Das Leben des Hartzlers
Das Leben des Hartzlers
Es beginnt jeden Morgen von Montag bis Freitag, meistens so gegen 6. Er trottet dann in die Küche, macht sich einen Kaffee und wundert sich warum Tabak im Filter der Maschine liegt. Ist mal wieder länger geworden gestern Abend mit den Kumpels. Auf den Weg ins Wohnzimmer stolpert er über einige leere Flaschen „Stroh 80“. Floppe, sein bester Saufkumpane liegt halb auf der Couch und halb davor. Der Hartzler sucht was zum trinken. Er hat mächtig Brand. Das einzige was er findet ist ne halb volle Flasche Bier. „Scheiß drauf, auch wenn es schal ist. Hab Durst.“ Er setzt an und leert auf ex. Hätte er vorher mal in die Flasche geschaut, dann würde er die drei Kippenstummel bemerkt haben. Jetzt hat er einen verschluckt und die anderen beiden hängen ihm im Hals. Er muss kräftig Husten. Der Hustenanfall dauert etwa zwei Minuten und dann kam der Brechreiz. Er versucht ins Bad zu rennen. Aber mit über 2 Promille Restalkohol im Blut ist nicht so einfach wie man denkt. Kurz vorm Klo meldet sich der Badvorleger. Er zieht dem armen Mann die Beine weg und dieser fällt in die Badewanne. Ein Schmerz durchzieht seinen Schädel, und den Brustkorb. Er lag benommen da, irgendwie auf dem Bauch liegend, die Knie angewinkelt und die Füße nach oben. Dann kam der Schwall aus dem Magen. Er würgte mehrmals lautstark. Von nebenan kam lautes Fluchen: „Verdammtes Arschloch! Sei leise. Mein Schädel platzt gleich!“ Er bekam davon nichts mehr mit. Er war bereits wieder eingeschlafen.
Es ist jetzt kurz vor halb Eins. Er wacht auf und fragt sich wo er ist. Er versucht aufzustehen und spürt einen stechenden Schmerz in der Brust. Als er endlich stand merkte er, der Schmerz ist nicht alles. Das gesamte Shirt voll mit Kotze und Darm und Blase haben auch nicht wirklich dicht gehalten. Den Gang zum Klo kann er sich dann sparen. Er sucht im Wäschehaufen noch einigermaßen saubere Kleidung, im Schrank hat er nichts mehr. Er steigt noch mal in die Wanne um zu duschen.
Fertig angezogen geht er wieder ins Wohnzimmer. Floppe hat sich aus den Staub gemacht. Den restlichen Tabak hat er mitgenommen. Auf dem Tisch liegt ein Schreiben vom Amt. Er hat heute einen Termin bei seiner Vermittlerin. Er liest sich den Brief genau durch und langsam geht im auf, er muss in 20 Minuten da sein. Er hat so schon 30% Sperre. Er überlegt wo er seine Bewerbungsunterlagen hat. Im Schlafzimmer! In der Tür bleibt er wie angewurzelt stehen. Da liegt eine Frau in seinem Bett. Vom Alter her irgendwo knapp vor 50. Wasserstoff gebleichtes sprödes Haar und eine Haut wie Leder. Sonnenstudio gebräunt und faltig. Falten konnte man dazu nicht sagen. Ackerfurchen ist das richtige Wort. Er überlegt was die Nacht über gelaufen ist. Aber sein Kopf ist leer.
Mit fünf Minuten Verspätung kam er auf der Arge an. Frau Schrappe begrüßte ihn mit einen herrischen „Wo kommen Sie denn her? Sie hätten schon vor fünf Minuten hier sein sollen. Das ist fehlende Mitarbeit. Das wird Folgen haben!“ Er saß nur da und hörte desinteressiert zu. Plötzlich hat er das Gefühl die Giftnatter auf der anderen Seite des Tisches heute schon mal gesehen zu haben. Er fragt ganz vorsichtig: „Haben sie vielleicht eine Schwester?“ Sie sah ihn an als würde er einfach in die kleine Palme pinkeln, die neben der Tür stand. „Ja ich habe eine Schwester. Sie heißt Rosalia. Hier ist ihr Bild.“ Sie drehte einen Bilderrahmen um, der auf dem Tisch stand. Er sah er und fiel in Ohnmacht.
Wieder einmal wachte er auf. Mit dem gleichen Gefühl wie am morgen. Nur wusste er nicht wo er war, geschweige denn wie er dahin kam. Er sah sich um. Weiße Wände und Decke mit einer Neonlampe. Das ganze Mobiliar sah nach Krankenhaus aus. Bevor er sich fragen konnte, wo er ist, ging die Tür auf. „Grüß Gott, Herr Paschulke. Wie ich sehe sind Sie wach. Wie geht es Ihnen? Ach so. Ich bin Doktor Drimmsler. Sie sind hier im Städtischen Krankenhaus.“ Der Arzt hatte die Haare wie Sid das Faultier und einen Dackelblick. Er hält sich selber für einen Super Lover. Sein äußeres sagt: Frauen, schaut her! Ich bin ein Softi. Aber im Bett, wenn es zur Sache geht, da bin ich Macho.
Unser Hartzler antwortet leicht benommen: „Wieso bin ich im Krankenhaus?“ – „Sie sind auf der Arge umgekippt und haben sich eine Platzwunde am Kopf zugezogen. Außerdem haben sie zwei gebrochene Rippen. Von ihren Restalkohol haben wir uns noch einen lustigen Nachmittag gemacht. Und wir haben uns erlaubt ihre ganzen Sachen die sie am Körper trugen zu entsorgen. Genauer gesagt zu verbrennen.“
Dann kam jetzt auch die Krankenschwester ins Zimmer. Sie war an die Fünfzig, hatte Wasserstoffblonde Haare und eine Sonnenbankbraune Haut. Und das Gesicht von seiner Vermittlerin Frau Schrappe.
Er fragte sich wie das alles nur so kommen konnte. Er wusste dass er das nie erfahren würde.
Zwei Monate später sagte ihm Rosalia Schrappe sie sei schwanger. Und zu Weihnachten singt sie: „Ihr Kinderlein kommet“.
ENDE