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Das Schauspiel

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22.07.2002
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Das Schauspiel

Sie sehen mich an. Schweigen, gebanntes. Schweiß tritt aus der Stirn.
„Gott der Tiefe, so lasse mich ein, in dein Reich.“ Meine Stimme krächzt in die stickige Luft hinein. Hinaus aus meinem Körper du Dämon. Rauch vor meinen Augen, elender. Tausende Augen, starren, stieren. Von der einen zur andern Seite hetze ich. Hin und her.
„Schweige still, nein wirst du mich verlassen,“ kreischt sie. Die Stimme, sie versagt ihr fast. Schweige still.
Das Holz knarrt. Ich brenne, grell kreischt das Licht. Die Luft wiegt schwer. Auf mir, in mir, um mich herum.
„So lasse mich ein, oh Herr der Tiefe. Ich will dich ehren!“
Schweiß, lasse mich nicht ertrinken. Ertrinken in ihrer Gier, wie sie lechzen. Nach Blut verlangen sie. Oh mein Blut.
„Mein Leben, ich will mich nach dir verzehren, doch verlasse mich nicht.“
Sie ist gut, wir sind gut.
Sie verschlingen unsere Worte. Ja unser Blut, Ihr wollt es sehen. Blut; nur Blut.
Eure Seelen kreischen nach Vergebung. Ich sehe sie, höre sie. Ergötzt euch nur am Leid meiner Seele.

Ich verharre, still, für einen Moment. Mein Blut kocht, wie mein Schweiß.
Ich bin eine Illusion. Ich bin was ihr wollt. Ein Trugbild, wie ihr selber.
„Du wirst mich vergessen müssen. Ich bin dieser Welt nicht gewachsen genug!“
Das Schluchzen ihrer Seele berührt mich. So spiele doch, spiele doch.
Ihr Schlächter der Wahrheit. Ertragt nicht euer Leid, versinkt ihr hier darin. Bin ich eure Götze?
Ihr verlangt es, so bin ich es.
„Mein Geliebter, dein Platz ist hier. So gehe nicht und fliehe nicht.“
Schluchze nicht, die anderen wollen es verschlingen.
Eine Träne in den Staub der Illusion, sie fällt. Laut kracht es, tief in meinem Kopf. Bin ich es?
„Ich muss, es verzehrt mich, diese Welt frißt mich auf!“
Der böse Tumor der Lüge. Ich erkenne dich! Erkennt euch, durch mich!
Wehe, der rote Feuerzauber. Es flackert, dürstet nach Blut. Sie verzehren sich nach mir, rauben meine Seele. Seid ihr schockiert?
Auch das Feuer ist Illusion, nichts als Lüge. Sie belügen sich, wir belügen sie, sie belügen uns.

„Ich muss gehen, der Ruf erschallt!“
„So verweile doch, ist es unsere Liebe nicht wert?“
Welche Liebe? So ist auch sie eine Illusion. Ich folge dem Ruf der Feuersbrunst. Zappelnde Schlangen, rot bestrahlt. Nicht erleuchtet. Werden sie erleuchtet, von mir? Nein, so seid ihr doch nur Gefangene euer selbst.
„Nein, bitte.“ Sie kreischt, weint. Immer ist ihr Kreischen und Wehklagen in meinen Ohren, reißt mich herum. Einen letzten Blick.
„Verzweifle nicht!“ Laut schallt meine Stimme. Ein Echo? Nein, das Heulen ihrer verlorenen Seelen.
So lebt euer Leben, eure Lüge. Ich lebe meines, eure Lüge.
In der Verdammnis sind wir alle gleich. Belügt euch um euretwillen, beratschlagt über euer Leben. Ich bin euer Gewissen, in dem ihr verzweifelt. Ich bin ihr, ihr seid ich.

Die Schlangen vor mir, um mich herum. Zittern, schlagen. Oh Feuersbrunst, dies ist dein Ende. Unser aller Ende.
Wehleidiges Klagen begleitet uns. Dann ab.

Der fallende Vorhang trennt uns. Euer aufbrandender Applaus verbindet uns. Es ist euer Ende. Meine Bestimmung.

 

Liebe Kristin,
danke für deine Antwort. Die Geschichte und ihre Aussage hast du ziemlich gut zusammengefasst und ich bin froh, dass es jemand so verstanden hat wie es gemeint war. Haben schon ein paar Bekannte von mir gelesen und keiner hat wirklich verstanden worum es ging.
Nun zu der Kritik. Ich stimme dir darin zu, dass ich die Geschichte versucht habe sehr kompliziert zu schreiben und die Aussage soweit zu vernebenln, dass sie relativ schwer zu finden ist.
Ob es zuviel des Guten is, weiß ich nicht. Als ich über die Geschichte nachgedacht habe, bevor ich sie schrieb, habe ich überlegt, wie ich sie schreiben wollte. Ich bin letztlich zu dem Schluss gekommen, sie so verwirrend, so undurchsichtig wie nötig oder möglich ist. Ziel war es eine Atmosphäre von Realitätsfremdheit zu schaffen.
Was die Phrasen , die keine Aussagen haben, anbetrifft habe ich die Geschichte nochmal durchgesehen, so direkt sind mir aber keine aufgefallen. Vielleicht könntest du mir ja sagen, welche du meinst, wäre nett. Dann kann ich daran noch arbeiten.
Danke dir jedenfalls
Lieben Gruß
Roman

 

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