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Das Schicksal

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12.12.2002
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Das Schicksal

Schicksal

Debbie wirkte leicht blass. Vorsichtig drehte sie sich nach allen Seiten um und sah nach, ob ihr auch niemand folgte. Sicher war sie sich noch immer nicht, aber irgendetwas spionierte ihr nach. Sie dachte wirklich irgendetwas, nicht irgendjemand. Allerdings wusste sie nicht was irgendetwas war. Auf jeden Fall war es schrecklich, das wusste sie. Sonst hätte sie keine so große Angst vor ihm gehabt.
Zögernd ging sie ein paar Schritte weiter. Neben ihr war nichts als ein großes ,weites Feld. Doch es kam ihr eher wie ein Schachbrett vor, diese gewaltige Ebene. Und sie musste ihre Schachfiguren vor dem gegnerischen König beschützen. Nur wie, wenn sie die Strategie des Spielers nicht kannte?
Der starke Wind blies ihr durchs Haar. Sie zitterte. Sie wusste noch nicht einmal, ob Angst oder Kälte die Ursache dafür war. Alles schien ihr so geplant. Alles. Von der Angst bis zum Angriff. Was wollte ihr Gegner nur von ihr?

Der Himmel verdunkelte sich und es fing an zu regnen. Frierend zog sie sich ihre Jacke über den Kopf und rannte. Debbie wusste nicht wohin. Sie wusste nur, dass sie weg von hier musste. Fort, fort fort. So schnell sie ihre Beine nur tragen.
Sie rang nach Luft. Sportlich war sie noch nie gewesen, aber sie durfte nicht stehen bleiben. Es war ihr ganz nah auf den Fersen.
Sie hörte das.
Sie roch das.
Sie schmeckte das.
Sie sah das und sie spürte das.
Zumindest innerlich. Sie lauschte dem Rauschen des Windes und dem leisen Regen. Ihr Mund war trocken. Sie begriff selbst nicht, warum sie solche Panik hatte. Irgendetwas erwartete sie, sie wusste nur nicht was. Sie wusste nur das es unvermeidbar schien und sie Grund zur Panik hatte.
Am liebsten wäre sie jetzt bei ihrer Großmutter, die würde ihr jetzt eine heiße Schokolade gönnen und sie in unzählige Decken einwickeln.
Doch sie wusste, es war zu spät um umzukehren. Sie würde ihrem Feind direkt in die Augen blicken. Von Angesicht zu Angesicht. Wenn dieses etwas überhaupt ein Gesicht hatte.
Sie wischte ihre Hände an den vom Regen ohnehin durchnässten Hosenbeinen ab. Viel half es nicht, aber wenigstens waren ihre Hände nun nicht mehr ganz so schweißnass. Noch immer rannte sie. Sie hätte nie gedacht, dass sie jemals so lange durchhalten könnte.
Es musste doch irgendeinen Weg geben seinem Schicksal zu entrinnen. Das konnte ihr keiner erzählen, dass das Schicksal unbeeinflussbar wäre. Schließlich hingen die Reaktionen der Welt von den Taten der Menschen und Tieren ab. Dass die Welt eines Tages zerstört würde, war vielleicht schon wahr, aber die Menschen würden es verhindern können. Die Technik war ja schon jetzt weit fortgeschritten.
Ein Kauz schrie unheimlich. Normalerweise hätte sie gerne Vögel gehört, doch heute kam ihr alles, es hätte auch nur ein verdörrter Grashalm sein können, bösartig vor.
Seitenstechen plagte sie. Sie stoppte kurz. Weiter rennen konnte sie nicht, sonst würde sie wahrscheinlich an Seitenstechen sterben. (Wenn das überhaupt möglich war.)

Etwas hinter ihr raschelte. Sofort fuhr sie herum. Bereit ihr Leben zu verteidigen.
Doch hinter ihr war nichts weiter als Luft und das riesige Feld.
Rechts gab es einen kleinen Pfad. Wo der wohl hinführte? Wenn es etwas gab, das sie noch ausgeprägter empfand als Angst, dann war es Neugierde. Die kitzelte sie natürlich sofort und übertrumpfte sogar ihre Angst.
Langsam folgte sie dem Weg. Er war nicht sonderlich breit und man sah, dass er anscheinend schon über zehn Jahre nicht mehr groß benutzt worden war. Zweige von Büschen und Unkraut rissen ihr die Jeans auf. Dieser Weg musste doch irgendwann aufhören...
Doch sie ging nun schon über zehn Minuten dort entlang. Gut, es war nicht besonders verwunderlich, dass dieser Weg existierte, doch dass er einfach immer gleichbleibend weiter ging, das war mehr als sonderbar. Keine Abzweigung, kein verblasstes Schild, keine großen Richtungsänderungen.
Die Angst kroch ihr wieder den Nacken empor. Was, wenn sie sich verlaufen würde? Oder von wilden Tieren angegriffen? Keiner würde es bemerken. Keiner. Wie konnte sie nur so töricht sein und sich auf einen Miniaturweg vor Neugierde stürzen, ohne zu wissen wie weit er war oder wo er hinführte?
Ihr Verstand hielt ihr eine mächtige Standpauke. Sie kam sich vor wie ein Kind, das von seiner Mutter ausgeschimpft und zu einer Woche Hausarrest verdonnert wird.

Der Pfad wurde breiter und es wirkte schon wieder fast wie ein benutzter Hausweg. Aber dafür war er doch viel zu lange. Oder?
Sie bog um eine Ecke.
Fassungslos starrte sie auf einen riesigen aufgeblühten Garten mit einem kleinen Häuschen. Aus dem Schornstein stieg Rauch auf. Das Häuschen schien schon über zwanzig Jahre alt, aber besser erhalten als eines, das nur zehn Jahre ist.
Wer wohnte bloß hier? Das war ja fast so wie in einem Märchen. Zum Beispiel Hänsel und Gretel. Aber hier wohnte ja keine Hexe. Hexen gibt’s doch gar nicht... Neugierig schaute sie durchs Fenster. Aber- das konnte doch nicht sein! Da stand tatsächlich eine ältere Dame, die einen Buckel und eine fette Warze auf der Nase hatte. Sie schien etwas zu kochen. Und dort neben dem Brettchen lagen...
Debbie schrie auf. Die Frau schaute gleich zum Fenster und ging zornig, so kam es ihr vor, zur Tür.
Das Mädchen lief los. Es achtete nicht darauf wohin, es wusste wieder nur eines: Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr. Sie wollte nicht auch noch ihre Finger oder gleich die ganzen Hände verlieren. Niemals. Wie konnte diese Frau nur eine Suppe aus Menschenfleisch kochen? Moment. Sie stolperte vor lauter Überraschung. Das konnten ja gar keine Fingerkuppen gewesen sein. Seit wann hatten Finger denn keine Fingernägel mehr?
Ihre Fantasie war wohl mit ihr durchgegangen. Eine andere Erklärung gab es nicht. Das mussten Karottenstückchen gewesen sein...

Erleichtert stand sie auf und ging zu der Hütte zurück. Debbie klopfte an die Tür. Das Holz dämpfte ihr Pochen, doch sie hörte näher kommende Schritte.
Ihr Herz schlug unruhig und schnell.
Wenn sie sich nun doch das alles nicht eingebildet hatte? Wenn diese Hexe nun doch eine Kannibalin war?
Unsinn!
Langsam schwang die Tür zur Seite. Eine freundlich grinsende Dame empfing sie. „Ja, waren Sie das nicht vorher, die durch mein kleines Fensterle geschaut hat?“ Verlegen antwortete die 15jährige: „Ähm ja... Tut mir echt leid, dass ich dann weggelaufen bin. Ich weiß selbst nicht so ganz warum...“
Jetzt nachdem sie mit der Frau sprach kam es ihr mehr als albern vor, dass sie wirklich gedacht hatte, sie hätte es mit einer Kannibalin zu tun gehabt.
Überhaupt wovor hatte sie eigentlich vorhin Angst gehabt? Vor irgendetwas? Was für ein dämliches Hirngespinst!

Nachdem sie sich verabschiedet hatte, ging sie fast schon fröhlich den kleinen Pfad zurück. Der Regen hatte aufgehört und sogar ein winziger Sonnenstrahl erhellte den Boden. Alles schien ihr an den Haaren herbei gezogen, dass sie sich das alles gedacht hatte.
Angst vor dem Schicksal!
Ha! Als ob das Schicksal es schlecht mit ihr meinte. Sie hatte immerhin eine nette Dame kennen gelernt, die ihr angeboten hat, sie öfters zu besuchen.
Was konnte daran angsteinflößend sein?
So überzeugend ihre Gedanken wirkten, in ihr sträubte sich irgendeine Macht das Schicksal auszulachen.
Der mittlerweile starke Sturm ließ sie erneut frösteln und der Himmel verdunkelte sich wieder. Wieder bekam sie Panik. Sie zwang sich dazu, nicht einfach loszurennen.
Links von ihr knackte etwas.

Ein Baum würde jeden Augenblick umfallen. Und zwar
auf sie...

 
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Hallo!

Ich finde Deine Geschichte spannend erzählt! Nur zu Beginn würde man sich noch mehr in die Gefühle und Ängste des Mädchens hineinversetzten können, wenn du ein bischen mehr die Gegend beschrieben hättest und warum sie glaubt, dass ihr jemand nachspioniert (Schatten, Geräusche, ein Ast, der hinter ihr zu Boden fällt,...). Ist aber vielleicht auch Geschmackssache, wieviel man verrät oder der Fantasie des Lesers überlässt. Ansonsten finde ich die Geschichte sehr gut.

 

Hi!Du hast recht, ich hätte die Gegend besser beschreiben können. Ich habe es mir auch überlegt, habe dann aber nicht alles auch verwendet, was mir in ihrer Situation so alles aufgefallen wäre. Danke, dass du mir geantwortet hast, denn sonst kann man sich ja nicht verbessern...

 

Mir gefallen eure Geschichten sehr gut danke muss ich dafür sagen, denn ich bin eine Lese Ratte und hier habe ich immmer viel abwechslung

 

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