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Das Kapitalistenschwein

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14.03.2005
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Das Kapitalistenschwein

Das Kapitalistenschwein


Hach, was ist das schön, wenn aus zwei plötzlich drei werden. Vater sein ist schon was ganz genaues. Die Kehrseite der Medaille kommt spätestens nach der Geburt, wenn sich die bucklige Verwandtschaft anschickt, Strampelanzüge in allen Farben, Größen und Ausführungen zu schicken oder vorbeizubringen. Sollte meine Tochter mich fragen „Papi ist Verwandtschaft was zum Essen?“, dann werde ich sagen „Nein, Verwandtschaft ist was zum Kotzen!“

Es geschah am Tag nach der Geburt. Den Anfang machte die Haugemeinschaft, welche uns unter ständigen Entschuldigungen wegen Nichtabsprache mit den restlichen Mieter ein absolut niedlich verschnürtes Paket mit 19 rosa Strampelanzügen in Größe 56 überreichte.
(Merke: Beim nächsten Mal darauf verzichten, das Geschlecht des Kindes vor der Geburt zu verraten!)
Die Verwandtschaft, die sich wie die Pest hasste, tat natürlich den Teufel sich in irgendeiner Weise abzusprechen. Da ich eines von sieben Geschwistern war und ganze vier Onkel und Tanten hatte, kam das Ergebnis in Form einer VW-Transporter-Ladung rosa Strampler vor das Haus gefahren.
Dem folgten die Freunde, die Arbeitskollegen. Selbst der Vermieter ließ sich nicht lumpen, bei seinen Mitarbeitern eine Sammlung zu machen. Das Ergebnis all dieser Freundlichkeit war zu wenig Platz, neue Wohnung, größere Schränke, Kredit aufnehmen, finanzielles Chaos, Garage zum Stramplerlager umbauen, gefolgt von finanziellem Ruin. Wir hatten wirklich eine Menge Probleme.
Wie das ganze Zeug nur loswerden? Über ein Internetauktionshaus konnte ich das Meiste verscherbeln. Es kam doch ein ganz hübsches Sümmchen zusammen. Als ich noch so den Kontoauszug betrachtete, machte es „Klick“.
Ich begab mich umgehend zum Geldautomaten und hob den Gewinn ab. Als erstes musste der Textiliendiscounter um die Ecke dran glauben. Ich kaufte alles auf, was ich kriegen konnte. Die Beschwerden von werdenden Eltern, Großeltern, schenkwütigen verwandten und Arbeitskollegen vor dem Laden ließ ich eiskalt an mir abtropfen. Stattdessen bot ich ihnen Rabatte an, die absolut nicht zu schlagen waren. Mit einem Schlag verlor der Textildiscounter drei Viertel seiner Kundschaft. Ein Glück, dass ich die Garage umgebaut habe. Die gab wirklich ein prima Lagerhaus ab. Allerdings reichte der Platz bald nicht mehr aus.
Zwei Wochen später stand das Gelände des Textildiscounters zur Vermietung frei. Auf Grund meiner Geschäftsidee und einer versprochenen Gewinnbeteiligung konnte ich einen super Preis mit dem Vermieter des Geländes aushandeln.
Das Geschäft lief blendend. Kein Textildiscounter in der Gegend wagte es, rosa Strampelanzüge anzubieten. Diejenigen, die es dennoch wagten erlitten alle das gleiche Schicksal.
Weitere zwei Wochen später waren alle Babyausstatter, Textildiscounter, der Großhandel für Babybekleidung und sämtliche werdenden Eltern, Großeltern, schenkwütigen Verwandten und Arbeitskollegen im meiner Hand. Die Villa am Starnberger See bezahlte ich aus der Portokasse und ließ sie babygerecht umbauen mit vergoldeter Wickelkommode, bestückt mit einhundert 13-karätigen Diamanten. Nur das Beste für mein Kind! Es sollte ja nicht wie bei armen Leuten sein. Mit rosa Strampelanzügen gab sich meine Tochter selbstverständlich nicht mehr zufrieden, deshalb war es dem großen Karl Lagerfeld eine Ehre, mir bei diesem Problem zur Seite zu stehen.
Mittlerweile ist auch der asiatische Markt für rosa Strampelanzüge völlig zusammen gebrochen. Streiks, Straßenkämpfe in den großen Metropolen des fernen Ostens ließen mich allerdings völlig kalt. Mit meinen Gedanken war ich bereits im großen Amerika. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht auch diesen Markt in die Bedeutungslosigkeit drängen könnte.
Ich habe heute keine Probleme mehr. Nur die Tatsache, dass die Geburtenrate bei männlichen Babys am Ansteigen ist, bereitet mir etwas Sorgen.

 

Eigentlich hatte ich überhaupt nicht vor, irgend was am Kapitalismus herumzukritisieren. Das war nur der Aufhänger für den Fakt, dass allen Leute bei der Geburt eines Kindes nix besseres einfällt, als Strampelanzüge zu schenken. Rosa, weil es halt ein Mädchen ist.

 

Hallo Angrynowaka,

der Titel ist in sofern problematisch, das er eine andere Erwartung an den Text verheißt. Dein Kapitalistenschwein geht ja nicht über Leichen. Es kauft auf und verschafft sich ein Monopol auf einen einzigen Artikel. Damit ruiniert es die anderen Betriebe noch nicht. Eher handelt dein Prot wie ein Börsenneuling, der sich auf Terminwarengeschäfte eines einzigen Artikels einlässt. Sein Ruin wäre damit also vorprogrammiert, wenn rosa Strampler mal aus der Mode kommen sollten. Die wirtschaftliche Strategie deines Prot ist also eher desolat und kann so nicht funktionieren.
Ausgangspunkt ist aber ja auch nicht die Kapitalisierung sondern die Suche nach einer sinnvollen Verwendung für ein unsinniges, da zu häufig erhaltenes Geschenk. Kritisierst du also in dieser Geschichte die Folgen von Fantasielosigkeit? Auch da komme ich aber nicht weiter, denn diese Fantasielosigkeit erweist sich ja letztendlich als Segen für deinen Prot.
Ein kapitalistisch denkender Mensch hätte aus dieser Fantasielosigkeit höchstens die Idee entwickelt, für Geburten, analog zu den Hochzeiten, Wunschlisten der Paare aus zulegen, zu denen die Schenkenden geschickt werden. Im Service inbegriffen könnten schon die Einladungskarten sein, mit einem Vermerk: Im Kaufhaus XXX lägen die Geschenke schon fertig verpackt aus, man bräuchte sie nur noch zu bezahlen und abzuholen.
Du merkst, ich bin etwas ratlos, worauf du hinaus willst.
Details:

Die Verwandtschaft, die sich alle wie die Pest hassten, tat natürlich den Teufel sich in irgendeiner Weise abzusprechen.
Die Verwandtschaft ist ein Singularbegriff, du kannst im Nebensatz also nicht in den Plural gehen sondern musst im Terminus bleiben. Vorschlag: Die Verwandtschaft, die sich untereinander wie die Pest hasste ...
Da ich eines von sieben Geschwistern war und ganze vier Onkel und Tanten habe, kam das Ergebnis
unerlaubter Tempuswechsel mitten im Satz. Auch wenn die Onkel und Tanten noch leben, die Erzählform ist die Vergangenheit. Also: hatte
Tochter selbstverständlich nicht mehr zu frieden
zufrieden
wenn ich nicht auch diesen Markt Bedeutungslosigkeit drängen könnte
in die Bedeutungslosigkeit

Lieben Gruß, sim

 
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Mahlzeit!

Sorry, aber ich finde diesen Text zunächst mal zutiefst unlogisch ... was genau macht er mit den Strampelanzügen, die er zum VK nicht etwa EK von den Händlern bezieht? Sie unter seinem EK wieder verkaufen? Supermethode, um reich zu werden ... zumal er dadurch garantiert nicht etwa den Textildiscounter ruiniert (der ja noch anderes als Strampler egal welcher Farbe zu verkaufen hat - Diversifikation als Schlüssel zur Stabilität...), sondern lediglich sich selber. Oder hortet er sie in seiner Garage? Oder droht er jedem, der rosa Strampler kaufen will, mit der Schrotflinte? Welche auch nur halbwegs logische Kette führt von "Ich bekomme zuviele Strampler geschenkt, die ich mit etwas Glück bei Ebay verticken konnte" zu "Zusammenbruch des Stramplermarktes in Asien"?! :susp: Das ist nicht satirisch, das ist mE einfach nur unlogisch...

Und was du damit kritisieren willst, ist mir ebenfalls völlig schleierhaft, außer, dass es mutmaßlich wieder eine Abart dieser virulenten "Ebay als Marktwirtschaft für Anfänger und seine Folgen hahaha"-Geschichten sein soll. Insofern ergibt der ganze Text für mich von vorne bis hinten keinen Sinn, sorry.

EDIT: Halbwegs sinnvoll und sogar satirisch wäre es z.B., wenn er am laufenden Band Kinder produziert, nur um noch mehr Strampler abzustauben, in der Hoffnung, mit einem späteren monströsen One-Time-Sale seiner gesammelten Bestände den Weltmarkt zu destabilisieren...

 

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