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Das Licht
„Noch keine zwei Stunden war es her, da wurde aus dem Dienstag ein Mittwoch und urplötzlich, von einer Sekunde auf die nächste, verspürte ich eine erdrückende Enge. Es waren tropische Temperaturen und zugleich regnete es für einen kurzen Moment wie aus Kübeln. Während andere noch friedlich in ihren Betten lagen, kämpfte ich mit all meinen Gliedmaßen und meinem seit Monaten treuen Begleiter, meiner mitgeführten Peitsche Nabs, wie ich sie liebevoll nannte, um mich aus dieser aussichtslosen Situation zu befreien. Zwanghaft mobilisierte ich all meine vorhandenen Kräfte, aber je mehr ich mich wehrte, je mehr ich um mich schlug und schrie, desto aussichtsloser wurde die Situation. Bereits nach kurzer Zeit gab ich schweißgebadet auf und versuchte mich zu entspannen. Ich ergab mich meinem Schicksal. Das so sehr besagte helle Licht am Ende des Tunnels wurde mir zum ersten Mal klar ersichtlich und ich begann friedlich zu beobachten, wie das Licht immer heller wurde. Ruhig wartete ich darauf, am Ende des Tunnels in einen großen Saal einzutreten, in welchem ich meine Familie erwartete. Die aus meiner Hand längst fallen gelassene Peitsche Nabs, welche ich zum Schutz vor Verlust an meinem Bauchnabel befestigt hatte, wickelte sich um mich herum wie eine hungrige Würgeschlange, welche ihrem Opfer den letzten Atem entzog. Ich machte mich ganz schmal und setzte zu einem Kopfsprung an, um elegant in das Licht zu gleiten. Ich sprang ab und…
..Es war seltsam. Ich lag wie auf einem Tablet serviert auf zwei Händen. Die Hände sahen aus wie meine, nur in groß. Ich war der festen Überzeugung, dass es menschliche waren. Zumindest eben das, was ich darstellen sollte. Meine Peitsche Nabs wurde mir mit einem Hieb durchtrennt und ich fing an zu schreien…“
Meine elf Freunde schauten mich begeistert und zugleich schockiert an, während ich weiter voll in meinem Element aufging. „Ich sage es euch, genauso ist meine Geburt verlaufen! Ich will nicht sagen, dass ich der Held bin und nicht meine Mutter, aber…“. Ich konnte den Satz nicht zu Ende sprechen, da gab es einen leichten liebevollen Klaps auf meinen Hinterkopf. „Jaja, genauso“, sprach meine Mutter augenrollend und verließ das Wohnzimmer. Ich feierte gerade meinen zwölften Geburtstag und bin schon der Meinung, dass man da der Held ist. Schließlich soll man auch dreimal hochleben. „Und ich sage euch, es war so“, ergänzte ich leise meinen Satz, als meine Mutter außer Sicht- und Reichweite war.