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Das Längenproblem

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30.08.2006
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Das Längenproblem

Kennt ihr das?

Irgendwoher kommt eine Idee für ein Geschichtlein auf, so ein 1-2-Sätze Plot. Also ran an die Kiste und losgehackt. Ein Sätzchen ergibt das nächste, noch ein paar stimmungsvolle Beschreibungen und husch ist eine Seite voll. Kurz korrekturlesen und liegen lassen.
Nach ein paar Tagen wird das Opus wieder herausgezogen, gelesen, frau/man stellt fest, dass da zur Komposition eines Gesamtkunstwerks doch noch einige Details hinzugefügt werden müssen. Danach am besten gleich losschicken, bevor die große Unzufriedenheit aufkommt oder noch tausend Ideen hinzukommen ...

Der erste und einzige Kommentar, den frau/man erntet geht in die Richtung von naja, ganz nett, zumindest handwerklich, aber der Inhalt naja ... radikal kürzen wäre das Mittel der Wahl.

Und dann? Der Trottel hätte doch zu einer Überarbeitung raten können, dann bestünde die Möglichkeit, weitere präzisierende Details hinzuzufügen, aber so? Nur die eine Killerphrase: kürzen.


Wie geht es euch damit? Wahrscheinlich ist genau dieses Thema schon 87 Mal von den kompetentesten Fundamentalisten analysiert worden, dann wäre ich für Links dankbar, ansonsten freue ich mich auf eine angeregte Diskussion und verkrieche mich erst einmal in den Urlaub.


LG,

N

 

Also, bei mir gibt es eigentlich nur drei denkbare Reaktionen auf so einen Kommentar:
Entweder gibt es Hinweise darauf, welche Teile zu lang sind, dann versuche ich, den Text dort entsprechend zu kürzen,
oder es gibt eine Forderung, eine bestimmte Länge einzuhalten, dann kürze ich die Geschichte eben auf diese Länge (das ist ein bisschen Arbeit, aber eigentlich immer möglich - schließlich basiert sie ja auf "1-2 Sätze[n] Plot"),
oder es gibt keine Hinweise vom Kritiker, außer "zu lang", dann ignorier ich das, weil es nur eine Verlegenheitsformulierung für "mag ich nicht" ist.

:) Naut

 

Vorschlag: Erst wirklich nur das sachliche, spröde Grundgerüst des Plots schreiben, das aber neben dem reinen Was schon das Wie, d.h. Aufbau/Struktur/Übergänge beinhalten sollte; dann schauen wie lang das ist. Und dann stelle die "Detailbedürftigkeit" des Textes fest und übersetze sie in einen möglichst kleinen Pi*Daumen-Wert n (< 1 ideal), und schreib ihn - für dich nun verbindlich! - auf einen Zettel. Der Richtwert der optimalen Länge des Textes ergibt sich aus der Länge des Grundgerüst mal 1+n; wenn du deine Geschichten im Plain-Text-Format schreibst, kannst du ihn an der Dateigröße festmachen. Damit schreibst du den Text neu, diesmal mit Details, und versuchst das festgelegte Limit nicht zu überschreiten.
Allerdings habe ich das noch nicht selbst getestet. Nur so eine Idee, die allerdings wie alle einschränkenden Ideen die Gefahr der Kreativitätslähmung birgt. Besser ist es vielleicht, wenn du stattdessen erst eine Version frei nach Schnauze schreibst - verwerfe jeden Gedanken an die Güte, den Umfang, die Relevanz des soeben Geschriebenen! - bis sie "fertig" ist, und aus dieser Fassung das Grundgerüst im obigen Sinne extrahierst und es in eine neue Datei schreibst. Mit diesem, den Details aus der Frei-Schnauze-Fassung sowie dem ermittelten optimalen Limit im Hinterkopf schreibst du eine dritte Version, an der du dann nur noch herumfrisieren brauchst.

Zusätzlicher Tipp: Versuche mit jeder Geschichte diesen Detailfaktor ein Stück gegen 0 zu verringern. Die hohe Kunst ist es ja, die Details in die Worte und zwischen die Zeilen zu legen, so dass das Grundgerüst und die Ausgestaltung, quasi das Mantelfutter unmerkbar in einander übergehn und ein Ganzes bilden.


FL{zwar selbst kaum schreibender, aber trotzdem alles besser wissender}oH.

 

Oder schreib einfach 1-2 Monate lang grundsätzlich nur Geschichten mit höchstens 2000 Zeichen! Ohne Diskussion, zu jeden Thema, das Dir einfällt.
Danach beherrscht Du die komprimierte Form, dann wird es von selbst wieder mehr, ohne sich in überflüssigen Details zu verlieren.

 

Die Idee mit Nauts Selbsterziehungsversuch (harter Anschlag 2000 Zeichen) hat etwas ... Ich glaube ich werde mich dem aussetzen, testweise. FLoHs Vorschlag kommt mir etwas arg theoretisch vor. Ist jedenfalls beruhigend zu sehen, dass die Fragestellung auch im Schaffen anderer ein THema ist.

LG,

N

 

Jede Geschichte hat eine optimale Länge, die zu erreichen das Ziel sein muß. Da ist nichts mit Pi x Daumen, eine Geschichte, die der Autor für komplett hält, ist komplett, sie zu kürzen, damit sie in eine Ausschreibung* paßt, ein Frevel und zu vergleichen mit einem Bild, das man beschneidet, damit man keinen neuen Rahmen kaufen muß.

Will sagen, ist man selbst nicht mit seiner Geschichte zufrieden, dann muß man daran arbeiten, sind die anderen nicht zufrieden, dann kommt es darauf an, in wie weit man deren Argumenten folgen kann – man soll sich nicht verbiegen, um zu gefallen.

Dion

* Selbst wenn eine Geschichte viel länger oder kürzer ist, als gefordert, schick sie trotzdem hin, denn ist sie gut, wird man nicht an ihr vorbeigehen können. So eine Geschichte hat auch einen weiteren Vorteil: Jeder Jurymitglied wird sich an sie erinnern, und das ist Goldes wert, wenn aus 300 Sendungen eine ausgesucht werden muß – man spricht in der Schlußkonferenz eh nur über die Geschichten, die irgendwie aus der Menge herausragen, und wenn sie eine Geschichte nur aus formalen Gründen (also wegen der Länge) nicht prämieren, da können mir die Korinthenkacker auch gestohlen bleiben.

 

Dion schrieb:
Will sagen, ist man selbst nicht mit seiner Geschichte zufrieden, dann muß man daran arbeiten, sind die anderen nicht zufrieden, dann kommt es darauf an, in wie weit man deren Argumenten folgen kann – man soll sich nicht verbiegen, um zu gefallen.
Dion, Du hast völlig Recht, und ich wollte mein Posting auch nicht in Richtung "verbiegen lassen" verstanden wissen. Vielmehr ging es mir darum, dass man als Autor jede Form beherrschen sollte. Das bedeutet für mich, dass ich - wenn meine Geschichte zu lang für eine Ausschreibung ist - einfach mal versuche, sie auf die gewünschte Länge zu bringen. Bin ich dann mit dem Resultat sehr zufrieden (und das ist durchaus schon vorgekommen), dann kann ich die kurze Version einschicken, wenn nicht, war es immerhin eine gute Übung - denn beim "Einkochen" kann man eine Menge Tricks lernen, die man sonst nicht so schnell probieren würde.
Mir geht es wie gesagt nur darum, einfach mal andere Techniken zu probieren, verwerfen kann man immer noch.

:) Naut

 

Na denn Hallo Zusammen,

und erst mal vielen Dank. Schön dass dann doch einige halbwegs kontroverse Ansichten herausgekommen sind bei der Diskussion.

Danke Dion für das aufmunterte Statement:

Jede Geschichte hat eine optimale Länge, die zu erreichen das Ziel sein muß. Da ist nichts mit Pi x Daumen, eine Geschichte, die der Autor für komplett hält, ist komplett, sie zu kürzen, damit sie in eine Ausschreibung* paßt, ein Frevel und zu vergleichen mit einem Bild, das man beschneidet, damit man keinen neuen Rahmen kaufen muß.

LG,

N

 

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