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Das Modell

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20.03.2009
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Das Modell

Ein anstrengender Tag geht wieder zu Ende. Es ist schon dunkel. Ich bin müde und gehe in mein Reich. Ziehe mich aus. Sorgfältig lege ich meine Kleider auf den Stuhl. Ich steige ins Bett - greife neben mich. Der Griff nach unten ist schon Routine.

Wie immer liegt sie mir zu Füssen. Stolz auf ihrem Fahrgestell mit den zierlichen Stossdämpfern.

Sanft streichle ich ihr über die zarten Flügel. Ein Meter und fünfzig Spannweite. Neu bespannt glänzen die Tragflächen in das Dunkel der Nacht. Vorsichtig ziehe ich die Piper ins Bett hoch und schmiege mich an ihren Rumpf. Das kalte Metall des Antriebmotors vergräbt sich wie ein kleines Näschen in meiner Brust. Mit beiden Beinen umklammere ich den Rumpf. Es überkommt mich.

Am Wochenende sind wir wieder zusammen auf dem Platz. Ich kann es kaum erwarten.

Wollen wir noch ein bisschen spielen? Ich schalte die Fernbedienung ein - stelle den Hebel von ihr auf "on". Ein kleines Summen signalisiert mir ihre Bereitschaft. Sie hat mich überredet. Ihre Scheinwerfer zünden und blinzeln mich an. Wie Wimpern wippen die kleinen leichten Querruder. Das Seitenruder ist bis zum Anschlag gespannt. Das Höhenruder geht erwartungsvoll in Ausgangsstellung. Mit dem Finger streiche ich auf der, vom Empfänger bis zum Heck straff gespannten Antenne entlang.

Wie Rouge bedeckt der rot gesprayte Nebel den Kopf der Piper. Die Cockpithaube aus Plexiglas gibt einen Blick auf das komplexe Innenleben des Fliegers frei. Unruhig zittern die Servos im Takt - zusammen mit einer kleinen Störfrequenz - irgendwo aus der Nachbarschaft. Synchron bewegt sich das Heckrad zusammen mit den leichten Ausschlägen des mittlerweile getriggerten Seitenruders.

Ich ziehe die Antenne des Senders auf die volle Länge. Jetzt ist sie ruhig - meine kleine Gelbe. Wartet brav auf meine Kommandos. Modellsprit entweicht als aphrodisierender Duft dem Tank - steigt mir in die Nase. Ich beginne zu schnüffeln. Diese Kombination aus Klebstoff,Benzin und Caramel ist unwiderstehlich.

Soll ich Dich noch kurz starten - zum Leben erwecken? Vor dem Schlafen noch ein letztes Motorengeräusch, der Duft von verbranntem Flugbenzin.

Ich betätige den Kipphebel am Sender.

Dank des Federanlassers springt der Motor zuverlässig an. Weissgrauer Dampf entströmt dem Schalldämpfer und füllt mein Schlafgemach. Der Motor muss erst warmlaufen. 10 ccm - Viertakter. Mit jeder Minute wird sein Lauf geschmeidiger.

Die Abgase berauschen meine Sinne. Das monotone Motorengeräusch versetzt mich in Trance. Ich sehe Dich am Startplatz, wie Du nach kurzem Anlauf auf der Piste in den Himmel steigst. Ganz zart mit Deinem Propeller die Luft hinter dich schaufelst, Meter für Meter gewinnst, bis Du am Horizont fast verschwindest. Jetzt wird es Zeit für eine 180 Grad Kurve. Aufmerksam führst Du meine Wünsche aus. Aus dem kleine Punkt kristallisiert sich langsam wieder Deine wundervolle Form heraus. Deine Flügel winken mir zu. Majestätisch ziehst Du an mir vorbei. Jetzt wollen wir beide nur noch das Eine.

Ich gebe Vollgas. Die Maschine bäumt sich auf - entgleitet meinen Händen. Mit unglaublicher Kraft frisst sich dieses Wunder der Technik durch meine Daunendecke. Wie in Zeitlupe sehe ich die Federn empor wirbeln. Sie kommt auf mich zu. Nicht bedrohlich - anmutig. Der dreiblättrige Propeller schlitzt meinen Bauch auf. Meine Gedärme quellen pulsierend hervor.

Sofort stoppt sie den Motor. Blut strömt in Schlieren an ihrem Rumpf entlang und tropft an den Flügelkanten herab. Verletzen - das wollte sie nun wirklich nicht.

Die aufgewirbelten Federn sinken wie Schneeflocken herab und bedecken sanft meinen blutenden Körper. Völlig aufgebracht zittern ihre Servos - es tut ihr so unendlich Leid - meiner kleinen, süssen Piper.

 
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Hallo gdeki!

Ich mag schlichte Geschichten mit einem Hauch Schräges wie diese. Sie kommt natürlich und leicht daher, schreibt dem Leser nicht vor, wie er jetzt bitte zu reagieren habe. Sie trägt kein Schild hoch und das ist gut so. Da kann ich entspannt lesen und frei denken.Und das trotz des "krassen" Schlusses (in Anführungszeichen, weil er eben erzählerisch irgendwie logisch erscheint :))

Gut, sie würde jetzt keinen Literaturpreis bekommen,... zumindest nicht von mir :D, aber sie war auf jeden Fall eine angenehme Lektüre! (Mal abgesehen von den paar Formfehler, die mir ab und zu in die Quere beim Lesen kamen: Kommata und so ;)).

Soviel von mir - die Interpretion behalte ich.
Gruß
Kasimir

PS: Das Wortspiel im Titel hätt's nach meinem Geschmack nicht gebraucht. Aber's gibt andrerseits genug Leut', die genau auf sowas stehn.

 

Hallo gdeki,

igitt, was für eine abgefahrene, blutrünstige Geschichte.
Sie hat so harmlos angefangen und ich dachte, was ist denn das für ein schräger Vogel, der mit seinem Modellflugzeug ins Bett geht? Wie krank muss man sein? Aber die Steigerung bis hin zum Wahnsinn und zur quasi "Selbstzerfleischung", um es mal so auszudrücken, hat mich dann doch überrascht, fast schockiert. Und dann tut es ihr auch noch leid, der süssen Piper. Das war's dann wohl. Tolle Idee, Überraschung gelungen.

LG
Giraffe.

 

Hallo gdeki,

ja, Satire darf sowas.

Ich war dennoch zwischendrin, während ich las, dabei, zu überlegen, ob ich dir nicht rate, die Geschichte in die Seltsam-Abteilung verschieben zu lassen. Hat sich aber in Wohlgefallen aufgelöst, dieser Wunsch.

Die Idee, sich über menschliche Eigenheiten und Passionen auszulassen, die manchmal skurril mutieren, finde ich gut. Ich könnte dir zwar nicht sagen, wo genau du noch heftiger werden könntest, aber irgendwas fehlte mir.
Vielleicht liegt es daran, dass du zu unvermittelt, abdrehst. Vielleicht müsstest du erstmal in Ruhe in den Steigflug gehen, bevor das Modell sich in die Federdecke bohrt, wenn du verstehst, was ich im übertragenen Sinne meine.

Aber ansonsten: gern gelesen!

Lieben Gruß
lakita

 

Vielen Dank

Hallo Lakita, Giraffe und Kasimir,

danke für Eure Kritik. Gerade in diesem Forum , das ausgesprochen exact ist!

Es stimmt, das Ende kommt schnell. Vielleicht wären noch ein paar Fingerkuppen, die durchs Zimmer schiessen drin gewesen - mit dem Schluss : Sie wollte nur verletzen. Töten wollten sie nicht :-)

Aber ich habe selber schon festgestellt, beim Lesen anderer Geschichten, dass es nicht zu lang, zu ausschweifend werden darf, sonst erwische ich mich zumindest dabei, die Zeilen zu überspringen. Aber es stimmt, das Drama könnte man auswei(d/t)en...

LG gdeki

 

Hallo Lakita,

habe für Dich noch eine Extra Runde gedreht :-) Hoffe es gefällt Dir noch besser ...

LG gdeki

 

Hallo gdeki,
gelunge Satire aufs Modellbauer-Völkchen. Hast du dich da ein bisschen selbst auf die Schippe genommen?;)

Gruß
Asterix

 

Hallo Asterix,

habe schon zweimal den Verbandskasten aus dem Auto holen müssen; waren aber immer nur die Finger :-)

 

Hallo gdeki,

jetzt will ich auch ein Modellflugzeug! (Allerdings würde ich über getrennte Schlafzimmer nachdenken. :D)

Mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen.
Wie Kasimir schon geschrieben hat, kommt sie unglaublich leicht daher.
Wunderschön finde ich, mit welcher Zärtlichkeit du die winzigen Details beschreibst.
Fast hätte ich erwartet, dass dein Protagonist sich am Ende dafür entschuldigt, dass er sie vollgeblutet hat. ;)

Hab ich sehr gerne gelesen!

 

Hallo Wolfskind,

danke für die positive Kritik - Es hat ihm sicher furchtbar weh getan, als er das Ausmass der Sauerei auf seiner Piper sah :-)

 

Hallo -

schön zu lesen, tolle Beschreibungen, jedoch - was mich wundert - warum hat noch niemand rumgenöhlt, dies sei keine Satire? Für mich wäre die Geschichte wunderbar bei "Seltsam" aufgehoben ...


LG,
Flic

 

Hallo FlicFlac,

was mich wundert - warum hat noch niemand rumgenöhlt, dies sei keine Satire?

Da fühl ich mich ja sogleich auf den Plan gerufen, auch, wenn ich nicht mehr als Satiremoderator hier fungiere. ;)

Klar, diese Frage hab ich mir ja schon gestellt, als ich ein paar Kästchen zuvor meine Kritik schrieb.
Diese Geschichte, das müsste dir entgegen kommen, ist wie die halbgefüllte oder halbleere Flasche, man kann sie als Satire oder seltsame skurrile Geschichte sehen. Kann beides nicht falsch sein.

Lieben Gruß
lakita

 

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