Das Mädchen
Es war einmal ein kleines Mädchen, das jeder spüren lies, dass es unerwünscht war. Sie fühlte sich von allen missverstanden und später durfte das jüngere Kind immer mehr als sie. Irgendwann war sie alt genug, um in die Schule gehen zu dürfen und sie hoffte, dass nun alles besser werden würde.
Sie schrieb nur gute Noten und half daheim, was sie konnte. Doch ihre Mutter fand oft genug einen Grund, um mit ihr zu schimpfen, nein, das ist das falsche Wort, um sie anbrüllen zu können. Manchmal fand sie in ihrem Vater einen Verbündeten, der aber oft genug nicht den Mut fand, sich gegen seine Frau zu stellen. Zu oft musste die Kleine anhören, wie dumm sie doch sei und dass sie keinen Platz auf dieser Welt verdient hätte. Keiner sah dem Kind den Schmerz an, und die Mutter wusste es wahrscheinlich nicht besser, wir wollen es ihr nicht anlasten.
Auf jeden Fall war die Kleine oft genug nur einen Schritt vom Weglaufen entfernt, weg von den Eltern, weg von dem Bruder, weg von den Klassenkameraden, die sie hänselten, weil sie in ihren Augen hässlich war... Aber sie wusste nie, wohin sie gehen sollte mit ihren 8 Jahren.
Als sie dann aufs Gymnasium kam, wurde es auch nicht besser. Ihre Mutter wollte nicht einsehen, dass es schwerer wurde, gute Noten zu schreiben und zu guter letzt schlug sie ihr Kind für jeden 3er, den es heimbrachte. So lernte das Kleine schnell, dass es vernünftiger war, ihren Eltern die Noten nicht zu sagen. So manche schlechte Note kennen sie immer noch nicht. Sie fand hier auch Freunde, die sie aber auch nur anstandshalber akzeptierten. Zuhause machte sie laut ihrer Mutter alles falsch, was man nur falsch machen konnte. Ihr wurde oft angedroht, sie ins Heim zu stecken oder zu Pflegeeltern zu geben, oder ins Internat abzuschieben. Doch selbst nach all den verdammt harten Jahren sah sie darin keinen Ausweg, nur neues Leid.
Irgendwann hatte sie es doch geschafft, einige Freiheiten herauszuschlagen, meist im wahrsten Sinne des Wortes. Und irgendwann war auch das kleine Mädchen einmal groß und begann sich für Jungs zu interessieren. Aber sie machte nicht selten die Erfahrung, dass sie nur ein Spielzeug für sie war, mit dem sie machten, was sie wollten. Nun sah das kleine Mädchen von einst seine Grenzen und war bereit für ein besseres Leben, das es irgendwo geben musste, zu sterben. Aber ihre Lebenslust hielt sie dann doch kurz vor dem letzten Schritt zurück, wollen wir sagen, gottseidank.
Sie lebte ihr grausames Leben in Einsamkeit weiter wie bisher, aber sie stellte sich nun öfters gegen ihre Eltern, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht mehr das kleine Kind war, mit dem man umspringen konnte, wie man will. So kam es, dass sie über die Jahre hinweg völlig abweisend wurde und sich nichts mehr sagen ließ, oft wurde sie damals "der Trotzkopf" genannt.
Das änderte sich erst, als sie ihre heutigen Freunde kennenlernte, die es damals sicher wahnsinnig schwer mit ihr hatten, aber sie haben sie zu dem gemacht, was sie heute ist: die Sonne, die nun versucht, anderen Menschen in ihrer Not zu helfen, um ihnen ein Leben wie ihres zu ersparen.
Sie weiß allerdings bis heute nicht, was besser ist: sich zu streiten oder einfach den Schmerz und die Demütigungen zu schlucken.... Sie wird es wohl auch nie erfahren....