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Das Rad des Lebens

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14.08.2001
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Das Rad des Lebens

Das Rad des Lebens

1
„Bin ich schön?“ Mit flüsternder Stimme flehte sie ihn geradezu an. „Bin ich schön?“ Ihre stark geröteten Augen blickten ihn durchdringend an. Sie wartete, wollte etwas von ihm hören, etwas, das ihr sehr wichtig schien. Marc schluckte. Herrgott! Sie benutzte ständig und immer wieder diese Worte. Sie waren wie eingemeißelte Ornamente auf einem unerschütterlichen Fels. Ihr Klang schien ewig zu hallen und obgleich er wusste, was jetzt kam, ließ die Anspannung in ihm nicht nach.
Das war mal anders gewesen. Damals, als er ihr vor fünf Jahren auf dem Jahrmarkt begegnete. Gegen Mittag hatte er mit ihr angefangen, Riesenrad zu fahren - bis zum späten Abend. Runde um Runde. Ihr glänzendes Haar hatte in den verschiedenen Farben des Sonnenuntergangs gestrahlt und er war vom ersten Tag an in sie verliebt.
„Marc?“
Sie legte ihren Kopf ein wenig schräg und sah ihn nun mit schmollendem Mund an. Marc fühlte sich zum Kotzen. Der Garten war zu klein, um sich zu verstecken, die Stadt war zu klein und selbst die ganze verfluchte Welt war nicht groß genug, um sich davor zu verstecken.
Er hatte es geliebt, ihre Hand zu streicheln und ihre Haut zu spüren, aber jetzt...jetzt...
„Es tut mir leid...“, begann er, „Es tut mir so sehr leid.“

Es war die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, dachte Marc bitter, als er über den Jahrmarkt ging. Es hatte ihm sehr leid getan. In seinem ganzen beschissenen Leben hat es nichts Schlimmeres gegeben – außer den Tod seines Bruders, was ansatzweise so schlimm war wie die Sache mit Denise. An einem Hau-den-Lukas-Gerät blieb er kurz stehen, holte aus und schlug mit voller Wucht auf das weiche lederbezogene Kissen. Die Wucht seines Schlages trieb den Puk mit Leichtigkeit über „Versager“, „Niete“ und „ganz ordentlich“ hinweg. Doch zum „echt Super“ fehlte ihm die nötige Energie. Marc bedachte seine Leistung mit einem leichten Achselzucken und ging dann weiter. Unterwegs trat er noch gegen eine leere Cola-Dose, schoss mit dem Luftgewehr auf wehrlose Plastik-Enten und stritt sich mit dem Fahrer eines Bobfahrzeug um das Vorrecht anders herum zu fahren. Aber es war nicht dasselbe wie in jenen Tagen. Als er sie im Arm hatte. Sie hatten sich ständig angelacht. Und jetzt sagte er ihr nur noch, wie sehr es ihm leid tue. Marc stieß einen Seufzer aus. Dann kaufte er sich ein Ticket für das Riesenrad und stellte sich in die Schlange.

„Einmal im Kreis drehen bitte“, hatte er der Kassiererin gesagt. Sie hatte es nur mit einem verkniffenen Lächeln quittiert, das Geld genommen und „Der nächste bitte“, gesagt. Das ganze Leben schien ihm ein ständiger Kreislauf zu sein. Vor fünf Jahren hatte es hier begonnen und gleich würde er sie wieder treffen! Es war das alljährlich wiederkehrende Ritual, erst im Garten, dann auf dem Riesenrad. Sie war daran schuld! Sie allein...

2
Es war ein Tag im Sommer der Liebe. Jeder, der etwas auf sich hielt, trug Blumen in seinem Haar oder auf seinem Hemd und alle lachten und hielten sich bei den Händen. Ob Jungs oder Mädels. Ich selbst hatte mich den ganzen Tag gefühlt wie ein junger Gott. Ein Mensch voller Kraft und Leidenschaft, ein ungestümer Fels, der den jungen Tag einfach nur genießen wollte. Denise hatte den Vorschlag gemacht, die Insel der Verlorenen zur Insel der Liebenden zu küren. In dem Moment hatte ich gewusst, dass dieser Tag etwas ganz Besonderes werden könnte.

Mit einem kleinen Schlauchboot wollten wir die See überqueren. Ich hatte mit drei oder vier Stunden gerechnet. Nach fünf oder sechs Stunden waren wir mitten drin. Die Sonne schien kraftvoll auf die Wasseroberfläche und ließ jede Anstrengung zur Tortur werden. Schnell war mein Hemd von meinem Schweiß durchtränkt, so dass ich es der Göttin der Insel opferte und ins Wasser warf. „Nimm´ dies als Zeichen meiner Ehrfurcht.“, hatte ich gerufen und „Möge es deiner Gnade würdig sein.“ Denise hatte nur den Kopf geschüttelt und sich ebenfalls ihres T-Shirts entledigt. Welch ein Anblick! Sie hatte nichts darunter, dieses kleine Miststück. Sie warf mir einen kurzen koketten Blick zu und sprang vom Schlauchboot aus in das kühlende Nass. Die Wellen schlugen gegen das kleine Boot und raubten meinem Gleichgewichtssinn jede Möglichkeit, stehen zu bleiben.

„Komm´ rein, kleiner Mann“, rief sie mir zu, „Na. Komm´ schon. Das Wasser ist einfach herrlich.“ Ich sah ihr vom Boot aus zu. Beobachtete, wie sie einer Nixe gleich immer wieder aus dem Wasser auftauchte und mich dazu drängte, zu ihr zu kommen - zu ihr, ins Wasser. Aber ich wollte nicht. Ich bin kein feiger Mensch und auch nicht scheu, wenn ein so wundervolles Geschöpf mich fordert, aber Wasser war für mich seit jeher ein Element, dem ich mit größtem Respekt begegnete. Ich blickte auf die Wasseroberfläche und erkannte die trügerische Schönheit dieses Elements. Es glitzerte und glänzte oberflächlich, aber je tiefer man blickte, je weiter man hineinging, desto dunkler wurde es und desto gefährlicher.

Mein Bruder – Gott habe ihn selig – hatte das Element falsch eingeschätzt. Er war auf diese glänzende Fassade hereingefallen und hatte sich mehr zu getraut, als er in der Lage war zu leisten. Immer weiter war er geschwommen. Wie ein Blitz schlug die Erinnerung wieder in mein Gedächtnis. Ich hatte am Ufer gestanden und ihm zugerufen: „Los trau´ Dich. Sei kein Feigling. Du schaffst es. Du bist der Größte!“ Und er war es auch tatsächlich. Mit drei Jahren und cirka fünfundzwanzig Zentimeter Unterschied war er mir körperlich schon immer überlegen gewesen. Seine Größe und Stärke war so ehrfurchtgebietend, dass es nur ganz selten zu Handgreiflichkeiten kam. In den meisten Fällen genügte es, wenn er seinen Worten Nachdruck verlieh, indem er die Lautstärke seiner Stimme anhob. Das genügte und alle Unklarheiten waren wie weggefegt.

Doch seine Stärke war ihm an diesem Tag nicht untertan. Er war bereits auf dem Rückweg, hatte es beinahe geschafft. Nur noch wenige Meter trennten ihn vom Erreichen seines Ziels und von der Insel der verlorenen Seelen. Doch dann passierte es. Während ich am Ufer stand und ihn weiter anfeuerte, verhakte sich sein Fuß in eine Schlinge. Er winkte mir zu und war noch guter Dinge. „Scheint, als hat mich Neptun erwischt. Oder irgendeine verflixte Anglerschnur. Dem nächsten Angler, den ich sehe, werde ich seine Anglerschnur um den Hals wickeln.“ Dann tauchte er ab.

Soweit meine Erinnerung mich nicht täuscht, stand ich ungeduldig wartend am Ufer und beobachtete das Geschehen. Es war seltsam still und dauerte eine Ewigkeit, bis er wieder auftauchte und plötzlich war alles anders. Seine Fröhlichkeit und seine Ausgelassenheit waren einer Panik gewichen, die ich bei ihm noch nie gesehen hatte. Er ruderte mit den Armen und war in hysterischer Furcht. Das einzige, was er mir jetzt noch zurief, war ein markerschütternder Hilfe-Schrei und etwas, was mich mein ganzes Leben lang verfolgen sollte: „Meine Seele ist verloren.“ Bei diesem Gedanken schüttelte es mich – jedes Mal. Es war das letzte Mal gewesen, dass ich meinen Bruder gesehen habe. Obwohl mehrere Hundertschaften von Polizei- und Rettungskräften das ganze Dorf nach ihm absuchten, blieb er bis auf den heutigen Tag verschwunden.
„Nun komm´ schon Marc. Sei kein Frosch.“
Ich schüttelte mich und versuchte verzweifelt die bösen Gedanken zu verdrängen. Wieso war ich nicht bei ihm gewesen? Weshalb war ich nicht in seiner Nähe und hatte ihm in seiner Not beigestanden? Warum war ich nur so klein und schwach gewesen? Aber der Gedanke, der mich am meisten beschäftigte und mir keine Ruhe ließ, der mich jede Nacht heimsuchte und mir Albträume bescherte ein ums andere Mal war: Was hatte er gesehen? Was – in Gottes Namen – hatte ihn derart geängstigt?

„Ich bleibe lieber im Boot.“, rief ich, „Nicht, dass es bei diesen orkanartigen Winden davon treibt.“ Mein aufgesetztes Lachen konnte sie nicht wirklich davon überzeugen, dass ich mich wohl fühlte. Und es dauerte auch nicht lange, bis sie wieder bei mir im Boot saß und fröhlich auf mich einplapperte. Sie redete von ihren beiden Freundinnen, die sich beide gleichzeitig Hals über Kopf in den Kellner von Gilmo´s Pub verknallt hatten und jetzt nach jahrelanger Freundschaft kein Wort mehr miteinander wechselten, von ihren Erlebnissen bei Verwandtschaftsbesuchen – im speziellen bei Tante Ursula, deren Körperumfang von Mal zu Mal weiter wurde und von dem Einkaufsmarkt, der im nächsten Sommer in der Nähe von Gilmo´s Pub gebaut werden soll. Sie redete und redete – und ich hörte ihr pflichtbewusst zu – anfangs. Doch je länger sie redete, desto unkonzentrierter wurde ich. Und immer öfter schweifte mein Blick wie meine Gedanken von Denise weg über die See. Ich lauschte dem Gekreische der Möven, dem Plätschern des Wassers und dem Gemurmel, das meine Erinnerungen hervorriefen. Und während Denise von irgendwelchen Mordkomplotten schwafelte und mir die Augen brannten, irgendwann im rötlich schimmernden Abendlicht gingen meine Augen nieder und ich fiel in einen tiefen Schlaf.

3

Das rote Blut tropft klebrig schmatzend und weist auf grausam Taten hin, derer du fähig bist und warst. Kein anderer in Frage kommen kann. Wach auf und vollbringe Taten. Wach auf!

Ich schrecke hoch.
Bin wach.
Reibe meine Augen, ertaste meinen Körper. Fühle mich, spüre, dass ich noch lebe.
Meine Augen. Sie brennen und sind trüb. Ich kann mich fühlen – überall.
Was ist passiert?
Und wo zum Teufel bin ich?
Ich greife den Boden. Warm und körnig rieselt er durch meine Finger - Sand. Wäre es nicht so vertraut, würde ich annehmen, dass ich tot bin. Es ist dunkel. Fünf Uhr oder früher. Oder Abend? Herrgott! Ich weiß es nicht. Ich versuche Denise zu rufen, aber meine Kehle fühlt sich staubtrocken an. Ich krächze: „Denise!“ Noch einmal, etwas lauter. „Denise!“ Ich muss husten. Mein Hals ist rauh und es fühlt sich an, als ob ich zwei Tage am Stück gesoffen habe. Mein Gott! „Denise!“

Hat sie geantwortet?
Ich lausche in die Stille.
Höre ein paar Vögel schimpfen und anderes Getier. Aber ich höre sie nicht. Obgleich sich meine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnen, kann ich die Bäume lediglich an ihren Konturen erkennen. Meine Füße sind blank und liegen teilweise im Wasser. Ich komme mir vor, wie ein Schiffbrüchiger, der aus einem Traum heraus in einen Albtraum geschleudert wurde.

Moment mal...Schiffbrüchiger! Waren wir vielleicht gekentert, während ich geschlafen habe? Ich stehe auf – das bedeutet, ich schraube mich langsam in die Höhe wie ein alter Mann. Meine Glieder fühlen sich an, als wären sie am verrotten. Ich sehe mich um und gleichzeitig spüre ich den warmen Sand unter meinen Füßen, der zwischen meinen Zehen reibt. Ich bücke und strecke mich. Ich blicke auf die See hinaus und erkenne am fernen Horizont die Ankündigung eines neuen Morgen – ein von rot verwaschener Streifen gelben Lichts. Die Sonne wird aufgehen.

Der schmale Grad hellen Sands, auf dem ich mich bewege, ist wie eine Trennlinie. Auf der einen Seite ist die See, ein schier unbesiegbarer Gegner mit unbekannten Waffen, auf der anderen Seite ist der Wald, dunkel und ebenso bedrohlich wie die See und die vage Hoffnung, Denise könne sich darin befinden. Ich könnte warten, bis die Helligkeit mein Verbündeter ist, aber die Ungewissheit treibt mich fast in den Wahnsinn. Was, wenn Denise in Schwierigkeiten ist und meine Hilfe benötigt. Ich habe einmal vor lauter Panik jemanden verloren, der meine Hilfe gebraucht hätte. Nicht ein zweites Mal. Ich entschließe mich, meinen Schweinehund zu überwinden und in den Wald zu gehen. Zunächst nur ein paar Schritte. Nur so weit, dass ich die See im Auge behalten kann. Weiter nicht. Vielleicht genügt das ja, um weit genug hinein zu sehen.

Schritt für Schritt taste ich mich voran. Der Boden unter meinen Füßen wird weicher, viel angenehmer zum Laufen. Beinahe übermütig beschleunige ich meine Schritte und werde augenblicklich mit einem furchtbaren Schmerz bestraft. Mit voller Wucht bin ich mit meinem Fuss gegen einen Stein gehauen. Augenblicklich strömt soviel Adrenalin durch meinen Körper, dass ich es wie einen Stromstoß spüre. Dann erst kommt der Schmerz. Er treibt mir Tränen in die Augen und ich hüpfe fluchend auf einem Bein. „So ein verdammter Mist!“
Ein weiterer Energiestoß erfasst meinen Körper und wirft mich zu Boden. Hüpfend bin ich auf einen spitzen Gegenstand getreten. Ein Stein oder eine Scherbe. Ich taste danach und eine aus dem Boden ragende Wurzel als Übeltäter aus. Ich halte mit beiden Händen meine geschundenen Füße. Der eine schwillt an. Das kann ich spüren. Der andere wird sich schnell wieder erholen. Wenn mich Denise jetzt so sehen könnte, würde sie vor lauter Schadenfreude einen Lachflash erleiden.

Ich sehe sie bildlich vor mir stehen. Ihre dunklen Augen und ihr warmes Lächeln. Ihre Nasenspitze tanzt auf und ab, wenn sie lacht und ihr Lachen ist so ansteckend. Mein Augen erfassen die Umgebung, die geradezu friedlich scheint. Singende Vögel, klappernde Geräusche, ein Schnattern hier, ein Gackern dort und zwischendrin der Ruf einer Eule. Ich stelle mir vor, wie ich mit Denise auf dem feuchten Waldboden liege und die Sterne zähle. Die Einzigartigkeit dieses Augenblicks und die idyllische Ruhe des Waldes wird jäh zerstört. Ein Ruf, ein Schrei, etwas sehr Lautes zerstört alles...iiiiiih!!

4
Das kleine Boot schaukelte im Wasser hin und her, getrieben von den Winden des Westens und den Strömungen der Tiefe. Und während der volle Mond sich auf der dunklen Wasseroberfläche widerspiegelte und das Wasser in einem silbernen Glanz tauchte, baute sich Denise über den ruhig atmenden Körper Marcs auf und blickte auf ihn hernieder. Ihr weißes T-Shirt hatte sie in die Jeanshose gestopft, so dass es eng anlag und ihre schmale Taille und ihren flachen Bauch gut zur Geltung brachte. Ihr braunes Haar flatterte wild hin und her und die langen Strähnen umspielten ihr Gesicht.

Sie blickte auf eine Art und Weise auf Marc hinab, die bedrohlich wirkte. Sie war wütend. Ihr Blick war der einer Furie und in ihrem Innern brodelte ein Vulkan. Na, prima! sagte sie sich, so ein Egoist! Mit ihrem Fuß stieß sie gegen sein Bein und registrierte genervt, dass er sich nicht regte. Ihm die Haut abzuziehen schien ihr nicht Strafe genug zu sein. Es müsste etwas sein, was ihn wirklich verletzt. Sie ging an das andere Ende des Bootes und hielt ihre Hand in die See. Sie spürte die Kälte des Wassers und bemerkte, dass es nach einiger Zeit anfing zu schmerzen. Frauen können so ekelhaft sein!, dachte sie. Richtige Monster. Sie lächelte.

Vorsichtig setzte sie ein Fuß ins Wasser, zuckte im ersten Moment zurück, weil es so kalt war. Die Wassertemperatur war beinahe unerträglich. Dabei war sie am Mittag noch darin geschwommen. Doch jetzt schien es um zehn Grad kälter. Ihre Entschlossenheit geriet ins Wanken, dann aber fasste sie neuen Mut und wagte es, ihr Bein bis zu den Hüften ins Wasser gleiten zu lassen.

Es war schmerzhaft kalt und ihre Haut wurde augenblicklich zur gänsehäutigen Mondlandschaft. Jetzt oder nie. Sie hielt die Luft an und ließ ihren Körper ins Wasser gleiten, tauchte einen Moment lang unter, um dann keuchend und schwer atmend wieder aufzutauchen. Ihr Körper schien zu brennen vor Schmerz. Doch nach einer Weile gewöhnte sie sich daran und empfand es gar nicht mehr so schlimm. Er würde einen Schock erleiden, dachte sie. Einen großen Schock und anschließend würde er ziemlich wütend werden. Genau das war es, was sie wollte. Sie machte noch ein paar Züge im Wasser, dann ergriff sie den luftgefüllten Rand des Schlauchbootes, zog sich daran hoch und blickte zu ihm hinüber. Auf den Gedanken, dass er nicht schwimmen könnte, kam sie nicht, so sehr war sie mit ihren Rachegedanken beschäftigt. Wie hatte er nur in dem Moment einschlafen können, wo sie ihm ihre Liebe eingestand?

5
Iiiiiih!!
Der Klang, dieses Lautes ist durchdringender als alles, was ich je in meinem Leben gehört habe. Ein Geräusch, welches ich weder beschreiben noch in der Lage bin wiederzugeben. Ein gutturaler Laut, der so unmenschlich verzerrt die Stille des Waldes durchdringt, das augenblicklich alle Bewohner des Waldes, jeder Vogel, jeder Hirsch und auch jedes Insekt
ehrfurchtsvoll erstarren und erschrocken in der Bewegung verharren lässt. Das auf eine Buche flink hinaufkletternde Eichhörnchen bleibt wie vom Blitz getroffen stehen, plustert seinen dicken Schwanz auf und sieht entsetzt in die Richtung, aus der der Laut kam. Ein Schwarm Stare, die ihren Weg in den Süden unterbrochen haben, um auf einer Buche Rast zu machen, verstummt gleichzeitig. Der Uhu, der auf der gegenüberliegenden Buche hockt, dreht seinen schweren Kopf mit weit geöffnetem Schnabel in diese Richtung und verliert dabei sein Frühstück – einen fetten Wurm. Ich mache einen Schritt zurück, stolpere fast, fasse mir an meinen Hals und unterdrücke einen Schrei. Weh mir! Die eingetretene Stille ist nur von kurzer Dauer, nur einen Sekundenbruchteil hält sie an, dann ist es, als wäre der ganze Wald in Aufruhr. Alles kreischt, schnattert und fliegt umher. Hunderte Vögel und Insekten schwärmen auf einmal aus, verdunkeln meine Sicht wie schwarze Wolken und rauben meinen Atem. Meine Beine wackeln, mein Gesicht ist in Bewegung – ich zittere und die Angst ist mit mir. Ich halte meine Hände vors Gesicht und versuche, es vor dem in Panik fliehenden Getier zu schützen. Scharfe Krallen und Schnäbel kratzen an meiner Haut. Doch ich habe keine Angst vor diesem Getier. Ich habe höllische Panik vor dem, was ich sehe...was dort schwebt und nicht sein kann...Denise!

6
Die spiegelnde Oberfläche des Wassers verschwand für einen kurzen Moment aus ihrem Sichtfeld. Denise war ganz abgetaucht und befand sich nun ganz und gar in der Dunkelheit des Elements. Sie hatte tief Luft geholt, da sie wusste, dass es eine Zeit lang dauern würde, bis sie wieder an die Oberfläche konnte. Mit weitausholenden Arm- und Beinzügen, tauchte sie einem Frosch nicht unähnlich unter das Gummiboot. Das wird ein riesen Spaß. Ihre Lunge fühlte sich gut an. Der Druck wurde zwar etwas größer, war aber noch zu ertragen.

Mit beiden Händen fasste sie an die Unterseite des Boots. Ihre Hände ertasteten eine Art Halt, eine Plastikschiene wie es schien. Eine kleine Kraftanstrengung trennte sie jetzt noch von ihrem Ziel und schon würde das kleine Boot samt Inhalt umkippen. Marc würde Augen machen, wenn er den ersten Kontakt mit dem eisigen Wasser bekam. Aber es war schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatte. Mit aller Kraft drückte sie gegen die Gummiwand. Zunächst versuchte sie es nur mit ihrer reinen Armkraft, dann stemmte sie ihren Rücken dagegen und als nichts half, tauchte sie ein paar Meter hinab, um dann mit Schwung gegen die Gummiwand zu prallen. Das hatte zumindest den Effekt, dass das Boot tatsächlich ein wenig aus dem Wasser trat, aber gleich danach wütend ins Wasser zurückspritzte.

Aufgrund des immer knapper werdenden Sauerstoffs und des größer werdenden Lungendrucks war Denise erschöpft, glaubte aber, dass sie es beim nächsten Mal sicherlich schaffen würde. Sie brauchte nur noch einmal hinabzutauchen – etwas weiter, als vorhin und dann mit dem ganzen Schwung nach oben zu tauchen. Es hatte vorhin nur deshalb nicht geklappt, weil sie nicht genügend Schwung hatte. Einen Moment überlegte sie, eine kurze Pause einzulegen, um Sauerstoff zu tanken, entschied sich aber, wagemutig wie sie war, dagegen. Sie liebte das Wasser und war häufig tauchen gewesen. Sie wusste genau, was sie tat und auch diesmal war sie sicher, dass es funktionieren würde. Sie schloss für einen Moment die Augen, dann tauchte sie wieder hinunter. Sie zählte eins...zwei....drei...und vier! So lange ließ sie sich fallen, immer weiter hinunter, in die bodenlose geheimnisvolle Unterwasserwelt. Dann öffnete sie die Augen, obwohl sie sicher war, sie hätte sie genauso gut geschlossen halten können. In dieser Tiefe und um diese Uhrzeit, war es unmöglich, etwas zu erkennen. Aber vielleicht hatte sie ja Glück und konnte eines dieser Meeresbewohner erblicken, die in ihrer Anmut und Grazie den oberirdischen Bewohnern weit überlegen war.

7
Marc fiel ins Wasser. Kaltes. Unbeschreiblich kaltes Wasser. Es lief ihm in den Mund, in die Nase. Die Kleidung sog sich augenblicklich voll mit Wasser - wurde schwer. Sein Gesicht brannte und er sah, wie es dunkel wurde. Alles verschwamm zu einem einzigen dunklen Nichts. Mit den Armen strampelte er und mit den Beinen. Aber die Kleidung war so schwer und er konnte nicht schwimmen. Er streckte seinen Kopf nach oben, versuchte sich selbst nach oben zu schrauben, sah den Mond durch das Wasser scheinen, wollte ihn erreichen, aber das Wasser zog ihn unerbittlich nach unten. Dann verlor er das Bewusstsein. Er merkte nicht mehr, wie ein Teil sich von ihm löste. Der Teil in ihm, der Dunkel war und Böse. Er trennte sich von ihm, wie er es damals tat. An jenem Tag, an dem Marc glaubte am Ufer stehen geblieben zu sein. Ängstlich zitternd. Während sein Bruder den Kampf mit ihm verlor. Aber er war nicht stehen geblieben. Er war nicht feige und in panischer Angst verharrend stehen geblieben, sondern war mutig ins Wasser gelaufen. Soweit wie er laufen konnte. Und immer weiter. Doch ebenso wie heute konnte er auch damals nicht schwimmen. Und ebenso wie in diesem Moment verlor er das Bewusstsein. Und der Teil, der sich in ihm befand – Dunkel und Böse, löste sich von ihm, trug ihn an die Oberfläche und sorgte für sein Wohl und brachte das Verderben.

8
Denise unterdrückte einen Schrei. Keinen halben Meter von ihr entfernt war Marc. Er glitt durchs Wasser, als sei er mit diesem Element im Einklang. Mit einem sanftmütigen Lächeln begrüßte er sie und winkte ihr zu – beinahe übermütig. Denise war baff. Dann waren meine Bemühungen nicht umsonst gewesen. Marc winkte ihr zu und deutete ihr, ihm zu folgen. Aber Denise spürte ihre Lunge und wusste, wenn sie nicht gleich an die Oberfläche schwamm, dann würde sie ertrinken. Sie gab ihm ein Zeichen. Es hatte keinen Sinn mehr. Doch Marc reagierte seltsam, fand sie. Scheinbar unbeeindruckt umgarnte er sie sanftmütig lächelnd wie ein Schmusekater und deutete ihr, ihm zu folgen. Denise schüttelte den Kopf und wollte auftauchen. Doch es ging nicht. Etwas hielt sie zurück. Entsetzt sah sie nach unten, glaubte, dass ihr Fuß sich verheddert haben könnte und erkannte, dass es Marc war, der sie aufhielt.

Was will er? Ich bekomme doch keine Luft.
Obgleich sie wütend strampelte und mit dem anderen Fuß nach ihm trat, behielt er sein sanftmütiges Lächeln bei. Marc lächelte, während sie immer mehr spürte, wie ihr die Luft wegblieb. Ich brauche Luft. Bitte. Ich brauche...

9
Es lächelte und beobachtete das schöne Wesen, das wild nach ihm schlug, an seiner Kleidung riss und mit offenem Mund um ihr Leben kämpfte. Es beobachtete die Luftblasen, die ihrem Mund entwichen und nach oben stiegen, wie kleine Engel auf dem Weg zum Himmel. Es beobachtete mit der Hingabe eines Verliebten die letzte Luftblase auf ihren Weg nach oben, bis diese an die Oberfläche trat, dann erst ließ es ihr Bein los und ließ sie gehen. Mit leerem Blick, weit geöffneten Armen und Beinen glitt sie, gekrümmt wie eine Feder durchs Wasser und würde ebenso bald ihren Weg an die Oberfläche finden.

Ein letzter Blick, dann tauchte es auf, glitt wie ein Schemen wieder zurück in Marcs Körper, der auf dem See trieb und hauchte ihm gerade soviel Leben ein, dass er überlebte.

10
Ihre Haare scheinen nass zu sein, auch das T-Shirt, das sie trägt, ist von Wasser durchtränkt. Mit bleichem Gesicht und rotgeränderten Augen steht sie keine zehn Meter von mir entfernt und etwa einem halben Meter über dem Boden. Ich reibe meine Augen und kann es nicht fassen. Sie ist ein Geist.
Einen Herzschlag später schwebt sie unmittelbar vor mir. Ich kann sie beinahe berühren. Ihre Augen bleiben ausdruckslos. Ich kann diesem Gesicht nicht entnehmen, was sie von mir möchte, oder wie sie sich fühlt. Wie geht es dir? möchte ich sie fragen. Es liegt mir auf der Zunge.
Noch ein Herzschlag. Sie steht hinter mir. Ich wirble herum und frage mich, was sie wohl vor hat. Wäre es nicht so surreal, würde ich denken, dass ich mich mitten in einem Albtraum befinde. In einem dieser Träume, in der man versucht, vor etwas Bösartigem wegzulaufen, aber nicht die Möglichkeit hat zu rennen. Mit jedem Schritt, den man nach vorne macht, kommt es einem näher.
Ein weiterer Herzschlag. Sie steht wieder vor mir und dann... öffnet sie ihren Mund. „Bin ich schön?“
Aus ihrem Mundwinkel tritt etwas Schleimiges hervor. Es ekelt mich. Es sieht aus wie ein... wie ein Wurm oder ein kleiner Fisch. Ich würge. Dann spüre ich eine Hitze, die so schlagartig meinen Körper erfasst wie Elektrizität. Sie hat mich berührt. Verdammt, tut das weh.
„Bin ich schön?“
Mit zittriger Stimme hauche ich ein „Ja“ in den von allen Tieren verlassenen Wald.
Ich gehe in die Knie und halte mir die Hände vors Gesicht. Tränen laufen mir über die Wangen. Ich möchte nicht – seltsam, aber es ist so – dass sie mich so sieht. Wieder höre ich ihre Stimme und es kommt mir so vor, als stünde die Zeit still...“Liebst Du mich?“

11
Als Marc die Kabine des Riesenrads betrat, spürte er den Schauer der Erinnerung. Seit dieser Zeit war Denise ein Teil seines Lebens. Ein erschreckender Teil seines Lebens. Sie tauchte auf und verschwand beinahe wie es ihr beliebte. Und sie zeigte ihm Dinge, die ihm so schrecklich erschienen, dass er sich mehr als einmal in dieser Zeit den Tod gewünscht hatte. Doch die Erlösung trat nie ein.
Marc ließ den großen Bügel des Riesenrads nicht ganz herunter, sondern sperrte ihn mit seinem angezogenen Knie. Die Kontrolleure sind so nachlässig, dass es ihnen nicht auffallen wird. Dann setzte sich das große Rad des Lebens in Bewegung. Gleich, dachte Mark.
Es war eines der wenigen Dinge, von denen er wusste, dass es passierte. Gleich würde sie wieder erscheinen und von ihm den Liebesbeweis fordern. Doch diesmal würde alles anders sein, dachte Marc. Diesmal würde er sie austricksen.
Sein Herz schlug etwas schneller. Die Vorfreude wich der Erregung, als sie plötzlich vor ihm erschien, wie eine aus dem Nichts auftauchende Nebelbank. Die schwachen Konturen nahmen immer mehr Gestalt an, bis er sogar ihre feinen Gesichtszüge erkennen konnte. Die Haut schien ihm noch eine Spur blasser, das fahle Rot, das ihre Augen umspielte noch kränker. Sie sah elendig aus. „Sag´ mir...“, begann sie. Doch Marc hatte genug von diesem Spiel, von diesem Leben. Er befreite sich von dem schwerfälligem Bügel und stellte sich auf den Rand des Korbs. „Ich will nicht mehr!“, schrie er zitternd in die kalte Abendluft hinein. Dann sprang er in die Tiefe. Sein Leben hatte keinen Sinn mehr. Die ständige Furcht vor dem neuerlichen Auftauchen eines Geistes hatte ihn zermürbt. Während er der Erde zuflog – sie kam schnell immer näher, war es, als würden sanfte Hände ihn halten und seinen Sturz mindern. Es war, als sei es ihm nicht vergönnt, so jung zu sterben. Er blickte hinter sich und für einen kurzen Moment erkannte er die Wahrheit... Denise hielt ihn fest und grinste ihn unverhohlen an. Der Kreislauf des Lebens war für ihn noch lange nicht beendet.

 

Story ist okay. Aber es ist ja weniger die Idee als der Stil und die Einzelheiten, auf die es in dieser Rubrik ankommt.

Zu ausführlich für meinen Geschmack. Bin an einigen Stellen ins "Querlesen" verfallen. Das hätte ich nicht tun dürfen, denn als ich feststellte, daß ich nur Bahnhof verstehe, mußte ich es nochmal lesen. Aber hundert pro verstehe ich die Geschichte immer noch nicht. Nein, nein. Irgendwie empfinde ich den Bruder als überflüssig, bin aber nicht sicher, ob die Logik der Geschichte ohne ihn auskäme.

Den Wechsel zwischen "ich" und "er" hab ich überhaupt nicht verkraftet. Es scheint außerdem mindestens drei Zeitebenen zu geben.

Das rote Blut tropft klebrig schmatzend und weist auf grausam Taten hin, derer du fähig bist und warst. Kein anderer in Frage kommen kann. Wach auf und vollbringe Taten. Wach auf!
Das ist hochgradig surreal... - kann damit nichts anfangen.

Es war schmerzhaft kalt und ihre Haut wurde augenblicklich zur gänsehäutigen Mondlandschaft.
Fast sehr gut. Bis auf das "gänsehäutig". Das bringt mich zum Lachen.

Hm. Eine Passage zumindest fand ich exzellent:

Das auf eine Buche flink hinaufkletternde Eichhörnchen bleibt wie vom Blitz getroffen stehen, plustert seinen dicken Schwanz auf und sieht entsetzt in die Richtung, aus der der Laut kam. Ein Schwarm Stare, die ihren Weg in den Süden unterbrochen haben, um auf einer Buche Rast zu machen, verstummt gleichzeitig. Der Uhu, der auf der gegenüberliegenden Buche hockt, dreht seinen schweren Kopf mit weit geöffnetem Schnabel in diese Richtung und verliert dabei sein Frühstück – einen fetten Wurm.

Wobei das aber auch die von mir mißempfundene Ausführlichkeit repräsentiert. Mir würde Folgendes völlig reichen:
"Das auf eine Buche huschende Eichhörnchen bleibt wie vom Blitz getroffen stehen und sieht entsetzt in die Richtung, aus der der Laut kam. Ein Schwarm Stare auf einer Buche verstummt gleichzeitig. Der Uhu auf der gegenüberliegenden Buche dreht seinen Kopf und verliert dabei den gerade erbeuteten Wurm."

Ist das eigentlich Absicht, daß es dreimal eine Buche ist? Liest sich komisch.

r

 

Hi André!

Interessante Story...sag mir nur ob ich sie richtig verstanden habe...also, da befindet sich ein Wesen im Meer, das schon den Bruder des Prot. getötet hat, und nun auch seine Freundin tötet, die ihm eigentlich einen Streich spielen wollte. Nun wird er stets von ihrem Geist verfolgt...weil sie glaubt, Marc hätte sie getötet?
Du solltest vielleicht noch etwas an der Verständlichkeit der Handlung arbeiten, ich mag es zwar, wenn eine Story mehrere Möglichkeit offen läßt, aber wenn der Leser zu viel grübeln muß, ist das störend.
Außerdem war ich mir nie sicher, auf welchem Gewässer sich die Handlung zuträgt. Einmal ist es EIN See, dann DIE See, und dann plötzlich ein Fluß??

Stil und Atmospähre sind dir größtenteils gut gelungen, was mich aber am meisten gestört hat, war der Wechsel zwischen der Ich- und Er/Sie-Perspektive. Man kann über Stilmittel diskutieren so lange man will, aber ich glaube, so ein Wechsel ist einfach nur schlecht!! Hab den Fehler früher auch mal gemacht, das liest sich furchtbar und ist weder logisch noch irgendwie nachvollziehbar. Das war aber der einzige, wirklich große Schnitzer in der Story, ansonsten fand ich sie sehr unterhaltsam und gut gelungen. Vor allem die Art, wie du Tod seiner Freundin schilderst ist wirklich beklemmend!! :eek1:

LG Elroy

 

Hallo r und Elroy,

das mit den drei Zeitebenen stimmt. Beim Wechsel (Absatz 3) auf die Ich-Ebene, wollte ich die in meinen Augen interessantere Perspektive des Protagonisten wählen, um das Grauen begreifbarer zu machen. Er wacht auf und befindet sich auf einer Insel und begegnet dem Geist der Freundin. Gleichzeitig, bzw. Parallel erzähle ich, was dazu geführt hat, dass der Protagonist gestrandet ist. Wie es dazu kommen konnte, dass Denise tot ist. Hierbei benutze ich die übliche Erzählperspektive (Vergangenheit).
Der kursiv gehaltene surreale Teil diente der Einleitung. Wenn man meine Storys ein wenig vergleicht, wird man feststellen, dass ich das öfters so mache. Weiß nicht warum. Beim Schreiben überfällt es mich einfach. Dann steht es da und ich sage: Okay, dann lasse ich es halt so.

@Elroy: das mit dem Fluss kommt daher, weil es ursprünglich ein Fluss sein sollte (im Sinne von Fluss des Lebens), habe dann aber umentschieden und geglaubt, jeden "Fluss" eleminiert zu haben...offenbar nicht.

Zur Story: Deine Variante ist auch nicht schlecht, aber im Absatz 7 (deine Lieblingsstelle) steht es beschrieben. Gleich einem Schemen kehrt er zurück zu Marc. Bedeutet, das Böse ist in Marc. Es tritt aus ihm heraus und tötet. Marc hat davon keine Ahnung.

Erklärung: Als ich die Story schrieb, vor kurzem, war es mir nicht bewusst, wohin sie führte. Ich schrieb und schrieb und versuchte sie in eine bestimmte Richtung zu drängen... hat nicht funktioniert. Also wartete ich ab, bis sie fertig war und erkannte den Sinn.
Wenn man einen lieben Menschen verliert, sucht man oftmals die Schuld bei sich. Ein Teil von mir hat sich selbst die Schuld dafür gegeben, aber die Wahrheit ist, dass es egal ist, das Rad des Lebens dreht sich weiter egal, ob Schuld oder nicht.
Bisschen psychodingsbums, oder?

Werde mir nachher überlegen, ob ich mir nicht ein Samuraischwert kaufe und im nächstgelgenen Park ein paar alte Rentner köpfe.

Gruß André

 

Hallo,

ich habe den siebten Absatz nochmal überarbeitet und ergänzt. Ich denke, dass damit alle Klarheiten beseitigt sind.

Gruß

 

Hallo Andre,

die Idee der Story fand ich ok, aber die von dir auch erläuterte Vielschichtigkeit (bzw. Perspektivenvielfalt) hat bei mir dazu geführt, daß ich am Ende ziemlich verwirrt war. Ohne deine gepostete Antwort hätte ich ziemlich ratlos dagestanden.

Noch einige Hinweise/Anmerkungen/Vorschläge:

Sie legte ihren Kopf ein wenig schräg und sah ihn nun mit schmollenden Mund an.

"...schmollendem..."

außer den Tod seines Bruders, was ansatzweise so Schlimm war wie die Sache mit Denise.

"...dem Tod..."
"...so schlimm..."

stritt sich mit dem Bobfahrzeug

Klingt so, als würde er mit dem Fahrzeug streiten.

Es war das alljährlich widerkehrende Ritual,

"...wiederkehrende..."

Die aufschlagenden Wellen schlugen gegen das kleine Boot und raubten meinem fehlendem Gleichgewichtssinn jede Möglichkeit, stehen zu bleiben.

"...aufschlagende Wellen schlugen..." klingt holprig.
Und warum "fehlender Gleichgewichtssinn"? Ich weiß zwar, was du meinst, aber so hört es sich an, als hätte er grundsätzlich keinen Gleichgewichtssinn.

Das einzige, was er mir jetzt noch zurief, war ein markerschütternder Hilfe-Schrei und etwas, was mich mein ganzes Leben lang verfolgen sollte: „Meine Seele ist verloren.“

Ich weiß nicht, schreit man in panischer Todesangst wirklich: "Meine Seele ist verloren?"

Und während Denise von irgendwelchen Mordkomplotten schwafelte und mir die Augen brannten, irgendwann im rötlich schimmernden Abendlicht gingen meine Augen nieder und ich fiel in einen tiefen Schlaf.

"...Augen brannten, gingen mir irgendwann im rötlich schimmernden Abendlich meine Augen nieder und ich fiel in einen tiefen Schlaf."
So wäre es zumindest grammatikalisch korrekt, fände ich aber trotzdem nicht sehr gelungen. Darüber hinaus gehen gemeinhin nicht die Augen nieder, sondern die Lider.

und die wage Hoffnung

"...vage Hoffnung..."
Es sei denn, es wird nach neuer Rechtschreibung jetzt mit "w" geschrieben. Aber in dieser Hinsicht bin ich Vollblut-Legastheniker.

Mit voller Wucht bin ich mit meinem Fuss gegen einen Stein gehauen.

"...gegen einen Stein gestoßen." Klingt treffender.

Ich taste danach und mache eine rausragende Wurzel als Übeltäter aus.

herausragende Wurzel, besser noch: aus dem Boden ragende Wurzel.

und die idyllische Ruhe des Waldes wird je zerstört

"...wird jäh zerstört..."

Vorsichtig setzte sie ein Fuß ins Wasser, zuckte im ersten Moment zurück, weil es so kalt war. Die Wassertemperatur war beinahe unerträglich. Dabei war sie am Mittag noch darin geschwommen.

"...setzte sie einen Fuß..."
Der mittlere Satz ist meiner Ansicht nach überflüssig.

nur einen sekundenbruchteil

"...Sekundenbruchteil..."

Ich halte meine Hände vors Gesicht und versuche, es vor den in Panik fliehendem Getier zu schützen.

"...es vor dem in Panik fliehenden Getier..."

Das wird ein riesen Spaß.

"...Riesenspaß."

Aber vielleicht hatte sie ja Glück und konnte eines dieser Meeresbewohner erblicken, die in ihrer Anmut und Grazie den oberirdischen Bewohnern weit überlegen war.

"...weit überlegen waren."

Marc winkte ihr zu und deutete ihr, ihm zu folgen. Aber Denise spürte ihre Lunge und wusste, wenn sie nicht gleich an die Oberfläche schwamm, dann würde sie ertrinken. Sie gab ihm ein Zeichen. Es hatte keinen Sinn mehr. Doch Marc reagierte seltsam, fand sie. Scheinbar unbeeindruckt umgarnte er sie sanftmütig lächelnd wie ein Schmusekater und deutete ihr, ihm zu folgen.

Statt "deutete" muß es "bedeutete" heißen. Außerdem Wortwiederholung, besser eines ersetzen. Vorschlag: befahl, gebot etc.

So, soviel zunächst einmal. Ich hatte noch ein paar andere Anmerkungen notiert, aber Word ist mir zwischendrin mal wieder abgeschmiert. Na ja, reicht ja auch, denke ich. :)

Viele Grüße,
Somebody

 

Hallo Somebody,

besten Dank für die Fehlersuche und eigentlich Schade, dass Dir Word abgeschmiert ist. Sind ein paar nützliche Hinweise drin.

Meine bekannte Schwäche dem/den, aus dem Boden ragende Wurzel (da habe ich lange drüber nachgedacht), Sekundenbruchteil

Werde gleich mal verbessern.

Gruß André

 

Tagchen!

Das muss jetzt die zweite Geschichte sein, die von dir ist und zu der ich was schreibe. Liegt aber ein ganzer Haufen Zeit zwischen beiden, fürchte ich.
Ich sag das deshalb, weil mir aufgefallen ist, dass du dich selbst plagiierst. Die Idee einen Handlungsstrang auf zwei unterschiedlichen Ebenen zu transportieren ist nicht neu. Hatten wir schon mal, "Kiss of the devil":D
Bei der früheren Erzählung hat mir diese Form sehr gut gefallen, ich glaube aber hier war sie ein wenig unpassend, ich weiß nicht recht, was du damit bezweckt hast, der Sinn für diesen Stilgriff ist mir verborgen geblieben.
An anderer Stelle hatte ich dir schon mal bescheinigt, dass du ausgezeichnet die unwirkliche Atmosphäre von Träumen rüberbringst, die Wirklichkeit, die knapp neben der Realität liegt. Surreal. Faszinierend!

Allerdings hätte ich mir etwas mehr Planung gewünscht. Ich hatte nicht selten den Eindruck, dass du selbst nicht weißt, wie es weitergehen soll. Und das ist gar nicht gut für einen Autoren.

Das soll allerdings nicht heißen, dass die Story schlecht ist. Allemal hebt sie sich über den Durchschnitt hinaus.
Nur eben etwas :rolleyes: wirr?

Grüße von mir!

 

:D
Tagchen, Hanniball.
Wirr ist wohl der passende Ausdruck für diese Story. Ich habe sie jetzt für mich mal in der chronologischen Reihenfolge geschrieben und finde sie tatsächlich nicht weniger interessant. Bei Gelegenheit - momentan haperts ein wenig mit dem Internet - überarbeite ich das Ding mal.
Schöne Grüße und kühle Getränke

 

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