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Das Spiel seines Lebens
Marcel war zwölf Jahre alt, als er bei einem Fußballturnier der Unterstufe seine Klassenkameradin Christina erstmals näher kennenlernte. Beide waren bereits ausgewechselt worden, sie, weil sie schon länger gespielt hatte, er, weil er so schlecht war. Sie hatte eine blaue Turnhose und ein weißes Poloshirt an, worunter sich neuerdings ihre Brüste abzeichneten, was Marcel sofort bemerkte; er versuchte, nicht allzu auffällig hinzusehen. Der Wind spielte mit ihren blonden Haaren, und sie lächelte ihm zu.
Sie begannen, sich über das Spiel zu unterhalten, wobei sich herausstellte, daß Christina die Jungen nicht nur wegen ihrer sportlichen Leistungen bewunderte, was für Marcel eine ganz neue Erfahrung war. Er begann sich zu fragen, was sie sonst an anderen Jungen mochte. Hoffentlich Intelligenz, dachte er. Clever genug scheint sie ja zu sein.
„Sag mal“, fragte sie plötzlich, „kommst du eben mit zu den Waschräumen? Ich muß mich etwas frisch machen.“
„Na klar, wieso nicht“, antwortete Marcel, und sie gingen gemeinsam los. „Meinst du, wir können jetzt noch gewinnen? Die „c“ hat schon acht Punkte Vorsprung.“
„Ich weiß nicht“, meinte sie, „aber vielleicht foult endlich mal jemand deren Stürmer weg!“ Sie lachten ein wenig, und kamen schließlich an. „Einen Moment“, erbat sich das Mädchen, „ich mach auch zügig.“
„Was immer das bei Frauen heißt“, meinte er, woraufhin sie ihm eine Grimasse zog, die aber nicht allzu ernst gemeint gewesen zu sein schien.
Nach einer Weile kam sie wieder heraus, und sie sagte: „OK, wir können.“ Doch plötzlich erwachte ein uralter Instinkt in ihm. Der Moment schien stillzustehen. Einzelne Wassertropfen platzten an ihrer Schulter auf, sie lächelte und wartete, er wußte nicht was er tat, aber was zu tun war.
Einen Moment später, so schien es ihm, war seine Zunge in ihrem Mund, er hielt sie fest umarmt, strich ihren Rücken auf und ab; dabei wußte er nicht, wie er auf diese Idee gekommen war, und auch nicht, wieso zum Teufel er dies tat. Er war nicht mehr herr seiner selbst, nurmehr Zuschauer im Film seines Lebens.
Plötzlich lösten sie sich wieder voneinander, es war wie das Erwachen aus einem Schockzustand für ihn, und mit dem Bewußtsein erfüllte ihn auch eine Heidenangst vor ihrer Reaktion. Würde sie ihn anschreien, eine knallen, ihn auslachen und alles den anderen erzählen, die dann auch über ihn spotten würden. Panik ergriff ihn.
Nichts von alledem wurde wahr. Stattdessen lächelte sie ihn wieder an. Es war, als sei nichts geschehen eben. „Hey, was war denn das jetzt? Du nutzt ja jede Gelegenheit, was?“, ließ sie sich nun vernehmen.
„Aber, ich wußte... konnte, also...“, begann er zu stammeln, verlegen wie noch nie in seinem Leben, während ihr Geschmack noch wundervoll auf seinen Lippen prickelte. Dafür hatte er jetzt aber keinen Sinn.
Sie erlöste ihn, indem sie ihn an der Hand nahm, und „Komm!“ sagte. Sie führte ihn tiefer in den Umkleidetrakt hinein. Die Flure waren menschenleer. Dann fand er sich mit ihr auf der Toilette wieder. Sie schloß die Tür ab und setzte sich auf ihn. Dann begann sie ihn zu küssen, wild und leidenschaftlich. Seine Hände wanderten wie von selbst unter ihr Shirt und fühlten zum allerersten mal dieses Weiche, Warme, Wundervolle.
Seine Rechte rutschte hastig herunter, als könne er jeden Moment aus diesem fantastischen Traum wieder aufwachen, sie fühlte seidenes Haar und viel weiche Haut, er fühlte und streichelte wild umher, keuchte schwer, ohne es zu merken, wußte nicht mehr, wieso und weshalb, nur noch das; er war erregt wie noch nie zuvor.
Sie machte ruhig und unbeirrt weiter, zog im Sitzen seine Hose herunter, sein T-Shirt über seinen Kopf, und umfaßte seinen Penis. Sie drückte ein wenig zu und streichelte sanft mit dem Daumen die Spitze, dann war es schon geschehen, es spritzte aus ihm heraus, er schrie auf, zuckte hin und her und sank glücklich in sich zusammen.
Als er die Augen wieder öffnete, saß Christina nicht mehr auf ihm. Sie hatte die Tür weit geöffnet, und verbeugte sich tief, wie ein Zirkusdirektor. Dahinter befand sich, wie Marcel jetzt erkannte, die Damenumkleide. Fast alle Mädchen aus seiner Stufe standen da, tobten, lachten, kreischten, schrieen, warfen mit Gegenständen. Er verstand nicht, was vorging. Sperma tropfte ihm vom Bein.
Dann holte ihn die Realität plötzlich ein, blitzartig wurde er gewahr, was geschehen war, wie er hintergangen worden war, was für ein Spiel hier gespielt wurde, und wie er darauf hereingefallen war. Ihm wurde klar, was nun alle von ihm denken würden, was morgen die ganze Stadt wüßte, seine Freunde, seine Eltern, seine Verwandten, was ihn nun sein Leben lang begleiten würde. Die Grundfesten seines Daseins waren zutiefst erschüttert und drohten einzubrechen.
Dann lief ihm etwas warmes die Beine herunter, und das Toben und Kreischen wurde noch viel lauter. Sein Körper ließ ihn völlig im Stich. Er sank auf den Boden, in das Sperma, den Urin seiner selbst; er übergab sich, kotzte sich die Seele aus dem Leib, wegen des Ekels, wegen der Schande, wegen allem.
Später war Christina wieder zuhause. Sie lag auf dem Bett, hörte etwas leise Musik und dachte über das Geschehen nach. Jetzt war sie die Coolste in der ganzen Stufe, ach, der ganzen Schule, hatte diesen Penner von Marcel total auflaufen lassen, was der sich auch einbildete, im Unterricht immer oberschlau, aber für sie total berechenbar.
Sie sah zwar hübsch aus, aber nicht so schön, daß sie in Reichweite von Patrick gewesen wäre, der heute Stürmer gewesen war. Sie hatten zwar nur den zweiten Platz geholt, aber er hatte die meisten Tore geschossen und sah verdammt gut aus. Und nach der kleinen Affaire war er auf sie zugekommen und hatte ein Date mit ihr klargemacht.
Das hatte sich wirklich gelohnt. Was der Trottel wohl gerade machte? Bei dem war wahrscheinlich gründlich Duschen und bei Mami Ausheulen angesagt. Naja, war ja sowieso der größte Idiot weit und breit, konnte jetzt auch nicht schlimmer werden.
Am nächsten Morgen kam Christina die Treppe herunter, begrüßte ihre Eltern am Frühstückstisch, holte sich eine Tasse und einen Teller aus dem Schrank. Plötzlich fiel ihr auf, daß keiner sprach. Sie wandte sich um, und ihre Eltern sahen sie ernst an.
„Hör zu, Christina“, begann ihr Vater, „es ist etwas sehr schlimmes passiert.“ Oh nein, dachte sie, bloß nichts mit Oma! Ihr ging es ja schon länger schlecht, aber in letzter Zeit war Christina irgendwie nicht dazu gekommen, sie zu besuchen.
„Es ist wegen Deines Klassenkameraden, dem Marcel“, fuhr ihr Vater fort. „Er hat sich gestern gegen abend vor einen Schnellzug geworfen. Er war sofort tot.“
Christina konnte nicht klar denken. Hatte dieser Vollidiot nicht war besseres zu tun gehabt, als so’n Scheiß zu machen?
„Christina“, sagte nun ihre Mutter, „wie du ja weißt, waren wir gestern, als das passierte, auf dem Elternabend. Marcels Eltern waren nicht da, aber die anderen hatten einiges von ihren Kindern zu erzählen. Wir wissen, was gestern nachmittag passiert ist, Christina.“
Ihr Vater sagte: „Ich hoffe, wir hoffen, du kannst damit klar kommen. Du weißt, wir haben immer ein offenes Ohr für dich. Wir werden auch nicht wegen deines zugegebenermaßen grausamen Streichs böse sein. Das hast du sicher nicht gewollt.“
Moment mal! Die wollte ihr die Schuld an Marcels Scheißaktion geben? Christina schluckte tief. Alle würden ihr die Schuld geben. Dabei hatte sie sich ja gar nicht für ihn interessiert, er war ihr doch scheißegal. Ihr wurde schwindlig. Anstatt, daß sie jetzt endlich die ihr zustehende Anerkennung bekommen würde, würden sie alle schief ansehen und nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Alles nur, weil dieser Arsch völlig durchgeknallt war. Da hätte doch in drei Wochen keiner mehr drüber geredet! Dieser kleine Wichser hatte ihr Leben ruiniert. Christina fing an zu weinen.
Ihr Vater stand auf und nahm sie in den Arm. „Hey, Kleines, ganz ruhig, das hast du doch gar nicht gewollt, das konntest du doch nicht ahnen.“ Christina riß sich los, rannte hinaus, nach oben, schloß sich in ihr Zimmer ein.
„Laß sie nur“, sagte die Mutter, „das muß jetzt sein. Sie ist ein starkes Mädchen, sie wird damit fertig werden.“