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Das Schlaflied
Das Licht ging wieder an. Die ersten Personen standen von ihren Sitzen auf, und drängten sich zum Ausgang. Ich hatte es nicht eilig, also blieb ich sitzen, schaute mir den Abspann an, und wartete, dass sich die drängelnde Menge am Ausgang auflöste. „Kommst du Nira?“ Meine beste Freundin Anna zog mich eilig am Arm. Träge stand ich auf, und folgte ihr in den Regen. Die Straße war erhellt, von den Kinoreklamen und Buden. Ich folgte Anna durch den Regen. Meine Haare waren nach wenigen Sekunden durchnässt, und die Tropfen bahnten sich ihren Weg in meinen Nacken, und liefen mir den Rücken runter. Doch ich merkte es kaum. Mit schlurfenden Schritten ging ich hinter Anna her. Als wir an ihrer Bushaltestelle angekommen waren, umarmte sie mich kurz, sagte, wie schön es war, und verabschiedete sich. Ich musste noch ein wenig laufen, da ich mit einem anderen Bus fahren musste. Er war kurz vor einem Waldstück. Der Regen wurde heftiger. Als ich an meiner Haltestelle ankam, war ich komplett durchnässt. Es stand schon ein kleines Mädchen dort. Ihre Arme sahen bleich aus. Trotz der Kälte, trug sie nur ein hauchdünnes, weißes Sommerkleid, das lustig im Wind wirbelte. In der Hand hatte sie einen riesigen, schwarzen Regenschirm, der ihr Gesicht verbarg. Man konnte nur ein paar der langen, blonden Haare erkennen. Leise sang sie vor sich hin, und schien mich nicht bemerkt zu haben. Ich stellte mich neben sie, und lauschte ihrer Stimme. Sie war sanft und lieblich, es klang wie ein Schlaflied. Langsam wurde ich müde, meine Augen fielen mir ein paar Mal kurz zu. Mein Geist wurde träge, und ich hörte nur noch den Regen, der sich wie ein Orchester dem ruhigen Lied des Mädchens anpasste. Plötzlich fühlte ich etwas auf meiner Schulter - eine kalte Hand. Ich schaute neben mich. Das Mädchen hatte sich zu mir gedreht, und mir die Hand auf die Schulter gelegt. Ihr Gesicht war immer noch von dem großen, schwarzen Regenschirm verdeckt. Mein Herz schlug langsam. Ich wurde immer müder. Beinahe wäre ich umgekippt. Das Lied drang in mich ein, und schien mich zu umhüllen. Da schaute das Mädchen auf. Ihre Augen waren dunkel. Sehr dunkel, fast schwarz. Sie sah so friedlich aus. Meine Augen fielen mir zu. Mein Herz schlug immer langsamer, und kurz bevor ich einschlief, hörte das Lied auf, und ich hörte ein leises, unschuldiges Lachen. Dann sagte eine zufriedene Stimme: „Schlaf gut."