allee kein einziges Blatt mehr an den Kronen zu sehen wäre, nur um folgenden Augenblick ungeschehen machen zu können.
Mir wurde ganz kalt als mein Verstand begann zu verstehen in was ich dort blickte.
Ich sah direkt in die wahnsinnigen Augen einer grimassierten Gestalt. Große runde starre Augen, spitze, nein wirklich! aller spitzeste Gesichtszüge -zum Schneiden spitz-, und eine viel zu große, spitze Nase; dies Menschliche Gesicht, gesetzt wie eine weiße Maske auf bronzefarbener Mähne eines schmächtigen Löwen. Dünn und ausgezehrt; krankhaft starrend und doch wie festgefroren-unbeweglich wahnhaft lächelnd, starrte das Wesen mit aufgerissenen, riesigen Augen in mich hinein. Krankhaft, ja wirklich Krankhaft überfiel es mich.Ich war wie angewurzelt. Und es schien mir als vergingen Stunden, ja sogar die Baumkronen schienen sich vor Schreck zu schütteln.
Langsam versuchte ich den Blick zu lösen. So langsam es ging. Denn eigentlich ging es nicht, so Irrsinnig war es. Als ich ihn nun löste und doch nicht ganz löste, -denn vollkommen konnte man den Blick von solch einem scheußlichen Wesen nicht abwenden-, zwang ich mich weiter zugehen, in der Vorstellung, dass zuhause bald wieder alles in Ordnung sei. Flüchtige Blicke verrieten mir, dass es mich noch immer anstarrte. In seinem versteinerten Gesicht verfolgten mich die riesigen Augen und belächelten mich mit einem spöttischen Grinsen. Erst auf selber Höhe, erkannt ich sein ganzen Aussehen. Und wie es aussah! Nicht hinter dem Baum stand es, sondern senkrecht vom Baum herab. Mit einem viel zu langem Hals, welcher überhaupt erst ermöglicht in solch einem verweilenden Winkel geradeaus zu mir herüber zu starren. Am Ende seines abgemagerten Körpers umschlang ein viel zu langer, schuppiger Schwanz, spiralförmig den blätterärmsten Baum, bis in die Mitte des Stamms wo, -jetzt erst viel es mir auf- der dunkel-rote Kopf einer Schlange auf der anderen Seite des Baumes giftig herabblickte. Eiskalt brannte sich das Bild in meinen Verstand. Ich versuchte mich an anderen Gedanken und ging weiter. Versuchte gesehenes zu verdrängen.
Ging die Straße nun schon viel zu lange. Machte sie üblicherweise nur einen kurzen Abschnitt meines Heimweges aus, erschien sie mir nun endlos. Nein Ernsthaft! Ich begann zügiger zu gehen. Versuchte mich zu überzeugen, dass die Straße bald enden würde. Dass mein Zeitgefühl, nicht aber mein Verstand abhanden gekommen war. Aber sie endete nicht. Rannte ich sogar schon eine ganze Weile.
Und als ich endlich dachte ich käme dem Ende näher, traute ich meinen Augen nicht. "Schnäppschen? Schnäppschen!".War ich wieder am Anfang der Allee angekommen. "Nein! Kein Schnäppschen!", sagte ich. Und ich rannte, rannte an ihm vorbei ohne ein Schnäppschen getrunken zu haben. Und war mir nicht sicher. Kann ich mir denn überhaupt jemals wieder sicher sein. Aber so sicher ich mir nur sein konnte nach vergangenen Umständen, hörte ich Herr Brandt das erste Mal (und das macht es so wahnsinnig unglaubwürdig) etwas sagen. Vielmehr etwas flüstern. Als handle es sich um ein Geheimnis. Es dauerte bis ich Verstand. und hob zwei Schnäppschen grinsend an. Ich verstand was er sagte, was er meinte blieb mir ein Rätsel. Ich rannte noch immer. Rannte die verrückte Allee entlang. Alles zog vorbei wie im Traum. Wie im Wahn. Gleich würde ich an die Stelle kommen an der es mir am meisten ängstigte. Lief ich dennoch weiter in der Hoffnung es würde schneller enden.