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Das Notfallprogramm

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28.04.2002
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Das Notfallprogramm

KLEINES VORWORT:
ich habe mich so gut es geht bemüht, verständlich zu machen worum es hier überhaupt geht. Sollte es dennoch irgendwie unklar sein, informiert mich bitte darüber, denn die Geschichte funktioniert einfach nur ohne unklarheiten, und lebt praktisch von einer einzigen Sache. Danke, und viel Spass.

Die Kapsel schienen aus dem schwarzen Nichts zwischen den Sternen zu erscheinen.
Genau genommen wäre das auch die korrekte Antwort auf die Frage nach ihrem Herkunftsort gewesen: Sie kam aus dem Nichts.
Denn jeder Zeitreisende mußte alles zurücklassen was er jemals in seinem Leben gesehen hatte.
All die Worte, die Dinge die gesagt wurden alles was passiert war, war unwiederbringlich fort, tot. Die Vergangenheit war tot.
Zeitreisende waren dazu verdammt tote Zeit zurückzulassen, und so war es unmöglich zu sagen woher sie kamen, es war unmöglich es einem Außenstehenden zu erklären ohne sich in ein unentwirrbares Knäuel aus logischen Strickmustern und Querverweisen zu verlieren.
„Die Vergangenheit ist tot“ , brachte einer der Passagiere flüsternd über die Lippen und endlich bekamen diese Worte, bekam diese abgedroschene Floskel die er in all den Jahren seiner Ausbildung immer wieder zu hören bekommen hatte, etwas Gewicht.
Möglicherweise verstand er sie in diesem Augenblick, dem wohl tödlichsten Augenblick in der Menschheitsgeschichte zum ersten Mal.
Verstand was sie bedeuteten, konnte ihre Bedeutung fühlen, konnte die Last von zweihundertunddreiunddreisig zurückgelassenen Jahren wie schwere, nasse Säcke hinter seinen Augen spüren.
Erdrückendes Unbehagen breitete seine schwarzen Schwingen in ihm aus.

„Was hast du gesagt, Xerxes?“

Es war Marv’s Stimme die ihn von irgendwo hinten aus den Aufenthaltskammern anraunte
(die unmißverständliche Laute von jemandem der zu lange geschlafen hat, dachte er zynisch)
doch Xerxes schenkte ihr keine Beachtung und starrte weiterhin das Terminal vor ihm an.
Marv war nicht nur der einzig weibliche ‘Passagier‘ an Bord der „BLIZZARD“, sondern sie war gleichzeitig auch die ambitionierteste von allen.
Xerxes hatte sie schon Jahre vor ihrem Start auf einer Kunstaustellung von einigen unbekannten Malern (hauptsächlich Magnetkugel- Künstlern) kennengelernt und augenblicklich das ehrgeizige, triebhafte Glänzen in ihren Augen gesehen, das Funkeln eines Raubtieres. Einer Intelligenzbestie.
Später (das bedeutet, nachdem er dahintergekommen war, dass die meisten und besten Gemälde der Ausstellung von ihr stammten) sah er sie wieder, als sie einen aufschießenden und bis zu diesem Zeitpunkt äußerst erfolgreichen Redner an der Miscatonic University , bei einem Vortrag über sterbende Quasare, und deren Wichtigkeit für die Lösung zukünftiger Energieprobleme,
in Grund und Boden diskutierte.
Xerxes erinnerte sich noch mit unverblaßter Klarheit an seinen resignierenden Gesichtsausdruck, als der Redner den Kopf hängen ließ und seine Papiere vom Pult aufsammelte.
„Miss Marv“, sagte er, „wenn sie noch weiterhin Lust haben mit ihrem Übungboxen fortzufahren, so kann ich ihnen hier nicht mehr dienen, Miss, ich kann und will und werde es nicht. Auf Wiedersehen!“
Und das knallen der Türe ließ keine Widerrede zu.
Doch Marv ließ dich davon nicht beeindrucken und setzte ihre Version der Rede fort. Und das mit Erfolg.
Der Applaus ließ keine Mißverständnisse zu.

„Applaus, Applaus!“

jubelte eine weitere Stimme die plötzlich zu hören war.
Hatte man denn nie seine Ruhe?
Xerxes hatte Kopfschmerzen.
Entgegen allen irrationalen Gerüchten, Zeitreisen wären angenehm, hatte der Psi- Pilot plötzlich ein Gefühl als würde ein rostiges Knäuel Stacheldraht in seinem Kopf feststecken.
Hätte die Behauptung es gäbe keine Schmerzrezeptoren im Gehirn ein Gesicht, Xerxes hätte es mit Vergnügen blutig geschlagen.

„Bravo, Bravo!“

ertönte der gekünstelte Bariton ein weiteres Mal hinter ihm.
Es war Klad, der Schwachsinnige Ingenieur.
Für den Fall, dass etwas schiefgeht, haben wir entschieden, dass es von unabdingbarer Notwendigkeit ist, dass sie einen Ingenieur mit an Bord haben.
Darf ich vorstellen...
Klad der Komiker war von diesen Worten begleitet in sein Leben getreten, und damit sollte es niemals wieder dasselbe sein.
Und der Typ ist unser Mann für den Fall das etwas schiefgeht. Unsere Rettungsleine, dass ich nicht lache.
Warum sprengen wir das Ding nicht gleich in die Luft? Beim gordischen Knoten war das auch die einzige Lösung ... nur ohne Zeitmaschine.

„Ich bin begeistert von der Show, warum knallen wir nicht unsere Großväter ab und haun‘ wieder ab? HäHä.“

Plötzlich prankte ein ungeheuer breites Grinsen auf Klad’s Gesicht, alles von der Nase abwärts schien aus Zähnen zu bestehen.
Mit mühsam gewahrter Beherrschung zwang sich Xerxes zur Besprechung der Lage.
Es wurde Zeit, dass etwas geschah.

ETWA EINEN TAG SPÄTER:

Die Palmen hatten aufgehört zu brennen und die Luft war nun schon seit etwa einer Stunde wieder gut atembar.
Trotzdem war Xerxes nicht zufrieden.
Was hatte dieser Mann für Qualen auf sich nehmen müssen um in diese Zeit zu gelangen, was hatte es ihn für ein unglaubliches Maß an Überwindung gekostet, all die Strapazen und all die Verantwortung auf sich zu nehmen.
Die Verantwortung für die gesamte Menschheit und den Planeten Erde.
Möglicherweise sogar die Verantwortung für die gesamte Galaxis.
Das schwierigste an der Sache war es, die unglaublich große Last seines (für seinen Geschmack viel zu schwachen) Willens auf den Schultern zu tragen.
Xerxes selbst verglich seinen Willen gerne mit einem großen Weinfass, das er von Ort zu Ort schleppen musste.
Doch das Fass hatte ein Leck, das war das gute an der Sache, denn mit jedem Schritt den er tat wurde es somit leichter.
Als er es durch die Grundauswahl geschafft hatte (eine Leistung die sogar ein wandelnder Arsch mit Ohren geschafft hätte, dachte er)
war das Fass noch unglaublich schwer gewesen, und das bremsende Gefühl der
ich-will-heut-nicht-und-bin-nicht-gut-drauf- Stimme die in seinem Hinterkopf quängelte hatte ihn bei der Instruktionsrede des Direktors des Internationalen Zeitreiseverbandes tief in den Sitz gedrückt.
„Meine Damen und Herren, potentielle Zeitreiser...“
sagte der Direktor in das Mikrofon das auf seinem Rednerpult stand und räusperte sich vornehm.
Das Wort „Zeitreiser“ machte ihm Angst.

„Aufgrund gewisser politischer und militärischer Unruhen und kontrastierender Meinungen in öffentlichen Ämtern und Regierung, von denen sie mit Sicherheit bereits in irgendeiner Weise unterrichtet wurden...“
Xerxes haßte die Ausdrucksweise des Direktors.
Und sie machte ihm Angst.
Er blickte in die Runde der anderen sogenannten „potentiellen Zeitreisern“ und sah an ihren aufmerksam- verschreckten Augen und den vor Schweiß glänzenden Gesichtern, das sie ebenso besorgt waren wie er.
Und das nicht ohne Grund, sprach der Direktor doch das aus, was sie alle seit so langer Zeit zu verdrängen versuchten:
Mit der Menschheit ging es bergab,
Mit der Erde und dem Ökosystem ging es bergab,
Mit den Ressourcen ging es zur Neige,
und überhaupt waren die kalten Winter von heut beinahe schon so warm wie die heißen Sommer von früher.
Die vorhandenen Energiereserven reichten gerade noch aus um...

„...drei befugte Personen in etwa zweihundert Jahre durch die Zeit zu schicken...“

Und zwar

„...in die unbekannte Zukunft...“

um

„... einen Aufklärungsflug über die Erde dieser unbekannten Zeit durchzuführen, Daten zu sammeln, mit der dortigen Regierung, falls vorhanden, zu kommunizieren und über eine mögliche Lösung des Problems zu diskutieren.
Im gegebenen Fall...“

Der Direktor starrte einen Augenblick verlegen und fast beschämt
(beschämt über seine eigene Spezies mochte man meinen)
seine Unterlagen an, um schließlich vortzufahren:

„Im gegebenen Fall, dass die Apokalypse bereits eingetreten ist, wenn sie in der Zukunft ankommen, wird die Besatzung das Notfallprogramm anwenden.
Aus Gründen über die sie sich sicher im klaren sind, kann erst das entgültige, für geeignet befundene Team genauer informiert werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte ihnen Mut für die Zukunft wünschen.“
Als er den letzten Satz aussprach zierte ein dümmliches
Möchtegern –sympatisches Grinsen sein faltiges Gesicht.

„Und viel Erfolg beim Auswahlprozess.“

Diese fürchterliche Rede und all die knochenharten Prüfungen die darauf folgen sollten,
(ein Kater war schon eine schlimme Sache, aber fünfzig Mal hintereinander für zwei Minuten in die Vergangenheit geschickt zu werden war der Gipfel des Schmerzes. Danach hatte sein Kopf sich angefühlt, als wäre er eine riesige Glocke, wobei sein Gehirn bei jeder Bewegung wie ein Knöppel dagegen schlug)
all die Runden in der Zentrifuge die Befunde, das Röntgen, die ewigen Wartezeiten, idiotische Kollegen die ihn fragten „ob er den Dresch- Dehn- Test schon hinter sich habe“;
All das hatte er auf sich genommen um mit einem Raumschiff mitten im nirgendwo, hunderte Jahre in der Zunkunft auf die Erde abzustürzten.
Von Klad, dem Ingenieur war bei der Bruchlandung so gut wie nichts übriggeblieben, Marv war am Rande eines Nervenzusammenbruches und über allem schwebte die dunkle, nagende Ungewißheit.
Wo auf der Erde waren sie?
War die Apokylpse nun eingetreten oder nicht?
Würden sie einen Sprung zurück schaffen, zurück in die Gegenwart?
Und die dringendste aller wichtigen Fragen:
War es Zeit für das „Notfallprogramm“?
Sollten sie dieses Risiko auf sich nehmen?

Das ausgeschlachtete Raumschiff lag wie ein verkohltes Wahlgerippe im Sand der Insel und rauchte vor sich hin.
Der Rauch erstreckte sich in schwarzen Schwaden in den Himmel und bildete zusammen mit dem Rauch der abgebrannten Palmen einen dunklen, schwebenden Teppich aus Russ.
Noch während der Bruchlandung hatte Xerxes verzweifelt versucht die Maschine hochzuziehen und wieder aufzusteigen, mit dem einzigen Resultat, dass die Schneise die sie in den Wald gruben ungefähr dreimal so lang geworden war wie nötig.
Nun stand er da und betrachtete die breite Spur der Zerstörung die er hinterlassen hatte.
Es war über alle Maße peinlich und traurig zugleich.
Schuldbewußt starrte er Marv an, die im Sand neben ihm kauerte.
Das gestrandete Paar, fernab jeder Zivilisation auf einer einsamen Insel gefangen, dachte er zynisch.
Völlig unvermittelt kam ihm ein Zitat aus Robinson Crusoe ins Gedächtnis:
„Und Robinson Crusoe zog seine Kleider aus, schwamm zu dem Schiff und füllte seine Taschen mit Schiffszwieback...“
Tja, wenn es so einfach wäre.
„Was meinst du Xerxes?“
murmelte Marv plötzlich gedankenverloren und ohne den Blick vom Wald zu nehmen.
„Hm?“
antwortete der Psi- Pilot ebenso gedankenverloren.
Auf einmal tat Marv ihm leid, und er verspürte so starkes Schuldgefühl wie schon lange nicht mehr.
Hätte er den Defekt der Steuerdüsen nicht frühzeitig erkennen müssen?
Hätte er die Mission nicht noch in letzter Sekunde retten können, wenn er eine sauber Bruchlandung hingelegt hätte?
Jede Wette, eine weniger saubere Bruchlandung als diese hier ist gar nicht möglich.
„Was meinst du? Sollen wir das Notfallsprogramm durchziehen? Meinst du mit der Menschheit ist es bergab gegangen?“
Ein kurzer Augenblick stille und dann:
„Für mich sieht es jedenfalls so aus.“
Sie löste ihren Blick mit sichtlicher Anstrengung von dem Bild vor ihr und sah Xerxes zweifelnd an.
Irgendwie machte ihn das wütend.
„Was soll das heißen? Willst du das Leben von Milliarden von Menschen aufs Spiel setzen, und das nur ...“
Er zog die Schultern an und breitete die Arme aus.
„Aufgrund dessen was du hier siehst?“
„Nein, ich will nicht das Leben von Milliarden von Menschen aufs Spiel setzen, ich will es ermöglichen. Du weißt wie die Bombe funktioniert, sie würde zwar die Erdoberfläche verwüsten, doch praktisch gleichzeitig erschafft sie neues Leben auf dem ganzen Planeten.
Wir würden mit geringer Wahrscheinlichkeit Menschenleben vernichten, wir würden aber mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Milliarden von Leben erschaffen.“
„Die Bombe könnte beim Absturz beschädigt worden sein. Möglicherweise vernichten wir die gesamte Zivilisation, rotten die Menschheit aus, ohne Hoffnung auf neues Leben.“
Xerxes fühlte sich unbehaglich bei diesem Gedanken, seine eigenen Worte machten ihm Angst.
Sie hatten die ÖKO- Bombe mit an Bord, und konnten damit die Sache einfach und schnell beenden, aber trotzdem galten noch ihre alten Missionsparameter.
Sollte die Menschheit noch existieren (irgendwo jenseits dieser Insel, jenseits des Ozeans) so sollten sie Kontakt zu ihnen aufnehmen, herausfinden, wie das Umweltproblem gelöst wurde und daraufhin sofort wieder zurück in die Gegenwart reisen.
Die Methode die in der Zukunft angewandt werden sollte, würden dann in der Vergangenheit durchgeführt werden.
Sie würden die Erde retten.
Sollten sie jedoch in der Zukunft ankommen, und erkennen, dass die Menschheit schon seit Jahren nicht mehr existiert
(was bedeuten würde, dass die Krise nicht überwunden wurde)
so sollten sie die Bombe zünden.
Das Notfallprogramm.
Die Bombe würde verheerende Auswirkungen haben, alles Leben würde zerstört werden, die gesamte Erdoberfläche verwüstet.
Doch gleichzeitig würde sie den Grundstein für die Entwicklung neuen Lebens schaffen.
Menschlichen Lebens.
Aber wie sollten sie wissen ob es noch Menschen gab?
Wie sollten sie von diesem Fleck Erde aus beurteilen, ob die Zivilisation noch existierte?
Doch zwei andere Fragen bereiteten ihm noch viel mehr Sorgen:
Was wenn es noch Menschen gab, Menschen die ihren Absturz gesehen hatten?
Was wenn sie feindselig waren?
Marv’s Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
Sie klang schwer besorgt und ihn Aufruhr, ein Schatten hatte sich plötzlich über ihr Gesicht gelegt.

„Ich denke wir sollten so schnell wie möglich herausfinden ob es sich lohnen würde diesen Planeten nicht zu verwüsten. Wohl eher noch schneller als möglich!“

„Wieso? Wir haben genug Zeit und ...“
Xerxes wurde von ihrer Furcht angesteckt und bekam es mit der Angst zu tun.
Marv hatten ihren erschrockenen Blick nach Westen geheftet.
Und dann verstand Xerxes die Bedrohung.
Weiter draußen im Wald, nicht unweit entfernt stand ein großer, spitzer Berg.
Und er rauchte.

Etwa 50 Stunden später:

Xerxes und Marv schleppten sich durch den Wald und zogen den Schubkarren hinter sich her, auf dem sie die Bombe transportierten.
Öliger Schweiß und schwarzer Ruß klebte auf ihren Gesichtern und die Anstrengung die es erforderte, die einhundert Kilo- Bombe hinter sich über Stock und Stein herzuziehen, brannte in ihren Muskeln.
Die Bombe selbst ruhte scheinbar gelassen auf dem provisorischen Karren aus Palmenstämmen, Ästen und Lianen.
Sie ließ sich wortlos ziehen wie ein mächtiger König und barg die maßlose Zerstörungskraft, die sie in sich hielt.
„Pause.“
Japste Xerxes kläglich und beendete den zweistimmigen Chor aus Stöhnen, Husten und Keuchen, der seit etwa einer Stunde vom brüllenden Getöse des Vulkans begleitet wurde.
Mit einem erschöpften Ausatmen ließen sie sich mitten auf die Lichtung fallen die sie erreicht haben.
Xerxes hatte das Gefühl als hätten sämtliche seiner Muskeln innerlich gebrannt, und als er es sich endlich erlaubte auszuruhen, schien ein kühler Strom durch seinen Körper zu fließen, und das Feuer zu löschen.
Es war wunderbar und schrecklich zugleich.
Die Hitze schnürte ihm die Kehle zu, er wünschte er könnte mit zwei Mündern atmen und schöpfte die Luft in gierigen Atemzügen in sich hinein, wie Wasser mit einer großen Kelle.
„Marv?“ Keuchte er durch die Hitze.
Die Hitze schien in seine Lunge zu fließen, schien ihn fest zu umarmen.
Marv bewegte sich nicht.
Sie lag völlig reglos am Boden seitdem Xerxes „Pause“ gerufen hatte.
Er kroch zu ihr hinüber und schüttelte sie kraftlos und halbherzig.
Er drehte die Frau herum und sah sodann in glasige Augen die in die Ferne gerichtet waren, eine Ferne weit hinter dem Piloten, weiter als alle Teleskope dieser Welt jemals blicken könnten.
Xerxes erkannte diesen Blick.
Es war der unmißverständliche Blick des Todes.
Plötzlich hörte er ein Geräusch als ob etwas durchs Dickicht bricht und war so schnell wieder auf den Beinen, wie es seine begrenzten Kraftreserven zuließen.
Er spürte die Hitze durch die aufrechte Haltung noch intensiver, noch härter.
Wie der Atem eines gewaltigen Drachens.
Durch die Bäume konnte er die Lavaströme erkennen, die ihre langen zähen Arme ausstreckten um nach ihm zu greifen.
Keine Spur von etwas lebendigem.
Und plötzlich begriff Xerxes.
Er begriff das gesamte, lächerliche sinnlose Schicksal seiner Mission.
Es war als hätte er die ganze Zeit über in ein Teleskop gesehen, ohne die Schärfe einzustellen.
Doch nun erkannte er alles, unverfälscht und klar.
Geistesgegenwärtig drehte er sich vom Wald weg und dachte dabei an Marv’s nachdenklichen Blick, als sie den Wald anstarrte.
Er klappte die Sicherheitskappe herunter und legte den blauen, runden Knopf frei der darunter lag.
Er drückte ihn.
Für den Bruchteil eines Augenblicks, konnte er die Explosion sehen, einen weißen Ball der aus der zerschmetterten Hülle der Bombe schoß.
Und wuchs. O Ja er würde wachsen, und zwar so lange bis er so groß wie der gesamte Erdenball war. Er würde alles zerstören und daraufhin wieder alles neu aufbauen. Nur etwas anders als es vorher war.
Unendlich kurz bevor er zu Staub zerblasen wurde, wunderte er sich wie all das passieren konnte.
Den die Zeitmaschine war nicht zweihundert Jahre in die Zukunft gereist, sie war 65 Millionen Jahre in die Vergangenheit gereist.
Und er dachte an das was er dort am Wald gesehen hatte, kurz nachdem es durchs Dickicht gebrochen war.
Es war ein Dinosaurier.
Es war ein Tyrannosaurus Rex.

 

Hallo Mathias,

beim ersten Überfliegen gefiel mir die Idee zu deiner Geschichte ganz gut, aber an einigen Stellen bzw. stilistisch hakt es gelegentlich kräftig. Beispiele auf die Schnelle:
1. Zuviele Probleme, die die Mission birgt, werden in Frageform formuliert - dafür würde sich Dialog anbieten.
2. Nach Beendigung der wörtlichen Rede mit nachfolgendem Erzähltext wird klein weitergeschrieben ("Pause", japste Xerxes); meistens tust du das, aber nicht immer. Da stolpert man drüber.
3. Du verwendest zu Beginn der Geschichte viel Zeit darauf, zu erklären, dass die Vergangenheit für die Zeitreisenden tot sei - aber wenn sie in der Zukunft ankommen, sollen sie doch mit der jeweiligen Regierung Kontakt aufnehmen, und das, was sie motiviert, ist einzig und allein die schreckliche Vergangenheit, der sie entstammen! Da verstehe ich den Einstieg nicht. In ihm häufen sich die Hinweise darauf, dass die Zeitreisenden die Vergangenheit hinter sich lassen, so sehr, dass es eher den Einstieg stört als den Konflikt der Story zu beschreiben.
Hab mir die Story mal runtergezogen, um sie am Wochenende gründlich zu lesen. Die Idee ist ziemlich gut, die Mission prekär, reichlich Gelegenheit Spannung aufzubauen. Ich denke, ich werde mich nächste Woche nochmal mit einem ausführlicheren Kommentar melden.

 

Danke dafür, dass du dich (im Gegensatz zu allen anderen) dazu durchgerungen hast meine geschichte zu lesen.
Du hast recht, wenn die Vergangenheit unwiederbringbar tot ist, dann bringt das ganze natürlich nicht viel.
Was die Sache mit den Problemen angeht- nun da hast du wohl recht, Dialoge wären da besser geeignet.
Den Rest werd ich dann mal korrigieren...
Danke nochmal für die Kritik!

Cya
Mat

 

Hallo Mathias L.!

Aus der Anzahl der Kritiken läßt sich nicht zwingend auf die Anzahl der Leser einer Geschichte schließen.
Oft ist man einfach nur sprachlos.

Deine Geschichte überzeugt mich nicht.

Schon der Ansatz ist abwegig.
Die Menschen schicken mit der letzten Energie jemanden mit einer Bombe 233 Jahre in die Zukunft, damit er nachsieht was Sache ist und wenn nötig die Bombe zündet?

Was hat man davon? Mit einer Zeitmaschine gäbe es doch viel bessere Möglichkeiten, die den Menschen der Gegenwart unmittelbar helfen könnten.

Dessen ungeachtet solltest du den roten Faden deiner Geschichte konsequent straffen. Für eine Kurzgeschichte schweifst du einfach zu sehr ab, - hier die ausführliche Charakteristik einer absolut unwichtigen Person, - da eine völlig belanglose Episode und die Logik wirft Schleifen, denen man nur schwer folgen kann. Sie driftet oft sogar in Widersprüchlichkeit ab.

z.B.

"Denn jeder Zeitreisende mußte alles zurücklassen was er jemals in seinem Leben gesehen hatte.
All die Worte, die Dinge die gesagt wurden alles was passiert war, war unwiederbringlich fort, tot. Die Vergangenheit war tot.
Zeitreisende waren dazu verdammt tote Zeit zurückzulassen, und so war es unmöglich zu sagen woher sie kamen, es war unmöglich es einem Außenstehenden zu erklären ohne sich in ein unentwirrbares Knäuel aus logischen Strickmustern und Querverweisen zu verlieren.
Im Grunde ist jedes Individuum auf Reisen durch die Zeit und läßt auf seinem Weg, durch die Gegenwart in die Zukunft, die Vergangenheit zurück. Der Einzige, auf den das nicht zutrifft, ist gerade der Zeitreisende, der hier von dir beschrieben wird. Denn er ist, ganz im Gegenteil, auch in der Lage in die (tote) Vergangenheit zurückzureisen.

Nicht verzweifeln, gute Ansätze sind durchaus auch vorhanden.
Mir gefiel zum Beispiel die Vorstellung eines schwachsinnigen Ingenieurs als Rettungsleine, schade das der dann so sang und klanglos verramscht wurde.

Meine Meinung ist nur eine subjektive Randnotiz.
Tschüs
:whocares:

[ 28.07.2002, 16:46: Beitrag editiert von: Filius ]

 

Hallo Michael, da bin ich wieder.
Filius hat das Meiste von dem gesagt, was ich auch noch anmerken wollte; hier noch soviel:
Vorneweg: Nicht entmutigen lassen!
Kritik soll helfen, den eigenen Stil/das Handwerkliche zu verbessern, und wer mal versucht hat, von Professionellen eine Anmerkung zu einer Story zu kriegen, wird festgestellt haben, dass die sich das teuer bezahlen lassen oder besser gleich sparen...
Feedback und Kritik sind extrem wichtig, um sich weiterzuentwickeln.

Also:

Im ersten Abschnitt versuchst du mit düster-ahnungsvollen Andeutungen und einer großen Zahl von Wiederholungen Atmosphäre aufzubauen ("bekamen diese Worte... bekam diese Floskel", "diesem Augenblick, dem wohl tödlichsten Augenblick", "konnte ihre Bedeutung fühlen, konnte...").
Kannst du nicht machen.
Als Leser habe ich das Gefühl, dass mir die Atmosphäre mit dem Holzhammer reingeknüppelt werden soll, weil man mich sonst für zu doof hält, zu kapieren, worum es geht. Die Intensität, die mit der Wiederholung von Satzteilen erzeugt werden soll, hebt man sich besser für ausgewählteste Momente auf und macht von diesem Stilmittel nur sehr sparsamen Gebrauch.

Ich vermisse so etwas wie eine erkennbare Gliederung der Story.

"wie schwere, nasse Säcke hinter den Augen"... das ist ein höchst ungebräuchliches Bild. Es ist gut, Neues zu probieren, wenn man Standardformulierungen und Phrasen entgehen will, aber das neue Bild muss vor allem anschaulich sein. Ich habe Schwierigkeiten, mir dieses Gefühl vorzustellen, weil sich in mir alles gegen die Vorstellung von Säcken hinter den Augen sträubt. (Die unter den Augen reichen mir schon...) :D

Noch was, was bei dir öfter passiert:

Erdrückendes Unbehagen breitete seine schwarzen Schwingen in ihm aus.
Zu kräftiges Bild; in deinem Bemühen, es dem Leser so anschaulich wie möglich zu machen, schießt du übers Ziel hinaus. Die Übersteigerung lässt den Sachverhalt (jemand fühlt sich unbehaglich) aufgeblasen erscheinen und wirkt wegen ihrer Unangemessenheit schwülstig.

Andere Übertreibungen: "ein ungeheuer breites Grinsen", "unendlich kurz bevor er zu Staub zerblasen wurde"; beide nicht nötig, weil:

ein Grinsen, dass von der Nase abwärts aus Zähnen zu bestehen scheint (schönes Bild übrigens!), auch damit nicht mehr steigern - geschweige denn verbessern - lässt, indem man "ungeheuer" davorsetzt.

Und fällt dir irgendetwas ein, das kürzer ist als "der Augenblick, bevor er zu Staub zerblasen wurde"?
Unendlichkeit ist eine SEHR große Sache, die man besser nur SEHR selten bemüht.

Und noch einmal für alle: Liebe Leute, der Genitiv wird im Deutschen durch Anhängen von -s ohne Apostroph gebildet. "Marvs Stimme", nicht "Marv`s Stimme". Im Deutschen kennzeichnet das Apostroph eine Auslassung ("Na, is' nich' wahr, Ma'am").

Irreführende Erzählzeit: Vielleicht beabsichtigt, weil in der Story viel mit Zeiten gepusselt wird, aber:
Es ist ZIEMLICH verwirrend, wenn nach einer Überschrift "ETWA EINEN TAG SPÄTER" nach ein paar Zeilen eine RÜCKBLENDE folgt!

Go ahead!

Jimi ;) ;) ;)

 

Danke auch für die noch ausführlichere Kritik- werd ich mir zu Herzen nehmen und mich in einer neuen geschichte versuchen.
Wenn ich mit der verdammten Ferialpraxis fertig bin.
Ich bin wirklich sprachlos, dass meine geschichte von dir so viel aufmerksamkeit bekommt.
Danke!

P.S.: Wer is Michael? :susp:

 

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