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Das Schweigen im Medienkarussell

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12.04.2007
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Das Schweigen im Medienkarussell


Das Schweigen im Medienkarussell

"I HAVE A RELATIVELY SUNNY SPIRIT …
AND I HAVE NEVER ALLOWED MYSELF TO BE BITTER"
Angela Merkel nach Laurie Anderson im
Zeitmagazin Nr. 32 vom05.08.2021, S. 15

"Das Erste" hat sich entschlossen, eine Sendung zu wiederholen, die nie gesendet wurde ...

Dem Gedenken an

Dieter Hildebrandt (+ 20.11.2013), Roger Willemsen (+ 07.02.2016)​

Dieter Thomas Heck (+ 23.08.2018) & Volker Kauder (abgewählt 25.09.2018)

„Die Frage ist jetzt: Gestaltet sie ihren Abgang selbst?“
Jürgen Trittin in „Die große Konfusion“ in:
Die Zeit Nr. 49 vom 27. September 2018, S. 2​


Der Vorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses sagte in dem ihm eigenen Kauderwelsch, dass „man … über eingestufte Akten in der Presse mehr lesen [konnte], als wir im Ausschuss vorliegen hatten.“
Mehr als ein viertel Jahr, bevor der Vorsitzende diese weisen Worte sprach und die Justiz gegen 17 Journalisten der gehob’neren Presselandschaft wegen der Veröffentlichung geheimer Informationen aus dem Untersuchungsausschuss einschaltete – von Engüri bis Istanbul, von Rhein,
Oder bis zur Elbe, überall dasselbe - wurde während einer Unterhaltungssendung im Ersten Deutschen Fernsehen ein viel interessanterer Gehilfe zum Geheimnisverrat entdeckt …

Es begab sich aber zu der Zeit, als Repräsentanten der deutschen Demokratie den BND-Ausschuss installierten …

„Es ist Dienstag, der 17. April 2007, 22 Uhr 45 Mitteleuropäischer Sommerzeit. –
Ich begrüße Sie,
meine sehr geehrten Damen und Herren! –

Herzlich willkommen, Sie hier im Saal und Sie da draußen an den Bildschirmen zur Sendung MENSCHEN BEI MAISCHBERGER. -

Wir alle sind umgezogen in die mediale Heimat unseres heutigen Gastgebers, der freundlicherweise die Schwangerschaftsvertretung von Frau Maischberger übernommen hat“, dröhnt die Stimme des unsichtbaren Dieter Thomas Heck im Saal, dass dem Publikum die Ohren abfallen. Und er fährt fort: „Begrüßen Sie darum live mit mir aus dem Studio Eins des Produktionskomplexes Studio 449 aus Köln-Mülheim – HARALD SCHMIDT als Schwangerschaftsvertretung von Frau Maischberger in der Sendung MENSCHEN BEI MAISCHBERGER!“

Die Stimme ist noch nicht verklungen, da kommt Harald Schmidt schlaksig und grinsend in das Studio seiner Late-Night-Show und begrüßt auch schon das Publikum. Nach einer angedeuteten Verbeugung grüßt er Mme. Nathalie Licard und ihre ARD Showband, um nach einer Kunstpause merklich leiser zu sprechen: „Bedauern Sie mit mir, dass Manuel Andrack heute nicht hier sein kann. Wir alle schätzen ihn als großen Wandersmann, - aber seit gestern ist er in der Eifel verschollen.“

Die Band spielt „Mein Vater war ein Wandersmann“ und bricht ihr Spiel nach wenigen Takten ab, als Schmidt mit einer heftigen Armbewegung das Ende vorgibt. Er kann sich nun eine spitze Bemerkung nicht verkneifen, obwohl ihm die Regie, insbesondere aber die Chefredaktion davon abgeraten, ja geradezu gewarnt hat: „Mein neuer Aufsichtsrat und Vormund, kurz: die Zukunft des Deutschen Fernsehens, Ollie P., steht mir noch nicht zur Seite, da er noch ein paar Strähnchen oder Dauerwellen legen muss.“ Und politisch sehr inkorrekt: „Ich bin und bleib halt ich – und der Rest ist Frisör. –

Aber es pochert schon kräftig an der Tür!“

Harald Schmidt schreitet nun aufs Podest und setzt sich hinter seinen Schreibtisch.

Er spricht zunächst laut und deutlich: „Unser Thema heute bei Maischberger lautet“, - und nun flüsternd, fast schon nuschelnd: „‚SIND SIE MIT IHREM LEBEN ZUFRIEDEN?’“
Ursprünglich sei Frau Will als Vertretung von Frau Maischberger vorgesehen gewesen, „doch sie übt schon mal auf die Übernahme von Christiansen hin. Übungsleiter und Sparringspartner ist Alfred Biolek“, und grüßt ins Trainingslager. Das Publikum freut sich und applaudiert freundlich, die Band spielt die ersten Takte von „Nobody told me“.

Als es wieder ruhig ist, fährt er fort:
„Als Gäste geladen sind
UNSER PAPST, Benedikt XVI., -
der Boss des Hauses Windsor, Königin ELISABETH DIE ZWEITE von England, -
UNSERE BUNDESKANZLERIN, Frau Angela Merkel, -
die Schriftsteller Thomas Mann und Rosamunde Pilcher und, -
last but not least,
die TV-Stars Eva Herrmann und Thomas Gottschalk.“

Nun grinst er wieder und sagt schnippisch:
„Es können aber nicht alle kommen, -
oder muss ich sagen:
Es können aber alle nicht kommen?“

Der Papst ließe sich entschuldigen, er litte noch unter den Fernwehen seines 80. Geburtstages. –
Dafür habe man Verständnis, „denn man wird nur einmal 80!“
Die Showband spielt die ersten Takte zu „Crazy ’bout a papamobile (ev’ry woman I know)“.

Thomas Mann könne nicht erscheinen, die Redaktion habe soeben erst herausgefunden, dass er bereits am 12. August 1955 verstorben ist.
Schmidt lacht kurz auf und fährt ruhig fort: „Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt der Familie Mann und der Redaktion!“ –

Auch die Queen werde nicht erscheinen, da sie an einem Kaugummi festklebe, das Miss Middleton ausgespuckt hat. Immerhin hätt’ die Queen die Elizabeth Zwo von der Karibik in den Rhein geschickt, wo sie nun auf Höhe von Köln-Mülheim mit einer Länge von 293 m den Schiffsverkehr behinderte. –
„Aber Behinderungen sind die Rheinschiffer inzwischen gewohnt.“

Unentschuldigt fehle Mrs. Pilcher. –
Vermuten dürfte man, dass Hedwig Courts-Mahler sie zu einem Gespräch unter Kolleginnen in die Gartenlaube eingeladen hat. –

Eva Herrmann lasse sich entschuldigen, sie lebe derzeit ihre Meinung über Küche, Kinder, Kirche aus und scheute das Licht der Öffentlichkeit. –
Sie ginge lieber zu Krömers, dort wär’s viel intimer als bei Maischberger.

Und der allseits geliebte Tommy hätt’ sich verzockt und müsst’ seine Wettschuld an Stelle des Herrn Hoyzer einlösen usw. usf.

„Nun, meine Damen und Herren, sehen Sie selbst, wer heute kommt!“

Ein bewegtes Bild wird auf die Leinwand hinter ihm projiziert, dem sich auch Schmidt zuwendet.

Auf der Leinwand sehen wir vorm Eingang zum Gebäude einen seriösen älteren Herrn stehen. Der Seriöse spricht in die Kamera: „Isch binnet Vorauskommando und isch wart auf unser’n Jast. Politisch korrekt isset ’ne Jästin, - aber wir woll’n ma’ nich’ janz so korrekt sein, zumal der Ausdruck auch noch nich’ inner Duden-Redaktion anjekommen is’. – Wenn unser Jast also kommt, dann führ ischen, pardon, dann führ ichse gleich nach da hinten“, - er zeigt auf den Gang hinter dem Eingang, den keiner sieht, - „zum Lastenaufzuch, dennse soll um des lieben Himmels willen nich’ zu Fuss jeh’n, - wejen der Sischerheit. –
Versteh’nse?“

Ein Dienstwagen fährt vor.

Das Vorauskommando läuft mit den Worten:„Ah, da isse schon!“, auf den Wagen zu, um nun die hintere Tür zu öffnen.

„Guten Abend, Frau Bundeskanzler“, der Seriöse spricht nun slanglos, „äh, Frau Merkel … Ich darf Sie zur Sendung geleiten … Ich bin, sozusagen, das Vorauskommando …“, was er sonst noch sagt, geht im Lärm zweier tief fliegender Militärflugzeuge unter.
Das Vorauskommando tritt vom Wagen zurück.
Der Wagen dreht und fährt wieder davon.

Als die erste Überraschung, vor allem aber der Lärm der Jets verklungen ist, wendet der seriöse Herr sein Gesicht in die Kamera und spricht: „ Sie’s’ widder wech, weilse jetz’ nich’ mehr will. –

Wat maachen mer jetz’?“

Schmidt antwortet mit einer Gegenfrage: „Hast du nicht die Tornados gesehen? Jetzt bist du registriert, weil du nicht maskiert warst. –
Ich sag euch doch immer, geht nicht ohne Tarnung außer Haus! -

Aber wart mal, ich seh, der Wagen kommt wieder zurück.“

Tatsächlich kommt der Wagen zurück. Das Bild wird ausgeblendet und Schmidt setzt sich wieder auf seinen Sessel hinterm Schreibtisch.
„So kann’s geh’n, verehrtes Publikum. So ist die moderne Medienwelt.
Aber improvisieren geht über lamentieren! –
Dass die Zeit uns nicht zu lang wird bis unser Gast kommt, will ich Ihnen sagen, was man in Bayern über unser’n Papst erzählt:
Als der Papst im vorigen September nach Bayern kam, - fundamentalistische Amerikaner nennen das Datum in Anlehnung an ein anderes historisches Ereignis dieses an historischen Ereignissen schon so reichen Jahrtausends 09/11/06, an diesem elften September wurde der Papst vom Flughafen von einem Chauffeur abgeholt.
Auf dem Weg nach Altötting spricht ihn der Papst an, dass er schon lange kein Auto mehr gefahren habe, es gern aber wieder einmal täte. Kurz vor Altötting tauschen beide die Plätze und der Papst gibt Gas. Der Chauffeur bittet den Papst, langsamer zu fahren, doch es ist zu spät! –

Schluss mit lustig!
Zu Ende ist der Witz.
Der Wagen wird geblitzt.
Hinterm Starenkasten erschrickt der Polizist
und ruft die Zentrale an.
‚Du glaubst nicht, wen wir erwischt ha’n!’“

Inzwischen ist Manuel Andrack in die Halle getreten, hat den letzten Teil mitbekommen und mischt sich als Zentrale in Schmidts Vortrag ein: „Verrat uns doch, wer Wichtiges es sei. –
Ist es der Vorsitzende der Partei?“ –
Und Schmidt fährt fort: „Naa, höher noch, ganz eminent!“ –
„Ah, du meinst den Ministerpräsident!“
„Naa! Höher noch und noch bekannter!“ –
„Ich hab’s: du meinst Frau Bundeskanzler!“
„Naa, nicht doch!“, Schmidts Stimm’ wird heiser.
Andrack erst leise:
„Ich hab’s“, dann laut: „Du meinst’ den Kaiser!“
Schmidt, nun scheinbar der Verzweiflung nah, schreit die Zentrale an: „ Nein! Dreimal naa!“
„Beruhig dich doch, guter Mann! – Wer, wenn nicht die, - wer ist’s denn dann?“
„Ich weiß es nicht. Doch! Ich glaub! –
GOTT!“ –
„Zum Teufel, erzähl mir keinen Schrott! –
Was bringt dich in dies Malheur?“
„Zentrale hör:
Der Papst ist der Chauffeur!“

Das Pubikum tobt und Schmidt und Andrack verneigen sich vor ihm.
Als die Menge sich beruhigt hat, flüstert Schmidt seinem Partner etwas zu und der verlässt den Saal.
Doch als er sofort wieder auftaucht ruft Schmidt: „Hier ist unsere allseits geliebte Kanzlerin: -
Frau Angela Dorothea Merkel! –

Hallo und guten Abend, Frau Bundeskanzlerin!“
Andrack nickt und winkt dem Publikum mehrmals freundlich zu. Das Publikum geht auf das Spiel ein und applaudiert. Manuel geht direkt zum Podest und setzt sich auf den freien Sessel neben Schmidts Schreibtisch.

„Guten Abend, Herr Schmidt!“, sagt Andrack. Und das Gespräch beginnt mit einer Überraschung –
für Schmidt. Der stutzt nämlich, als er aufs Manuskript schaut und ruft dann: „Regie, was habt ihr mir hier hingelegt? Das ist doch nicht das Thema ‚SIND SIE MIT IHREM LEBEN ZUFRIEDEN?’“
„’tschuldige, Harald!“, krächzt die unsichtbare Stimme von Beginn der Sendung: „Es sind Fragen, die Frau Will zusammengestellt und mit der Bundeskanzlerin zum Thema ‚SCHWEIGEN’ abgestimmt hat. –

Das Thema ist also auch mit Frau Merkel so abgesprochen.“
„Aber auch, wie ich sehe, mit dem Rheinischen Merkur, wo es heißt, Gott schwätze nicht. –
Muss ich danach vorgeh’n?“
„Ist zu empfehlen“, rät die unsichtbare Stimme.

„Dann wollen wir mal!“, und Schmidt fragt Andrack, was ihr, - der Kanzlerin, - an Bölls Dr. Murkes gesammeltem Schweigen gefalle.
Ob Böll nicht schon lange tot und vergessen sei, setzt Andrack dagegen und Schmidt antwortet, „schon, aber nicht Dr, Murke. Der schaut eventuell nachher noch mal vorbei …“
Andrack lacht ungläubig und antwortet, dass ihr die Leidenschaft eines Menschen gefalle, der im Radio arbeite und Schweigen sammle, denn Schweigen sei eine kommunikative Form, in die man viel hineininterpretieren könne, sofern mit Schweigen fantasievoll umgegangen werde.
Nun beschreibt Schmidt Dr. Murke als Kulturredakteur beim Radio, der die Stellen aus den Tonbändern herausschneide, auf denen nichts gesagt wird.

„Er sammelt Schweigen oder Stille. Beschwieg’ne Stellen, sozusagen. – Tun Sie’s nicht auch?“
Das wär so nicht richtig, meint Andrack. In bestimmten Situationen schätze sie Stille und Verschwiegenheit, doch nicht bei sich! Sie freute sich, wenn sie manchmal still sein könnte. Aber öfter habe sie sich dabei ertappt, dass sie wohl still sein wollte, aber nicht geschwiegen habe. –
Alle gingen wir allzu sparsam mit der Stille um, da die Gesellschaft sehr laut geworden sei.
Dabei sei Ruhe doch seit Goethe erste Bürgerpflicht, wirft Schmidt grinsend ein. –

Und fährt fort:

Ob sie Momente sammle, in denen sie besser geschwiegen hätte?
Der These widerspricht sie.
„’s hätt’ jetzt halt gepasst“, meint Schmidt.
Die Schlagzeile DIE BUNDESKANZLERIN SAMMELE STILLE oder Schweigen erschein’ ihr unpassend: Schön sei ein ausgewogenes Verhältnis von Rede und Schweigen. Wenn Menschen still miteinander umgehen könnten, zeigte dies ein hohes Maß an Vertrautheit, ja Vertrauen.

„Oder man hat sich nix mehr zu sagen“, wirft Schmidt ein.

Andrack lässt sich nicht beirren: Sie kenne Menschen, mit denen sich gemeinsam schweigen lasse. Momente der Stille hätten dann nichts mit Sprachlosigkeit, sondern mit wortlosem Einverständnis zu tun. Solche Augenblicke seien rar und kostbar. Sprechen verflache, wenn es die Verbindung zum Schweigen verlöre. Es gäbe Regionen, die fürs Gerede unzugänglich blieben. Tiefe menschliche Begegnungen könnten sich nur dort ereignen, wo die Grenzen des Sagbaren erreicht würden. Viele hielten gar nicht lange aus, still zu sein oder auch nur, ein bisschen zu schweigen, und so werde einfach vor sich hin geplappert. Insofern meine sie, könnte Stille Ausdruck größter Vertrautheit sein. Aber sie könne sich ein Leben nur in der Stille nicht vorstellen, sie hätte sonst auch nicht in die Politik gehen dürfen.

„Und ich nicht ins showbiz“, ergänzt Schmidt.
Mme. Licard lispelt, so spräche keine Frau.
Wie denn, wollen die Männer wissen.
„Manouel, den Satz mit dem Plappärn wyrde dyrch ein’ Frau etwa so ausgedrouckt: ‚und es wird dann doch sehr laichtfärti(s)ch einfach ätwas vor si(s)ch ’in gesprochen’.“

Andrack bekommt einen trockenen Hals.
Verspürt Durst und greift nach dem Glas Wasser, das auf seiner Seite des Schreibtisches steht. Er trinkt aber nicht und sagt stattdessen:
„Das ist ja gar kein stilles Wasser!

Hat man Ihnen nicht gesagt, dass ich stille Wasser bevorzuge, ja fast ausschließlich nur stille Wasser zu mir nehme?“
„Hat man nicht - und schon gar nicht mir.“

Andrack steht auf und ergreift einen Kugelschreiber, der neben dem Manuskript auf dem Schreibtisch liegt.
Er setzt sich wieder und rührt - ungerührt von dem zugleich erstaunten wie entsetzten Blick von Schmidt - wild in dem Glas herum, um aus dem nicht ganz so stillen Wasser die Kohlensäure zu vertreiben. –

Jetzt hält Andrack den Kugelschreiber hoch.
„Der war aber nicht kostbar, - oder?“, fragt Andrack wie nebenbei, bevor er einen Schluck nimmt.
„Nun, Frau Bundeskanzlerin: -
Doch, das war er! –
Lassen Sie uns besser mit dem Gespräch fortfahren.“ –

Für gewöhnlich könnten wir ihr beim Schweigen nicht zuschauen, meint Schmidt. Frau Will berichte aber, dass es einen solchen Moment gegeben hätte und zwar in der Elefantenrunde am Wahlabend: „Herr Schröder geht sie offen an und Sie sagen kein Wort. Da haben Frau Will und alle, die’s gesehen haben, gedacht, sie wären in einem andern Film. –
War’s so?“
„Na, ich war ja schon im selben Film“, sagt Andrack, zumindest wäre sie parallel anwesend und verwundert gewesen. Dies wäre eine Situation, in der man sich sagte: „Schau’n mer mal, was jetzt passiert.“

Wieder unterbricht Mme. Licard: So spräche kein’ Frau, das sei die Sprache von deutschen Kaisern: „Frauen sprä(s)chen etwa so: ‚Wollen wir doch mal gycken, was jetzt noch passiert’.“

Dies sei aber jetzt vorbei, meint Andrack unbeeindruckt. Es gebe Situationen, da wirkten Stille und Schweigen vornehm.
Schmidt fragt, ob ihr das in solchen Momenten klar werde oder ob sie grundsätzlich Konflikte mit Stillschweigen sanktioniere.

Es läge ihr näher, antwortet Andrack. In nicht erwarteten Situationen hülfe das eingespielte Verhaltensmuster. Da gebe es Menschen, die in besonders spannungsgeladenen Situationen ruhiger würden; und da seien Menschen, die würden dann lebendiger, - „will ich mal so sagen. Alles eine Frage der Veranlagung.“
Sie neige in besonderen Situationen dazu, ruhiger zu werden, nachzudenken. Schmidt habe behauptet, ihr könnte man beim Schweigen nicht zuseh’n. Aber im Fernsehen könnte man ihr beim Stillschweigen immer zusehen – „und für mich sind Sendungen, bei denen ich eingeblendet werde, auch wenn ich still bin, die gefährlichsten. Weil ich nämlich glaube, dass ich zu den Leuten gehöre, denen man ansieht, was sie gerade denken. Es gibt da ja auch dieses Wort vom ‚beredten Schweigen’. -

Was ja auch viel darüber aussagt, dass im Kopf beim Schweigen eine Menge ablaufen kann. Ich finde stille Menschen, die sich trotzdem nicht verstellen, also die nicht zu einer Maske verkommen, interessant; zu beobachten.“

Schmidt wirft nun ein, dass sie am Wahlabend wohl etwas gedacht haben möge, doch gesagt habe sie kaum etwas.

Ob ihr das in dem Moment klar gewesen wäre?
Andrack behauptet, es wäre falsch gewesen, etwas zu sagen, als noch nicht einmal das endgültige Wahlergebnis vorgelegen hatte. In ihrem Leben gebe es immer wieder Situationen, wo es nichts zu sagen gäbe und zunächst die eigenen Gedanken zu ordnen wären.
Schmidt kann sich eine Bemerkung gegenüber dem hohen Gast nicht verkneifen: „Erst sprechen und plappern und dann darüber nachzudenken, was hab ich denn da gerade erzählt, ist nur der zweitbeste und somit schlechtere Weg. Erst denken, dann reden ist der bessere, allemal.“

Er fragt, was sie nun still und kommunikativ vorsichtig habe werden lassen.
Andrack weiß nicht, ob sie vorsichtig ist. Als Kind hätte sie unglaublich gern geredet, sei eine Sabbeltasche gewesen …

So spräche keine Frau, unterbricht Mme. Licard. „Eine fyrnehm’ Dame sagt nicht Sabbértasse sondern Plappérmaul, - viellei(s)cht …“
Schmidt lacht: „Da verwechselst du etwas miteinander:

Der Sabbertasche fließen überflüssige Wörter aus dem Mund, dem Sabbermaul überflüssige Säfte, - hm, - Speichel …“

Andrack will sich nicht unterbrechen lassen von einer Randfigur und wiederholt: Als Kind habe sie viel geredet und sie rede auch heute noch gern. Wenn sie erschöpft sei, plappere sie sehr viel bis zu dem Punkt der totalen Erschöpfung, ab dem sagte sie nichts mehr. Da sei Schweigen und Stille auch Erholung. Dann suchte sie Dinge durch Nachdenken zu lösen. Nachdenken sei Arbeit, selbst wenn man nur so dasitze und ins Leere starre.
Schmidt nickt wohlwollend und zustimmend.

„Womit wollen wir denken, wenn wir nichts mehr im Kopf haben?“
Andrack lässt sich nicht unterbrechen und meint weiter, dass man stille und schweigsame Menschen stets anspräche, selbst wenn es gerade in ihrem Kopf arbeitete, weil man ihnen nachsagte, sie könnten gut zuhören.

Schmidt fragt jetzt, ob und wie viel Verschwiegenheit Politik brauche. Und ob Demokratie nicht viel mehr Öffentlichkeit statt Geheimniskrämerei benötige.
Eine interessante Frage, findet Andrack. „Wer hat wie viel Recht auf was?“ Dürfte ein Politiker schweigen und wenn ja, wie lang und wie viel? Müsste er nicht still arbeiten können? Wie viel müsste öffentlich ausgebreitet werden, fragt Andrack. Alles, was man bespräche, müsste nachher sich vom Ergebnis her vertreten lassen. Aber dass es auf alles, also vom Weg bis hin zur Entscheidung, einen Rechtsanspruch auf Offenlegung gäbe, bezweifle sie.

Ob sie lieber simse statt zu telefonieren.
Andrack hält SMS für ein interessantes Kommunikationsmittel. Es spare Zeit. Leere Floskeln könnten unterbleiben. Zudem müsste der Absender nicht offenbaren, wo er sich befinde. Diese Freiheit gälte gleichermaßen für den Empfänger, der auch selber aussuchen könnte, wann er die SMS anschaue und wann er sie beantworte.
Auf eine entsprechende Anfrage Schmidts gibt Andrack zu, mit Grinsemännchen zu arbeiten.
„Können Sie eigentlich blind schreiben wie etwa unterm Tisch?“, fragt Schmidt.
Andrack antwortet, dass man es zwar behaupte, aber sie könne es nicht. Sie arbeite mit T9, „aber sehend, denn blind kann ich nicht schreiben. Ich danke jeden Tag dafür jenem unbekannten höheren Wesen, welches wir alle verehren, dass ich sehen kann. -

Was soll mir da diese vorgetäuschte Blindheit?“
Schmidt sagt, Frau Will behaupte, man sähe nun, dass sie es wäre, die aus einer Sitzung etwas heraustrüge. Gäbe sie Geheimnisse aus vertraulichen Sitzungen preis? Frau Will glaube auch, es hätte mal eine Situation gegeben, „ in der Sie gesagt haben: Ich war es nicht. -

Oder?“
Solche Situationen gäbe es öfter. Sie gehöre nicht zu den unauffälligen Simsern.

Die unsichtbare Stimme vom Anfang unterbricht das Gespräch und dröhnt: „Der Gast ist da!“

„Wir haben mit dem wunderbaren Dr. Murke angefangen. –
Frau Merkel, wollen wir auch mal einige Sekunden beschweigen, bis Dr. Murke hier ist?“
Andrack tut erstaunt: „Dr. Murke gibt’s wirklich?

Und er lebt noch?“
„Sie werden seh’n! –

Wollen wir nun ein paar Sekunden konzentriert schweigen?“
Für zehn Sekunden herrscht Stille … unterbrochen allein durch das Ticken einer Uhr, die jeder jetzt deutlich hören kann und mit jeder Sekunde wird das Ticken aufdringlicher.

Mme. Licard muss lachen. „Darf frau lachen?“
Andrack schaut streng,
Schmidts Blick will strafen.

Sie schweigen, bis das Publikum unruhig wird, denn ein kleiner, älterer Herr von vielleicht achtzig Jahren betritt den Saal und geht hinter Andrack aufs Podest zu. Als die Hälfte des Weges zurückgelegt ist, spielt die ARD Showband das „Hildebrandtslied“ an …
Andrack dreht sich um und ruft überrascht: „Das ist doch …“
Schmidt fährt ihm ins Wort: „Richtig, das ist der leibhaftige Dr. Murke:

Begrüßen Sie mit mir Dr. Murke!“

Das Volk tobt, dass man nicht hören kann, was die drei auf dem Podest bei der Begrüßung sprechen.

Dr. Murke setzt sich. Applaus und Lärm klingen ab.
Schmidt, eher beiläufig: „Muss die Sendung wie damals die von Prof. Bur-Malottke auch um eine halbe Minute gekürzt werden?“
Dr. Murke: „Sie sollte um wenigstens dreißig Minuten gekürzt werden. Besser noch, sie hätte gar nicht stattgefunden. -

Schneiden sie das Interview heraus!“
Andrack: „Sammeln Sie immer noch Tonbänder …?“
Als die beiden ihn mit großen Augen anschau’n, meint er kleinlaut: „Versteh ich nicht. – Warum soll Frau Merkel herausgeschnitten werden? – Sie glauben gar nicht, wie viel Arbeit es macht, die Wirklichkeit in eine Talkshow zu holen!“
Dr. Murke: „Schäuble hat einige Freunde und andere Kreaturen im Rundfunkrat, die uns mit Sicherheit beobachten. Wenigstens sechs sind von ihm abhängig und von mindestens dreien weiß er was.“
Schmidt: „Und wer weiß was von Schäuble?“
Dr. Murke: „Alle wissen wir was.“
Schmidt: „Was?“
Dr. Murke: „Das weiß keiner so richtig.“
Andrack: „Wissen Sie was?“
Dr. Murke: „Ich weiß nur, dass Schäuble ein guter Freund von ihrer Intendantin ist. -
Aber das auch nicht so richtig.“
Andrack: „Das weiß hier jeder …“
Schmidt: „Und warum sollten wir die Sendung um die Hälfte kürzen?“
Dr. Murke: „Selbst wenn es nicht jedem aufgefallen ist: Es wird behauptet, Frau Bundeskanzler habe gestanden, gelegentlich Beihilfe zum Geheimnisverrat begangen zu haben. –
Herr Schäuble und seine Freunde werden sich die Aufzeichnung sehr gründlich anschauen.
Herr Profalla wird noch etwas blasser werden, als er ohnehin schon ist.
Und Herr Kauder wird vorsorglich die Justiz einschalten …
Die Justiz wird sagen, alles sei Scheiße, aber erst mal wird sie was tun …
Und man sollte sich historischer Vorbilder erinnern, wie etwa, dass der zuletzt viel gelobte Rainer Barzel dem Ludwig Erhard ein Bein stellte und der sich nicht einmal wehren konnte, als ein abgewrackter Nazi sein Nachfolger als Bundeskanzler wurde, dem Vorgänger Filbingers im Schwabenland, wo bis heute die ganz besonders braunen Widerstandskämpfer geehrt werden.

Zum Glück ist Barzel nie Kanzler geworden und Sie erinnern sich des Spruchs, der nach dem Misstrauensvotum gegen Brandt aufkam:
Keiner wäscht Rainer. Rainer muss sich selber waschen.
Den Rücktritt oder Sturz Brandts hat dann dessen eigene Partei besorgen müssen.“

Die ARD Showband spielt „Why don’t we do it in the road”.

Ob er noch einmal in seinem Leben etwas mit “Schweigen” oder “Stille” zu tun gehabt habe, fragt Schmidt.
Ja, aber mehr am Rande, als er Matthias Claudius auf einen der Vorgänger Merkels verarbeitet habe.
Ob das auch auf Merkel ginge?
Nun, Frau Merkel sei so lang noch nicht im Amt, dass ihr eine solche Würde zukomme. „Aber versuchen können wir’s mal“, sagt Dr. Murke und schlägt vor, dass Mme. Licard es versuche.

Und die versucht’s: „Le Monde,
meine Damen ound ’erren,
ounde das mö(s)chte i(s)ch ’ier in allé Offen’eit sagen,
ist aufgegangen …

La forrêt steht schwatz und schweiget,
und aus les Wiesen steiget
le blanche Nebel wounderbar.
...“

Mitternacht wird und es ist still geworden um jenes Wesen, das wir alle verehren.
Doch das Wesen, das wir alle verehren, schweigt eigentlich schon immer.

 

Hey,
gelungen - das vorneweg. Es ist für mich jetzt die Frage - ich schaue die Schmidt-Show schon seit Jahren nicht mehr regelmäßig -, ob das so passiert ist (ich kann's mir nicht vorstellen, weil die Sprache nicht immer genau passt), also in wie weit es eine "reale" Vorlage dafür gibt.

Ansonsten sind bestimmte "Marotten" Schmidts gut abgebildet, andere nicht ganz so stark (wobei gerade die verschiedenen Dialekte und motivartigen Posen sprachlich schwer wiederzugeben sind).
Über die Länge hinweg, trägt es, finde ich, gerade noch so. Aber viel länger dürfte es wirklich nicht sein, ich würde sogar eher kürzen. Also die Einleitung mit Pocher, dem Papst, Thomas Mann ... die kann eigentlich raus, interessant und -wie ich finde- geistreich wird es erst bei dem getürkten Merkel-Interview. Das hat dann in seiner Absurdität wirklich was. Es fließt und plätschert auch so schön dahin.
Das ist eben auch die Komik Schmidts, das Absurde stehen zu lassen, einen Gag auch mal wirken oder unkommentiert zu lassen. Und - was sehr gut eingefangen wird- gerade so zu sein, dass man nie weiß, ob er es ernst meint oder ob er einfach einen Witz macht.
Ich kann mich dran erinnern, dass er mal eine Sendung in Französisch moderiert hat und auch solche "Schweigeminuten" (die er sehr gut durchhält im Übrigen) hatte er schon, glaube ich. Das Bescheuerteste war mal, als er aus Playmobil oder Lego irgendwelche Dioramen gebaut hat, um Sagen und Legenden zu erklären.

Ich würde die Geschichte wirklich -eher noch - reduzieren. Die Einleitung straffer, nur kurz die Situation vorstellen und dann das Gespräch über das Schweigen. Und auch keinen "fabula docet"-Pointenträger letzten Absatz.

Aber gerne gelesen, war mal was anderes und durchaus unterhaltsam
Quinn

P.S.: Die Formatierung wäre kompakter lesefreundlicher, glaube ich. Bisschen zu viel Luft.

 

Hallo Friedrichard,
vorweg: Ich hab's nicht ganz kapiert. Satire? Wo? Was möchte dein Text anprangern? Die Gäste? Die beliebig austauschbaren Moderatoren? Das macht noch Sinn! Die Gespräche? Die Sendung als Ganzes? Absurdität in den Medien? Das Fernsehen für Pseudointelektuelle? Ist Schmidt die Übertreibung von Maischberger? Vielleicht lese ich's nochmal.

Was die Form betrifft, schließe ich mich Quinn an und plädiere für eine kompaktere. Die indirekte Rede hat mich auch etwas gestört – dadurch wird die Unmittelbarkeit, die sonst durch die Dialoge entsteht, wieder relativiert: Der Leser ist mal drin, mal draußen.

Gruß
K.

 

Guten Abend, Quinn,

hallo, Kasimir,

danke für die ersten Statements!

Hatte vor einiger Zeit eher zufällig (beim Zappen!) Schmidt mit zwei Frauen (prominent, mir fallen jetzt nur nicht die Namen ein, ist ja auch schon früh!) bei Götz Alsmann gesehen. Wie die vier über Musik plauderten und auch Musik machten war fantastisch. Noch nie einen (Kirchen-)Musiker gesehen, der so unaufgeregt und selbstironisch über die Schwächen seines (Orgel-)Spiels geredet hat. Was wollen die ARD diesem Menschen einen Aufpasser zur Seite stellen oder gar ziehen lassen? Jeder Auftritt Schmidts wird zur Satire. Wer das Telefonbuch Düsseldorfs in einer Reich-Ranicki Manier kritisiert und auseinandernimmt (der blutjunge Schmidt beim Kommödchen anno tobac) ist eine wandelnde Satire.

Soweit zum Motiv, zur Intention.

Eine reale Vorlage gibt es nicht, weder von Maischberger noch Schmidt, sehen wir davon ab, dass es tatsächlich „Schwangerschaftsvertretungen“ gegeben hat und das gespielte Interview ein reales Vorbild hat. Ob die Länge des Textes angemessen ist und damit auszuhalten, muss jeder nach seinem subjektiven Empfinden ausmachen. Die vorgeschobene Talkshow läuft real ca. eine Stunde, wer den Text laut liest braucht ca. die Hälfte der Zeit. Darum auch die Kürzung beim zweiten Teil (nach dem gespielten Witz) durch überwiegend indirekte Rede. Hier hat sich das Spiel der Konjunktive angeboten, einerseits zur Verfremdung und, Kasimir, zur Relativierung, andererseits um zu zeigen, wo Merkels Aussagen bezweifelt werden können/dürfen/müssen. Das kann die direkte Rede nur durch zusätzliche Worte, wenn es überhaupt damit zu schaffen ist, oder indem sie selber den Konjunktiv II verwendet. Aber das ist schwierig und fällt selbst geübtesten Interviewern nicht leicht.

Die Formatierung sollte bleiben, ganz einfach, weil ich die drei oder vier Vorstufen von der unübersichtlichen zur übersichtlicheren Form hin durchprobiert hab.

Hat mich gefreut, dass Dir der Text gefallen hat, Quinn.

Versuch’s noch einmal, Kasimir!

Und gute Nacht!

Friedrichard

 

Hallo, Leute,

da hat mich doch gestern die e-Mail einer alten Freundin stutzig gemacht, die auch schon eine frühere Fassung des Schweigens kennt, und den Prozess ausgelöst, den ihr bereits angeregt habt: Korrektur/Änderung des Textes. Ich zitiere:

„ Hello Friedel,
(…)
Danke auch für Deine nette Geschichte. Sie hat nach meinem Gefühl durch Deine Bearbeitung erheblich gewonnen. Hey, Du bist ja sogar bei einem Thema geblieben (kleiner Scherz, aber Du kennst ja meine Anmerkungen, dass Du gerne mehrere gleichzeitig aufmachst, um Deine Zuhörer komplett zu verwirren). So hat das Lesen richtig Vergnügen bereitet, obwohl Du zum Ende hin doch wieder etwas zu ausführlich geworden bist, und so leider etwas das Tempo verringert wurde.
Aber aufrichtiges Kompliment!
(…)“

Ich denk drüber nach. Weiß aber noch nicht, in welche Richtung die Änderungen gehen werden: kürze ich den Anfang (Quinn), straffe ich das Ende (siehe Zitat + auch Quinn), wähl ich eine kompaktere Form (Quinn & Kasimir)…
… oder schreib ich den Text neu, ganz anders?

Ich weiß es noch nicht. Aber tun wird sich was, aber es wird, wie beim „Bescheidenen Vorschlag“ noch ein paar Tage dauern.
Gruß

FRD

 

Hi!

Ich denk drüber nach. Weiß aber noch nicht, in welche Richtung die Änderungen gehen werden: kürze ich den Anfang (Quinn), straffe ich das Ende (siehe Zitat + auch Quinn), wähl ich eine kompaktere Form (Quinn & Kasimir)…
… oder schreib ich den Text neu, ganz anders?

Irgendetwas solltest du tatsächlich tun. Denn obwohl dein Text an manchen Stellen durchaus zu gefallen weiß, tendiert er insgesamt ins Langatmige und damit ins Langweilige. Zum Ende hin musste ich mich wirklich zusammenreißen, um das Lesen nicht einfach einzustellen.

Ich persönlich schließe mich Quinns Meinung an. Der Anfang ist zwar ganz gut gemacht, aber VIEL zu lang. Im Grunde könnte man ihn um zwei Drittel kürzen. Darüber hinaus würde ich den letzten Absatz streichen. Schlusssätze in dieser Art sind verlockend (was ich aus eigener Erfahrung weiß), bringen aber nur dann etwas, wenn sie dem vorangehenden Text in irgendeiner Weise etwas Neues hinzufügen können. Und das ist hier nicht der Fall.

Ta!

AZ

 

Hallo, Leute,

eine neue Fassung ist fertig.

Ob sie besser ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Um den Unterschied noch feststellen zu können, schlag ich vor, die alte Fassung stehen zu lassen, auf dass meine Kritiker nach Vergleich ggfs. die Sau rauslassen können.

Manche Änderung fällt sofort auf, bei einigen bedarf’s des ursprünglichen Textes zum Vergleich.

Ich selber, wenn ich darf, bewerte die erste Fassung (die ja schon gar keine erste Fassung ist; vgl. frühere Stellungnahme) als die harmlose.

Wenn’s sein muss, zerreißt mich!

FRD

 

Grüß Dich, Rosta,

’s tut gut, von Dir zu lesen!

Ich gebe Dir – unaufgefordert – mein Ehrenwort, dass alles erstunken und erlogen ist, so wahr ich hier am Schreibbrett, hm, Keyboard stehe, ich könnt’ gar nicht anders –

(zur wahrheitsgemäßen Orientierung: meine Feststation steht auf dem alten Sekretär, auf dem der alte Joethe noch seine Faust gelegt hatte …). Zum Beweis der Wahrhaftigkeit dieser Aussage rufe ich das Hildebrandtslied und Herrn Barschel an!

Im Ernst: mit den Änderungen tat ich mich schwer, bis zu dem Augenblick, da Herr Kauder begann, Realsatire zu betreiben.

Schmidt hat inzwischen seine wahre Berufung gefunden: die Schauspielerei (Interview in der Zeit vor ein oder zwei Wochen und auch gerade irgendwo im Fernsehen). Merkel ist zur beliebtesten Kanzlerin aller Zeiten aufgestiegen, was nicht schwierig war. Dr. Murke ist mit einem Dr. Willemsen auf Tournee und die wirkt auf den achtzigjährigen wie ein Jungbrunnen. Und ich weiß immer noch nicht, ob die Änderungen Verbesserungen oder – wie man schon mal sagt – „Verschlimmbesserungen“ gebracht haben.

Ob nun die Version mit fast ¾ indirekter Rede die beste ist, vermag ich halt nicht zu beurteilen.

Um in Gesellschaft nachgestellt zu werden ist’s vielleicht besser, wieder alles in die direkte Rede zu übersetzen, was beim ersten Teil einfacher als bei der zweiten Hälfte ist. Es ist eh erstaunlich, wie lange und wie (pseudo?)tief sich übers Schweigen schwätzen lässt.
Bleibt die indirekte Rede erhalten empfehl’ ich l a a a n g s a a a m (la:ŋza:m) zu lesen.

Ich dank Dir und wünsch Dir eine gute Nacht,

friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Grüß Dich, Rosta,

Du behauptest, „wenn ich mir nur mal die richtige Lösung des Kreta-Lügner-Rätsels merken könnte“,

dass ich frage: Ist das wahr oder ist das falsch (also: gelogen!)?

Glaub’ ich, dass es wahr sei, was Du sagst, so werde ich Dir antworten. Wenn ich aber glaubte, dass es nicht wahr wäre, so bräuchte ich Dir nicht antworten, denn Du wüsstest es ja in Wirklichkeit.

Die Geschichte geht etwa wie folgt und wäre, gäb’ es sie nicht schon, reif für KG.de, dann natürlich ausgeschmückt:

Ein Schiffbrüchiger strandete auf Kreta. Der einheimische Epimenides warnte ihn: „Alle Kreter sind Lügner!“

Sagte Epimenides die Wahrheit, so lögen alle Kreter. Außer ihm natürlich, was ausgeschlossen ist, da er ja ein Kreter ist. Damit wär’ er –

immer noch ein Lügner.

Lög’ jedoch Epimenides, was er ja selbst behauptet, schlösse dies keineswegs aus, dass alle Kreter die Wahrheit sagten, denn er ist Kreter und –

blieb’ ein Lügner.

Oder wie Eubulides formulierte: „"Wenn ein Lügner sagt, dass er lügt, dann bedeutet das, dass er sowohl lügt als auch die Wahrheit spricht, denn wenn er die Wahrheit sagt, so lügt er, und wenn er lügt, so lügt er nicht, sondern sagt die Wahrheit."

Ähnliches gibt es in der Mengenlehre, ob die Menge X Element der Menge X wäre. Dazu gibt’s dann die Geschichte, dass auf einer einsamen kleinen Insel - es kann also nicht Kreta sein - der Barbier und nur der Barbier jeden Mann rasiert, der sich nicht selbst rasiert.

Wer rasiert den Barbier? Rasierte er sich selbst, verstieße er gegen die Regel. Wenn er sich aber selbst nicht rasierte, müsste er sich selbst rasieren etc.

Russel schließt solche Probleme für die Mengenlehre aus, verbietet sie sozusagen. Tarski umgeht die Lügner-Antinomie, indem er sie zum metasprachlichen Problem erhöht.

Aber damit richtete ich die schönen kleinen Gute-Nacht-Geschichten zugrunde, und das wollen wir ja nicht,

und gute Nacht!

friedel

 

Das kann ich aber nicht haben, dass jemand anderes als ich das letzte Wort hätte –

verzeih mir, Rosta!

Hallo, gute Nacht & moin, liebe Freunde des gepflegten verschwiegenen Wortes,

nach nahezu einem halben Jahr weiß ich nun immer noch nicht,
ist die neuere Fassung besser oder schlechter (schlichter?) als die ursprüngliche -

?

Also nur Mut + wenn Euch danach ist –

zerreißt mich!

 
Zuletzt bearbeitet:

„Keiner will Dich zerreissen. Haben bestimmt alle ne Hundephobie“,

ich selbst bin’n Fisch (sonst hätt’ ich Federn, statt Schuppen),

Rosta,

Du sollst (und kannst) mir verzeih’n, weil ichs letzte Wort haben wollte.

Das eigentliche Problem ist, schriebe ich a l l e s, aber auch alles in direkter Rede, wär’s doppelt so lang als es eh schon ist (Lesung: eine Stunde). Und das mit dem Zerreißen ist eher in einem übertragenen Sinne gemeint, bin ich doch nur Haut, Knochen und Haar und somit nahezu unbekömmlich und unverdaulich.

„Redundanz“ als pädagogisches Prinzip ist schon richtig, obwohl ich lieber Pagoden, denn Pädagogen um mich hätte.

Aber schön, mal wieder was von Dir gehört – äh – geseh’n zu haben.

Statt „moin + guter Nacht“ wünsch ich dir einen schönen Lenz dieser Tage!

Friedel & der Zoo

 

Gerade,

also exakt von 22.45 Uhr gestern bis 0 Uhr noch nicht Heute aber auch schon nicht mehr Gestern,

war die Schwangerschaftsvertretung von Frau M. mit Dr. Murke zusammen in der Gesprächsrunde der gewordenen und vollendeten Mutter, welche die beiden nach einer Statistik

)oder ist’s eine Hitparade )?(

von „Cicero“

(wer das im alten Rom war, ist mir klar, wer das jetzt sein soll oder will, weniger. Ach ja, ein Schlagerfuzzi, Lebensberatung in Stilfragen oder wer oder was?)

auf jeden Fall nach einer Bestenliste sollen sie Rang vier und 16 unter den deutschsprachigen Intellektuellen einnehmen. Der eine wird in der Sendung als Godfather unter den Altkabarettisten, der jüngere als sein Sohn bezeichnet, was vom Altersunterschied her stimmen könnte. Der Sohn glaubte sich bis gerade noch als Nummer zwo hinter Grass und fürchtet nun, dass etwas schief gelaufen sei, denn er ist nurmehr number four. Walser und der Papst haben – angeblich - Grass niedergewalzt.

Godfather fühlt sich derweil zwischen zwo jüngeren Frauen wohl, der Traum eines jeden 80-jährigen, der sich noch selbst pflegen kann.

Warum erwähn ich diese Familienzusammenführung? Die Herren stammen alle aus dem Osten, sind sozusagen Flüchtlinge, ohne dem Senf der Vereinsmeierten Heimatvertriebenen aufzusitzen. Die Gustloff wird’s uns zeigen: wir sind die wahren Vertriebenen und Verfolgten, denn wir konnten ja nix dafür und nur wenig dagegen. Ihr Kapitän hält plakativ Zeige- und Mittelfinger der linken Hand vors linke Auge, denn mit rechts sehe man besser – oder so ähnlich, wie man so sagt.

Aber ich schweife ab: Im wirklichen Leben haben H. S. und D. H. zum ersten Mal im Leben richtig und ernsthaft miteinander gesprochen, obwohl sie sich durch Medien unds Kommödchen vordem kannten. Bei mir durften sie’s schon drei Jahreszeiten zuvor!

Aber ich armes Schwein schwimm (Stabreim!) immer noch, ob die vorliegende Fassung besser ist als die zuvor verwesen(d)en …

 

Hallo Friedel,


weiser Mann. Auch wenn das Hervorholen dieser Geschicht´etwas von Störung der Totenruhe an sich hat, so sei sie doch noch einmal ans Licht gezerrt. Schon alleine weil sie zeigt, dass Schmidt mit oder ohne Pocher immer Schmidt bleibt und keinen anderen Schmidt neben sich duldet.

Fein, wie du die Nervigkeit des späten (wie doppeldeutig :) ) Schmidt offenlegts. Auch Herr Andrack (der im Übrigen der bessere Schmidt ist und von diesem als Stichwortgeber schmälich mißbraucht) ist pointiert getroffen.
Das Mme Licard bei dir, ebenso wie bei Herrn Schmidt, zu kurz kommt, sei ihrer (Neben-) Rolle in der Show geschuldet.

Wunderbar dein Einfall, den verehrten Großmeister des politischen Kabarrets in seiner Paraderolle auftreten zu lassen.

Schmidts Entgegnung auf Murkes Anwurf der Kürzung:

Und warum sollten wir die Sendung um die Hälfte kürzen

beschreibt auch das Problem deiner Geschichte. Weniger wäre hier mehr.
Dies haben die verehrten Kasimir und Quinn ebenfalls bemängelt.

So manche Pointe verschwindet leider im Dickicht der Sätze.

Fazit: gerne ob der satirischen Anklänge (und hier möchte ich Kasimir widersprechen: Es ist Satire!) gelesen, jedoch zu lang.

lieben Gruß
Dave

 

Hallo Dave,

danke fürs Lesen & kommentieren, denn nach der Änderung hatte - jetzt unterm Vorbehalt, dass ich vielleicht schon in der Nähe Alsheims gebaut haben könnte - niemand mehr geantwortet.

Du fledderst auch keine Leiche oder störst keine Totenruhe, hat der Text doch eine ungewöhnliche Aktualisierung erfahren:
Le Monde geht immer noch auf, trotz kriselns,
der BND-Untersuchungsausschuss glaubt, abgeschlossen zu haben mit 3000 Seiten Bericht und mehr Papier, was die Medien bezweifeln,
Pocher, der da noch nicht dort war, ist schon wieder weg,
der Papst tritt immer noch in jedes Fettnäpfchen (was ihn manchmal liebenswert macht),
Merkel ist immer noch Kanzler und schweigt gelegentlich,
Andrack wandert noch immer, schließlich kennt der seinen Kleist und dass der Gedanke sich unterm Gehen forme -
wie Hildebrand noch tourt & improvisieren kann wie sonst keiner -
und bevor der Satz zu lang wird, schreib ich mal
etc.
und alle andern sind immer noch Frisöre ...
Was mach eigentlich Licard?

Deine abschl. Bemerkung ist sicherlich berechtigt (wie so oft liefert ein Text unbewusst/ungewollt seine Kritik gleich mit).

Die Länge lass ich mir dann in der Tat noch mal durch den Kopf geh'n.

Dank Dir! &
einen schönen Gruß aus den ersten Sommertagen wünscht

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Merkls Schweig‘gsangl

Merkls Schweig‘gsangl

Üba oien Gipf’n is Ruah,
In oien Wipf‘n spürst du koan Hauch.
D’Vögein sand scho ganz staad.
Wart nua, boid bist es a.

Hallo Friedel,

„Goethe überlas diese wenigen Verse, und Thränen flossen über seine Wangen.“ Das wird berichtet, als er sein Gedicht, geschrieben an eine Zimmerwand, nach vielen Jahren wieder las.
Er hat sich, wie Merkel in deiner Geschichte, zum Schweigen und zur Stille geäußert angesichts des ewigen Schweigens und der ewigen Stille. Er starb ein halbes Jahres später.
Wohltuend dieses Gedicht wie das von Claudius Kohl über den kranken Nachbarn.
So endet deine Geschichte über den Medienrummel. Das Gegackere von Leuten wie dem von einem gewissen Harald Schmidt oder anderen, die ich nur dem Namen nach kenne, also auch nichts über sie schreiben kann, hat als Kontrapunkt das edle Schweigen der Bundeskanzlerin. Eine geniale Idee alteuropäischer und ägyptischer Geschichte, denn vom Schweigen der Mönche zehren wir noch heute.

Warum das Karussell aus 2007 wieder anwerfen, aufsteigen und zu dem Radetzkymarsch der Konzertorgel aus dem Jahr 1919 auf einem Feuerwehrauto Runde um Runde drehen, als wäre der Leierkastenmann hundeumjault immer noch quicklebendig statt verhungert.
Weil Merkel mit Steinbrück Tacheles geschwiegen hat. Weil eine Verwirrung der Sprachebenen stattfindet: Wer meint es ernst, wer lustig, wer weiß nicht, wie er es meint?
Ich habe mal gesucht, wie oft Merkel und wie oft Steinbrück bei Kg erwähnt werden. Da bleibt die Frau Merkel weiterhin Kanzlerin der Schweigerepublik.
Und deine Geschichte? Schon verwirrend ist das alles, sodass die These von der Unregierbarkeit der gegenwärtigen Gesellschaften voll überzeugt: Ein Sauhaufen, in dem jeder tut, was er will und keiner, was er soll, dabei macht sich der eine wichtig, der andere sich lustig, jeder redet etwas – und was soll das alles: Deine Geschichte spielt auf dem Volksfestplatz, in einer Vergnügungsinstitution, die mit Alkohol, Schlägereien und Zwangslustigkeit den Zweck der Volksbelustigung erfüllt.
Du meinst damit doch nicht die Versehensanstalten? Alles nur, nach Deiner Darstellung, ein Lustspiel, eine Volksbelustigung, Unterhaltung und Ablenkung vom Wesentlichen? Und was ist das Wesentliche?

„SIND SIE MIT IHRM LEBEN ZUFRIEDEN?“

Alle Personen sind so beschäftigt, dass sie zufrieden scheinen. Die Frage wird nicht beantwortet.
Also noch einmal: Worum geht es in der Geschichte?
Um Frau Merkel, um eine Person, die nicht da ist, die nur in der Rede von Herrn Andrack vorkommt, und in dieser Rede das wichtige philosophische Problem darstellt: das Schweigen: Eine Schweigende wird durch einen Redenden zur Sprache gebracht, um über das Schweigen- und damit die Dummheit des Plapperns. - zu reflektieren. Ein geniales Roundabaout.
Dass Herr Murke noch erscheint, mag hingehen, aber hat er Merkels gesammeltes Schweigen schon als Buch auf die Spiegelbestsellerliste gebracht?
Ist Merkels gesammeltes Schweigen nicht aussagekräftiger als das Reden der Moderatoren?
„Merkels edles Schweigen“, würde ich das Buch über die gesammelten Schweigemomente der Bundeskanzlerin betiteln.
Das erste Drittel Deines Textes? Überflüssig für das Thema Schweigen, wichtig für das Thema Medienkarussel, denn das schildert wohl jene Marterinstrumente, die einen hoch und runter fahren (also Talkshows), dass einem der Steckerlfisch auf das Dirndl der Nachbarin entwischt.
Lachend und gern gelesen als Beitrag zur Bundestagswahl.

Ich setze gegen dies edle Schweigen des protestantischen Deutschlands das heilige

Om

Herzlichst
Wilhelm

 

„ … Ich führe … ein relativ eventloses Leben und bin den Events, noch schlimmer: den Mega-Events, eher etwas abhold. Ich suche sie nicht. […] Diese unglaubliche Geschwätzigkeit heutzutage hat was mit der Angst zu tun, selber dem Nichts preisgegeben zu sein. Ruhe ist aber nicht nur das Nichts innerhalb des Stillstands. … Zwischen zwei Tickern der Uhr ist auch Ruhe … Meine innere Ruhe kann ich nicht beschreiben, darüber denke ich nicht nach, ich genieße sie, aber ich seziere sie nicht“, sagt Gerhard Polt im aktuellen Zeitmagazin,

lieber Wilhelm.

Was könnt’ man denn erwarten - dass Du ordentlich und wohlerzogen zu Deinem selbstgewählten Namen berlinertest, oder doch wenigstens passend zu Deinem Eingangszitat Äppelwoi die Zunge beherrschte - und nun kommt, wenn schon nicht das Schweigen im Walde, die höchste Waldesruh in bairischem Idiom daher, die Zunge weizenbeglückt, dass ich schon wieder was dazu gelernt hab und die Globalisierung nicht nur in der Denglisierung oder im Pidgin zu erkennen wäre.

Aber übertreiben wir nicht!

Ein geniales Roundabaout,
bringt mich nur in Verlegenheit, denn die Geschichte ist ja noch vor der platzenden Finanzblase geschrieben und erst Recht weit vor der äußerst überraschenden Bekanntgabe, dass Geheimdienste ihre Dienste heimlich verrichteten (was ja nun selbst für die gläubige Gemeinde der Internetfreiheit nun nicht mehr das letzte Geheimnis dieser Welt sein sollte). Freilich bin ich in schlaflosen Nächten seit Dave’s Beitrag schon zur Überzeugung gelangt, dass der Anfang genau so stehen sollte, wie er da steht. Und das hat sich in aktueller Gefahrenlage hier vor Ort eher verstärkt.

Warum?

Nun, so kommt denn durch die Nennung von Courts-Mahler über Th. Mann bis zur modernen Gartenlaube indirekt auch ein Bezug zu dieser Plattform auf, die ja gar nicht anders sein kann als die sie umgebende gesellschaftliche Wirklichkeit, aus der sie sich speist. Ohne dass sie je authentisch werden könnte – Authentizität finden wir im Polizeibericht - und weil – wie in jedem anständigen Text - mehr als das Offensichtliche im Text enthalten ist.

Schweigen ist in der rechtlichen Etymologie ein Tun, genauer, ein „Unterlassen“ (was den Laien dann verblüfft, dass „nichts tun“ auch ein Tun ist wie offensichtlicher im Schweigemarsch [wiewohl man da ja läuft] und dem Sitzstreik, dessen Krönung natürlich der Hungerstreik bzw. das ungefährlichere und hoffentlich wärmende Bett ist, wobei auch durchaus lebensgefährlich, insofern die meisten natürlich immer noch im Bett sterben).
Das Verb schweigen bedeutet von seinem Ursprung her „nicht reden / verstummen“ und sei’s durch eine (dann durch mehr oder weniger legitimierte Gewalt) erzwungene Schweigepflicht bis hin zum kalten Autodafé durchs Maulverbieten und Mundstopfen.

Aber es gibt ein warmes Gefühle, einen alten Text wieder auferstanden zu sehn während einer keineswegs freiwilligen Zwangspause, ein Text, der nix an seiner Aktualität verloren und umso mehr gewonnen hat - man schaue sich die Wahlergebnisse in Tiutschiulant nebst seiner ehemaligen Ostmark an – denn selbst die in dem Text genannten Namen kennt noch nahezu ein jeder, ohne dass er bei Stromausfall googlen müsste.

Ich dank Dir,

lieber Wilhelm,
für die feine Deutung, welche die aktuellen Stände trifft.

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

„Keiner will Dich zerreissen. Haben bestimmt alle ne Hundephobie“
Rosta am 10.02.2008​

Hallo Leute,

Endzeitstimmung ist, gesellschaftliche Strukturen brechen auf und obwohl ich vor ziemlich genau elf Jahren schrieb:

„Im Ernst: mit den Änderungen tat ich mich schwer, bis zu dem Augenblick, da Herr Kauder begann, Realsatire zu betreiben
Schmidt hat inzwischen seine wahre Berufung gefunden: die Schauspielerei (Interview in der Zeit vor ein oder zwei Wochen und auch gerade irgendwo im Fernsehen). Merkel ist zur beliebtesten Kanzlerin aller Zeiten aufgestiegen, was nicht schwierig war. Dr. Murke ist mit einem Dr. Willemsen auf Tournee und die wirkt auf den achtzigjährigen wie ein Jungbrunnen. Und ich weiß immer noch nicht, ob die Änderungen Verbesserungen oder – wie man schon mal sagt – ‚Verschlimmbesserungen‘ gebracht haben.

Ob nun die Version mit fast ¾ indirekter Rede die beste ist, vermag ich halt nicht zu beurteilen. Um in Gesellschaft nachgestellt zu werden, ist’s vielleicht besser, wieder alles in die direkte Rede zu übersetzen, was beim ersten Teil einfacher als bei der zweiten Hälfte ist. Es ist eh erstaunlich, wie lange und wie (pseudo?)tief sich übers Schweigen schwätzen lässt.
Bleibt die indirekte Rede erhalten empfehl’ ich l a a a n g s a a a m (la:ŋza:m) zu lesen.“*


Nun, elf Jahre später

seh ich, wie viele nicht mehr hier sin und schüttel mich zunächst über formale Schnitzer der Anfangszeit (wurde gerade ausgebessert, dass 99 % ausgemerzt sein dürften), sind die Gastspielreisenden Dieter Hildebrandt (Dr. Murke) und Roger Willemsen für immer von der Bühne abgetreten, hat Harald Schmidt vor zwo Tagen über den neuen CDU-Star Ralph B. im Spiegel geschrieben („Ralph reicht‘s“, http://www.spiegel.de/plus/harald-s...icht-s-a-4625ea71-388c-4cd8-bc0d-fcd7ca012383),

Herr Kauder – der damals anhand von 17 Journalisten aufzeigte, wie nahe Berlin dem anatolischen Engüri und Istanbul liegt - dirigiert nicht mehr und Mutti ist immer noch die einzige Kanzlerin, dass es leicht ist, Miss Geliebte zu sein.

Und endlich – so denke ich – hat Mme. Moutti ein Anrecht aufs Abendlied - wenn ich es auch immer noch nicht gänzlich durchgezogen hab.

Viel Spaß zur angepassten Fassung wünscht der

Friedel

* an die oben zitierte Rosta

 

Die Frage Jürgen Trittins aus der Zeit Nr. 49 von 2018 (s. in den einleitenden Zitaten des Textes) ist nahezu beantwortet und es heißt langsam Abschiednehmen von einer großen Kanzlerin (selbst, wenn es als einzige Frau in diesem Amt relativ einfach ist, die größte zu sein), Grund genug für mich, die erste Geschichte aus dem Medienkarussell noch einmal auszugraben, etwas abzuändern und einzustellen. Im aktuellen Zeitmagazin (Nr. 32. vom 05.08.2021, S. 12 ff.) ziehen Tina Hildebrandt und Elisabeth Raether unterm Titel „Nach ihr“ eine Bilanz und das neue Eingangszitat von Laurie Anderson ist aus dieser Bilanz entnommen.

Ein/e Nachfolger/in wird es schwer haben und an der Vorgängerin gemessen werden.

 

Hallo Friedrichard,

da überarbeitest du seit Jahren regelmäßig diese Geschichte und keiner sagt was dazu. Das kann ich nicht mit ansehen.

Für mich klingt das nach einer Fernsehsendung, wie sie so hätte stattfinden können. Ich muss leider zugeben, dass sich meine Bildung in der Hinsicht auf Trickfilme in den 90ern, Musik-TV in den 00ern und danach auf Internet beschränkt. Die Personen kenne ich mehr oder weniger und gefühlt nicht gut genug, um Realität von der Übertriebung zu unterscheiden. Aber ein Kommentar ist besser als Stille.

Bei Harald Schmidt habe ich direkt ein Bild im Kopf. Wie er hier das Bild einnimmt und Sprüche klopft, passt dazu.

Hinter den Fernwehen des Papstes zu seinem Geburtstag wittere ich einen Witz. Ich müsste nachschauen, wann er 80 geworden ist und vermute den Witz in einem größeren, zeitlichem Abstand, welcher aus der Entschuldigung eine Ausrede macht.

Die Stelle mit der Elisabeth Zwo, die den Schiffsverkehr blockiert, fand ich lustig. Der Humor entsteht dadurch, dass die Queen Elisabeth zumindest über die Namensvetterin im Schiff der Sendung einen Besuch abstattet. Hm, ist das so? Zumindest sitzen mehrere Sender in Köln, vielleicht ist auch das Erste darunter. Ich könnte Google fragen und dann tun, als hätte ich es gewusst.

Die Redaktion scheint ein wenig von gestern zu sein, dass sie vom Tod von Thomas Mann erst jetzt erfährt. Oder schlecht informiert, eine Schande für einen Staatssender, der dafür bezahlt wird, das Volk zu informieren.

Eva Herrmann verbinde ich mit gewissen rechten Äußerungen und sehe die Anspielung. Aber wann sie von den öffentlichen zu den alternativen Medien gewechselt ist?

Frau Merkel kommt und verschwindet kurz darauf. Das finde ich auf absurde Weise komisch, kann mir da allerdings keinen Reim drauf machen.

Den Witz mit dem Papst finde ich genial. Es klingt, als wäre die Erzählung unterbrochen worden und ich fürchtete, sie hätten die Auflösung vergessen, doch dann stellt sich die Unterbrechung als Teil der Auflösung heraus. Und dann auch noch gereimt!

Frau Merkel erscheint ja doch in der Sendung. Es geht um das Thema Schweigen. Passenderweise sagt sie kein Wort und Andrack antwortet für sie in indirekter Rede. Das erinnert mich an den Press Conference Rag aus Chicago, wo der Anwalt durch die Angeklagte spricht wie ein Bauchredner durch eine Puppe. Ich muss denken, dass Andrack die Strippen in der Hand hält und die Sicht des Volks auf die Kanzlerin durch das Fernsehen lenkt.

Allerdings kommt nun Dr. Murke herein und behauptet, obwohl Frau Merkel die ganze Zeit geschwiegen hat, wollte man ihr ein Geständnis in die Worte reininterpretieren. Das finde ich herrlich absurd.

Die letzten zwei Sätze sind eine Anregung zum Nachdenken. Es klingt aus dem Kontext am Ende der Sendung, als sei Frau Merkel gemeint, die die Geschichte über geschwiegen hat. Allerdings, für sich genommen, meinen sie für mich Gott, dadurch sehe ich einen Verweis zurück zum Witz, was diesem im Kontext der Geschichte eine höhere Wichtigkeit verleiht.

Die Geschichte fand ich unterhaltsam. Mit Stoff zum Nachdenken. Ich habe den Eindruck, sie wäre besser verständlich, wenn man mehr Zeit vor dem Fernseher verbracht hätte, aber wenn ich das so ausdrücke, möchte ich das lieber nicht.

Viele Grüße
Jellyfish

 

da überarbeitest du seit Jahren regelmäßig diese Geschichte und keiner sagt was dazu. Das kann ich nicht mit ansehen.​

Satire ist ein hartes Geschäft,

@Jellyfish,

und mutet nicht nur dem „Opfer“ ihrer Begierde einiges ab und zu, sondern auch dem Publikum (hierorts halt den Lesenden), das schon mal einen Spiegel vorgehalten bekommt und es gelegentlich sogar merk(el)t - umso schöner, dass Du Dich an das Werk gewagt hast, das seinerzeit durch ein Interview mit Mutti angeregt wurde und tatsächlich gleichzeitig (so kam Kauder in die Einleitung) um eine undichte Stelle im Kabinett ging und von mir einigermaßen auf dem Laufenden gehalten wird, bis keiner mehr weiß, wer „Mutti“ einst war. Der Glücksfall für Herrn Schm. war nun seinerseits, dass er immer kongeniale Partner hatte (zu Anfang den jüngst verstorbenen Herbert Feuerstein und dann) Andrack - und da hastu das richtige Gefühl​

Ich muss denken, dass Andrack die Strippen in der Hand hält​

– der hier schon nahezu den besseren Harald Schm. als Mutti abgibt - wobei ich inzwischen von überzeugt bin, dass Frau M. diese Gesprächsrunde auch persönlich gemeistert hätte und wir uns nach der Wahl nach solch einer Persönlichkeit sehnen werden.

Du liegst also richtig: Es hätte eine solche (oder ähnliche) Sendung geben können – hätte man sich nicht entschieden, Satire auf „maximal“ eine halbe Stunde die Woche zu reduzieren und Comedy ist eh allemal leichter zu verdauen und man kann über die Beschränktheit des anderen lachen und wenn man mit Helge Schneider schon gemeinsam am Ostermarsch teilgenommen hat, nimmt man sogar Anteil an der leichten Szene seines Nachbarortes.​


Ich muss leider zugeben, dass sich meine Bildung …
Naja, ist so ein Ding mit der Bildung. Das Wort behauptet ja, dass man sich ein Bild machen kann von dem, was ist. Hierorts hab ich schon in einer Rezension auf unser mangelhaftes (auch als Benotung fürs) System hingewiesen, dass ja offensichtlich die Klassenstruktur der Bismarckschen Zeiten bewahren soll.

Hinter den Fernwehen des Papstes zu seinem Geburtstag wittere ich einen Witz.
Richtig gewittert … und wenn ich gefragt würde, wann er in der BeErDe war, wüsst ich heute auch nicht mehr – zudem bin ich ja aus der andern Fraktion ... und meine Päpste kommen aus Wittenberg, Zürich und Genf ...

Die Stelle mit der Elisabeth Zwo, die den Schiffsverkehr blockiert, fand ich lustig. Der Humor entsteht dadurch, dass die Queen Elisabeth zumindest über die Namensvetterin im Schiff der Sendung einen Besuch abstattet. Hm, ist das so?
Bingo! Und die Lisbeth 2 hat tatsächlich mal den Rhein blockiert … Ja, der WDR (mit Büros in diversen anderen Städten NRWs, um etwa Regionalsendungen vor Ort produzieren zu können) hat seine Zentrale in Köln.

Ich könnte Google fragen und dann tun, als hätte ich es gewusst.
Bei Google, besonders aber Wikipedia bin ich skeptisch, wiewohl die Idee zu einem Lexikon, an dem alle teilhaben (können), großartig ist.

Die Redaktion scheint ein wenig von gestern zu sein, dass sie vom Tod von Thomas Mann erst jetzt erfährt. Oder schlecht informiert, eine Schande für einen Staatssender, der dafür bezahlt wird, das Volk zu informieren.
Vorsicht ... Denk daran – Schm. spie(ge)lt schau ...

Eva Herrmann verbinde ich mit gewissen rechten Äußerungen …
Dass noch jemand um dieses in den Weiten des Universums verschollenen Geschöpfs weiß … Alle Achtung! Ich weiß es nämlich nicht und will es auch gar nicht wissen. Hab sie nämlich etwa zur gleichen Zeit in einer Schiller-Parodie untergebracht als Beispiel züchtiger Hausfrau ...

Frau Merkel kommt und verschwindet kurz darauf. Das finde ich auf absurde Weise komisch, kann mir da allerdings keinen Reim drauf machen.
Da lässtu Dich täuschen ...
Allerdings kommt nun Dr. Murke herein und behauptet, obwohl Frau Merkel die ganze Zeit geschwiegen hat, wollte man ihr ein Geständnis in die Worte reininterpretieren. Das finde ich herrlich absurd.
Du kennst noch Bölls Murke?

Die letzten zwei Sätze sind eine Anregung zum Nachdenken. Es klingt aus dem Kontext am Ende der Sendung, als sei Frau Merkel gemeint, die die Geschichte über geschwiegen hat. Allerdings, für sich genommen, meinen sie für mich Gott, dadurch sehe ich einen Verweis zurück zum Witz, was diesem im Kontext der Geschichte eine höhere Wichtigkeit verleiht.
Eine interessante Deutung, die mir nun wieder zu denken gibt (und so muss es auch sein, dass dem Schöpfer die Geschöpfe sowohl Probleme als auch Lösungen schaffen - wie das berühmte Geben und Nehmen)

Die Geschichte fand ich unterhaltsam. Mit Stoff zum Nachdenken.
So soll's auch sein. Für bloßen Konsum bin ich ungeeignet, selbst wenn ich ganz schön schräg blödeln kann ...

Ich habe den Eindruck, sie wäre besser verständlich, wenn man mehr Zeit vor dem Fernseher verbracht hätte, aber wenn ich das so ausdrücke, möchte ich das lieber nicht.
Nee, ich hoff, es geht auch ohne Fernseherfahrung, einen Einstieg zu finden.

Dank Dear,

Jellyfish,

fürs Lesen und vor allem kommentieren!

Friedel

 

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