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Das Salz des Pazifiks

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02.02.2003
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Das Salz des Pazifiks

Was war wichtig? Ein schöner Busen, ein straffer Bauch und Oberschenkel, die nicht durch mehrere Hektar Orangenhaut abgewertet wurden? Oder drehte sich das Leben doch eher darum, jemanden zu haben, der, wenn auch nicht attraktiv, doch zumindest da war, um einem den Hintern zu wärmen? Zeit ihres Lebens tendierte Betty (ihren wirklichen Namen ‚Lisbeth’ hasste sie) zu letzterer Ansicht. Das mochte damit zusammenhängen, dass sie nicht gerade das war, was Mann landläufig als ‚geile Schnitte’ bezeichnete. Das Gegenteil war der Fall und Betty hatte pummelig ihren Vierziger überschritten, nur um festzustellen, dass sich die Anzahl ihrer Hinternwärm-Erlebnisse an einer Hand abzählen ließ. Daumen und Zeigefinger blieben dabei sogar noch unbeschäftigt.

Den Verdruss darüber hatte sie sich schon am Anfang ihrer Dreißiger abgewöhnt, genau so wie sie auch erfolgreich das Ticken ihrer biologischen Uhr ignoriert hatte. Und so saß Betty heute hier: Single, ganz und gar kinderlos, nach Einschätzung des gesamten Universums (was sie mit einschloss) völlig unattraktiv und im Begriff den Sonnenbrand ihres Lebens zu bekommen; ihre Abneigung gegen ihre bleiche Haut wurde nur noch vom Lisbeth-Groll übertroffen. Aber seit gestern hatte ein neues Subjekt die Top-Platzierung von Bettys Hass-Charts eingenommen. Sie hieß Ama und lag im Moment, braungebrannt und makellos und botoxbegradigt, auf der Liege neben Betty am Pool ihres Feriendomizils.

Die Geschichte, warum Ama Ama hieß, war mindestens so nervtötend wie Amas Story über ihren letzten Wellness-Urlaub in der Steiermark, oder wie Amas schwärmerische Erzählung über Serge, den Salonwagenschaffner auf ihrer letzten Zugreise zwischen Berlin und Bad Wiessee. Betty ließ sich den Grad ihrer Genervtheit durch dieses Weib aber nicht anmerken, sah man einmal von ihrem fünften Gintonic ab, den sie sich eben genehmigte. Sie dankte Gott, dass sie sich auch dieses Jahr für dieses All-inclusive Arrangement entschieden hatte, denn für sie war der kostenlose Alkohol der einzige Weg, um geistig unbeschadet die Klippen von Amas neuester Schilderung zu umschiffen.

„Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, meine Gute,“, zirpte Ama, einen Strawberry Daiquiri in der rechten Hand, „aber der Sex in einem Schlafzimmer, das nach den Lehren des Feng Shui eingerichtet ist, ist einfach so anders!“ Über Feng Shui wusste Betty nichts, aber angeregt durch den Gintonic nahm sie sich fest vor, einen Taekwondo-Kurs zu belegen, um künftig den Amas dieser Welt ordentlich eine aufs Maul geben zu können. „Ich wollte es ja selbst nicht glauben,“ laberte Ama weiter, „aber mein Feng Shui Guru bot mir eine persönliche Demonstration an!“ Sie kicherte dämlich. „Und das ganze Event war ja so etwas von erfüllend!“ Sie nahm einen so winzigen Schluck ihres Cocktails zu sich, dass selbst ein Kolibri daran verhungert wäre. „Schattenparkerin“, dachte Betty verächtlich und kippte ihr halbes Glas in einem Zug hinunter. Sie rülpste genüsslich, beugte sich zu ihrer Liegenachbarin hinüber und offenbarte ihr über den Rand ihrer Sonnenbrille hinweg: „Walhaisperma

Amas mahagonigefärbte Augenbrauen wanderten nach oben, ihre Kinnlade schlug die entgegengesetzte Richtung ein, ihre Stirn hatte durch das Botox nicht die Chance, sich in Falten zu legen. „Wie bitte?“ Ama war über die Wendung, die ihre Unterhaltung mit dieser schrecklichen Person plötzlich genommen hatte, mehr als irritiert. „Wahlhaisperma“, wiederholte Betty, „Massen davon. 1800 Liter pro Walhaifick. Das nenn ich erfüllend!“ Sie grinste ihr Gegenüber anzüglich an. „Du machst Witze“, sagte Ama unsicher. „Keine Spur“, entgegnete Betty. „Und weißt du, was das Schlimmste dabei ist? Nur zehn Prozent davon landen in der Walhaimama. Der Rest fließt ins Meer. Darum ist der Salzgehalt des Pazifiks auch höher als in allen anderen Ozeanen.“ „Du meinst...“, begann Ama. „Ganz genau. Wer im Pazifik badet, schwimmt im Grunde durch verdünntes Walhaisperma.“

Betty genoss den entsetzten Ausdruck im Gesicht ihrer Gesprächspartnerin. Sie setzte noch eins oben drauf. „Hast du nicht erst gestern etwas von einem Wintertrip nach Südkalifornien erwähnt?“, fragte sie süffisant. „Liegt das etwa am Pazifik?“, wollte Ama wissen. „Mhm.“ Betty fischte mit unschuldiger Miene nach einem Eiswürfel. Ama stellte ihren Daiquiri zur Seite und kramte in ihrer gewaltigen Badetasche nach ihrem Handy. „Ich muss sofort Serge anrufen“, murmelte sie. „Dieser Arsch will mich doch tatsächlich in... in... in Fischsperma ersäufen!“ Betty lehnte sich entspannt zurück. Ein glückliches Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie langsam wegdämmerte, erfüllt von der Gewissheit, dass es sie doch noch gab: die eine große Gerechtigkeit im Leben.

 

Hallo journey2heaven,

bis auf das Ende fand ich Deine Geschichte ganz gut, aber zum Schluß erscheint es mir ein wenig unglaubwürdig. Ich meine, Betty kann doch nicht wegen dieser einen Sache schon zufrieden sein mit der Gerechtigkeit im Leben. Oder ist sie glücklich, daß Ama so dämlich ist, sieht sie das als Ausgleich? Ich glaube, daß Ama mit Serge redet, der sie - genauso leicht wie es Betty tun konnte - vom Gegenteil überzeugt, und sie fahren nach Kalifornien.
Wie gesagt, die Idee ist lustig, aber das Ende zu einfach meiner Meinung nach.

vio

 

Hallo journey2heaven,

auch wenn ich mich nicht gerade gekugelt habe vor lachen, fand ich deine Geschichte sehr amüsant zu lesen. Sie hat Spaß gebracht, und mehr wolltest du sicherlich auch nicht erreichen.
Dre Kontrast zwischen der frustrierten Betty und der bestimmt genauso frustrierten Ama ist gut und komisch ausgelotet und die kleine Rache von Betty witzig erdacht und präsentiert.
Den letzten Satz würde ich an deiner Stelle einfach kürzen und nach "wegdämmerte" beenden. Damit dürfte sich dann auch das Unbehagen von vio erledigt haben.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi journey2heaven,

deine Geschichte ist spritzig und witzig geschrieben.

Habe nur eine sprachliche Beanstandung:

inkludieren
:confused: :confused:

Vorschlag: was sie mit einschloss

Der Schluss, der impliziert, dass die Schönen die Dummen dieser Welt sind, ist zwar ein Klischee, aber zu dieser Geschichte passt er und ich mag ihn.

LG
merenhathor

 

hi leute,

Erstmal danke für eure Reaktionen!

Es ist richtig. Ich habe es aufgegeben mich an den Schenkelklopf-Brüllern, wie sie uns hier zb. von JackTorrance am laufenden Band geliefert werden, zu versuchen. Wenn es mir gelingt, vom Leser in einer Geschichte auch nur ein Schmunzeln zu ergattern bin ich schon happy.

merenhathor: Die Sache mit dem "inkludieren" werde ich nochmals überdenken; das kommt auch mir etwas zu gestelzt vor. Übrigens versuche ich hier nicht das "Schön=Dämlich", sondern das "Aufgeblasen=Dämlich"-Klischee zu bedienen. :D

lg p.

 

Nabend Journey,

och für ein paar Schmunzler hat's auch bei mir gereicht. Ist eine nette kleine Anekdote und hier gut aufgehoben. Ich glaube, dass es nur sehr wenigen Autoren hier gelingt, einen wirklich zum Brüllen zu bringen, also bleib weiter auf deiner Schiene.

Grüße
Peter

 

Hi,
nette Story und gut geschrieben.
Obwohl es nicht gerade mein Humor ist, musste ich dennoch schmunzeln.
Das mit dem Walsperma kannte ich bereits als Powerpoint Mail, die ich vor einiger Zeit erhalten habe. Hast Du aber gut eingebaut in die Geschichte.
Bis denne..

 

Stimmt, Godfather. Da sieht man mal wieder wofür diese dämlichen Fun-Mails gut sein können. Inspiration frei Haus, sozusagen. :D

lg p.

 

Da hast Du aber auch ´ne gute Idee umgesetzt. Ich habe schon millionen von diesen Fun Mails erhalten und nie daran gedacht, so was in eine Story einzubauen.

 

Hallo journey2heaven,

also ich habe bereits bei den ersten Zeilen gedacht:...obacht, ein würdiger JackTorrance-"Nachfolger"...! Mach Dich mal nicht so klein, ich fand Deine Geschichte richtig gut, denn auch Dich zeichnet dieser besondere Wortwitz, den auch Jack sein eigen nennen darf, aus! Nun ist Geschmack ja relativ und was den Einen amüsiert, unterhält noch längst nicht den Anderen. Ich persönlich liebe diese ausgefeilten Wortklaubereien. Mein Tipp? Mach weiter so!

Liebe Grüsse
apollox

 

hi apollox,

vielen dank für deinen aufmunternden kommentar. du hast natürlich vollkommen recht: wo einer aus dem lachen nicht mehr rauskommt, verzieht ein anderer keine miene. ich bin immer ziemlich verunsichert, ob eine geschichte nun "humor"-würdig ist, oder nicht. Diese hier zB wagte ich erst gar nicht in diese kategorie einzustellen. an den kommentaren sieht man aber, dass sie sich auch hier gar nicht so übel gemacht hätte. (*Schleichwerbung-ENDE* :D)

lg p.

 

Moin journey2heaven,

Ich machs mal recht kurz und sage einfach, daß mir diese Geschichte ziemlich gut gefallen hat. Witzig geschrieben und mit einigen guten Ideen und Gags versehen. Gut fand ich, wie du die Figur der Betty beschrieben hast. Zwar ziemlich klischeehaft, aber glaubwürdig.

Sie hieß Ama und lag im Moment, braungebrannt und makellos und botoxbegradigt
Was ist ein Botox?
Außerdem würde ich hier das erste und durch ein Komma ersetzen.

 

'n morgen gnoebel,

danke für deinen kommentar. solange betty "glaubwürdig" rüberkommt bin ich zufrieden und über diese kette von "und" könnte man wahrscheinlich tagelang diskutieren, ohne auf einen grünen zweig zu kommen. ich finde es so, wie es ist ganz ok.

und zum thema botox kann ich dir diesen link anbieten.

lg p.

 

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