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Das Monster in mir

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20.01.2012
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Das Monster in mir

Wenn ich ein Bild male, von dem was ich fühle und in meinen Inneren Auge sehe, würde ich mit einer tiefschwarzen Farbe beginnen. Tauche das helle weiß gegen das hoffnungslose Verderben aus. Setze mit einem schmalen Strich an und bilde mit ihm ein Gerippe. Es ist wichtig, dass man die Rippen deutlich hervorhebt, sie müssen die dünne weiße Haut beinahe durchdringen. Mit dem Körper beginne ich, weil dies das Kapital des Wesens ist. Das Wichtigste an ihm. Um dass sich jeder Gedanke, sollte er auch noch so klein und unbedeutend sein, dreht. Dann erstelle ich ihm einen dicken Bauch, wie dem einer Schwangeren. Das Zentrum. Hier sammelt es alles an, was Gut und Schlecht ist. Ihr Hass auf mich! Ihre Zuneigung, die sie mir entgegenbringt, immer und immer wieder. Sie weiß, dass der Bauch nie verschwinden wird und es hasst ihn so sehr, so unendlich doll. So stark, dass es auf mich übergreift. Und dann die langen, mageren Beine, kaum mehr als Striche auf dem Papier. Keine Muskeln, kein Fett, nichts als Knochen. Mehr darf an ihr nicht existieren, niemals!
Knochige Arme, am Ende dünne Klauen. Flügel, wie bei einer Fledermaus umarmen mich. Legen sich schützend und so eiskalt über mich, halten mich fest und werden mich niemals wieder gehen lassen. Die Kälte ist so tröstens, denn so sagt Ana, sie lässt das Fett schmilzen.
Ich glaube dem Geschöpf, was auch immer es ist. Habe ihr immer geglaubt. Ihrer süßen, weichen Stimme kann man nicht entkommen. Sie hüllt einen in ein Tuch von Sehnsüchten, die nur sie befriedigen kann. Die Wangenknochen sind spitz wie Messerklingen, man kann sie nicht übersehen, dazu kommen eingefallene Wangen. Beinahe so, als wäre sie schon lange nicht mehr am Leben. Verdorrt wie eine Blume. So oft habe ich darüber nachgedacht, ob es irgendwann einmal schön gewesen war. Einmal vor unendlich langer Zeit.
Ihre Augen sind riesig und kaum mehr als schwarze Löcher in ihrem Gesicht. Ich kann in ihnen nicht hineinblicken, denn dann entdeckt man das Nichts. Ich will dieses Nichts nicht sehen, will es niemals begegnen und es scheint immer mehr zu werden, umso ungehorsamer ich mich benehme. Mit ihnen kann das Wesen in mein tiefstes Inneres blicken. Meine Ängste, meine Trauer und meine Freude nimmt es von mir. Alles nur als kleine Gegenleistung, dass es mir so gut und immer beiseite steht.
Meine Hand fängt unweigerlich an zu zittern, wenn ich mit dem riesigen Schlund in einer blutroten Farbe fortfahre. Dort sind Rasierklingenscharfe Zähne, die sich auf meinen Armen und Beinen als blutige Tränen erkennbar zeigen. Dies ist die Bestrafung für die Niederlagen, die ich alleine meinem Ungehorsam verdanke.
Ebenfalls in roter Farbe male ich das riesige Gehin, was auf dem Kopf sitzt und nochmal doppelt so groß wie das ganze Geschicht ist. Ana vergisst nie irgendeine Niederlage, sie vergisst es niemals, wenn ich ihr den Rücken zukehre. Ja, sie verzeiht mir, denn sie liebt mich doch. Sie braucht mich und ich sie. Wir sind eine Person. Sie behütet mich und wacht immer über mich. Gibt mir die Hoffnung, die ich selber wieder in den Boden trampel. Manchmal macht sie mir Angst, wie sie vor mir erscheint und ich tue was sie sagt. Wenn ich mich wehre, dann recht sie sich. Zueinander finden wir immer wieder.
Denn es gibt nur einen Freund auf dieser Welt den ich besitze und dass ist die Person, die mich innerliche zerstört.

 

Hallo lillilena

Ich begann zu lesen, schreckte dann aber wieder zurück, ob der Eindimensionalität mit der die Prota. ihre Magersucht darstellt. Die Symptome sind bekannt, die quälenden Gefühle, der betroffenen Mädchen und Frauen nicht nur in der Fachliteratur schon breit getreten. Doch ich begann dann doch nochmals zu lesen, der Anreiz war mir, dass sie sich malen will, eine Selbstdarstellung.

Wenn ich ein Bild male, von dem was ich fühle und in meinen Inneren Auge sehe, würde ich mit einer tiefschwarzen Farbe beginnen.

Hier beginnst du mit einem Widerspruch, indem du würde verwendest. Es stösst sich auch mit den nachfolgenden Sätzen, die die Ausführung beschreiben, also nicht die Möglichkeit dazu. Eine weitere Unstimmigkeit ist das „in meine innere Auge sehe“. Das Sehen erfolgt nicht in, sondern mit dem Auge. Aber auch sonst ist der Satz verquirlt, da es meinem lauten muss und inneren kleingeschrieben.

Du zeichnest die Prota. als gespaltene Persönlichkeit. Da ist Ana, der Mensch, und in ihr das Andere, das über sie verfügt, im Widerstreit miteinander und doch Verbündete. Du nennst das Andere einmal Ihre, dann Wesen und dann auch Person, was ich etwas irritierend finde. Klarer dünkte es mich, wenn es eine namentliche Bezeichnung hätte, dieses zwanghaft Anwesende, mit dem die Prota. in Hassliebe verbunden ist.

Um es als eigentliche Geschichte wahrzunehmen, fehlen mir auch ein paar Pinselstriche mehr daran. Etwa wenn es ausdrücklicher wird, wie die Prota. das Bild schafft, den Pinsel ansetzt, zögert, ausführt oder auch wieder etwas ändert, bis das Bild seine Vollendung findet.

Es erinnerte mich entfernt an ein reales Bild einer Künstlerin, das in meinem Besitz ist. Sie malte sich selbst hochschwanger, mit diesem Bild einen erfolgten Abort verarbeitend. Das Bild bringt abstrakt zum Ausdruck, dass der Embryo in andere Sphären entwich. Bei einer zweiten Schwangerschaft, die sie austrug, zeichnete sie die Geburtsanzeige wiederum als hochschwangere, doch diesmal mit filigranen, weichen Linien. Der menschliche Körper gibt also durchaus vielfältige Möglichkeiten, sich darüber künstlerisch auszulassen.

Mir hat dein Text durchaus gefallen, doch solltest du wie im ersten Satz aufgezeigt ihn nochmals sorgfältig durchgehen und auch überlegen, ob die Bilder sich dem Leser auch so erschliessen können, wie du dir denkst. Mit etwas Vertiefung, das innere Ringen vielleicht auch dialogisch einflechtend - momentan sehe ich mehr reine Selbstinszenierung -, könnte es aus meiner subjektiven Lesersicht eher gewinnen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Danke für deine Kritik, die ich mir sehr zu herzen nehme. Gleich morgen werde ich mich nocheinmal damit befassen um meine kleine "Geschichte" zu überarbeiten. Manche Dinge, die du als "störend" entfidest, sind allerdings genauso gewollte.
So zum Beispiel muss man sich vorstellen, dass die Person, die die Magersucht bildlich vorstellt selber nicht so genau weiß, wie sie es beschreiben soll. Ich denke besonders bei Essstörungen, wissen die betroffenden Personen nicht wirklich, wen sie da gegenüberstehen. Wer sie sind, was sie wollen und welches idiotisches Ziel sie vorantreibt. Und so habe ich diese unterschiedlichen "Namen" ob Wesen, Geschöpf, oder auch Ana sehr bewusst gewählt.
Es soll schlicht und einfach diese Widersprüche und dieses Wissen was man haben will,aber nicht besitzt, wiedergeben, wenn du versehst was ich meine.
Und auch das "Würde" am Anfang ist eigentlich darsus entstanden, dass sie selber das Bild nur in ihren Gedanken zeichnet. Es existiert eigentlich nicht, denn die Person weiß ja selber noch nicht, ob dieses Bild eher gut oder schlecht ist. Jemand, der sich in solch eine Darstellung vollkomme bewusst und real wirft, würde sie in meinen Augen und aus meinen Erfahrungen niemals so schrecklich wiedergeben, jedenfalls nicht, wenn man daran hängt und es so auf einer Seite liebt und braucht. Ich denke, dass viele Personen, die Essgestört sind, nicht wahrhaben wollen, wie schrecklich dieses Eigenbild sein kann und es auch nicht einmal ahnen...
Wenn du verstehst was ich meine... Wie gesagt, werde mich allerdings morgen nochmal ransetzen, um es einmal zu überarbeiten.

 

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