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Das Idol

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11.04.2011
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Das Idol

Was für ein hässliches Mädchen, denkt Priebe. Schorfig helle Haut, die garantiert keiner anfasst. Beine wie Spargel, Hüfte und Becken wie die Teile einer falsch zusammengesetzten Maschine gegeneinander verdreht.
„Caterina Valente hat ’nen Arsch wie ’ne Ente“, flüstert er, als sie sich vor ihm aufbaut.
„Wie bitte?“, schnappt die Falschzusammengesetzte und Priebe wiederholt: „Caterina Valente …“
„Jetzt hören Sie auf mit dem Quatsch! - Was machen Sie hier? Im Eingangsbereich?“
Ihr Gesicht ist so interessant wie der Blick in eine Kaltschale. Bei näherem Studium erinnert es Priebe an einen Geier. Sie trägt die Hosen so, wie es alle hässlichen Mädchen tun: zu kurz am Saum, so dass man die Arschritze sieht.
„Hallo?“, hebt sie Stimme. „Ich spreche mit Ihnen! Wer sind Sie, bitte, und was wollen Sie hier?“
„Ich warte auf jemanden“, antwortet Priebe und tastet mit den Fingern nach der Spritze in seiner Manteltasche. „Auf jemand ganz Besonderen. - Auf Ihren prominentesten Bewohner.“
„Wir haben hier keine Prominenten.“
Sie ist schon ganz Pflegerin. Imitiert Ton und Haltung der Älteren ihrer Zunft. Von denen es zwei Arten gibt: Die ausgemergelten, totenkopfäugigen Hutzen und die mit Essensresten bekleckerten Vetteln.
Seufzend zieht Priebe das Foto hervor.
„Erkennen Sie Ihn?“, fragt er und streicht mit der Fingerkuppe darüber. „Er, aufm Pferd. Zwei Heißblüter unter sich. Hat ja alle Stunts selbst gemacht, in jener Zeit und ist oft genug auf die Fresse gefallen dabei.“
„Nie gesehen“, sagt die Falschzusammengesetzte. „Jedenfalls: Heut gibt’s keine Besuche. Bitte verschwinden Sie.“
Priebe seufzt.
Nicht zu fassen, dass sie Ihn nicht erkennt … Aber schlimmer noch die Alten - wie konnten die Ihn vergessen?

Immer mal wieder schleust er sich hier ein. Schaut den Greisen beim Fernsehen zu. Vorige Woche brachte „History“ den Totmacher – und in der Hauptrolle Er, mit geschorenem Schädel in dieser unglaublichen Rolle …
Aber nicht einer der Greise hat Ihn erkannt. Hat kapiert, dass der Totmacher, in einem verdammten Altersheim, unter ihnen sitzt.
„Ich helf‘ Ihnen auf die Sprünge“, murmelt Priebe. „Schauen Sie sich meine Jacke an, junge Frau …“
„Die ist speckig.“
„Aber das ist doch völlig egal. Wichtig ist, was es mit dieser Jacke auf sich hat.“
„Und das wäre?“
„Es ist die Originale, junge Frau. Eine beigefarbene M-65 ohne Schulterklappen - woll’n Sie vielleicht mal anfassen?
„Gott bewahre. Und jetzt hören Sie zu, …“
„Sehen Sie hier, junge Frau. Auf der Brusttasche. Da steht Sein Name - unglaublich, aber Er hat mir Sein Autogramm drauf gegeben. Und wissen Sie auch, wann?“
„Sie werden es mir gleich sagen.“
„Das war am 10. Oktober 1985. Die Premiere von Faust auf Faust, im Duisburger „Asbach“ Kino! Himmel, da war ich ja praktisch noch ein Kind.“
„Wie auch immer, Sie verlassen jetzt unser Haus.“

Priebe schlurft zum Ausgang, lässt sich durch die Drehtür schubsen, zündet sich eine Zigarette an und setzt sich auf eine Bank.
1985. Da hatte er noch eine Freundin. Sie hat sich von ihm getrennt, hat nicht kapiert, dass er Ihn von jetzt an auf Schritt und Tritt folgen musste. Hörte ihm gar nicht zu, wenn er ihr berichtete: von Blechschaden, Seinem ersten Tatort, bei dem Er noch auf der falschen, der bösen Seite stand. Von Seinen fantastischen Faustkämpfen in Dr. Fu Man Chu und Winnetou. Und natürlich von Schimmi, dem ersten Kommissar, der „Scheiße“ sagte statt: „Wo-waren-Sie?“
Keine hat das je kapiert. Also hat er es bleiben lassen mit den Weibern und sich eine Menge Ärger damit erspart.
Das Genöle wegen des Geldes, zum Beispiel. Die Videokassetten hatten ihren Preis, später die DVDs und Blu-rays.
In Gedanken zählt er die Bänder durch.
Er besitzt all Seine Filme, sechzig Stück, von Wenn der weiße Flieder wieder blüht von 1953 bis Babelsberg von 2022. Auf seinen Bändern und Festplatten liegen, vor Staub geschützt und sauber etikettiert, alle 140 Fernsehfilme, von Kolportage, 1957, bis Rattennest von Zwo-Neunzehn.

Die Frauen lagen George zu Füßen, denkt Priebe auf dem Weg ums Gebäude. Privat, da war Er eine treue Seele - aber in Seinen Filmen …
Zum Beispiel in den Achtzigern, da waren sie richtige Zuckerschnitten, Seine Frauen, mit blonden Locken wie Drehspäne. Hatten nicht viel Text, bekamen öfters eine rein oder sind draufgegangen.
Priebe schaut am Haus hoch, checkt Georges Zimmer, lugt nach einer Bewegung hinter den Gardinen. Streicht mit den Fingern der Rechten über die Spritze und greift nach dem Holm der Feuerleiter.

Er wird Ihn hier rausholen. Jetzt - denn morgen ist es dafür zu spät. Morgen ist der 23.Juli 2038, Sein hundertster Geburtstag, an welchem es Kaffee und Kuchen mit den Greisen gäbe, Blumen und einen Händedruck vom Bürgermeister.
Priebe lächelt: Im Vorjahr hatten sie einen verdammten Weihnachtsmann durch die Zimmer geschickt. Georges Brüllen war bis hier unten zu hören gewesen.

George wird es gut bei ihm haben. Priebe hat alles vorbereitet: Der Star schläft auf dem Sofa, da, wo früher Zorro geschlafen hat. Priebe hofft, Seine Fürze riechen besser. Jeden Sonntag gibt’s echten Kaffee, seine Musik wird George gefallen und sie werden sich die alten Fotoalben ansehen: Tante Hedwigs Hochzeit und natürlich Priebes Urlaube mit Mutter im Harz. Priebe wird Ihm erklären, was er anders gemacht hätte, als Ermittler. Sie werden sparsam leben, sich Priebes Rente gut einteilen, bei sechs Euro für ein Brot.
Da gibt es diese Migranten, im Park, die ihm immer blöde Bemerkungen zuwerfen. Er wird ihnen George vorstellen, erklären, wen sie da vor sich haben - und dann ist Schluss mit lustig.

Die Feuerleiter ist mit einem Hängeschloss versehen.
„Gar nicht erlaubt“, keucht rotfleckig Priebe und verdächtigt den Hausmeister.
Wütend schlurft er zum Eingang zurück.
Durchquert das Foyer und steigt in den Fahrstuhl.
Der Lift hält auf Zwei und es ist tatsächlich sie - die Falschzusammengesetzte - die die Kabine betritt.
Sie schaut Priebe verwirrt an. Dann greift sie nach dem Telefon - aber er ist schneller, rammt ihr die Spritze in den Vogelhals und drückt das Diazepam hinein.
Die ganze Injektion - bei George hätte er kaum ein Viertel verwendet.
Priebe beginnt, wie ein Irrer zu lachen.
„Sie stinken …“, keucht die Falschzusammengesetzte; dann rinnt Speichel aus ihrem Mund und sie rutscht die Fahrstuhlwand herunter.
„Sind sie dir wirklich nie aufgefallen?“, flüstert Priebe. „Seine Augen?“
Der Lift hält auf Drei. Die Tür öffnet und …
Dann passiert eine dieser verrückten Sachen - die es im Leben manchmal gibt.
Priebe starrt George und George starrt Priebe an.
Er Ihn und Er ihn, aus wässrig trüben und immer noch stahlblauen Augen. Priebe ist überwältigt, von der wachen Intelligenz in Seinem Blick.

Tatsächlich erfasst George die Situation und schlägt zu.

Sechs Monate später dann die Verhandlung. Mit jeder Menge Presse - doch leider ohne George.
Der hat ja wieder gedreht und heute nun strahlen sie den Hundertjährigen aus. Das Comeback des Jahres und gleich im Anschluss eine zwanzigminütige Zusammenfassung Seiner Hochzeit mit der neunundsechzigjährigen Michelsen.

Priebe hockt am Tisch seiner Zelle und lächelt.
Hat sich doch letzten Endes gelohnt, der ganze Aufwand.

 
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Hallo,
das ist interessant. Ich trage selbst seit ein paar Tagen eine Geschichte in meinem Kopf, die sich thematisch in der Nachbarschaft befindet. Vielleicht ein paar Blocks weiter. Vergangener Ruhm und so. Finde ich ein spannendes und sehr emotionales Thema. Habe mich schon häufig gefragt, wie es den Leuten geht, die es gewohnt waren im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, sich darüber zu definieren, bis sich irgendwann kein Schwein mehr für sie interessiert. Ihre Zeit ist vorbei und sie sind nur noch eine Erinnerung, in der Gegenwart nichts mehr besonderes. Das nagt bestimmt ganz schön stark an einem.
Man hat da ja immer Mitleid mit diesen Menschen einerseits, weil der Kontrast so auffällig ist, andererseits ist da, je nach dem was die so gemacht haben, auch eine leise Genugtuung bei. Unangenehm eigentlich sich dann so einen Anflug von Schadenfreude einzugestehen, aber wenn ich an manche Prominente denke, die bei jeder Gelegenheit ihre Fresse in die Kamera gehalten haben und total den miesen, verlogenen Scheiß gemacht haben, dann denke ich mir dann doch, ja, das hast du jetzt davon. Niemand nimmt dich mehr ernst, du bist nur noch ein ausrangierter Clown, geh ins Dschungelcamp oder sowas.
Okay, das war jetzt ein bisschen mein Gelaber, hat nicht unmittelbar alles was mit deiner Geschichte zu tun, aber sie hat mich halt zu diesen Gedanken animiert.
Du willst ja schließlich hier einen Fan zeigen.
Na ja, ich wundere mich schon stark über die gewählte Erzählweise. Nicht weil sie jetzt nicht legitim wäre, aber sie anziehend zu gestalten ist schon eine Kunst. Im Grunde ist es ja ein reiner Monolog hier. Da sind ein paar Antworten von dem Mädel unterstellt, also da sagt jemand halt was, aber im Grunde spricht da ja nur einer. Und so Monologgeschichten finde ich sehr schwierig.
Von Rick gibt es da diese letzte Kurve. Das ist ja größtenteils auch Monolog, aber ihm ist es wirklich hervorragend gelungen. Ich denke, das liegt daran, dass er so ein Thema anspricht, dass menschlich einen stark berührt. Der Abschied vom besten Freund, da kann sich jeder irgendwie was darunter vorstellen, das hat so eine Empfindungsdichte und diese lebendigen Erinnerungen, ja Szenen eigentlich, der lässt ja die Vergangenheit lebendig werden, das trägt einen über die, wie ich finde, statische Erzählperspektive hinweg.
Ich finde, deinem Text gelingt es nicht. Ich persönlich kann mir darunter nichts vorstellen. Der Erzähler bleibt mir zu blass, er ist halt ein hardcore Fan und das ist auch seine einzige Rolle. Und die finde ich auch ein stückweit überzeichnet. Er quatscht das Mädel voll über einen ihr fremden Typen, schüttelt da alle seine Gedanken aus und dabei entsteht, wie ich finde, überhaupt kein Identifikationsmuster. Man hat ja als Leser auch gar keinen Bezug zu diesem Idol, der ist rein fiktiv und das geht dann an einem vorbei.
Ja, das ist so eine Anklage an die Vergänglichkeit, an die Flüchtigkeit menschlicher Bewunderung, an die Austauschbarkeit von Idolen und da könnte man sicher vieles machen, aber dafür geht mir der Text nicht ausreichend in die Tiefe. Ja, ich habe da schon was von diesem Gefühl gespürt, das du rüberbringen wolltest, deine Sprache ist lebendig, aber es war mir doch leider viel zu wenig.
Ich empfand das eher als eine Skizze. Da ist eine tiefere Idee dahinter, aber sie wird für mein Empfinden nur angerissen. Die Erinnerungen des Erzählers wecken bei mir leider auch keine Assoziationen. Das liegt vielleicht an mir, aber all diese Empfindungen bleiben mir völlig fremd. Vielleicht weil ich nie einen Idol in dem Sinne hatte und mir einige Überlegungen auch so grotesk vorkommen.
Ja, wird sicherlich Menschen geben, die ihr gesamtes Leben dem Kult einer Person verschreiben. Mich packt es nicht.
Auch mit der gesellschaftspolitischen Dimension, dieses leicht dystopische, da bin ich auch drüber gestolpert. Man mag über die Berechtigung solcher Aspekte in dem Text streiten, aber ich finde sie auch ungeschickt verpackt. Dass du noch so viele Infos über die Gesellschaft in der Zukunft am Ende drangeklatschst, ich weiß nicht, ich fände es schon besser, so etwas im Text unterzubringen. Wenn überhaupt. Und hier zeigt sich nochmal die Schwäche der Erzählperspektive. Man merkt da schon, der Autor will noch paar von seinen Visionen loswerden und legt dem Erzähler so komische Fragen in den Mund. Ne, also das hat für mich nicht funktioniert und ich fand es für die Situation unglaubwürdig.
Tja, das war leider nicht meins.
lg, randundband

 
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Hallo randundband,

vielen Dank für Deinen Kommentar!

Okay, das war jetzt ein bisschen mein Gelaber, hat nicht unmittelbar alles was mit deiner Geschichte zu tun, aber sie hat mich halt zu diesen Gedanken animiert.

Ist ja okay, ich verlier mich selbst gern in so was, das bringt der Geschichte nicht mehr, aber auch nicht weniger als auf die reine Form einzugehen.

… wenn ich an manche Prominente denke, die bei jeder Gelegenheit ihre Fresse in die Kamera gehalten haben und total den miesen, verlogenen Scheiß gemacht haben, dann denke ich mir dann doch, ja, das hast du jetzt davon. Niemand nimmt dich mehr ernst, du bist nur noch ein ausrangierter Clown, geh ins Dschungelcamp oder sowas.

Thema „Vergangener Ruhm“: Das ist interessant und im Wechsel lustig oder scheußlich anzusehen, was aus Leuten wie z.B. Fancy geworden ist. Dabei, für ihn gab es wenigstens noch das Dschungelcamp, andere haben weniger Glück und müssen im Bierzelt zu Neuendettelsau auftreten.
Ungerechterweise haben es die Frauen schwerer, im Alter zu punkten. Während Männer wie Donald Sutherland oder Robert de Niro die Charakterrollen abgreifen (oder wie Christopher Lee zum dauerhaften Zauberer/Vampirchef/Böse-Alter-Mann mutieren) können die weiblichen Ex-Stars von Glück reden, wenn sie von Typen wie Quentin Tarantino angerufen werden. Der dann fragt: „Hey Pam, hast Du Lust, mir die Jackie Brown zu geben?“
Miley Cyrus wird damit eine Menge Probleme haben, in ein paar Jahren.

Ich wünsche Dir jedenfalls bei der Umsetzung Deiner Idee viel Erfolg!

Zur Story:

Du willst ja schließlich hier einen Fan zeigen.

Eigentlich nicht. Mein Prot soll eher ein Stalker und Sackgänger sein als ein Fan. Ich habe versucht, das rüberzubringen, indem ich ihn seiner damaligen Freundin nicht nachtrauern lasse, im Gegenteil ist er ganz froh, sie und den Rest der Weiberschaft loszusein um sich ganz seinem Star zu widmen. Auch das er all diese Daten genau kennt und all die Filme besitzt geht für mich über den Begriff „Fan“ hinaus. Und das er George dann mitnehmen will ist für mich ganz klar: Stalker. Ließe sich vielleicht noch genauer rausarbeiten, ich hätte ihn gern noch ein wenig unangenehmer und wahnsinniger, den Typ.
Das Du ihn bereits jetzt überzeichnet findest, steht da dagegen und lässt mich natürlich grübeln …
Auf jeden Fall, da gebe ich Dir Recht, hat die Geschichte Reserven. Hab nur (noch) keinen Punkt zum Ansetzen des Hebels gefunden, bis jetzt, und freue mich umso mehr über jede Meinung.

Von Rick gibt es da diese letzte Kurve …
Ja, die ist sehr gut. Allerdings nicht unbedingt vergleichbar, der innere Monolog von Ricks Protagonist und meinem Stalker, weil mein Thema viel unwichtiger ist und ich deshalb einen Hauch Ironie reinbringen darf und muss (das er wie alter Käse riecht usw.). Ich habe nicht vor, diese Erzählweise noch sehr oft zu verwenden, das verbraucht sich sehr schnell. Allerdings hab ich gern viele Facetten in meinen Geschichten, viele verschiedene Themen, Zeitformen, Erzählperspektiven - und jetzt war halt der Stalker dran.

Auch mit der gesellschaftspolitischen Dimension, dieses leicht dystopische, da bin ich auch drüber gestolpert.

Das ist mir jetzt wichtig, da werde ich noch mal in mich gehen und diese Teil ganz rausschmeißen oder ändern.
Grund für diese „Zusammenfassung der gesellschaftlichen Situation Deutschlands im Jahr 2038“ war für mich die – meiner Meinung nach notwendige – Erklärung, warum einer wie George mittellos in einem Altenheim sitzt. Dafür kann es verschiedene Gründe geben doch fast alle sind hanebüchen, da er ein Leben lang erfolgreich war und im Gegensatz zu manchem Schlagersternchen intelligent genug, seine Kohle zu verwalten. Also musste ein ganz extremer Umbruch her, einer, bei dem alle möglichen Leute ihr Geld verlieren. Dystopie, wie Du sagst. Bisschen übers Ziel hinausgeschossen? Vielleicht. Aber erklärt werden muss es, daran halte ich fest. und Du hast recht, in dieser Erzählperspektive nicht ganz einfach rüberzubringen – da ja auch die Krankenschwester die Zustände kennt.
Du siehst mich nachdenklich den Kopf kratzen …

Nochmals Danke und schönen Gruß

Nastro.

 
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Ich find die Idee immer gut, so etwas Banales in die Zukunft zu legen. Ich hab zwischenzeitlich gedacht, als es hieß "Seine Augen", dass der Protagonist als höchste Form der Verehrung dann darauf aus ist, sich irgendwelche Körperteile von George zu schnappen und zu implantieren. So eine Idee hatte ich auch mal. Seit 50 Jahren machen sich die Menschen die Frisuren so wie ihre Stars, ab und an hört mal mit Geschichten, dass sich wer so zurechtschneiden lässt wie sein Idol. Warum soll man sich in 20 Jahren nicht gleich das Aaron-Eckhart-Kinn und die Bradley-Cooper-Wangenknochen holen oder die Augen von Götz George.

Ich hab neulich erst einen Artikel über Schimmi geschrieben, deshalb hab ich schon nach den ersten Zeilen die zarten Anspielungen entdeckt und so das Rätsel "Um wen geht's denn" - fand da nicht statt.

Der Text hat leier einen dicken Haken, der für mich all das Positive überlagert: Diese Monolog-Form ... die klappt nicht. Ich hab noch nie gesehen, dass die über einen längeren Zeitraum trägt. Die trägt auch bei dem Einpersonenstück von Süsskind nicht so richtig.
Und dann hier mit den Fragen, die das, was der andere spricht, nochmal wiederkauen - das ist ein No-Go: Was sagen Sie da? ich wiederhole es besser ohne irgendeinen Grund noch einmal, damit das Publikum sie auch hört! Das ist wie wenn Leute im Film telefonieren und man den anderen nicht hört, und sie das wiederholen, was der andere sagt: Das ist ein völlig blödes Hilfsmittel. Wozu? Ich versteh's nicht. Das ist ein erzählerisches Gimmick, das überhaupt nicht auf der Haben-Seite hat, und nur Dinge auf der Soll-Seite.
Warum der Monolog? Killt dir den ganzen Text. Das ist ein viel zu dominantes Erzähl-Gimmick - ich kann dem nichts abgewinnen.

Und leider biegt der Text nicht in eine Erzähl-Richtung ab, die ihn spannend machen würde, sondern bleibt die ganze Zeit in der Spur und endet dann bei: "Ich war nur die Aufhängung, damit man einfach an ein paar Stationen referieren konnte."

Ich seh den Anlass: George wird 75, ich respektiere die Idee - die Umsetzung killt sich selbst mit der unsinnigen Monolog-Idee.

Gruß
Quinn

 

Hi Quinn,

hehe. Welch fiese Idee von Dir, Georges Augen zu “nehmen”. Hoffe, mein Prot hätte den Anstand, sie zu replizieren, oder sollte er etwa die echten ... ? Oh my God.

Warum soll man sich in 20 Jahren nicht gleich das Aaron-Eckhart-Kinn und die Bradley-Cooper-Wangenknochen holen oder die Augen von Götz George.

Du meinst: den Star digital auslesen, replizieren und weiterverarbeiten? Da hieß es ja zu Jurassic Park Zeiten, das es in zwanzig Jahren nur noch digitale Schauspieler gäbe und beispielsweise Marilyn wieder drehen würde. Läuft jetzt ein toller Film, der dieses Thema streift und The Congress heißt (unbedingte Guckempfehlung!). Aber ganze Körperteile wäre natürlich der Hammer, vor allem die allgemein unterbewerteten, von mir jedoch sehr geschätzten Pornostars würden da vom Vertrieb ihrer Organe partizipieren.

Aber zurück zum Text und der gewählten Zeitform der Zukunft. Nee, einen Science Fiction wollte ich nach Chraim nicht schon wieder schreiben, die Form hier ist einzig Georges 100. geschuldet.
Ich freue mich, das Du den Anlass - seinen 75. - richtig erkannt hast. Jo, das freut mich wirklich sehr.

Und Deine Kritik bringt mich voran: Ich werde das Ding jetzt ganz einfach mal löschen (auf meiner Festplatte, nicht hier) und völlig anders wieder einstellen. Weil? Weil Du, ebenso wie randundband, Recht hast und das Ding als Monolog nicht funktioniert. Da muss eine andere Lösung her oder die Geschichte bleibt eben in der Schublade bis zu seinem 100.

Ich hab neulich erst einen Artikel über Schimmi geschrieben, ...

Würde mich freuen, den zu lesen, ich habe da so einiges verschlungen, in den letzten Jahren, allen voran natürlich die Biografie von Torsten Körner.

Die trägt auch bei dem Einpersonenstück von Süsskind nicht so richtig.

Der Kontrabass? Furchtbar ...

Das ist wie wenn Leute im Film telefonieren und man den anderen nicht hört, und sie das wiederholen, was der andere sagt ...

Naja, das war zum Teil so gewollt denn mein Stalker ist aus der Zeit gefallen, ein 80er Typ mit 50er Charme, ich dachte halt, probierst es mal. Manchmal klappt ja die Retroschiene, nimm doch Tarantinos Bruce-Lee-Zoom aus seinen letzten Filmen. Aber wenn es, wie in meiner Geschichte, wirklich so schlecht ankommt, hat mir das auch was gebracht – nämlich den Ansatz, es zu ändern.

Und leider biegt der Text nicht in eine Erzähl-Richtung ab, die ihn spannend machen würde, ...

Da lässt sich was machen - da gibt es paar Varianten, in denen wirklich was passiert. Unglücklicherweise kam mir dieses blöde Buch von dem “Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg ...” in die Quere, seither kann ich da fünf von zehn Ideen nicht mehr verwenden.
Na, sagen wir zwei von vier.

Jedenfalls Danke und eine gute Nacht,

nastro.

 

Hallo nastro

Hm ja, was soll ich sagen, die Geschichte zog mich nicht richtig mit. Als ich dann anschliessend den Kommentar von randundband las, fand ich einige Empfindungen, die mir beim Lesen aufkamen, abgedeckt. Ich verstehe deine Motive, die du als Antwort an ihn einbrachtest. Aber ich frage mich, ob du deine Begabung nicht zu sehr verstreust, wenn du zu breit alles Mögliche ausprobierst, statt an dem zu arbeiten, worin du deine Stärke siehst? Aber vielleicht ist es ebendies, welches du noch auslotest?

Der Monolog ist für die Leser eher zähflüssig, da er textlich wie ein Ein-Mann-Bühnenstück dahinfliesst. Es ist nicht transparent, warum es so in eine Kurzgeschichte eingeflossen ist. Kurze Zeit meinte ich, es löse sich damit, dass er selbst in dem Altenheim einsitzt und fantasiert.
An einigen Stellen drängen sich direkte Antworten der Pflegerin zwingend auf, vielleicht schüchtern, unsicher, da sie mit seinem Geschwafel nicht zurechtkommt, aber doch von ihr artikuliert und nicht von ihm gespiegelt. Unklar bleibt auch, weshalb sie ihn angesprochen hat. Nur weil er vor dem Eingang steht, ist doch kein triftiger Grund.

Die eingebrachte Dystopie macht nur dahingehend Sinn, da du es an der Figur von Heinrich George … äh nein natürlich Götz aufgehängt hast. Einen „nicht Unbekannten“ einzuschieben, schafft mir als Leser natürlich klarere Bilder, erweckt aber auch etwas den Eindruck von kaschierender Effekthascherei. Vielleicht würde sich dieser Eindruck egalisieren, wenn bereits früh eindeutig klar würde, von wem die Rede ist.

Auch das Ende war mir eher unzureichend. Es ist durchaus vorstellbar, dass ein Altstar nochmals ins Rampenlicht kommt, da er das Alter, in dem „Objekte“ zur Antiquität stilisiert werden, erreicht hat. Es ist keine Pointe und keine überraschende Wende, löst sich nicht mal mit einer wahrhaften Desillusion des Protagonisten auf. Hier müsste etwas Abhebendes stehen, etwa, dass ihn eine alternde Schönheit (Namen sind der Klatschpresse zu entnehmen), ihn mit einem Rolls-Royce abholt, um ihm Gastrecht bei sich zu geben, da sie seit Langem ein Fan von ihm war. Aber nein, das wäre schon kitschig. Doch sollte es eine Wende sein, die wirklich konträr zu Bisherigem steht.

Jetzt habe ich nur bekrittelt, doch einfach ungefällig war es mir keineswegs. Es hatte mir durchaus auch eigene Assoziationen geweckt, die Erinnerung an alte Filme, die sich mit dem laufenden Text vermischten. Von dem her sehe ich in dem Stoff mehr Potential, als du da ausgeschöpft hast. Doch es ist deine Geschichte und es muss sich in deiner Intention erschliessen. Vielleicht ermöglichen dir aber die Hinweise, es mal aus anderer Perspektive zu betrachten und dir neue Bilder dazu zu erschaffen.


PS: Den Komm. hatte ich am frühen Abend geschrieben, musste dann aber unterbrechen, sodass ich ihn nun nicht mehr reinstellen konnte. Nun ist er beinah schon Makulatur, da du die Geschichte neu schreiben willst, wie ich eben sah. Na ja, dann stelle ich ihn eben als Prä-Makulatur ein, vielleicht gibt er so noch einen Gedanken mit auf den Weg zu einer Neuschöpfung.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo anakreon,

Na ja, dann stelle ich ihn eben als Prä-Makulatur ein, vielleicht gibt er so noch einen Gedanken mit auf den Weg zu einer Neuschöpfung.

Juhuu, meine erste Prä-Makulatur! Nee, passt schon, danke dafür.

Aber ich frage mich, ob du deine Begabung nicht zu sehr verstreust, wenn du zu breit alles Mögliche ausprobierst, statt an dem zu arbeiten, worin du deine Stärke siehst?

Warme Worte ;), meine Stärke suche ich nach den paar Jahren Schreiben noch.
Dachte, wenn es bei Lars von Trier geklappt hat, mit den Experimenten … Nee, grundsätzlich hast Du da Recht, ich verspreche künftig mehr Er-Form im Präteritum und verständlichere Szenen.

Unklar bleibt auch, weshalb sie ihn angesprochen hat. Nur weil er vor dem Eingang steht, ist doch kein triftiger Grund.

Da warst Du (wie ich sehr hoffe) lange in keinem Krankenhaus. Glaub mir, Schwestern entsprechen immer ihrem Klischee. Ich werde jetzt dieser Schwester ein Gesicht und einen Körper geben. Überlege noch, ob ich es bei einer jungen belasse, oder so eine böse, mumienhafte Alte nehme, oder vielleicht eine Dicke.

Vielleicht würde sich dieser Eindruck egalisieren, wenn bereits früh eindeutig klar würde, von wem die Rede ist.

Neenee, das mache ich auf gar keinen Fall, mir gefallen die kleinen Häppchen besser. Ich bin ja der Stephen King Fan und möchte eines Tages so schreiben wie er … und die ganze Kohle abfassen … und eine´n dicken Spendenscheck an kg.de ausstellen.

dass ihn eine alternde Schönheit (Namen sind der Klatschpresse zu entnehmen), ihn mit einem Rolls-Royce abholt, …

Hab gerade gegoogelt: Christiane Hörbiger wäre dann ebenfalls 100, Corinna Harfouch 84 und Claudia Michelsen 69 Jahre alt (ich würde die Michelsen nehmen).

Jetzt habe ich nur bekrittelt, doch einfach ungefällig war es mir keineswegs. Es hatte mir durchaus auch eigene Assoziationen geweckt, die Erinnerung an alte Filme, die sich mit dem laufenden Text vermischten. Von dem her sehe ich in dem Stoff mehr Potential, als du da ausgeschöpft hast. Doch es ist deine Geschichte und es muss sich in deiner Intention erschliessen. Vielleicht ermöglichen dir aber die Hinweise, es mal aus anderer Perspektive zu betrachten und dir neue Bilder dazu zu erschaffen.

Danke, ich glaube, das könnte wohl klappen,

nastro.

 

Hallo Leser,

vergesst den langweiligen Monolog: Hier die ÜBERARBEITETE, NEUE VERSION.
Hoffe, die Variante kommt bei Euch besser an, was nicht heißen soll, das ich jetzt Lobeshymnen erwarte …

Auf jeden Fall kommt die Story jetzt etwas frischer und mein Prot, wie ich hoffe, ein stückweit wahnsinniger daher …

Viel Spaß und gute Nacht,

nastro.

 

Hallo nastroazurro

der Plot gefällt mir jetzt viel besser. Die Arbeit hat sich gelohnt, finde ich. Leichtes, lockeres Lesevergnügen.

Grüsse, Alec

 

Danke Alec,

manchmal braucht es eben einen gehörigen Tritt in den Arsch.

Danke und viel Spaß bei Lesen und Texten,

nastro.

 

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