Was ist neu

Das Mysterium der Stille

Mitglied
Beitritt
17.06.2008
Beiträge
17
Zuletzt bearbeitet:

Das Mysterium der Stille

Dunkelheit herrscht zwischen den Sternen. Ewige Nacht, durchbrochen nur vom Licht winziger Sonnen. Stecknadelkopfgroße Funken, gigantische Feuerbälle, unvorstellbar weit entfernt.
Lautlosigkeit herrscht zwischen den Sternen. Wo ein Träger für Schallwellen jeglicher Art fehlt, kann einzig die Stille regieren. Sonnen werden geboren, brennen eine Zeit lang und vergehen wieder, vom Universum bedacht nur mit der Gleichgültigkeit eiskalten Schweigens. Planeten erblühen mit der Frucht des Lebens und bringen intelligentes Leben hervor, das seinen kulturellen und technologischen Höhepunkt erreicht, überschreitet und schließlich wieder der Vernichtung anheim fällt, bis dort, wo einst Licht, Leben und Bewegung war, nur noch Dunkelheit und Stille existiert, so wie es am Anfang war und wie es am Ende auch wieder sein wird.
Seltsame Wesenheiten mögen in dieser Stille existieren. Wo Lautlosigkeit und Finsternis im alchemistischen Schmelztiegel des Vakuums miteinander verschmelzen, können Kreaturen geboren werden, deren Andersartigkeit und Fremdartigkeit dem menschlichen Verstand auf immerdar ein Rätsel bleiben müssen. Unmöglich zu sagen, welche Geschöpfe auf der anderen Seite der Dunkelheit auf der Lauer liegen. Unmöglich zu begreifen, welche Rätsel hinter der unsichtbaren Grenze des Schweigens verborgen sind.
Aber manchmal dringt etwas hervor aus der Tiefe der Nacht, kommt, geht und hinterlässt seine Spuren...


Das Schiff gleitet durch die Leere. Seine Form ist die einer gigantischen Pyramide von der Farbe hellen Gesteins. Seltsame Hieroglyphen sind in seine Außenseite eingraviert, deren Transkription die Fähigkeiten jedes menschlichen Verstandes bei weitem übersteigen würde. Weder ein Antrieb, Fenster oder irgendwelche Lichter sind zu erkennen, nichts was auf Leben oder Bewegung hindeuten würde. Völlig geräuschlos, leblos gleitet es dahin, auf einer vollkommen geraden Linie, während es sich langsam um seine vertikale Achse dreht.
Vielleicht ist es das Fortbewegungsmittel einer hochentwickelten Rasse, die unterwegs ist um fremde Zivilisationen und weit entfernte Galaxien zu erforschen. Vielleicht ist es ein Pionierschiff, angefüllt mit Kolonisten, die voller Enthusiasmus darauf warten, fern der Heimat eine neue Gesellschaft zu gründen. Oder vielleicht hat es auch gar kein Ziel und keinen Ursprung, keinen Anfang und kein Ende. Vielleicht ist es ein unlösbares Mysterium, ein Rätsel, hervorgebracht vom Universum selbst, dessen einziger Sinnzweck darin besteht, vom Anfang bis zum Ende der Zeit durch die Leere zu gleiten, auf einem Kurs, dessen Verlauf einzig vom Zufall bestimmt wird.
Und vielleicht ist es genau dieser Zufall, der es in ein Sonnensystem eintreten lässt. Seinem geradlinigen Kurs folgend passiert es die äußeren Planeten, dringt tiefer in das System vor und hält direkt auf den dritten Planeten zu.
Dort angekommen schwenkt es in eine weite Umlaufbahn ein und wartet.
Seine Anwesenheit bleibt nicht unbemerkt, denn der Planet ist von intelligenten Wesen bewohnt, deren technologische Entwicklung an der Grenze zur interstellaren Raumfahrt steht. Autos, Busse und Bahnen bleiben aus unerfindlichen Gründen stehen. Radios, Funkgeräte und Fernseher spielen verrückt. Kühe, Pferde und andere domestizierte Tiere verfallen dem Wahnsinn, brüllen sich die Seele aus dem Leib.
Radarstationen zeigen ungewöhnliche Signale. Teleskope werden ausgerichtet und bestätigen das Unmögliche. Und schließlich treten politische Führer vor die Weltöffentlichkeit, um dem Volk die unglaubliche Nachricht zu verkünden.
Daraufhin versucht man Kontakt aufzunehmen. Gezielte Funkimpulse werden ins All geschossen, aber eine Antwort bleibt aus.
Mit Scheinwerfern werden Morsezeichen gegeben. Eine bemannte Raumkapsel startet von der Oberfläche und nähert sich dem Schiff, um einen Eingang ins Innere zu finden, um einen Kontakt herzustellen:
Sinnlos.
Immer verzweifelter werden die Kommunikationsversuche, bis man sogar versucht, mittels gigantischer Laserprojektoren Bilder und Schriftzeichen an den Himmel zu malen.
Aber die Reaktion ist immer die gleiche:
Schweigen...
Vielleicht sind die Fremden so Andersartig, dass sie die Kommunikationsversuche nicht verstehen können. Vielleicht sind sie so hochentwickelt, dass sie – nicht in der Lage, die Planetenbewohner als intelligent zu erkennen – sie für ein natürliches Phänomen halten. Oder vielleicht wollen sie auch einfach nicht antworten, haben einfach kein Interesse am Kontakt zu einer Rasse, die aus ihrer Perspektive minderwertig und primitiv erscheinen muss.
Was auch immer der Grund sein mag: Tatsache ist, dass die Planetenbewohner alles in ihrer Macht Stehende tun um einen Kontakt herzustellen, und die Fremden nicht reagieren.
Und als politische und militärische Führer sich dessen gewahr werden, keimt der Zorn in ihnen. Die Angst vor dem Unbekannten, die sich bisher hinter einem freundlichen Willkommenslächeln verbarg, die Wut darüber, so unbedeutend zu sein, dass die Fremden sie nicht einmal einer Antwort würdigen, findet Ausdruck in mehreren kleinen Objekten, die sich von einem den Planeten umkreisenden Satelliten lösen und auf das fremde Schiff zusteuern.
Blitze gleißen grell in der Stille des Alls! Eine nukleare Feuerwand breitet sich aus, rast auf das Schiff zu und passiert es vollkommen wirkungslos, verpufft in der Weite des Alls.
Und als wäre dies endlich eine Sprache, die auch von den Fremden verstanden wird, löst sich ein Blitz vom Schiff, tritt ein in die Atmosphäre der unter ihm liegenden Welt und verschwindet hinter den Wolken.
Sekunden vergehen ereignislos...
Dann blüht ein Licht auf, tief unten auf der Tagseite des Planeten.
Roter Feuerschein breitet sich aus, in scheinbarer Zeitlupe, wie die sich entfaltenden Blätter einer phantastischen Blüte. Eine gigantische Ruß- und Aschewolke wird aufgewirbelt, unter dessen pechschwarzer Oberfläche ein rotorangenes Flimmern von unvorstellbarer Zerstörungskraft kündet.
Immer weiter frisst sich das Feuer über die Welt, lässt Flüsse, Seen und Meere verdampfen, verbrennt ganze Landstriche, dann Kontinente zu brodelnder Schlacke.
Kontinentalplatten heben sich um Kilometer und werden in Stücke gerissen. Die Erdachse springt aus ihrer magnetischen Fassung, der Planet beginnt zu trudeln und fliegt aus seiner Umlaufbahn.
Schließlich wird es zu viel. Die Erdkruste bricht auf und der Planet zerplatzt in einem Orgasmus aus flüssigem Magma und weißglühenden Gesteinsbrocken in die Stille des Vakuums hinein, wo sie schnell erkalten.
In alle Richtungen werden die Gesteinsbrocken gewirbelt. Manche stürzen auf das Zentralgestirn des Planetensystems zu, wo sie Jahre und Jahrzehnte später kurz aufblitzen und zu weniger als Asche verbrennen.
Andere Gesteinsbrocken fliegen in die andere Richtung, hinaus aus dem System, treten eine lange Reise an durch die Kälte der ewigen Nacht.
Und schließlich ist dort, wo einst Licht, Leben und Bewegung war, wieder einmal nur noch Dunkelheit und Stille, so wie es am Anfang war, und wie es am Ende auch wieder sein wird.


Das fremde Schiff indessen ist längst weitergezogen. In sein lautloses Mysterium gehüllt passiert es die Sonne in nahem Abstand, verlässt das Planetensystem auf der anderen Seite, blitzt ein letztes Mal kurz auf und verschwindet schließlich in der Dunkelheit.

 

Hallo ichwersonst!

Die gottgleiche Sicht des Erzählers passt natürlich hervorragend zum Thema, oder besser gesagt, hier ist wohl gar keine andere Sicht möglich ;)

deren Andersartigkeit und Fremdartigkeit dem menschlichen Verstand auf immerdar ein Rätsel bleiben muss.
Plural: müssen
hinterlässt seine Spuren...
space zwischen Text und Punkten
Das Schiff gleitet durch die Leere.
Vielleicht ist es das Fortbewegungsmittel einer hochentwickelten Rasse, die unterwegs ist um fremde Zivilisationen und weit entfernte Galaxien zu erforschen. Vielleicht ist es ein Pionierschiff, angefüllt mit Kolonisten, die voller Enthusiasmus darauf warten, fern der Heimat eine neue Gesellschaft zu gründen. Oder vielleicht hat es auch gar kein Ziel und keinen Ursprung, keinen Anfang und kein Ende. Vielleicht ist es ein unlösbares Mysterium, ein Rätsel, hervorgebracht vom Universum selbst, dessen einziger Sinnzweck darin besteht, vom Anfang bis zum Ende der Zeit durch die Leere zu gleiten, auf einem Kurs, dessen Verlauf einzig vom Zufall bestimmt wird.
Okay, der Gott, der da erzählt, ist ein irdischer Gott. ;) Denn er bezeichnet dieses Ding als Schiff, obwohl er ja überhaupt nicht weiß, was es ist. Vielleicht ein Fehler in der Geschichte, bin mir nicht sicher ...
Seine Anwesenheit bleibt nicht unbemerkt, denn der Planet ist von intelligenten Wesen bewohnt, deren technologische Entwicklung an der Grenze zur interstellaren Raumfahrt steht. Autos, Busse und Bahnen bleiben aus unerfindlichen Gründen stehen. Radios, Funkgeräte und Fernseher spielen verrückt. Kühe, Pferde und andere domestizierte Tiere verfallen dem Wahnsinn, brüllen sich die Seele aus dem Leib.
Auch hier wird deutlich, dass der Erzähler ein irdischer ist, denn er kennt die NAMEN der Dinge. Der Erzähler kann logischerweise also die Distanz zum Geschehen nicht ganz einhalten, denn er bedient sich einer irdischen Sprache.
nähert sich dem Schiff um einen Eingang ins Innere zu finden,
Komma: Schiff, um ...
Vielleicht sind die Fremden so Andersartig
klein: andersartig
Vielleicht sind sie so hochentwickelt, dass sie – nicht in der Lage, die Planetenbewohner als intelligent zu erkennen – sie für ein natürliches Phänomen halten
Ich weiß ungefähr, was du hier meinst, aber es klingt komisch: Intelligenz und Natürlichkeit sind doch kein Gegensatz, oder? ;) Du meinst, dass sie die Menschen als Tiere ansehen, aber Menschen sind doch tatsächlich auch NATÜRLICH. Der Gegensatz zu Natur ist eigentlich Kultur und nicht Intelligenz. Nur so als Anregung.
dass die Planetenbewohner alles in ihrer Macht stehende tun
groß: Stehende
Und als politische und militärische Führer sich dessen gewahr werden, keimt der Zorn in ihnen. Die Angst vor dem Unbekannten, die sich bisher hinter einem freundlichen Willkommenslächeln verbarg, die Wut darüber, so unbedeutend zu sein, dass die Fremden sie nicht einmal einer Antwort würdigen, findet Ausdruck in mehreren kleinen Objekten, die sich von einem den Planeten umkreisenden Satelliten lösen und auf das fremde Schiff zusteuern.
Naja, diese Motive klingen eigenartig, da du ja vorher schon ein viel besseres zum Angriff geliefert hast, nämlich dass nichts mehr funktioniert auf der Erde.
Besser würd ich auch finden: Und als den politischen und militärischen Führern das bewusst wird ...
Dann blüht ein Licht auf, tief unten auf der Tagseite des Planeten.
Roter Feuerschein breitet sich aus, in scheinbarer Zeitlupe, wie die sich entfaltenden Blätter einer phantastischen Blüte. Eine gigantische Ruß- und Aschewolke wird aufgewirbelt, unter dessen pechschwarzer Oberfläche ein rotorangenes Flimmern von unvorstellbarer Zerstörungskraft kündet.
Immer weiter frisst sich das Feuer über die Welt, lässt Flüsse, Seen und Meere verdampfen, verbrennt ganze Landstriche, dann Kontinente zu brodelnder Schlacke.
Gefällt mir ... Jo, schön geht die Welt zugrunde, irgendwann wird das sicher der Discovery Channel zeigen :D

Ja, hat mir gut gefallen, dieser gleichfalls kalte Blick auf das Ende der Welt, die in Kälte und Tod stürzt. Dazu passt natürlich der stellenweise pathetische Stil.

Gruß
Andrea

 

Hallo Andrea.

Danke für deinen Kommentar. Freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Rechtschreibfehler sind korrigiert. Was den Inhalt betrifft:

Okay, der Gott, der da erzählt, ist ein irdischer Gott. Denn er bezeichnet dieses Ding als Schiff, obwohl er ja überhaupt nicht weiß, was es ist. Vielleicht ein Fehler in der Geschichte, bin mir nicht sicher
Auch hier wird deutlich, dass der Erzähler ein irdischer ist, denn er kennt die NAMEN der Dinge.

Als Fehler sehe ich das nicht. Irgendwie muss ich doch mit Worten beschreiben, was da passiert. Ich wüßte nicht, wie ich es sonst machen sollte. Z. B. bei dem Schiff: Die Pyramide? Auch ein irdisches Wort. Das Ding? Klingt doof. Nee, das passt schon so.

Ich weiß ungefähr, was du hier meinst, aber es klingt komisch: Intelligenz und Natürlichkeit sind doch kein Gegensatz, oder? Du meinst, dass sie die Menschen als Tiere ansehen,

Ich meinte hier eigentlich die Kommunikationsversuche, also Funkwellen und Lichtsignale. Ist wohl nicht ganz rüber gekommen, auch wegen dem eingeschobenen Satz. Und wahrscheinlich auch, weil die Aussage selbst recht dünn ist. Deshalb habe ich mich da auch mit einem vielleicht abgesichert.

Naja, diese Motive klingen eigenartig, da du ja vorher schon ein viel besseres zum Angriff geliefert hast, nämlich dass nichts mehr funktioniert auf der Erde.

Ok, jetzt hast du mich voll erwischt.:aua:
Trotz mehrmaligem Überarbeiten und Korrekturlesen ist mir dieser Aspekt bisher noch gar nicht aufgefallen.:bonk:
(Hey, Smileys sind cool. Wusste gar nicht, dass es so viele gibt.)
Zurück zum Thema: Ich stecke in der Zwickmühle. Weil im Moment sind es niedere Motive, Wut und verletzter Stolz, die zum Abschuss der Atomwaffen führen. Wenn Selbstschutz der Grund ist, dann werden die Planetenbewohner zu sehr zum Opfer, und die Zerstörung ihrer Welt gewinnt eine Brutalität und Tragik, welche ich absolut nicht beabsichtigt habe. Tatsächlich wollte ich durch Formulierungen wie
Roter Feuerschein breitet sich aus, in scheinbarer Zeitlupe, wie die sich entfaltenden Blätter einer phantastischen Blüte.
und dadurch, dass die Zerstörung sehr langsam und in vollkommener Stille abläuft,der ganzen Sache sogar Ästhetik verleihen.
Wenn ich andererseits den Absatz mit den durchdrehenden Tieren und der kaputten Elektronik streiche, dann nehme ich dem fremden Schiff etwas von seiner extremen Fremdartigkeit.
Fazit: Es handelt sich hier um einen eher schwerwiegenden logischen Fehler, den ich aber nicht korrigieren kann ohne dabei die Atmosphäre der Story kaputt zu machen. Aber das Nachdenken darüber war faszinierend und gehört wohl auch zum Lernprozess dazu. Danke für den Hinweis.

lg ichwersonst

 

Tag!

Also, ich find's nicht übel, muss ich sagen - ich stehe auf diese biblisch monumentalen Szenarien, wobei ich doch etwas Pathos killen und die Geschichte in die Vergangenheitsform setzen würde ... lieber etwas "getragener", wenn du schon "das dicke Kaliber" auffährst ... ;)

Grüße!

Der Dante

 

Bumm! Voll auf die Zwölf!
Nett geschrieben, kein Zeigefinger, keine ausgefeilten Rechtfertigungsversuche, einfach nur „Knips“ und aus…
War nett zu lesen aber auch nicht mehr.
Ach, ja, ich würd’ den Zeigefinger noch weiter senken und das Geblubber der Großkupfernen gar nicht so detailliert beschreiben.

Zwei Dinge über die ich gestolpert bin:
dem menschlichen Verstand auf immerdar ein Rätsel bleiben müssen.
Das immerdar ist ein bisschen überzogen selbst für den Gottmodus.

Unmöglich zu sagen, welche Geschöpfe auf der anderen Seite der Dunkelheit auf der Lauer liegen.
Wdh. => auf der (umformulieren?)
les' dich
Nice

 

hallo du (wer sonst) :D

mir hat seine Geschichte ziemlich gut gefallen! Besonders eben diese Zeitlupeszenen.

Ich weiß nicht, eventuell könnte man die Beschreibung der Zivilisation etwas allgemeingültiger halten, sodass vom Leser nicht sofort auf die Erde geschlossen wird (ein Rückschluss, der dem aufmerksamen Leser mit dem Hinweis auf den dritten Planeten immerhin ermöglicht wird). Deine Beschreibungen (Autos, Raumkapsel, etc.) müssten dann natürlich etwas vager sein, aber ich glaube das könnte der Geschichte einen noch umfassenderen Blick geben, indem wirklich nur noch die Essenz des Ganzen zum Tragen kommt. Die Essenz deiner Geschichte ist für mich folgende:
Es kommt, es geht, und es ist schön.

Schöne Geschichte!

Georg

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom