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Das letzte Aufgebot

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11.04.2016
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Das letzte Aufgebot

Eine Gruppe erschöpfter Männer schleppte sich über eine matschige Straße durch einen Wald. Wie beschämt verbargen sie ihre zerrissene Kleidung und zerschlissene Rüstungen unter Wolldecken, die sie vor der immer stärker werdenden Kälte schützen sollten. Einer von ihnen trug eine große Pike, an der ein ausgeblichenes Banner kraftlos herabhing. Zwei weitere zogen einen Karren, auf dem Truhen und Säcke verstaut waren. Sie marschierten langsam in einer losen Kolonne, ohne jegliche Andeutung einer militärischen Disziplin. Ihre Rucksäcke und Umhängetaschen waren beinahe leer, ebenso wie die Trinkschläuche, die sie nah am Körper trugen. Sie befürchteten, dass ein plötzlicher Kälteschub das Wasser einfrieren und sie ohne den letzten Vorrat hinterlassen würde. Am Kopfende der Kolonne befand sich ein Mann, der sich von den anderen unterschied. Zum einen ritt er auf einem Pferd, dem letzten des Trupps. Zum anderen sah seine Kleidung und Ausrüstung nicht so kaputt aus, wie die der anderen. Das Lederwams über dem Kettenhemd hatte nur einige wenige Risse durch Schwerthiebe, der Helm trug einige Dellen zur Schau und der Schild war noch mit einem erkennbaren Wappen versehen.
Dieser Mann hieß Korthand und war der Hauptmann dieses traurigen Haufens, der mal eine Kompanie königlicher Soldaten gewesen war. Doch nach den zahlreichen Gefechten und den beiden großen Schlachten blieben von einst hundert Mann gerade mal vierzehn am Leben. Also bekam Korthand den Befehl, seine Kompanie wieder mit Rekruten zu füllen. In den letzten Jahren lief es wie folgt ab: die Einheit, die es aufzufüllen galt, durchforstete Dörfer und Siedlungen und zogen so viele wehrfähige Männer ein, wie sie es für richtig hielten. Der Auftrag lautete, wieder mit hundert Mann zurückzukehren. Doch Korthand hatte kein Glück. Nicht nur, dass er in den letzten Dörfern nicht einen Mann zwischen vierzehn und sechzig vorfand, verweigerte man ihm im letzten Dorf sogar noch die Vorräte für seine Soldaten. Nur mit Mühe konnte er seine Männer beruhigen und wegführen, ohne dass jemand zu Schaden kam. Doch ein weiteres Mal würde es vermutlich nicht klappen.
Als die Soldaten um eine Biegung der Straße liefen, kam ein kleines Dorf in Sicht. Etwa ein Dutzend Wohnhütten und nochmal genauso viele zusätzliche Bauten auf einer Waldlichtung, mehr war das nicht, aber Korthands Männer versprachen sich davon Ruhe und Nahrung. Mit einem mulmigen Gefühl ritt Korthand voraus und betete inständig zu den Göttern, dass die Bauern hier den Soldaten geben würden, was sie brauchten, damit es zu keinem Blutvergießen kam. Während die Soldaten sich dem Dorf näherten, brachen die Menschen ihre Feldarbeit ab und liefen zu ihren Hütten. Früher haben die Menschen die Soldaten fröhlich begrüßt und am Wegesrand gewunken, doch diese Zeiten sind lange vorbei. Nun meiden Menschen die Soldaten meistens oder ergreifen bei ihrer Annäherung manchmal sogar die Flucht.

Korthand blickte nach hinten zu seinem Offizier.
„Leutnant Mereas, lasst die Männer Haltung annehmen! - befahl er – Wir sind Soldaten der Königlichen Armee und keine Straßenräuber.“
„Jawohl, Hauptmann!“ - gab der Alte zur Antwort und bellte einige Kommandos. Ohne besonderen Eifer nahmen die Männer wieder die vorgeschriebene Marschformation ein und der Bannerträger hielt sogar das Banner etwas aufrechter in die Höhe, sodass es ein wenig im Wind wehte. Korthand blickte das Banner an. Er sah kein stolzes Zeichen einer großen Nation, sondern ein tödlich verwundetes Wesen, das sich noch einmal aufstellte, um nicht kniend unterzugehen. Dieser Anblick versetzte ihm ein Stich ins Herz. Doch er schaffte es, die aufsteigenden Gefühle zu unterdrücken, schließlich musste er Haltung wahren.
Am Dorfplatz hatten sich mittlerweile die Bewohner versammelt, alles Frauen, Kinder und Greise. Doch vor der Menge stand ein älterer Mann mit einem Hackebeil in der Hand. Nach den alten Rekrutierungsnormen war er bereits zu alt, um eingezogen zu werden, aber die neuesten Normen gaben dem rekrutierenden Offizier die Vollmacht, Rekruten nach eigenem Ermessen einzuziehen. Die Soldaten marschierten auf den Platz und nahmen Aufstellung, während Korthand vom Pferd stieg und die Zügel an Mereas übergab.
„Untertanen unseres Königs! - rief Korthand die einstudierte Weise – Unsere Heimat ist in Gefahr und die Königliche Armee kämpft seit Jahren hart und erträgt alle Entbehrungen, um euch ein ruhiges Leben jenseits des Krieges zu gewährleisten! Wir haben unsere Pflicht getan und nun sind andere an der Reihe! Der König höchstpersönlich ruft euch dazu auf, sein Heer für eine letzte Anstrengung zu unterstützen! Er erinnert euch an euren Treueeid ihm gegenüber, an eure Liebe zu eurer Heimat und an euer Ehrgefühl. Die königliche Weisung, dass jeder, der im Heer des Königs gekämpft hat, ein eigenes Stück Land erhalten soll, hat immer noch Gültigkeit. Erfüllt also eure Pflicht vor eurer Heimat und vor dem König und verdient euch eine Zukunft in Wohlstand für eure Familien!“

Niemand sagte etwas. Die Dorfbewohner schauten die Soldaten besorgt, beinahe schon ängstlich, an. Die Soldaten blickten teils gleichgültig, teils erwartungsvoll, zu den Dorfbewohnern rüber. Es blieb still, bis Korthand sich räusperte und den alten Mann mit dem Hackebeil direkt ansah.
„Würdigt ihr die Worte eures Königs nicht einmal einer Antwort?“ - fragte er.
„Wir hörten oft die Worte des Königs. - sagte der Alte – Aber selten haben wir die Zuneigung des Königs erfahren. Obwohl wir nicht kämpfen, ist unser Leben wegen des Krieges gezeichnet. Alle Männer sind fortgegangen und nicht wiedergekehrt. Die Frauen, Kinder und Alte müssen nun die Höfe verwalten und wir arbeiten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang ohne Rast. Immer wieder kommen Soldaten vorbei, die einige von uns mitnehmen und uns unsere Vorräte wegnehmen, wenn wir ihnen nicht freiwillig alles hergeben, was sie verlangen. Was ist das für ein Leben jenseits des Krieges, was ihr verteidigt?“
„Ich höre den Vorwurf in deinen Worten und ich verstehe ihn. - sagte Korthand – Ich leide mit euch, das könnt ihr mir glauben. Doch der Krieg wird bald enden, glaubt mir. Der Feind steht bereits vor unseren letzten Verteidigungslinien. Wenn wir ihn abwehren und ihm große Verluste zufügen können, werden wir leicht Frieden schließen können.“
„Warum können wir nicht jetzt schon Frieden machen?“ - rief eine Bäuerin.
„Ja, warum können unsere Männer und Söhne nicht wiederkehren?“ - stimmte eine andere zornig mit ein.
„Sobald der Krieg zu Ende ist, werden alle Soldaten, die es wünschen, nach Hause zurückkehren. - rief Korthand – Und ihre Kriegsbeute dürfen sie selbstverständlich behalten.“
„Wenn sie den Krieg überleben! Wer sagt, dass sie nicht gefallen sind?“ - schrie eine andere ältere Bäuerin schluchzend und brach unter Tränen zusammen.
Korthand wartete, bis die Bäuerin in eine Hütte gebracht wurde, und wandte sich wieder dem Alten mit dem Hackebeil zu. Er hasste sich bereits für das, was er gleich sagen würde.
„Meine Männer brauchen Verpflegung und wir suchen nach Rekruten. - sagte er – Bringen wir es hinter uns.“
Der Alte sah Korthand mit einem seltsamen trotzigen Blick an.
„Wir haben keine Vorräte. - sagte er – Und Männer im Rekrutierungsalter haben wir seit Jahren keine mehr, alle wurden bereits eingesammelt.“
Die gleichen Worte hatte Korthand im letzten Dorf gehört. Und in dem davor. Doch er konnte diesmal nicht einfach weggehen. Seine Männer litten bereits Hunger und wenn es so weiterging, würde er das gesamte Königreich durchqueren müssen, bis er die Kompanie wieder aufgefüllt hatte. Bis dahin würde auch der Krieg bereits vorbei sein. Inoffiziell hatte man ihm gesagt, dass er nur einige Monate Zeit hatte und ein Drittel der Frist war bereits verstrichen. Korthand schloss die Augen und betete um die Gnade der Götter. Er wusste, dass ihm keine Wahl mehr blieb.
„Leutnant Mereas, - rief er mit fester Stimme – stellt fünf Mann ab, um das Dorf nach Vorräten und Rekruten zu durchsuchen. Führt die Durchsuchung an.“
„Jawohl, Hauptmann.“ - sagte Mereas und wählte die Männer aus. Die Soldaten setzten sich in Bewegung und einige von ihnen grinsten wie Wölfe beim Anblick von Schafen. Korthand hoffte, dass Mereas genug Anstand hatte, um Entgleisungen jeglicher Art zu verhindern.

„Sag mal, Hauptmann. - sprach ihn der Alte mit dem Hackebeil an – Für welchen König kämpfst du?“
Korthand sah den Alten an, als hätte er soeben gefragt, warum Menschen zwei Arme und zwei Beine haben.
„Ich bemühe mich, diese Frage nicht als Verrat anzusehen.“ - sagte er daraufhin scharf und wandte sich vom Alten ab, um ihm anzudeuten, dass das Gespräch vorbei ist. Doch der Alte ließ nicht locker.
„Nein, - sagte er – ich meine, welcher König herrscht gerade? Doch nicht der, der den Krieg begonnen hat?“
Korthand zögerte.
„König Rosnadun III fiel in der Schlacht an den Grünen Hügeln vor sieben Jahren. - sagte er – Sein Sohn Haltaf übernahm den Thron.“
„Doch er ist ebenfalls tot. - sagte der Alte.
„Ja. - gab Korthand zu – Er starb an Wundbrand nach der Schlacht von Golthrand, als die Stadt belagert wurde. Wir konnten sie nur durch ein Wunder verteidigen.“
„Und Haltafs Sohn wurde dann König, nicht wahr?“ - ließ der Alte nicht locker.
Korthand wusste nicht, wohin das Gespräche führen sollte.
„Ja. - sagte er widerwillig – Tonagund II führte uns in viele siegreiche Schlachten. So konnten wir das Blatt noch einmal wenden.“
„Aber dann starb er?“ - fragte der Alte.
„Wie heißt du eigentlich?“ - fragte Korthand den Alten in dem Versuch, das Thema zu wechseln.
„Angus, Sohn des Angrad.“ - antwortete er.
„Du stellst seltsame Fragen, Angus.“ - sagte Korthand mit warnendem Unterton in der Stimme.
„Ich stelle seltene Fragen, die gestellt werden müssen. - gab Angus zurück – Wer sitzt nun auf dem Thron?“
„König Widulind, der Bruder von König Haltaf. - sagte Korthand schließlich – König Tonagund II fiel in der Schlacht am Quellberg und, da er keinen Erben hinterließ, ernannte er seinen Onkel persönlich zu seinem Nachfolger.“
„Wer sagt denn das, wenn er doch gefallen ist?“ - fragte Angus.
„Zweifelst du etwa am Wort des Königs?“ - fragte Korthand mit unverhohlener Drohung und machte einen Schritt auf Angus zu. Dieser rührte sich nicht vom Fleck.
„Ich vertraue auf das Wort von König Tonagund II. - sagte Angus – Er nahm einst einen Ziehsohn auf, dem er die Königswürde übergeben wollte.“
„Woher willst du das wissen?“ - fragte Korthand.
„Weil ich einst an der Seite des Königs gestanden habe, als er diese Worte sprach. - sagte Angus.
„Bist du etwa ein Fahnenflüchtiger?“ - fragte Korthand und legte eine Hand auf den Schwertgriff.
„Ich wurde wegen meines Alters vor drei Jahren aus der Armee entlassen, Hauptmann.“ - gab Angus zurück.

Es wurde still am Dorfplatz.
„Das hättest du nicht sagen dürfen, Angus. - sagte Korthand – Seit fünf Jahren wurde niemand aus der Armee entlassen, wenn er noch alle Arme und Beine hatte. Ich muss dich verhaften wegen Verdacht auf Fahnenflucht. Du weißt ja, dass Gefängnisstrafe momentan in Kriegsdienst umgewandelt wird. Ich werde dich also in Ketten zur Armee bringen. Soldaten, legt diesem Mann die Handschellen an!“
Sofort setzten sich einige Soldaten in Bewegung, brachten Angus an den Karren und legten ihm Ketten an.
"Widulind ist ein Thronräuber! Der Ziehsohn von König Tonagund II ist der wahre König!" - schrie Angus immer wieder, bis die Soldaten ihn mit Schlägen und Tritten zum Schweigen brachten.
Am anderen Ende des Dorfes entstand ein Tumult. Korthand sah Soldaten, die mit Säcken beladen waren und Mereas, der einen Jungen vor sich herschob, während er eine Bäuerin grob weg schubste, die sich weinend an ihn klammerte. Sie ließ nicht los und wehrte sich heftig. Dann schleuderte Mereas den Jungen zu Boden, drehte sich der Bäuerin zu und schlug sie mit seinem mit Kettenschutz verstärkten Handschuh hart ins Gesicht. Die Bäuerin brach zusammen und blieb schluchzend liegen. Mereas brachte indes ungerührt den Jungen an den Karren und kettete ihn fest. Auch dieser wehrte sich und schrie, hatte aber dem starken und kampferfahrenen Offizier nichts entgegenzusetzen. Er war höchstens fünfzehn. Die Soldaten hatten die Säcke bereits auf den Karren geworfen und erwarteten weitere Anweisungen.
Korthand hielt es nicht mehr aus.
„Wir sind hier fertig! - brüllte er über das Geschrei und die Klagen der Bauern hinweg – Kompanie, fertig machen zum Marsch!“
Die Soldaten stellten sich auf und Korthand stieg wieder auf sein Pferd. Dann gab er den Marschbefehl und die Männer setzten sich in Bewegung. Sie würden heute irgendwo im Wald nächtigen und die Männer würden es nicht mögen, wo sie doch hätten im Trockenen schlafen können. Aber Korthand konnte dort nicht bleiben, nur die Götter wissen, was die aufgebrachten Bauern noch tun würden und zu was es ihn zwingen könnte. Besser war es, sofort zu gehen.
Zuletzt ritt er noch zu der Bäuerin, die von Mereas geschlagen wurde.
„Ich werde auf den Jungen aufpassen. - sagte er – Er wird zurückkehren.“
„Gebt mir meinen Sohn zurück, ich flehe Euch an, Herr!“ - bettelte die Bäuerin, während ihr Blut und Tränen über das schlammbedeckte Gesicht liefen.
„Ich passe auf ihn auf.“ - sagte Korthand und wollte sich abwenden, als das Gesicht der Bäuerin sich wandelte und zu einer Fratze aus Hass und Abscheu wurde.
„Fahr zur Hölle! - spie sie aus – Meinen Mann habt ihr euch bereits geholt, genauso wie vier meiner Söhne! Und nun nehmt ihr mir auch den letzten Sohn weg und schickt ihn zur Schlachtbank! Wie viel unseres Blutes will der König noch fressen, wann hat er endlich genug?“
„Sie ist wirr. - sagte Korthand zu einer anderen Bäuerin – Bringt sie weg.“
„Verflucht seid ihr, ihr alle! - brüllte die Frau wie am Spieß – Wer folgt schon einem zerrissenen Banner, um nutzloses Wissen in staubigen Regalen oder die weißen Kleider auf blaublütigen Schultern zu schützen? Nur Wahnsinnige! Und dreimal wahnsinnig ist der, der Kinder mit sich in den Tod schleppt! Wann hört es auf? Wann hört ihr auf, Ruinen zu beschützen und sie mit dem Blut unserer Väter, Söhne und Männer zu bestreichen?“
Korthand hatte keine Antwort. Und er konnte auch den beinahe wahnsinnigen Blick der Mutter nicht ertragen, der er gerade ihren letzten Sohn wegnahm. Er wandte sich ab und ritt seinen Männern hinterher. Auch als das Dorf längst aus ihrer Sicht verschwunden war, war es dem siebzehnjährigem Hauptmann, als würde er die anklagende Stimme der Frau immer noch hören können.

 
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Hola Pantoffelheld,

Du schreibst in Deinem Profil:

Ich hoffe hier eifrige und fähige Kommentatoren und Leser zu finden, die mir dabei helfen können, mich zu verbessern.
Zu ersteren will ich mich nicht zählen, doch ich nehme gern die Rolle des Lesers an – und das ist bei Deinem Schreibstil keine Opferrolle, sondern ein Vergnügen. Ich empfinde den Text als ziemlich professionell geschrieben. Der Leser startet und bleibt dran – dank Deines Talents, einen zügigen und gut ausformulierten Text zu schreiben.
Das Thema finde ich gut gewählt. Es wird wohl niemanden geben, der sich nicht angesprochen fühlt. Aber genau an diesem Punkt fällt mir auf, dass der Ablauf der Handlung keine Steigerung erfährt. Du schreibst gleichförmig zügig und angenehm und ich lese ebenso immer weiter, nur die so langsam erhoffte Anhebung von Tempo und Spannung bleibt aus.
Ist nicht diese Thematik das beste Bühnenbild, um den Wahnsinn des Krieges hervorzukehren, um (noch mehr) Empathie beim Leser zu wecken, trotz des eh schon harten Themas?
Für mein Lesegefühl würde die Geschichte sehr gewinnen, wenn es einen unerwarteten Höhepunkt gäbe. Nicht gerade grausam und schrecklich – das kann sogar plötzlicher Friede sein. Aber zur Zeit zieht die Kompanie (nur) weiter.

Pantoffelheld, auf jeden Fall habe ich Deine Geschichte sehr gern gelesen
Ob allerdings der tag ‚Fantasie’ zutrifft, glaube ich nicht. Wäre ‚Historik’ nicht passender? Es spielt sich alles nachvollziehbar auf Mutter Erde ab:).

Alles Gute und schöne Grüße!
José

 
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Hey Pantoffelheld,

von mir erst einmal nur eine kurze Anmerkung und ein flüchtiger Leseeindruck vom Überfliegen, auch weil es doch schon recht spät ist und mir die Augen zufallen (:sick:):

Ich fand, dass das Wort 'Männer' überproportional oft verwendet wird, gerade in den Anfangssätzen.

Eine Gruppe erschöpfter Männer schleppte sich über eine matschige Straße durch einen Wald. Wie beschämt verbargen sie ihre zerrissene Kleidung und zerschlissene Rüstungen unter Wolldecken, die sie vor der immer stärker werdenden Kälte schützen sollten. Einer der Männer trug eine große Pike, an der ein ausgeblichenes Banner kraftlos herabhing. Zwei der Männer zogen einen Karren, auf dem Truhen und Säcke verstaut waren. Die Männer marschierten langsam in einer losen Kolonne ohne jegliche Andeutung einer militärischen Disziplin. Ihre Rucksäcke und Umhängetaschen waren beinahe leer, ebenso wie die Trinkschläuche, die die Männer nah am Körper trugen.

Meine Empfehlung wäre es, dies ein wenig umzuformulieren. Z.B. in

Eine Gruppe erschöpfter Männer schleppte sich über eine matschige Straße durch einen Wald. Wie beschämt verbargen sie ihre zerrissene Kleidung und zerschlissene Rüstungen unter Wolldecken, die sie vor der immer stärker werdenden Kälte schützen sollten. Einer von ihnen trug eine große Pike, an der ein ausgeblichenes Banner kraftlos herabhing. Zwei weitere zogen einen Karren, auf dem Truhen und Säcke verstaut waren. Sie marschierten langsam in einer losen Kolonne[Komma] ohne jegliche Andeutung einer militärischen Disziplin. Ihre Rucksäcke und Umhängetaschen waren beinahe leer, ebenso wie die Trinkschläuche, die sie nah am Körper trugen.

Die Atmosphäre in der Geschichte ist recht deprimierend, also wohl auch ganz im Sinne des Erfinders. Allerdings konnte ich die Pointe des Ganze nicht so richtig erfassen.


EDIT:

Vielleicht noch eine Sache, bevor ich abschalte.

„Ja. - gab Korthand zu – Er starb an Wundbrand nach der Schlacht von Golthrand, als die Stadt belagert wurde. Wir konnten sie nur durch ein Wunder verteidigen.“

Soweit es hierbei keine Ausnahmen gibt, von denen ich nichts weiß, werden beim Übergang Kommata benutzt und keine Bindestriche. Außerdem fehlen bei einigen Übergängen auch die Anführungszeichen. Meines Wissens müsste es eigentlich korrekt so geschrieben werden:

„Ja", gab Korthand zu. „Er starb an Wundbrand nach der Schlacht von Golthrand, als die Stadt belagert wurde. Wir konnten sie nur durch ein Wunder verteidigen.“

 

Hej Pantoffelheld,

deine milde, freundliche Erzählweise von Krieg hat mich dazu gebracht, eine Geschichte zu lesen, die mich sonst nicht tangiert. Es hat mir wirklich Spaß gemacht, deiner Szene zu folgen, obwohl mir Bilder fehlten, war mir ja klar, dass es sich um eine Situation außerhalb unserer Zeit handelt. Ich bediente mich dann an filmischem Material (So die König Artus von Camelot -Richtung :shy:)

Dabei hast du sehr schön die unterschiedlichen Positionen aufgezeigt, die solch eine vertrackte Situation mit sich bringen.

Es traten aber - möglicherweise naive Fragen auf, die du auch ignorieren kannst - da es "hier" aber nun mal geht, frage ich einfach.

Zum anderen sah seine Kleidung und Ausrüstung nicht so kaputt aus, wie die der anderen.

'Kaputt' klingt in diesem Zusammenhang schon etwas kindlich, oder?

Das Lederwams über dem Kettenhemd hatte nur einige wenige Risse durch Schwerthiebe, der Helm trug einige Dellen zur Schau und der Schild war noch mit einem erkennbaren Wappen versehen.

Da möchte ich doch sehr gerne wissen, wie dieses Wappen aussieht.

Doch nach den zahlreichen Gefechten und den beiden großen Schlachten blieben von einst hundert Mann gerade mal vierzehn am Leben. Also bekam Korthand den Befehl, seine Kompanie wieder mit Rekruten zu füllen.

Das klingt, als müsste ich wissen, um welche 'beiden großen Schlachten' es sich handelt.

Niemand antwortete ihm.

Müsste dann nicht eine Frage vorweggehen?

Und Männer im Rekrutierungsalter haben wir seit Jahren keine mehr, alle wurden bereits eingesammelt.“

Das klingt, als wären es Pilze. :shy:

Verzeih' mir bitte den Kleinkram, es ist aber so verlockend.

Freundlicher Gruß, Kanji

 
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Erstmal danke an alle, die sich die Zeit genommen haben :)

Nun zu den einzelnen Beiträgen: josefelipe:
"Ich empfinde den Text als ziemlich professionell geschrieben. Der Leser startet und bleibt dran – dank Deines Talents, einen zügigen und gut ausformulierten Text zu schreiben."

Vielen Dank, da werd ich ja rot :shy:

"Aber genau an diesem Punkt fällt mir auf, dass der Ablauf der Handlung keine Steigerung erfährt."

Technisch gesehen war der Punkt, an dem der 15jährige Junge mitgenommen wird, die Steigerung. Den Gefühlen der Mutter und des Hauptmanns stehen die routinierte Gleichgültigkeit der restlichen Soldaten gegenüber. Vielleicht ist es ja keine besonders gelungene Steigerung.

"Ob allerdings der tag ‚Fantasie’ zutrifft, glaube ich nicht. Wäre ‚Historik’ nicht passender? Es spielt sich alles nachvollziehbar auf Mutter Erde ab."

Da ich keine Elfen, Drachen oder sprechende Vögel beschrieben habe, kann es durchaus auch in der Historie unserer Welt passiert sein. Allerdings habe ich mir alle Namen, sowohl von Personen als auch von Orten, vollkommen frei ausgedacht, daher habe ich das eher zu "Fantasy" gepackt :D
Pussycat669:

Den Umformulierungsvorschlag finde ich gut, an den Stellen, wo du das Wort "Männer" ersetzt hast, musste es prinzipiell nicht hin.
Die Pointe ist mir vielleicht nicht so gut gelungen. Der Hauptmann sollte zuerst wie ein erfahrener und vor allem bejährter Soldat erscheinen, während am Ende aufgedeckt wurde, dass er eigentlich noch ein blutjunger Mann ist, der gezwungen ist vieles zu tun, was seiner Natur widerspricht.
Zu den Übergängen kann ich nur sagen, dass ich das immer so geschrieben habe. Muss jetzt nicht heißen, dass es richtig war, aber das ist die Schreibweise, die ich gewohnt bin. Ich werde mal nachsehen, welche die korrekte ist und nach Möglichkeit diese benutzen.
Kanji:
"Es hat mir wirklich Spaß gemacht, deiner Szene zu folgen,..."

Vielen Dank :)
Ich habe beim Schreiben zwar kein bestimmtes Vorbild vor Augen gehabt, aber König Artus kommt auch gut hin :)

"'Kaputt' klingt in diesem Zusammenhang schon etwas kindlich, oder? "

Das habe ich zwar beim Schreiben nicht im Sinn gehabt, aber eigentlich passt es sehr gut zu dem Gedanken, dass der Hauptmann noch sehr jung ist. Das könnte ein Hinweise darauf sein. Aber im Grunde fehlte mir in dem Moment ein passendes Synonym zu "zerschlissen" und "zerrissen", also irgendwo zwischen "stark gebraucht" und "nicht vollständig zerstört". :D

"Da möchte ich doch sehr gerne wissen, wie dieses Wappen aussieht. "

Stimmt, hätte ich durchaus beschreiben können.

"Das klingt, als müsste ich wissen, um welche 'beiden großen Schlachten' es sich handelt."

Nicht unbedingt, ich habe nur eine Zahl zwischen 1 und 5 aus der Luft gegriffen, um darzustellen, dass der Hauptmann bereits einiges an Erfahrung gesammelt hat. Ich wollte den Leser glauben lassen, dass er ein Berufssoldat um die 30 ist. In Wahrheit ist er aber deutlich jünger. Ich wollte das ähnlich halten, wie den Charakter Paul Bäumer aus "Im Westen nichts neues".

"Müsste dann nicht eine Frage vorweggehen?"

Ja, die Stelle hatte ich umgeschrieben, aber diesen Satz übersehen. Da stand vorher eine Frage.

"Das klingt, als wären es Pilze. "

Der Ausdruck sollte die ganze Prozedur entmenschlichen. Man kann keine Familien auseinander reißen und einige Familienmitglieder in einen potenziellen Tod schicken, wenn man die Aufgabe nicht vollkommen nüchtern und aus einer inneren Distanz heraus angeht. Angus hatte auch gedient, das heißt diese Prozedur kennt er zur Genüge.

"Verzeih' mir bitte den Kleinkram, es ist aber so verlockend."

Kann ich gut nachvollziehen. Gibt nichts zu verzeihen, auf die Details kommt es ja eben an ;)

Gruß
Pantoffelheld

 

Lieber Pantoffelheld,

deine kleine Fantasy-Geschichte habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Dein Stil ist sehr evokativ und reich an Beschreibungen, die einem das Geschehen gut vor Augen rufen. Hier und da ein wenig zu hohe Dichte an Adjektiven, aber das ist Geschmackssache. Einige Anmerkungen, um dem Stil noch etwas Feinschliff zu geben:

Eine Gruppe erschöpfter Männer schleppte sich über eine matschige Straße durch einen Wald.

Eine, eine, einen ... das liest sich redundant. Versuch hier mal ein paar andere Kombinationen.

Korthand blickte nach hinten zu seinem Leutnant.
Leutnant Mereas, lasst die Männer Haltung annehmen! - befahl er – Wir sind Soldaten der Königlichen Armee und keine Straßenräuber.“

Leutnant, Leutnant ... selbes Problem wie oben. Besser:

Korthand blickte nach hinten zu seinem Unteroffizier.
„Leutnant Mereas, lasst die Männer Haltung annehmen! - befahl er – Wir sind Soldaten der Königlichen Armee und keine Straßenräuber.“

Korthand blickte das Banner an. Er sah kein stolzes Zeichen einer großen Nation, sondern ein tödlich verwundetes Wesen, das sich noch einmal aufstellte, um nicht kniend unterzugehen.

Schön!

Dieser Anblick versetzte ihm ein Stich ins Herz, der ihm beinahe Tränen in die Augen trieb.

Ich würde mich hier auf eines der beiden Gefühle beschränken, sonst wirkt es zu over the top und ein wenig wie Gefühlsdomino. So wie es da steht, könnte man das beliebig fortsetzten:

Dieser Anblick versetzte ihm ein Stich ins Herz, der ihm beinahe Tränen in die Augen trieb, die salzige Sturzbäche auf seinen Wangen hinterließen, die vor Zorn bebten und rot anliefen ...

schrie eine andere ältere Bäuerin schluchzend und brach in Tränen zusammen.

Man kann nicht "in Tränen zusammenbrechen", dafür müsste man schon wirklich extrem viel flennen. Man kann aber sehr wohl "unter Tränen zusammenbrechen" oder "in Tränen ausbrechen", wobei du vermutlich ersteres meinst.

Aber Korthand konnte dort nicht bleiben, nur die Götter wissen, was die aufgebrachten Bauern noch tun würden und zu was es ihn zwingen könnte. Besser war es, sofort zu gehen.

Diese Gefahr sehe ich nicht. Klar, die Soldaten in Korthands Trupp sind alle ziemlich mürbe, aber von einem Dorf voller Frauen, Greise und Kinder, sollte keine Gefahr ausgehen. Das hätte auch im Dreißigjährigen Krieg keinen Trupp Landsknechte dazu veranlasst, im Wald zu schlafen. Insofern ist die Entscheidung für mich nicht nachvollziehbar.

„Gebt mir meinen Sohn zurück, ich flehe Euch an, Herr!“ - bettelte die Bäuerin, während ihr Blut und Tränen über das staubbedeckte Gesicht liefen.

Staub? Deine Geschichte spielt in einem schlammigen Wald bei Temperaturen kurz vor dem Gefrierpunkt. Also doch eher Schlamm, Morast, Dreck?

Zu der Story an sich: Hat mich, wie oben bereits angerissen, an den Dreißigjährigen Krieg erinnert, bzw. auch an den ersten Weltkrieg als Fleischwolf einer ganzen Generation. Das Fantasy-Setting ist nicht zwingend notwendig für die Geschichte, die du erzählen willst, stört aber auch nicht weiter. Ich verstehe, was du mit dem Twist am Ende der Story (Der Hauptmann ist nur 20 Jahre alt) bewirken möchtest. Der Krieg fordert so viele Opfer, dass inzwischen bereits die "Jüngsten" in höhere Ränge aufsteigen ... aber ist in einem mittelalterlichen Setting ein Zwanzigjähriger wirklich noch jung? Für uns, 2016, ist er das ganz sicher. Aber im Kontext der Story würde ich mit dem Alter vielleicht noch etwas weiter runter gehen, um mehr Wirkung zu erzielen. So verpufft, zumindest bei mir, die Wirkung ein wenig und das ist schade bei dem Aufbau, den du dieser "Enthüllung" voranstellst.

Ansonsten gerne gelesen!

Der Exilfranke :)

 

Hallo Exilfranke,

vielen Dank für deine Zeit und Mühe :-)

Ich würde dir in allen Punkten zustimmen, die du aufführst. Die Sache mit den aufgebrachten Bauern würde ich gerne erklären. Der Hauptmann wollte die Sache ohne Tote über die Bühne bringen, aber er fürchtete sich nicht vor den Bauern, sondern um sie. Wenn sie in Ausbruch der Gefühle seinen Soldaten Widerstand leisteten, wären die Soldaten gezwungen, sie zu töten. Je härter der Widerstand, desto mehr Opfer. Die Atmosphäre hatte sich bereits stark angeheizt durch die Verhaftung und die Zwangsrekrutierung des Jungen. Der Hauptmann befürchtete lediglich, dass es noch weiter eskalieren könnte und er wollte nicht mehr Blut von Unschuldigen an seinen Händen kleben haben, als unbedingt notwendig.

Danke dir für deine Anregungen, ich werde sie beizeiten umsetzen :)

Gruß
Pantoffelheld

 

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