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Das leere Bettchen

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08.01.2004
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Das leere Bettchen

Das leere Bettchen

„Mark!“
Ein entsetzlicher Schrei riss ihn aus dem Schlaf.
Es war die Stimme von Shari, seiner Frau. Panik, Angst, Trauer fügten sich zu einem Wort.
„Mark“
Mit einem Satz war er aus dem Bett gesprungen, lief in die Richtung, aus der die Stimme kam, ins Kinderzimmer.
„Was ist...“
„Hilf ihr, sie atmet nicht“, unterbrach Shari ihn und drückte ihm die vier Monate alte Darleen in den Arm. Oh Gott, dachte er und betrachtet das kleine Gesichtchen seiner Tochter. Seine Hände zitterten. Mund zu Mund Beatmung schoss es durch seinen Kopf – doch wie? Hilfe suchend sah er in die ängstlich aufgerissenen Augen seiner Frau.
„Den Notarzt, ruf den Notarzt“, kam es brüchig aus seiner Kehle.
Während Shari zum Telefon rannte, versuchte er sich verzweifelt daran zu erinnern, wie man ein Baby wiederbelebt. Legte den schlaffen Körper, der sich warm und weich anfühlte, auf die Wickelauflage. Der typische Babygeruch strömte in ihn, als er seine Lippen über die kleine Nase stülpte und zaghaft versuchte seinen Lebensatem in sie zu hauchen. Bitte Darleen, atme, dachte er. Tränen rannen über seine Wangen.
Endlich klingelte es.
„Kommen Sie, schnell!“
Sharis Stimme hörte sich fremd an. Mark wagte nicht mit seinen Bemühungen aufzuhören, bis er eine Hand auf seinem Rücken spürte.
„Darf ich?“
Er hob den Kopf, sah in die Augen des Sanitäters und wusste es war zu spät.
Mit einem Mal war Stille. Wie in Zeitlupe nahm er die Bewegungen der fremden Menschen wahr, der Raum schien kleiner als zuvor. Wieso kam ihm der Boden entgegen?
„He, ganz ruhig, setzen Sie sich.“
Zu wem gehörte die Stimme, wer hielt ihn fest?
Fast so, als hätte er einen Schlag auf den Kopf bekommen, wandelte sich das Bild, hektisch waren die Bewegungen der Sanitäter, überdimensional laut die Geräusche, wenn Plastikpäckchen aufgerissen wurden, jemand an Glasfläschchen klopfte. Er hörte Sharis Weinen, aber sie war nicht da. Noch immer hielt ihn jemand fest.
„Lassen Sie nur“, sagte er zu dem Mann, der neben ihm kniete und ihm eine Blutdruckmanschette anlegen wollte, „mir geht es gut.“
Die Sonne strahlte ins Kinderzimmer, spiegelte sich in den Reflektoren der Sanitäterkleidung, hüllte die Szenerie in ein unwirkliches Licht, wie kleine Regenbögen blitzte es überall.
Langsam wanderte sein Blick durch den Raum, der Arzt drehte sich um, schüttelte kaum merklich den Kopf, während der Mann neben ihm Darleen mit einem Tuch bedeckte. Eiseskälte machte sich in Mark breit und jeder Blick, der ihm auswich, sagte Darleen ist tot.
Der Arzt kam auf ihn zu, kniete sich zu ihm, sah ihn mit traurigen Augen an. Mark sah wie er den Mund bewegte, sich seine Stirn in Falten legte, aber er hörte seine Worte nicht. Spürte die Schwere der Hand auf seiner Schulter, doch drang keine Wärme zu ihm.
Plötzlich hörte er Sharis Stimme.
„Wach auf, Süße, wach auf.“
Er drehte den Kopf und ließ vor Entsetzen den Mund offen stehen. Shari stand mitten im Raum, hatte den leblosen Körper Darleens auf den Armen, sah mit wirren Augen, die nicht verstehen konnten, ihre Tochter an, und schüttelte sie.
„Oh mein Gott“, vernahm Mark die Stimme des Arztes, der in diesem Moment hilflos wirkte. Niemand hatte auf Shari geachtet, unbemerkt von allen war sie ins Kinderzimmer gekommen, um ihr Baby zu wecken, um es zu sich zu holen.
Mark sah wie ein Polizist auf sie zu ging, er wusste wenn man ihr jetzt das Baby wegnehmen würde, hätte dies fatale Folgen.
„Nein“, kam es brüchig über seine Lippen, „lassen Sie sie.“
Dann war er bei ihr, nahm sie in den Arm, wiegte sie hin und her, summte dabei ein Schlaflied. „Lass sie schlafen, Liebling, sie ist so müde.“
Ganz sanft hauchte er die Worte an ihr Ohr, während seine Tränen ihre Wangen hinunter liefen. Mark wusste nicht, mit welcher Kraft er es schaffte ihr sanft den Babykörper abzunehmen und dem Arzt zu übergeben. Er drückte ihr Gesicht an seine Brust, denn sie sollte nicht sehen, was er sah;
wie Darleen von fremden Händen gehalten in ein Tuch gehüllt und in einen Zinksarg gelegt wurde.
Ihm wurde schwarz vor Augen, am liebsten hätte er sich fallen lassen, aber er spürte wie Shari in sich zusammensackte, er musste sie halten.

 

Hallo Angela

die schlimmsten Befürchtungen, die Eltern haben, hast du meiner Meinung nach treffend beschrieben.
Das sind wohl die empfindlichsten Monate, die ersten in der ein kleines Wesen neben einem liegt und man bei jedem Schluckauf gerade und in Anspannung ob man noch einen Atemzug hört, in seinen Bett sitzt.
Schicksalhaft auch wie der Vater, trotz der eigenen Verzweiflung, erst seiner Frau helfen muß das Erlebte zu verarbeiten.
Du hast deine traurige Geschichte geschrieben bei der man mitleiden muß aber nicht durch ihre Tragik erdrückt wird.

Morpheus

 

Hi Angela,

schön mal wieder etwas von dir zu lesen, auch wenn du eine sehr sehr traurige Geschichte geschrieben hast.

Manchmal träume ich solche Dinge. Dann bin ich nach dem Aufwachen froh, dass meine Kinder Erwachsen sind.

Was kann ich zu deiner KG sagen?
Wie immer, sehr gefühlvoll. Mehr kann ich jetzt nicht in Worte fassen.
Du weißt sicher wie ich das meine.

Würde mich freuen öfter von dir zu lesen :)

lieben Gruß
coleratio

 

Hallo Morpheus,
danke fürs Lesen und Kommentieren.
Ja du hast Recht, dies ist so ziemlich der schlimmste Moment, den Eltern erleben können.

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Schicksalhaft auch wie der Vater, trotz der eigenen Verzweiflung, erst seiner Frau helfen muß das Erlebte zu verarbeiten.
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Meistens wird dies von den Ehemännern erwartet, ich wollte aber auch seine Verzweiflung, seine Momente der Schwäche, ohne das es kitschig klingt, darstellen.

Trotz des traurigen Themas freue ich mich, über deine Worte, und dass du der Meinung bist, dass es mir gelungen ist die Geschichte so zu schreiben, dass man nicht erdrückt wird. Dies war mir besonders wichtig.

Lieben Gruß
Angela

 

Hallo coleratio,
ersteinmal vielen Dank für deine lieben Worte. Freue mich sehr, dass ich vermisst werde. Zurzeit habe ich einige Probleme, doch dazu mehr per PN.

Dies ist ein trauriges Thema und gerade deshalb freue ich mich, dass du mein Werk für gelungen und gefühlvoll hältst.
Ich muss dazu sagen vor Jahren häuften sich bei uns im Ort die Fälle von Kindstod, unter anderem verstarb die Tochter meiner Freundin. Diese Schicksalsschläge haben mich mehr als 17 Jahre lang "sprachlos", gemacht. Man sprach einfach nicht darüber man verdrängte es, besonders als zwei Jahre nach dem Tod meine Tochter geboren wurde und dennoch ist dieser dunkle Schatten der Vergangenheit immer da.
Ich habe deshalb versucht dies aufzuschreiben und so zu verarbeiten. Meine Freundin kennt die Geschichte, sie brauchte lange bis sie reden konnte, doch dann meinte sie, obwohl es bei ihr damals anders geschah, genauso könnte es sein, und ermutigte mich mein Werk zu veröffentlichen.

Lieben Gruß
Angela

 

Hallo Jo,
auch dir danke fürs Lesen, besonders da du selbst mit dem Schicksal schon mal konfrontiert wurdest, weiß ich wie schwer es ist, und freue mich sehr, dass auch du mein Werk als gelungen bezeichnest.


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... während der Mann neben ihm Darleen mit einem Tuch zu deckte.
hier würde ich bedeckte vorziehen.
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hast vollkommen recht, habe es geändert.
Ebenso meinen Buchstabedreher, danke für den Hinweis.
Lieben Gruß
Angela

 

Hallo Angela,

auch wenn ich mal wieder eine ganze Menge zu meckern habe, ist es doch eine schöne traurige Geschichte. Die schwerste Zeit für Marck und Shari wird noch kommen und die Liebe auf eine harte Prbe stellen. Den Moment der ersten Verzweiflung hast du gut und stimmungsvoll eingefangen

und betrachtet das kleine Gesichtchen seiner Tochter.
Mache bitte ein Gesicht daraus, nicht, weil ich grunssätzlich etwas gegen Verniedlichungsformen in Geschichten hätte, sondern weil es mir an dieser Stelle eine Spur zu dick war und sich chtch als Laut einfach schlecht laut lesen lässt.
Der typische Babygeruch
Was ist typischer Babygeruch? Puder und Penatencreme?
wenn Plastikpäckchen aufgerissen, an Glasfläschchen geklopft
schch liest sich auch nicht so glücklich. Auch hier würde ich auf ein chen verzichten.
überdimensional laut die Geräusche, wenn Plastikpäckchen aufgerissen, an Glasfläschchen geklopft wurde.
allerdings stimmt auch in dem "wurde" der Bezug nicht. denn die Plastickpäckchen, auf die es sich auch bezieht, wurden aufgerissen.
Eises Kälte machte sich in Mark breit und jeder Blick, der ihm auswich sagte Darleen ist tot.
Ich bin ja unsicher, meine aber, man schreibt es "Eiseskälte" müsste allerdings auch noch mal nachschlagen.
unbemerkt von allen war sie ins Kinderzimmer gekommen, um ihr Baby zu wecken, um es zu sich zu holen
vor allem hat sie sich unbemerkt von mir Leser aus dem Kinderzimmer begeben. Ich vermutete sie die ganze Zeit dort.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sim,
zunächst vielen Dank für dein Lob, dass auch du der Meinung bist, es ist mir gelungen diesen ersten Moment gut einzufangen.

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und betrachtet das kleine Gesichtchen seiner Tochter.
Mache bitte ein Gesicht daraus,
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tut mir leid werde ich nicht machen, denn bei einem Baby, gerade in dem Alter von vier Monaten ist es ein Gesichtchen.

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Was ist typischer Babygeruch? Puder und Penatencreme?
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Wie es scheint hast du keine Kinder, dies zu erklären ist dann schwer, es ist kein Puder keine Creme, eben ein typischer Babygeruch.

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wenn Plastikpäckchen aufgerissen, an Glasfläschchen geklopft

schch liest sich auch nicht so glücklich. Auch hier würde ich auf ein chen verzichten.
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geht nicht denn es sind keine Pakte oder Flaschen


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allerdings stimmt auch in dem "wurde" der Bezug nicht. denn die Plastickpäckchen, auf die es sich auch bezieht, wurden aufgerissen.
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hier hast du Recht, muss mir den Satz noch mal genau anschauen und umschreiben.

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unbemerkt von allen war sie ins Kinderzimmer gekommen, um ihr Baby zu wecken, um es zu sich zu holen
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vor allem hat sie sich unbemerkt von mir Leser aus dem Kinderzimmer begeben. Ich vermutete sie die ganze Zeit dort.

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wenn du den Text aufmerksam gelesen hättest wäre dir aufgefallen, dass sie nicht im Kinderzimmer war.

Den aufgezeigten Fehler habe ich korrigiert.

Lieben Gruß
Angela

 

Hallo Sim,
nach deiner PN habe ich mir meine Geschichte intensiver durchgelesen. Du hast recht wir gehen wohl von unterschiedlichen Sichtweiten aus, deshalb habe ich zum besseren Verständnis für den Leser, den Satz ein wenig verändert.

Er hörte Sharis Weinen, aber sie war nicht da.

Hoffe du bist so zufrieden.

Lieben Gruß
Angela

 

Hallo Angela,

klar. Ich wollte dich doch nicht ärgern. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hi Angela,
eine sehr bewegende Geschichte hast du hier geschrieben und ich muss dich für die Umsetzung loben. Leicht hätte es passieren können, dass du zu sehr ins dramatische abgerutscht wärst, doch alles ist gut gegangen ;)
Ich hab deine story gern gelesen, wobei gern hier nicht falsch zu verstehen ist...
Zwei Beanstandungen aber noch:
1. Wird das Kind wirklich sofort in einen Sarg gelegt?
2. Das der Vater über die Wiederbelebungsversuche die Zeit verliert, solltest du mit einem zusätzlichen Satz noch verdeutlichen. So steht plötzlich der Sani hinter ihm und man holpert einen kurzen Augenblick. Das stört ein wenig den Lesefluss

Gut gemacht!

Grüße...
morti

 

Hallo Morti,
vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Verstehe schon wie du dein gerne gelesen meinst.

Nun zu deinen Anmerkungen:
1. die Kinder werden tatsächlich gleich in einen Zinksarg gelegt, das ist natürlich nicht der Sarg in dem sie beerdigt werden.


2. Hier verstehe ich deinen Vorwurf nicht ganz, plötzlich ist der Sani nicht da, sondern endlich. Wenn wenn ich hier die Bemühungen des Vaters weiter ausbauen würde, hätte es glaube ich zu viel an Dramatik. Wieviel Zeit vergeht ist eigentlich auch unerheblich, denn für jeden Menschen, der um ein Leben bangt, können auch Minuten Stunden sein, ich denke dies endlich klingelte es und dass er nicht wagt aufzuhören langen.

Lieben Gruß
Angela

 

Hallo Angela,

...da kann man nur hoffen, selbst nie in so eine Situation zu geraten...
Die Geschichte hat einen Sog auf mich entwickelt, dass ich sie gleich zu Ende lesen musste. Vielleicht weil alles so "wirklich" war. Glaubwürdige Figuren, man kann sich in Mark sofort hineinversetzen, mir gefällt, wie er in dieser Situation noch die Kraft hat, sich um Shari beschützend zu kümmern.

Deinen Stil finde ich nicht schlecht, vor allem ist er gut lesbar, aber man könnte ihn noch verbessern.

Details

"Er hob den Kopf, sah in die Augen des Sanitäters und wusste es war zu spät. Darleen war tot. Mit einem Mal war Stille."

Dass Darleen tot ist, brauchst du hier nicht zu erwähnen. Stärker wäre es, den Leser "selbst drauf kommen zu lassen":

>"Er hob den Kopf, sah in die Augen des Sanitäters und wusste es war zu spät. Mit einem Mal war Stille."

"Während Shari zum Telefon rannte versuchte"
> Während Shari zum Telefon rannte, versuchte"

"Eiseskälte machte sich in Mark breit und jeder Blick, der ihm auswich sagte Darleen
ist tot."
> Eiseskälte machte sich in Mark breit und jeder Blick, der ihm auswich, sagte "Darleen ist tot".

Gruß Pe

 

Hallo Pe,

freue mich, dass dir meine Geschichte als auch mein Stil, obwohl du ihn für verbesserungswürdig hälst, gefällt.
Danke dir für deine Anregung, habe sie übernommen, denke auch, dass es so stärker ist. Für Anregungen bin ich immer dankbar.

Die aufgezeigten Fehler habe ich korrigiert.

auch ich hoffe, dass dir soetwas nie passiert...

Liebe Grüße
Angela

 

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