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Das letzte Gefecht

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21.06.2016
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Das letzte Gefecht

Die Nacht ist da. Jetzt wird es Zeit. Wieder einmal Training, dieses elende Training – sowie in all den Nächten zuvor. Ich kann kaum noch schlafen, solange schon nicht mehr. Seit diesem einen Tag – als also die Sonne schien, und mich ein paar Wichser überfielen. An euch Wichser: X, Y, Z – an euch denke ich also. Ich werde euch kriegen und vernichten. Sobald ich stark genug bin, mache ich euch fertig. Bis dahin lerne ich. In diesem Keller ist der Boxsack das X, dieser Holzklotz Y und der Schatten, den ich mit meinem Messer steche, das Z. Ich werde euch töten, ich werde euch aufschlitzen, ausbluten lassen, nachdem ich euch den allergrößten, allerschlimmsten Schmerz angetan habe.
Bildet ihr euch darauf etwas ein? Ihr seid letztlich nur Maden. Ihr seid Auswüchse, Symptome, einer viel größeren Sache – der Dunkelheit selbst! Wenn es Nacht ist, wie jetzt, dann muss ich einfach wach sein, um mich ihr stellen zu können. Wer sagte die Nacht wäre friedlich? Ihr geht alle raus, ihr geht Party machen, ihr geht zu irgendwelchen Anlässen. Doch alles läuft darauf hinaus, dass ihr irgendein Unheil anrichten könnt. Männer, Frauen, Junge, Alte, Bucklige oder Sportliche, Arschficker oder Leckschwestern – ihr seid alle in irgendetwas böse. Sogar ich bin böse, dafür, dass ich asozial bin. Diese Gedanken habe. Ich will Schmerzen verbreiten und töten, ja – jedoch nur, weil ich mich verteidigen muss. Meine Bosheit habe ich zu einem Selbstschutz umgewandelt. Daraus ziehe ich meine Kraft. Ich muss mich einfach verteidigen!
Wenn ich übe wie jetzt, das übliche Programm, Nahkampf in allem, dann denke ich an das, was mich hierhergetrieben hat. Es ist eine gute Einsamkeit, denn sie hat einen Sinn. Irgendwann wird es zu einem großen Gefecht kommen, einem großen Kampf, dem letzten Kampf, indem sich alle gegenseitig verprügeln und vernichten werden. Darauf muss ich vorbereitet sein. Das Leben ist nicht lebenswert, aber ich kann nicht anders: Auch jemand wie ich will überleben. Die Angst vor einem selbstgewählten Tod ist viel zu groß.

Tagsüber recherchiere ich. Auch trinke ich viel Bier, um bald einzuschlafen. 14 Uhr, und es sind schon vier Flaschen. Ich brauche sie, denn jetzt kommt die schwerste Zeit. Das sind die schwersten Stunden. Aufstehen, pissen, die Jalousien runtermachen. Döse etwas. Ich kann aber kaum schlafen. Es ist ironisch, dass es damals tagsüber passierte, als sie mich verprügelten, ausraubten, durchfickten, aber vor allem: mich auslachten. Ich habe mehr Angst vor dem Tag als vor der Nacht, mittlerweile, obwohl es früher anders war. Wie es dazu gekommen ist? Keine Ahnung. Soll ich über meine bescheuerten Eltern nachdenken? Widerwärtige Feiglinge. Ich hasse sie. An sie denke ich so gut wie nie. Sie sind weit weg.
Nein, ich muss mich fokussieren – fokussieren, um etwas Schlaf zu finden. Heute Abend werde ich nämlich einen weiteren Schritt machen: Ich werde hinausgehen und Patrouille machen. Es ist eine heruntergekommene Nachbarschaft, aber irgendjemand muss schließlich auf sie aufpassen.
Schlaf ein! Aber ich kann nicht. Ich bin unruhig. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Wie können alle nur so ruhig bleiben? Na, ich sollte es besser wissen: Sie geben nur vor so ruhig zu sein. Sie sind es nicht, in keinster Weise! Schon wieder stehe ich am Fenster. Da unten, eine Fotze. Ich würde ihr gerne ins Maul ficken. Sie ist so arrogant und eingebildet und glaubte sie wäre etwas Besseres, nur weil sie gut aussieht, und sich ein teures Smartphone leisten kann, mit dem sie ihre ach-so tollen Freunde aus der Oberstadt anruft. Hure! Sie glaubt wirklich es wäre wichtig was sie tut. Doch wie kann sie nur so ruhig bleiben?
Zurück ins Bett, verdammt noch einmal! Der YouTuber soll quasseln, bis ich wegdöse.

Irgendwie hat es funktioniert. Aber jetzt nicht mehr lange ausharren. Raus aus dieser schäbigen Wohnung. An der Haustür wartend, schaue ich immer zu beiden Seiten hin. Die Straße ist leer, aber es ist so eindeutig vorstellbar wie die Armeen von dort nach da stürmen. Verhüllte, Vermummte, wie bei den großen Demos, schlagen dann aufeinander ein. Ich stehe mitten drin. Dazu wird es irgendwann kommen, und dann muss ich darauf vorbereitet sein. Es gibt einige die behaupten, die Menschen seien viel zu lethargisch dafür geworden – für solche großen Kämpfe. Zu lethargisch und zu feige. Nur diese Behauptenden spüren und riechen nicht in dieser Gegend. Das Üble ist immer da. Sie werden kommen.
Jetzt die Übungen. Wie, schon 21 Uhr? Das ging schnell, aber im Winter wird es auch früh dunkel. Es könnte der letzte Winter sein. Nun die praktische Übung! Kapuze überziehen, damit man mir nicht so leicht ins Gesicht sehen kann. Soll ich auch den Schläger mitnehmen, den Baseballschläger? Damit würde mich so schnell keiner attackieren, auch nicht die drei Hurensöhne, sofern ich sie denn noch einmal hier sehe. Draußen ist es kalt. Ich nehme ihn besser mit.
Ja! Seht euch sie jetzt an! Nur ein kleiner Schritt hinaus, und die, die mich sehen, weichen. Sie sehen nicht oft einen kampfbereiten, disziplinierten Recken, der sich, wenn nötig, wehrt. Ich will in Ruhe gelassen werden, genauso wie ihr Anderen auch. Guckt nicht so! Ich weiß nur, wann es richtig ist, bereit zu sein.
Um ein paar Ecken bin ich nun gezogen, aber wo sind diese Hurensöhne? Ich zittere, aus Furcht, ja, gebe ich zu, ebenso aber auch, weil ich wütend bin. Heute will ich endlich herausfinden, wo sich diese Bastarde aufhalten; zumindest den ersten Schritt machen. Wen kann ich dazu befragen? Vielleicht die Nutten, die ihre Ärsche anbieten. Dann gibt es noch die Kids, die nichts Besseres mit sich anzufangen wissen, als Belästigung durch ihre bescheuerte Musik. Auch redet man von einem Dealer, den ich finden könnte. Schließlich die Bar, ein heruntergekommener Schuppen mit veralteter Neonbeleuchtung.
Die Nutten lachen über mich, als ich sage, dass ich sie nicht ficken, sondern nur befragen will. Sie nehmen den Baseballschläger nicht ernst. Sie heulen, dass das Ficken ihr Geschäft ist? Warum seid ihr dann so zynisch, ihr Löcher? Lernt etwas Anständiges! Geht endlich in den Protest! Aber ihr lasst euch ja auch einlullen, nur zu einer anderen Front hin, die unfehlbaren Weiber gegen die ach-so-mächtigen-aber-eigentlich-doch-armen-Würstchen Männer.
Und auch die Kids nehmen mich nicht ernst. Ein paar blöde Sprüche. Ich hasse mich dafür rückwärts fortgegangen und, auch von ihnen, ausgelacht worden zu sein.
Den Dealer finde ich gar nicht erst.
Es ist eine lächerliche Ausbeute in dieser Nacht.

Und ein neuer Tag, der erste eines neuen Monats. Dezember. Weihnachtszeit. Es hat keinen Sinn zur Arbeit zu gehen, aber ich sollte wohl. Will ich jedoch noch weiterleben, im nächsten Jahr? Für einen Monat reicht die Miete noch. Ich muss meinem Ziel nun näherkommen. Zeit für ein Tagesprogramm.
Stunde um Stunde also: Trainieren, wachsam sein, mich festigen. Ich war nie eine Kämpfernatur, aber man muss sich hüten. Seit ich das begriffen habe, kann ich wenigstens in dieser Hinsicht von einem Erfolg sprechen. Deshalb musst, du Idiot, dich auch nicht so feige fühlen! Dir fehlt einfach nur Mut und Wille dich durchzusetzen! Heute Nacht! Da muss es soweit sein!
Die Nutten lasse ich dieses Mal aus, zu den Kids gehe ich gleich. Frohe Weihnachten, ihr kleinen Scheißer! Wo sind sie?! WO?!?!?!?!??!??!?!?!
Was…? Einer schon längst tot, und die Anderen – weg? Sicher? Ich glaube ihnen nicht. Ich schreie. Ich schreie sie nieder und wedele mit dem Baseballschläger herum. Alles nur Halbstarke. Sie sind zu fünft, jung und dynamisch, in bester Frische, und könnten einen Mittdreißiger wie mich ganz leicht fertigmachen. Aber sie sind eben unreif, so wie ich lange brauchte um zu reifen, aus ihrem elendigen Zustand hinaus. Keiner greift mich an. Sie sind sehr hörig. Aber was sie sagen, gefällt mir nicht. X, Y und Z sind Kleinkriminelle, Besoffene gewesen, die sich jetzt in eine andere Stadt verzogen haben; einer eben schon tot. Um meine Rache bin ich betrogen. Die Kids wissen gar nicht, was sie getan haben.
Ich gehe noch eine ganz lange Zeit durch diese Nacht, die immer kälter wird, und sich um mich zusammenzieht. Mir will einfach nicht klarwerden, wie diese Gleichgültigkeit dort auf der anderen Seite der Fenster und Türen über mich herfallen wird. Doch sie wird es, früher oder später.

Weihnachten naht. Aber ich kann mich nicht freuen. Es wäre sowieso das x-te Fest in Folge, welches ich allein zubringe. Nein, was mich belastet, ist die Ungewissheit, die dort draußen lauert. Das, was im Fernsehen läuft, bestätigt mich nur: Viren und Krieg in der Welt dort draußen, und hier, in der Stadt, ein Mann, der vor Verzweiflung von seiner shoppenden Freundin freiwillig – freiwillig! – in den Tod gesprungen ist. Es ist doch klar, dass die moderne Kriegsführung im Kleinen durch die Kleinen aus hinterhältiger Guerillataktik besteht. X, Y und Z waren wenigstens noch Manns genug offen ins Gefecht zu treten. Aber diese Anderen? Schleichende Giftmischer, das sind sie! Seit fast drei Jahren, drei endlosen Jahren, bereite ich mich auf das letzte Gefecht vor, das definitiv kommen wird. Wann wird es soweit sein? Mittlerweile glaube ich: Es kommt gar nicht mehr. Eher belagern sie mich, hungern mich aus.
Die frische Nachtluft tut mir nicht gut. Sie klart meine Sinne zwar auf, aber die fiesen Fratzen der wenigen Passanten hier draußen wirft mich nur zurück. Über die Schulter muss man oft schauen. Ich gehe an den Stadtrand, an den Fluss, und sehe mit betroffener Miene über die kleinen Wellen, die hier geschlagen werden. Die große Erde dreht sich, und ich frage mich, ob ich noch einmal irgendwo bin, glücklicher, weniger gequält. Wenn ich mich jedoch umdrehe, dann sehe ich die verruchte, sinistere Stadt. Weihnachten? Ihr heuchelt alle, von morgens bis abends.
Nein, ich gehe wieder zurück, in meinen Keller, nehme den alten Karton, und übe, mit meinem Baseballschläger, wie man Köpfe zertrümmert, beziehungsweise wie sich anfühlen mag und wie man es möglichst optimal tut. Das letzte Gefecht wird kommen. Alles dreht sich weiter, aber nicht für mich immer. Vorbereitet muss ich sein. Wenn sie ihre Masken doch noch fallen lassen, die Nutten, die Jungen, die Verführer, dann werde ich mich gehörig zu wehren wissen. Ich mache das alles nicht mehr einfach so mit. Keine Ahnung, wie ich über den Monat kommen werde. Irgendetwas wird mir schon einfallen. Ich muss nur wachsam bleiben. Vielleicht wird es den Vermieter treffen, wenn ich erahne, dass er mir etwas Böses antun will. Hat er das nicht schon? Immerhin bringt er mich nicht um. Ich wohne weiter in diesen vier Wänden, bis zum neuen Jahr, das ohnehin nichts bringen wird. Alles ist übel.

 

Hallo @Dohlenmann ,
zunächst mal reine Kritik am Text als solchen:

[...]sowie in all den Nächten zuvor. Ich kann kaum noch schlafen, solange schon nicht mehr.
1. Sowie wird für Aufzählungen verwendet (er war groß sowie auch stark). So wie, also mit einer Leerstelle dazwischen, wäre hier passender. 2. "Schon solange nicht mehr" klingt schöner.
Seit diesem einen Tag – als also die Sonne schien[..]
"Diesem einen" hört sich unschön an, genauso wie "als also". Die zwei Wörter sind hier nicht nötig.
An euch Wichser: X, Y, Z – an euch denke ich also.
Das "also" ist hier zum einen redundant (du könntest auch "an euch denke ich" schreiben) und zum anderen auch eine Wortwiederholung.
In diesem Keller ist der Boxsack das X[...]
Sollte da ein "des" stehen? X, Y und Z sollen ja Personen sein, also benutze lieber "der" oder "die" anstelle von "das". Hat mich beim Lesen verwirrt.
Soll ich über meine bescheuerten Eltern nachdenken? Widerwärtige Feiglinge.
Wieso sind sie Feiglinge?
Bildet ihr euch darauf etwas ein?
Aus was bilden sie sich etwas ein?
Wer sagte die Nacht wäre friedlich?
Verstehe den Satz nicht. Die rhetorische Frage im Zusammenhang ist etwas sinnlos. Vielleicht urteile ich hier nur subjektiv, aber ich habe zumindest nie gehört, das jemand gesagt habe, die Nacht wäre friedlich.
Doch alles läuft darauf hinaus, dass ihr irgendein Unheil anrichten könnt.
Naja, jeder "kann" irgendein Unheil richten. Viel sinnvoller, wenn er einfach sagen würde "dass ihr irgendein Unheil anrichtet".
[...]ihr seid alle in irgendetwas böse.
Sehr verwirrend. Lieber "ihr seid alle auf irgendeine Art böse".
Sogar ich bin böse, dafür, dass ich asozial bin. Diese Gedanken habe.
"Sogar ich bin böse, weil ich asozial bin und diese Gedanken habe."
Auch trinke ich viel Bier, um bald einzuschlafen.
"...um schnell einzuschlafen." Hört sich für mich besser an.
Tagsüber recherchiere ich.
Sehr abstrakt. Über was recherchiert er denn?
Ich zittere, aus Furcht, ja, gebe ich zu, ebenso aber auch, weil ich wütend bin.
Nutzlose Elemente hier ist das erste Komma, das "ja" und das "ebenso".
Warum seid ihr dann so zynisch, ihr Löcher?
Wieso sollen die Prostituierten zynisch sein? Habe ich nicht ganz verstanden.
Es ist eine lächerliche Ausbeute in dieser Nacht.
Ausbeute passt für mich überhaupt nicht hierein.
Dezember. Weihnachtszeit.
Einwortsätze brauchen generell sehr viel Vorarbeit, um eben die Kraft zu haben, die sie haben sollen. Zwei davon hintereinander ohne eine besondere Funktion ist für mich übertrieben. Komma würde genügen.
Deshalb musst, du Idiot, dich auch nicht so feige fühlen!
Redet er gerade mit sich selbst oder spricht er mich als Leser an?
Wo sind sie?! WO?!?!?!?!??!??!?!?!
Diese Fragezeichen-Ausrufezeichen-Kombi stört mich immer, hat zu viel comicmäßiges, ich kann dem aber verzeihen, wenn es nur ein-oder zweimal im Text vorkommt. Das hier ist so ein Satzzeichen-Overload, dass ich etwas schmunzeln musste, was vermutlich das Gegenteil von der Wirkung war, die du dir gewünscht hast.
Was…? Einer schon längst tot, und die Anderen – weg? Sicher?
Das direkte Gespräch (oder zumindest die Simulation von einem) zwischen ihm und den Teenagern ist hier sehr unpassend zu dem Rest des Textes.
Alles nur Halbstarke. Sie sind zu fünft, jung und dynamisch, in bester Frische, und könnten einen Mittdreißiger wie mich ganz leicht fertigmachen.
Alles nur Halbstarke, aber sie können ihn trotzdem zum Mittagessen verputzen? Starker Widerspruch.
Sie sind sehr hörig.
Die könnten ihn vermöbeln, aber haben trotzdem Angst vor ihm? Das ist sehr absurd.
X, Y und Z sind Kleinkriminelle, Besoffene[...]
Sehr unschöner Nebensatz. Besser wäre "... sind besoffene Kleinkriminelle".
Die Kids wissen gar nicht, was sie getan haben.
Sie wissen nicht, was sie selbst oder was die Dreiergang gemacht hat?
Wenn ich mich jedoch umdrehe, dann sehe ich die verruchte, sinistere Stadt.
Ich habe kein Problem, wenn jemand "hohe" Worte benutzt, aber sinistere klingt schon etws übertrieben, vor allem, wenn man denjenigen bedenkt, aus dessen Mund das kommt.
Alles dreht sich weiter, aber nicht für mich immer.
Verstehe überhaupt nicht, was mir der Satz sagen will.

Da ich jetzt mit meinem Erbsenzählen vorbei bin, meine Interpretation des Inhalts:
Wir haben hier einen Faschisten oder Neo-Nazi, der die verruchte Gegend, in der er lebt, hasst. Vermutlich, weil er sie als degeneriert ansieht. Er hasst diejenigen, die er als unerenhaft oder hedonistisch ansieht, weil sie eben degeneriert sind, weil sie eben, wie du selber geschrieben hast, "Symptome der Dunkelheit" sind. Er bereitet sich vor auf eine Art letzten Kampf, wo er sich mit irgendwelchen Nazi-Freunden gegen die Gesellschaft stellen wird. Trotz der Fehler finde ich die Kernidee des Textes sehr gut, wenn wir zumindest annehmen, dass meine Interpretation die korrekte ist.

Und wenn meine Interpretation denn die Richtige ist, so hätte ich noch ein paar Fragen:

-Wer sind nun diese drei mysteriösen Schläger? Sind sie irgendwelche Anti-Faschisten? Oder einfache Hooligans? Wie kamm es überhaupt zu einem Kampf zwischen ihm und ihnen?
-Wieso benutzt er das Wort "böse" anstelle von degeneriert? Das Letztere tritt häufiger auf. Und wieso nennt er sich selbst "Böse" für die Gedanken, die er hat? Sollte er nicht meinen, seine Stellung ist die Richtige, die Ehrenhafte?
-Was war das am Ende mit der Freundin, für die er sein Leben geopfert hat? Hat er das überhaupt? Keine Ahnung, das kommt so plötzlich auf, was an sich keim Problem wäre, verschwindet dann aber wieder so schnell. Da muss ich mich fragen, was der Zweck davon war, seine Freundin überhaupt zu erwähnen.

Viele Grüße, Akht.

 

Hey @Dohlenmann,

Die Nacht ist da. Jetzt wird es Zeit. Wieder einmal Training, dieses elende Training – sowie in all den Nächten zuvor. Ich kann kaum noch schlafen, solange schon nicht mehr. Seit diesem einen Tag – als also die Sonne schien, und mich ein paar Wichser überfielen. An euch Wichser: X, Y, Z – an euch denke ich also. Ich werde euch kriegen und vernichten. Sobald ich stark genug bin, mache ich euch fertig. Bis dahin lerne ich. In diesem Keller ist der Boxsack das X, dieser Holzklotz Y und der Schatten, den ich mit meinem Messer steche, das Z. Ich werde euch töten, ich werde euch aufschlitzen, ausbluten lassen, nachdem ich euch den allergrößten, allerschlimmsten Schmerz angetan habe.
Bildet ihr euch darauf etwas ein? Ihr seid letztlich nur Maden. Ihr seid Auswüchse, Symptome, einer viel größeren Sache – der Dunkelheit selbst! Wenn es Nacht ist, wie jetzt, dann muss ich einfach wach sein, um mich ihr stellen zu können. Wer sagte die Nacht wäre friedlich? Ihr geht alle raus, ihr geht Party machen, ihr geht zu irgendwelchen Anlässen. Doch alles läuft darauf hinaus, dass ihr irgendein Unheil anrichten könnt. Männer, Frauen, Junge, Alte, Bucklige oder Sportliche, Arschficker oder Leckschwestern – ihr seid alle in irgendetwas böse. Sogar ich bin böse, dafür, dass ich asozial bin. Diese Gedanken habe. Ich will Schmerzen verbreiten und töten, ja – jedoch nur, weil ich mich verteidigen muss. Meine Bosheit habe ich zu einem Selbstschutz umgewandelt. Daraus ziehe ich meine Kraft. Ich muss mich einfach verteidigen!
Wenn ich übe wie jetzt, das übliche Programm, Nahkampf in allem, dann denke ich an das, was mich hierhergetrieben hat. Es ist eine gute Einsamkeit, denn sie hat einen Sinn. Irgendwann wird es zu einem großen Gefecht kommen, einem großen Kampf, dem letzten Kampf, indem sich alle gegenseitig verprügeln und vernichten werden. Darauf muss ich vorbereitet sein. Das Leben ist nicht lebenswert, aber ich kann nicht anders: Auch jemand wie ich will überleben. Die Angst vor einem selbstgewählten Tod ist viel zu groß.
Diese erste Passage finde ich insgesamt wirklich gelungen. Man erhält einen schönen tiefen Einblick in die Gefühlswelt des Hauptcharakters und kann somit mit ihm mitfühlen, jedoch sehe ich hier in der Länge ein wenig das Problem. Denn so richtig kenne ich als Leser diese Person jetzt ja noch nicht wirklich, ich finde, du bringst sie mir durch diesen inneren Monolog zwar schon recht nah, eine Tat würde das aber viel besser können. Einen Monolog als Einstieg finde ich gut, aber er ist ein wenig zu lang. Ungefähr ab der Hälfte hab ich mir dann gedacht: "Das ist ja alles schön und gut, aber kann es jetzt mal bitte los gehen".

Eine Kleinigkeit habe ich außerdem stilistisch in dieser Passage bemerkt:

als also die Sonne schien
Ich verstehe irgendwie das "also" in diesem Satz nicht. Das wirkt irgendwie unpassend, unnötig und dadurch etwas verwirrend.

Und weiter gehts:

Tagsüber recherchiere ich. Auch trinke ich viel Bier, um bald einzuschlafen.
Der zweite Satz klingt irgendwie merkwürdig, wenn man bedenkt, das du gerade gesagt hast, er könne eh nicht einschlafen.

Ich kann aber kaum schlafen.
Das habe ich mittlerweile verstanden, brauchst du nicht nochmal wiederholen.

Irgendwie hat es funktioniert. Aber jetzt nicht mehr lange ausharren. Raus aus dieser schäbigen Wohnung. An der Haustür wartend, schaue ich immer zu beiden Seiten hin.
Endlich geht es los. Also wie gesagt: Den Monolog am Anfang solltest du, meiner Meinung nach, verkürzen.

WO?!?!?!?!??!??!?!?!
Also die Ausrufe- und Fragezeichen sind etwas übertrieben. Ich würde da ja maximal so ein ?! hin machen, mehr auch nicht. Das wirkt sonst irgendwie affig.

Was…?
*Was ...?

So, hab jetzt das ganze komplett durchgelesen, ohne das mir noch irgendetwas kleines aufgefallen ist. Deswegen hier meine Meinung zum gesamten Text:
Ich denke, dass diese Geschichte wirklich sehr interessant ist. Am Anfang ist sie etwas träge und nicht wirklich spannend, spätestens sobald der Hauptcharakter dann aber hinausgeht um nach seinen Angreifern zu suchen, wird es aber richtig spannend, da du geschickt so grundlegende Fragen über die Welt, in der die Geschichte spielt, auslässt. Erst gegen Ende erfährt man dann grob, wie es um die Außenwelt steht, ohne das du zu viel Preis gibst.
Auch in diesem Teil gibt es leider wieder ein paar Längen, Dinge die nicht unbedingt relevant sind, vielleicht solltest du da nochmal rüberschauen und überlegen, welche Textteile du wirklich brauchst und welche die Handlung nur aufhalten, doch insgesamt finde ich den Text sehr gelungen.

Mit vielen Grüßen,
Manfred

 

Hallo @Dohlenmann ,

tja, wo fange ich da an.

Die Nacht ist da.

Wow, was ein uninteressanter erster Satz. Der soll das Setting einleiten, Stimmung machen, den Erzählton vorgeben, und alles, was ich erfahre, ist die Tageszeit.

Wieder einmal Training, dieses elende Training – sowie in all den Nächten zuvor.

Das widerspricht sich. Er kann das Training nicht leiden und trotzdem ist ihm nichts wichtiger?

Seit diesem einen Tag – als also die Sonne schien, und mich ein paar Wichser überfielen. An euch Wichser: X, Y, Z – an euch denke ich also. Ich werde euch kriegen und vernichten. Sobald ich stark genug bin, mache ich euch fertig.
In diesem Keller ist der Boxsack das X, dieser Holzklotz Y und der Schatten, den ich mit meinem Messer steche, das Z. Ich werde euch töten, ich werde euch aufschlitzen, ausbluten lassen, nachdem ich euch den allergrößten, allerschlimmsten Schmerz angetan habe.
Bildet ihr euch darauf etwas ein? Ihr seid letztlich nur Maden. Ihr seid Auswüchse, Symptome, einer viel größeren Sache – der Dunkelheit selbst! Wenn es Nacht ist, wie jetzt, dann muss ich einfach wach sein, um mich ihr stellen zu können.

Mich langweiligt das. Das ist wie ein Raptext, vielleicht auch Billo- Deutsch-Rap Richtung Moneyboy und MediMani, aber das hat im Gegensatz dazu noch seinen eigenen Stil. Dein Prot. scheint eindeutig einer extremistischen Szene anzugehören, ob links oder rechts kann ich nicht sagen. Hasserfüllt ist er auf jeden Fall und du konzentrierst dich so sehr darauf, mir das unter die Nase zu reiben, dass es mich langweilt. Was passiert denn sonst noch in seinem Leben? Was ist mit Mama, Papa, Freundin, Geschwistern? Kollegen? Und wo lebt der eigentlich? Die Beschreibung deines Millieus findet sich irgendwo zwischen Gotham und Fallout und nicht Neukölln.

Wenn ich übe wie jetzt, das übliche Programm, Nahkampf in allem, dann denke ich an das, was mich hierhergetrieben hat.

Als jemand, der noch vor nicht alzu geraumer Zeit viel Kampfsport gemacht hat, finde ich viele deiner Sachen einfach falsch. Wild auf Boxsäcken einprügeln ist kein Training, sondern Zeitverschwendung. Das bringt zwar Muskeln und lässt dich abreagieren, aber um sich wirklich im Nahkampf behaupten zu können, braucht es Übung und professionelle Hilfe.

Irgendwann wird es zu einem großen Gefecht kommen, einem großen Kampf, dem letzten Kampf, indem sich alle gegenseitig verprügeln und vernichten werden.

Ein Endzeit- Fanatiker?

Auch trinke ich viel Bier, um bald einzuschlafen.

Also ein professioneller Kampfsportler ist das nicht, denn der trinkt kein Bier zwischen dem Training. Alles verdichtet sich bei dir auf den klischeehaften Baseballschläger, der seine eigenen Probleme verdrängt, indem er sich zum Nachbarschaftswächter erhebt.

Da unten, eine Fotze. Ich würde ihr gerne ins Maul ficken. Sie ist so arrogant und eingebildet und glaubte sie wäre etwas Besseres, nur weil sie gut aussieht,
Ich will in Ruhe gelassen werden, genauso wie ihr Anderen auch. Guckt nicht so!

Passt nicht zusammen.

Mal davon abgesehen, dass ich den Figurentyp nicht leiden kann, erzählst du einfach keine Geschichte. Man erfährt ja nicht einmal, ob er seinen drei Peinigern jemals wiederbegegnet oder wie sein Schicksal schlussendlich aussieht. Stattdessen gibt es diesen langweiligen Charakter, über den man nicht viel erfährt, der sich in einer Welt bewegt, die ich nicht einordnen kann.

Mein Vorschlag:

1) Ändere den Erzählstil. Szenen und Ereignisse nur zu Erzählen und nicht zu Zeigen ist sehr schwer richtig zu machen, und bei dir funktioniert das überwiegend über Beleidigungen. Versuche vielleicht mal, stattdessen Szenen und Räumlichkeiten genauer zu beschreiben. Das würde zumindest den gehässigen Erzählton rausnehmen.

2) Der Protagonist. Mag durchaus sein, dass es solche traurigen Gestalten gibt, aber ich kann nicht erkennen, was diese Person so besonders machen soll. Ich traue ihr keine Änderung zu, an keiner Stelle schimmert etwas Originelles durch, man kann ihn nicht mal für seine verschrobene Art und Weise leiden. Überlege dir für ihn Besonderheiten, vielleicht gerade im Hinblick auf seine Angst, die Paranoia vor dem Tag und XYZ.

3) Definiere den Ort, an dem deine Geschichte spielt. Für mich klingt es nach Großstadt, aber heillos überzogen, wie zb. in Dogs of Berlin. Deutsche Sendungen sind ja nicht alle gut, aber DoB ist wirklich eine Serie voller Machos, Stereotypen und Frauenfeindlichkeiten. Männer sind alle Schläger und Arschlöcher, Frauen alle Nutten.

4) Erzähle eine richtige Geschichte. Du stellt einen Ausschnitt vor, einen kurzen Überblick über das Leben und das Selbstbild deines Protas, und dann brichst du ab. Was, wenn er den drei Typen begegnet? Wenn er selbst jemanden verprügelt? Auf Menschen trifft, die sein Bild entweder teilen oder verhindern wollen, wie anderen Extremen oder Polizisten.

Ich hoffe, du kannst damit was anfangen. Nimm dir, was du brauchst.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo Leute,

vielen Dank für die Rückmeldungen zu diesem durchaus verbesserungswürdigen Text! Zum Hintergrund: Die Kurzgeschichte habe ich vor einigen Jahren geschrieben. Sie war damals eine Übung für einen Roman, den ich dieser Tage tatsächlich angehen will. Die Themen des "Aufräumens" von Städten spielt dort auch eine Rolle, allerdings soll das Ganze in eine etwas andere Richtung gehen. Der Protagonist im Roman soll beispielsweise eine viel positivere Figur sein und kein so vulgärer Typ wie dieser hier. Weil ich gerade daran aber zur Zeit hadere, wollte ich mal Meinungen zum "Vorprojekt" einholen.

Die sprachlichen Anmerkungen von euch habe ich fast alle so direkt übernommen. Danke dafür!

Zu inhaltlichen Fragen:

Ist der Protagonist ein Faschist oder dergleichen? Das wollte ich bewusst offen lassen und nicht beantworten. Es ging mehr um den momentanen Einblick in die Gedankenwelt einer Figur, die so sehr im eigenen Strudel gefangen ist, dass es für diese schlichtweg gar keine Rolle spielt, wer der Feind ist. Deshalb sind die mysteriösen Schläger hier auch nur X, Y, Z.

Widersprüche der Figur? Das hatte ja besonders @Meuvind angemerkt. Ja, einfach auf den Boxsack eindreschen, ist nicht wirklich zielführend. Ich wollte gerade solche Widersprüche dabeihaben. Es stimmt aber, dass so etwas die Figur nicht sonderlich sympathisch macht.

Böse oder degeneriert? Letzteres passt wirklich besser, vielen Dank für die Idee!

Die Freundin? Und der Rest des Lebens dieser Figur? Kann wohl raus oder gehörte erweitert! Ich bin da unschlüssig, da es, wie gesagt, Ziel der Sache ist, hier durchaus eher interpretationsoffen zu bleiben.

Die Welt? Auch hier wollte ich bedeutungsoffen bleiben. Meiner Meinung nach muss das hier weder Gotham noch Berlin sein. Dieser Charakter könnte überall zuhause sein. Freilich ist es gar nicht so einfach eine bedeutungsoffene, nur skizzierte Welt für die Figuren zu haben. Ich mag sowas persönlich in entsprechenden Romanen aber. Weiß nicht wie es euch da allgemein so geht?

Vielen Dank nochmal für die Anmerkungen!

 

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