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Das Mädchen das über die Kirschblüten lief

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12.05.2010
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Das Mädchen das über die Kirschblüten lief

Das Mädchen, das über die Kirschblüten lief


Es regnete. Eigentlich sollten wir heute feiern. Es war Mottowoche, wir standen kurz vor dem Abitur. Wir wollten unseren baldigen Abschluss feiern. Ungeachtet, ob wir schon einen Plan für unsere Zukunft hatten, oder nicht.
Heute war Schlafanzug an der Reihe. Es war Montag. Wir wollten grillen, vor der Schule Bier trinken. Doch es regnete.
Die ganze Welt war in einen grauen Schleier gehüllt, der alles trübe erscheinen ließ. Trotzdem waren viele gut gelaunt. Aus dem Grillen wurde nichts, und alle zogen sich erst in der Schule um. Alles war vertreten: Nachthemden, altmodische Schlafanzüge, Kuscheltiere, Kissen, eine Schlafmütze, ein paar Mädchen trugen Schlafmasken auf dem sorgfältig frisiertem Haar. Keiner kam auf die Idee, in seinen Boxershorts oder gar ohne Schuhe hinaus zu gehen.
Es war schon lustig an zu sehen, wie sich die gesamte Oberstufe im Foyer versammelte und ein Schlaflager errichtete, durch dass sich Lehrer und jüngere Mitschüler kämpfen mussten. Doch dank des Regens wollte meine Laune nicht wirklich halten.
Also ging ich in meiner nächsten Freistunde. Weit war es zwar nicht bis zu mir nach Hause, doch ich entschied mich trotz Regen zu einem etwas längerem Umweg.
Warum, kann ich nicht sagen. Es war aus einer Intuition heraus.
Ich verließ den Block, in dem meine Schule lag, durchquerte den Park und landete schließlich an der Hauptstraße. Zum Regenrauschen mischten sich die Fahrgeräusche der Autos und Busse, die Gespräche der einkaufenden Menschen, der Kleinkinder und deren Eltern. Ein ziemlich normaler Vormittag in unserem Viertel.
Ich beachtete sie nicht wirklich. Wie oft war ich hier schon lang gelaufen. Nichts besonderes.
Doch auf einmal erregte etwas meine Aufmerksamkeit. Eigentlich nichts extrem spannendes, aber so banal, dass es eine gewisse Faszination auf mich hatte:
Mein Weg war voller Kirschblüten.
Sie waren durchnässt und schienen vom Regen an den gepflasterten Boden geheftet zu sein. Die rosarote Farbe war durch dreckiges Wasser und verunreinigte Luft schmutzig geworden. Seltsam für diese Jahreszeit. Es war schon Mai, es blühte in der Nähe kein Kirschbaum mehr. Das war aber eigentlich nicht das, was mich stehen bleiben und diese Blüten anstarren ließ. Es war, dass die Blüten nicht wild und wie hingeworfen auf dem Boden lagen. Viel mehr schienen sie den Fußabdruck von jemanden wiederzugeben. Diese Person war barfuss, schien einen gemächlichen Gang zu haben, ohne Eile, ganz in Ruhe. Es waren kleine Fußabdrücke, aber nicht von einem Kind, vielmehr von einer nicht sehr großen, zarten Person. Mein Blick folgte der Spur. Und da sah ich sie.
Eine Person, um einiges kleiner als ich selbst, aber wahrscheinlich in meinem Alter, eine normale Statur, nicht zu viel und nicht zu wenig. Die Haare kurz und schwarz, nur im Nacken waren sie länger und zu einem Zopf geflochten. Sie trug nur Boxershorts und eine schwarze Kapuzenjacke, die ihr etwas zu groß war. Sie war barfuss. Wenn sie den Fuß hob, konnte ich Kirschblüten an ihnen haften sehen.
An der nächsten Kreuzung blieb sie stehen. Vor ihr lagen noch keine Blüten.
Diese Person zog sie wie einen Wegweiser hinter sich her.
Sie kam mir bekannt vor. Wegen ihrer Kleidung lag es nahe, dass sie zu meiner Stufe gehörte. Aber ich konnte die Statur niemandem zuordnen. Irgendwie seltsam, dass jemand einem so vertraut und doch so entfernt sein kann. Ich setzte meinen Weg fort, bis ich ein oder zwei Meter hinter ihr stand. Schräg, dass ich ihr Gesicht im Halbprofil erkennen konnte. Es war ein Mädchen. Ein Mädchen mit ausdruckslosen Augen, sie blickten ins Leere, schienen dort irgendetwas erstechen zu wollen. Doch hinter dieser Härten lagen Tränen. Sie waren klar und deutlich zu erkennen. Weg geschlossen vom Rest der Welt, versteckt vor allen anderen. Der Pony fiel ihr ins Gesicht, berührte beinahe ihre gepiercte Lippe. Es war ein Ring. Sie hörte Musik, die kleinen Ohrstöpsel verschwanden unter den Haaren in ihren Ohren. Ließ sie noch weltfremder erscheinen. Vor ihr lag keine einzige Blüte.
Die Straße wurde frei. Und sie ging weiter. Setzte ohne hin zu sehen und doch sicher einen Fuß vor den anderen. Und hinterließ eine Fußspur von Kirschblüten. Es war als würden sie aus ihren Füßen sprießen, als würden ihre Füße sie gebären und durch die Sohlen in die Welt setzen, sie zurück lassen. Eine Spur hinter sich hinterlassen, wie ein Hilfeschrei. Ein stummer Ruf, der nicht durch Sprache geäußert werden konnte.
Sie ging die Straße entlang, vorbei an meinem Hauseingang.
Ich folgte ihr, aus einem inneren Impuls heraus. Ich kann nicht sagen, warum.
Irgendwie wollte ich ihr folgen. Egal wohin. Das Ziel war nebensächlich.
Die Kirschblüten zeigten einen Pfad. Einen Pfad ins Ungewisse. Plötzlich wurde es mir klar. Sie war genauso allein wie ich. Fühlte sich genauso hilflos. Sie kannte den Weg ebenso wenig wie ich, hatte vielleicht sogar bei jedem Schritt Angst vor dem Nächsten, als würde dieser sie in einen Abgrund führen.
Ihr Weg war nicht mein Weg, aber ein ähnlicher. Vielleicht konnten wir ihn gemeinsam ein Stück gehen. Und versuchen unsere Richtung wieder zu finden.

 

Hallo Kagerou,

und Willkommen bei KG.de.

Seit ich Deine Geschichte gestern gelesen habe, weiß ich nicht so richtig, was ich von ihr halten will.

Ein Mädchen, aus dessen Fußsohlen Kirschblüten fallen und es auf diese Weise Fußspuren hinterlässt, der Moment gefällt mir. Nur leider wirkt es in Deinem Rahmen, in dem ja alles sehr alltäglich zugeht irgendwie deplatziert. Aber ich kann nicht so recht begründen, warum es mir so geht. Vielleicht, weil Du so viel Wert darauf gelegt hast, alles möglichst real und ausführlich darzustellen. Und so wirkt es eher befremdlich auf mich. Es will sich da nicht so recht einfügen.
Wenn Du alles Reale etwas zurückdrängen würdest, es verknappt darstellen könntest, würde es vielleicht nicht so heraus stechen und der Leser kauft Dir es ab. Die ganze Schulsache hat ja nichts mit dem zu tun, was Du eigentlich erzählen willst. Es ist ja für den Verlauf der Geschichte überhaupt nicht von Bedeutung. Wenn ich die Geschichte richtig verstanden habe, möchtest Du erzählen, dass da zwei Mädchen einsam sind und sich über die Fußspuren finden. Dann fange doch da an, sie geht die Straße hinunter und sieht die Spuren, sieht das Mädchen. Folgt ihr. Das ist hübsch, wie ich finde.

Auf dem Weg lagen Kirschblüten. Sie waren durchnässt und schienen vom Regen an den gepflasterten Boden geheftet zu sein ...

Das wäre der eigentlich Beginn der Geschichte. Und schade, dass Du das absurde Moment irgendwann aus den Augen verlierst. Diese ganze Ende da, ist so ... ach.

Einen Pfad ins Ungewisse. Plötzlich wurde es mir klar. Sie war genauso allein wie ich. Fühlte sich genauso hilflos. Sie kannte den Weg ebenso wenig wie ich, hatte vielleicht sogar bei jedem Schritt Angst vor dem Nächsten, als würde dieser sie in einen Abgrund führen.

Nee, das gefällt mir nicht. Das ist so - ich bin so einsam, Du bist so einsam, das Leben ist so traurig. Vielleicht fällt Dir ja noch ein anderes Ende ein. Indem Du nicht dem Leser so vorkaust, was er nun denken soll.

Das ging mir heute so durch den Kopf.

Ich wünsche Dir hier noch viel Freude, an Deinen Geschichten und denen anderer. Lies Dich ein wenig hier um und schreibe auch mal einen Kommentar, ob Dir die Geschichte gefallen hat oder nicht. Dabei kann man eine Menge lernen und jeden freut es ;).

Liebe Grüße
Fliege

 

Hey Kagerou!

Hab mich gerade bei Wiki noch schnell über die japanische Kirschblüte schlau gemacht, denn ich glaube, die ist hier gemeint, weil Japan unter manchen Jugendlichen Kult ist oder so.

Deshalb sehe ich das bisschen anders als Fliege, die meinte ja, dass der Anfang mit der Schule bzw. dem Abitur nicht wichtig wäre, aber wahrscheinlich ging es dir genau darum. Es geht um den Neuanfang und das Ungewisse, was auf einen zukommt, wenn man sein Abi macht. Ist ein Gefühlschaos, einerseits freut man sich, dass man endlich die Schule verlässt, andererseits ist man auch bisschen ängstlich, weil man endlich die Welt der "Erwachsenen" (!) betreten darf. Man ist also aufgeregt. Punkt.
Bei deiner Geschichte ist die ganze (Aufbruch)Stimmung durch den Regen betrübt, was auf eine düstere Zukunft schließen lässt. (In Mathe verkackt? :D)

Und jetzt zu meiner ehrlichen Meinung ... ich mag die Idee, wie da Blüten aus den Füßen dieses Mädchens sprießen, sehr symbolträchtig alles :D aber sonst ist die Geschichte doch sehr mager. Was passiert da eigentlich? Das Mädchen, also die Protagonisten wird nicht mit konkreten Problemen konfrontiert, alles ist so bisschen in der Schwebe, keinem passiert etwas, die Geschichte ist lediglich ein Bild, das auf dieses "Abi-Gefühl" basiert. Mir persönlich ist das zu wenig. Du solltest es nicht Gott weiß wie dramatisch machen, mit Blut und sonst was, aber bisschen mehr Alltagsdrama wäre gar nicht mal so schlecht.

Mir gefällt außerdem noch, was Fliege bemängelt hat, die Darstellung der "puren" Realität mit dem fiktiven Element der Kirschblütenfüßen. Erst so wirkt die Fiktion noch fiktiver, alles andere wäre schwammig und könnte unter Fantasy, denke ich. So ist es fein und eigenartig - im positiven Sinne.

JoBlack

 

Erst einmal: Danke für die Kommentare und die konstruktive Kritik. Jetzt weiß ich mal, woran ich noch ein bisschen arbeiten muss.

@ Fliege: Danke schön, ich versuch mal den Übergang von Realität und diesem "magischen Moment" besser darzustellen. Schade finde ich von mir aus, dass diese Schulsache wichtig für die geschichte ist, aber deplaziert für dich rüber kommt. Ich werd daran arbeiten :)

@ JoBlack: Vor allem dein Kommentar hat mich gefreut, das zeigt mir, dass ich doch ein bisschen ausdrücken kann, was ich sagen will :) Allerdings weiß ich nicht so recht, was du unter Alltagsdrama verstehst, wärst du für einen Dialog zwischen den beiden? Den habe ich bewusst weggelassen.

Wenn ihr noch ein paar Tipps habt, immer her damit :)

Ach ja, wie kommt ihr eigentlich darauf, dass die erzählende Person ein Mädchen ist?

 

für mich ist die erzählende Person eher ein Junge, kA warum. So liest jeder seine Essenz aus Texten :-)
Was die dieses betrifft....hm, die Idee finde ich nett, allerdings scheint sie mir nicht von einem Barfußgänger zu stammen. Ich darf dir sagen, es bleibt eine Menge Zeug an der Sohle kleben, aber da haftet es dann auch...wenn man nicht gerade in einen Eimer mit Farbe gestapft ist, hinterlässt man keine derartigen Fußabdruckpfade. Ein, zwei Blüten fallen zwar wieder ab von der Sohle, aber das war es dann auch schon.
Und was mich irritiert hat: wieso sollte so eine Spur ein Hilferuf sein??
Barfußlaufen macht Spass, erhöht die Senistivität und ist gesund - ich selber laufe große Teile des Jahres barfuß, ohne etwas zu gebären oder um Hilfe zu rufen.

 

@ JoBlack: Vor allem dein Kommentar hat mich gefreut, das zeigt mir, dass ich doch ein bisschen ausdrücken kann, was ich sagen will :) Allerdings weiß ich nicht so recht, was du unter Alltagsdrama verstehst, wärst du für einen Dialog zwischen den beiden? Den habe ich bewusst weggelassen.

Wenn ihr noch ein paar Tipps habt, immer her damit :)

Ach ja, wie kommt ihr eigentlich darauf, dass die erzählende Person ein Mädchen ist?


Mit Alltagsdrama meine ich, dass da was passieren sollte. Irgendwas. Nicht einfach das Mädchen beobachten und Sachen feststellen, ihr Standpunkt ist schon sehr distanziert und vor allem schon sehr reflektiert.

Für mich war die Prota ein Mädchen, weil es sich wie eine Mädchen-Geschichte liest. Und warum sollte sich ein Junge mit einem Mädchen identifizieren, das Kirschblüten am Boden hinterlässt? Anime-Romantik. :P

 

Tja, Anime-Geschädigte XD ich weiß selber nicht, ob's 'n Junge oder ein Mädchen ist.

Wegen Alltagsdrama: Mir ging's eigentlich nur um dieses Bild und dass der Protagonist/ die Protagonistin für sich einen Entschluss fasst.Darum nichts von wegen: X steht auf, geht zur Schule... etc.

Zu Nikitaf: Nicht das Barfusslaufen soll ein Hilfeschrei sein. Kennst du das, wenn man nicht sagt, dass es einem schlecht geht und es in sich hinein frisst? Irgendwie macht man aber trotzdem darauf aufmerksam, wenn auch unbewusst.

Das Kagerou

 

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