(Auszug aus der 22 Szene)
"Schatz, was sagt die Uhr?", fragte sie spitzbübisch.
"Sie hängt", begann er, "vor dir auf der Wand, genau vor dir, kannst du sie sehen? Natürlich kannst du sie sehen, du sitzt auch direkt davor, ich meine, ich habe meine Lesebrille aufgesetzt und kann die Uhr sehen und..." Er wurde leiser als er merkte, dass sie ihm nicht zuhörte und las weiter Zeitung.
"Ich verstehe das nicht", sagte sie.
Zwei Monate später (die nähere Beschreibung weggelassen):
Das selbe Zimmer, die selbe Uhrzeit. Die Möbel in mattes Licht getaucht, der grüne Sessel, die Leselampe und der Eichentisch. Er. Sie.
"Ich bringe es nicht übers Herz dir zu sagen, dass die Uhr stehen geblieben ist," sagte sie und hockte unruhig im Sessel.
"Aber du tust es doch!"
Sie starrte auf die Uhr und sagte nichts.
"Vielleicht sollten wir sie einfach mal aufziehen?" Er versuchte weiterhin das Gespräch zu leiten.
"Hör mal, muss man diese Uhr etwa aufziehen? Ich habe es nie getan, hast du?"
"Ja, ich mache es eigentlich jeden Tag"
"Ich habe dich nämlich auch nie die Uhr aufziehen sehen."
"Ich mache es jeden Tag, Schatz."
"Wann sie wohl das letzte mal aufgezogen wurde?"
"Gestern."
"Wann haben wir sie gekauft? in den 60ern, damals als die Schröders ausgezogen sind?"
"Wahrscheinlich."
"Ja, ja."
"Zieh sie mal auf."
"Ich glaub ich zieh sie mal auf, Schatz."
Noch zwei Monate, alles beim Alten, Lampe, Sessel, Er, Sie.
"...und ich sage dir, aus welchen Gründen auch immer dies geschehen konnte, dies war deine Schuld, verstehst du, deine! Und im Übrigen, im Übrigen finde ich, dass du etwas, ich meine, dass du in Zukunft etwas mehr oder ein bisschen weniger... Geld... für diese Sachen ausgeben solltest..."
Die Uhr tickte wieder, sie tickte und tickte, usw...
[ 17.06.2002, 23:18: Beitrag editiert von: PhilsBesterFreund ]
