Was ist neu

Das Untier

Mitglied
Beitritt
12.07.2002
Beiträge
589

Das Untier

Unkosten. Ein blödes Wort. In sich völlig absurd. Es gibt nur Kosten oder dann eben keine Kosten. Unkosten gibt es nicht.

Aber gibt es ein Untier? Hier kann ich nur in aller Klarheit sagen: „Ja, es gibt es“. Ich weiß es genau, denn ich lebe seit knapp zwei Jahren Wand an Wand mit so einem Wesen. Und die Wand, die uns trennt ist dünn.

Dieses Untier ist ca. 70 Zentimeter lang, bringt es im stehen auf maximal 15 Zentimeter Höhe. Würde es seine krummen Beine mal ganz strecken, könnte es vielleicht noch zwei Zentimeter zulegen. Mit seinem zottigen Fell kehrt es täglich mehrmals das Treppenhaus. Das ist das einzig Positive an ihm.

Ich mag Hunde grundsätzlich nicht. Dabei nimmt meine Abneigung gegen diese Tiere in dem Maße zu, wie deren Proportion abnimmt. Folglich hasse ich den Fifi unserer Nachbarn abgrundtief. Aber es liegt nicht nur an der unmöglichen Proportion. Noch schlimmer für mich ist das, was man bei einem ordentlichen Hund „bellen“ nennt. Fifi bellt nicht, Fifi kreischt. Ich habe kürzlich im Radio ein Hörspiel gehört, in dem eine keifende Marktfrau vorkam. Der Vergleich dieser Stimme mit Fifis Art sich zu artikulieren hinkt kein bisschen. Und Fifi kreischt zu festgesetzten Zeiten, so als ob er mal eine Uhr gefressen hätte. Um 5.30 Uhr, 10.00 Uhr, 18.15 Uhr, 22.25 und – am lautesten – um 03.15. Und dazwischen natürlich zu jeder Zeit, nach Lust und Laune. Seit zwei Jahren hält sich dieses Untier schon an diesen fixen Zeitplan. Die Bundesbahn hat wenigstens einen Sommer- und einen Winterfahrplan, das schafft Abwechslung. Fifi nicht. Er bleibt stur bei seinem Schema.

An das 5.30-Uhr-Kreischen habe ich mich schnell gewöhnt. Ich bin ein Frühaufsteher. Um diese Zeit bin ich im Bad beim Rasieren. Ich stelle einfach das Radio auf volle Lautstärke, um die unmögliche Frequenz von Fifi zu übertönen. Das funktioniert. Wenn ich dann so gegen sechs Uhr den Aufzug nehme, um aus dem fünfzehnten Stockwerk in die Tiefgarage zu fahren, wundere ich mich immer über den Fleiß der anderen Parteien im Haus. Alle wollen sie früh zur Arbeit; jedes Mal ist der Lift zum bersten voll. Und es passen immerhin 33 Personen in die Kabine.

Das 10.00-Uhr-Kreischen lässt mich völlig kalt. mein Büro liegt gut drei Kilometer von der Wohnung entfernt. Wenn ich das Fenster geschlossen halte, ist es durchaus erträglich. man kann daneben sogar telephonieren.

Die abendlichen Ausbrüche tun mir aber echt weh und gehen auf
die Nerven.

Unsere Abendessenszeit wollen wir wegen diesem Untier nicht verschieben, das gibt unser Stolz nicht zu. Und mit meiner Frau stumm am Tisch zu sitzen, bloß weil eine Unterhaltung akustisch nicht möglich ist, das empfinde ich als echte Zumutung.

Über ein Jahr lang habe ich die Spätnachrichten auf Video aufgezeichnet, um mir dann die Kassette so gegen 23.00 Uhr, wenn es in der Nachbarwohnung wieder still ist, abzuspielen. Ist der Aufwand noch menschlich? alles nur wegen so einem komischen Untier?

Aus unserem Schlafzimmer haben wir schon vor über einem Jahr den großen Kleiderschrank verkaufen müssen. Es wäre sonst nicht genügend Platz gewesen, diese knapp fünfzig Zentimeter dicke Schallisolierung zur Nachbarwohnung hin einzubauen. In Ergänzung mit den gelben Kunststoffpfropfen in den Ohren gelang es uns wenige Monate später, die Nächte durchzuschlafen.

Aber heute hat sich das Problem endgültig gelöst. Bei der vom Untier verschluckten Uhr scheint die Batterie endgültig leer zu sein.

Gott sein Dank.

 

Hallihallo,

läßt sich gut lesen und läßt mich ab und zu wirlich schmunzeln (best of: Das 10.00-Uhr-Kreischen lässt mich völlig kalt. mein Büro liegt gut drei Kilometer von der Wohnung entfernt. Wenn ich das Fenster geschlossen halte, ist es durchaus erträglich.) - nur die Pointe ist mE ein wenig "lahm".

Einige Tippfehler sind mir noch aufgefallen, die Du wohl in der Eile des Publizierens übersehen hast - lies doch mochmal drüber, ansonsten suche ich sie Dir auch gern raus ... :)

Gruß
Kay

 

Hallo Ernst

Deine Geschichte ist gut gelungen, mal abgesehen von der Pointe, die auch ich etwas unkonventionell und eher zu plötzlich als zu "lahm" empfand. Natürlich, keiner rechnet mit diesem Ende. Allerdings scheint es auch etwas unlogissch, dass eine Uhr zu mehreren Tageszeiten klingelt. Oder muss man die Uhr als Metapher verstehen? Nunja. Insgesamt habe ich mich köstlich amüsiert. Die Geschichte ist sehr humoristisch, aber es íst gut, dass sie hier steht. Am Ende - an der Stelle mit der Schallisolierung - vielleicht etwas überzogen, aber naja.
Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn der Protagonist den Hund umgelegt hätte, was eine für mich rein logische Schlussfolgerung nach den Strapazen wäre. :)
Vielleicht hättest du auch etwas näher erläutern können, warum der Protagonist nicht wegzieht oder etwas gegen den Hund unternimmt (Anzeige wegen Schlafstörung, etc.) Das nur als Tipp für deine nächste Geschichte. Hier würde ich keine großen Änderungen vornehmen, da die Geschichte ansonsten in sich stimmig und ganz lustig ist.

Weiter so

P.S.: Der plötzlich Schluss löste bei meiner Freundin auf Grund der komisch-rapiden Art, eine Geschichte zu beenden, einen minutenandauernden Lachkrampf aus....vielleicht doch eine gelungene Passage?

Alles Gute

Tobias

[ 03.08.2002, 19:16: Beitrag editiert von: T.Neumann ]

 

Hrhr, blöde kleine Töle...

Also ich fand die Satire recht gelungen, wenn mich das Ende auch nicht vom Hocker gerissen hat... Dazu enden humorige oder satirische Texte einfach viel zu oft auf diese schnelle, abrupte Art...

Die Sache mit dem dreikilometerentfernten Fenster, das man schließen muss, um das Gebell nicht mehr mitzukriegen, find ich klasse... :lol:

Alles in allem: Fein gemacht, nur das Ende ist vllt noch verbesserungswürdig.

Schöne Grüße

MisterSeaman

 

Hi Ernst

Eine gelungene Geschichte. Die Überzeichnung der Situation durch das Erwähnen der Schallisolierung und der Ohrenstöpsel ist sehr amüsant gemacht, auch die Beschreibung des übervollen Lifts am Morgen. Jeder rettet sich da irgendwie aus dem Haus...
Das Ende ist witzig, ich hätte den Köter allerdings erschlagen und dabei auf das Bersten des Weckers in seinem Inneren gewartet.
Liebe Grüße - Aqualung

 

Lieber E.C.
Die Reaktionen zeigen, dass scheinbar manche neben oder mit solchen Untieren leben. Ich denke nicht, dass man sämtliches unterlassenes oder ohnehin versuchtes Abstellen des Störfaktors beschreiben hätte müssen, denn es ist deine Erzählung und du hattest nicht das Bedürfnis sie auszuleiern. Die Pointe die manchen zu gering ist in ihrer Schlagkraft passt meiner Meinung nach - denn es ist ja eine Geschichte und kein erzählter Witz. Ich fand sie amüsant zu lesen. Lieben Gruß - schnee.eule

 

Hi.

Also mir hat die Geschichte auch ziemlich gut gefallen... ;) Ich hab an ein paar Stellen so richtig schmunzeln müssen... Da fühlt man sich an so manchen Hund erinnert! :rolleyes:

Was mir aufgefallen ist:

Alle wollen sie früh zur Arbeit; jedes Mal ist der Lift zum bersten voll. Und es passen immerhin 33 Personen in die Kabine.

33 Personen ist ein bißchen stark übertrieben... :D Auch, wenn man genau weiß, worauf Du hinaus willst... hehe...

Alles in allem eine witzige Satire, die nur den einen Nachteil hat; sie steht in der falschen Kategorie. ;)

Gruß,
stephy

 

guten morgen schnee.eule und stephy, erstmals recht herzlichen dank für eure lieben kommentare

@schnee.eule: natürlich hätte ich das tierchen zum schluß überfahren können. aber versuch das mal, wenn es nur insgesamt 15cm hoch ist - wenn du es da nicht genau unter dem reifen bekommst, flutscht es durch, schüttelt sich und kreischt weiter. eine grauenhafte vorstellung! also für mich war da die sanfte tour auch die bessere. schöne grüße nach wien!

@stephy: natürlich lebt die geschichte von der übertreibung. abe ob die story bissig genug ist, um als satire durchzugehen? ich zweifle daran. beste grüße

ernst

 

Morgen Ernst,

eine witzige Story hast du da gebastelt! Ich mag Hunde ja sehr gern, aber dein Fifi kommt als nervende Töle ziemlich gut rüber ...

Hat mir gut gefallen, den Schluss jedoch finde ich ausbaufähig, da fehlt mir irgendwie die Pointe.

Ich würde die Story unter Satire posten.

Grüße!

 

hallo liz - vielen herzlichen dank auch für deine meinung zur story. mal ne ganz andere frage: was ist in österreich eine "Töle"? woher kommt dieses wort? liebe grüße. ernst

 

Lieber Ernst,

Töle = Köter (abwertend für Hund)

Aber woher der Ausdruck Töle kommt, weiß ich leider nicht. :)

Vielleicht weiß es ja jemand anders ...

Grüße!

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom