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Das harte Bauernleben!
Vorwort!
Auch wenn es nicht gerade der beste Zeitpunkt ist, eine Geschichte zu veröffentlichen, habe ich mich doch dazu durchgerungen. Denn trotz der Katastrophe die in den USA passiert ist, sollte man nicht vergessen, das sich hier diese Seite um Kurzgeschichten dreht! Wer meiner Meinung nicht zustimmt, kann diese Geschichte ja meiden!
Ich wurde hier mal gebeten eine bayrische Mundartgeschichte zu verfassen. Und da ich zur Zeit wieder die Lektüren des besten bayrischen Schriftstellers, Ludwig Thoma, genieße, lag es ja nahe, dass ich eine Geschichte über bayrische Bauern zur Jahrhundertwende verfasse.
Ich möchte hier noch alle vorwarnen, die den Bayrischen Humor und den Dialekt nicht verstehen.
Für diese Leute wäre es bestimmt klüger, diese Geschichte nicht zu lesen. Aber Allen, die es trotzdem wagen, stehe ich gerne als Dolmetscher zur Verfügung!
Der Dunglfinger Bahnhof zur Jahrhundertwende!
Der Lederbauer stand am Bahnsteig und kaute auf seiner Zweipfennigzigarre. Anzünden wollte er sie jetzt nicht! Denn die Kreszenz, die ihn in zwei Stunden vom Deisinger Bahnhof abholen wollte, hatte eine sehr gute Nase und ihm würde der Ärger schon ausreichen, wenn sie die Fahne der Zwei Mass Bier, die er sich zu den drei Paar Weißwürsten gegönnt hatte, riechen würde! Ja, die Kreszenz! Eine fleissige Frau war sie, dass konnte ihr keiner absprechen. Wenn sie halt nur nicht so auf das Geld aus wär. Einmal in der Woche Fleisch, dass konnte er gerade noch ertragen. Genauso, dass es nur Sonntags vor dem Kirchgang mal eine Schale Kaffee gab. Oder, dass nur Samstags, am Waschtag, die Hosen gewechselt wurden, war auch zum aushalten! Aber dass er nur nach der Mette zum Frühschoppen und dort nur eine Mass und eine Zigarre brauchen durfte, ging ihm sauber auf den Senkel.
Und nicht nur ihm! Er war der einzige Bauer im ganzen Gau, bei dem es noch keine Magd und kein Knecht länger als eine Ernte ausgehalten haben. Nur die Margret, die vor fünf Jahren auf den Hof kam, war länger geblieben. Nur leider musste er sie entlassen. Warum musste die Blöde Kuh auch schwanger werden. Dreimal hatte er sie gefragt, wann sie ihren Schuster hatte. Und drei Mal hatte sie gesagt, dass nichts passieren könnte.
Jetzt war halt der Bub schon zwei Jahre alt und sie mit einem Bäcker in Dunglfing verheiratet.
Schad war es schon irgendwie! Denn keine Magd, die nach der Gredl kam, hatte sich ihm so hingegeben wie sie!
Im Bummelzug nach Deising!
Mit einem lauten Pfeifen und Zischen fuhr nun der Zug in den Bahnhof ein! Der Lederbauer nahm seinen Haselnussstecken, den er eine Nacht lang im Waschzuber hat liegen lassen, dass er auch sicher gescheite Striemen auf den Rücken der Dunglfinger hinterlassen würde, und kletterte in ein Abteil! Kaum hatte er es betreten, vernahm er auch schon den Rauen Bass des Kneitl.
„Ah do schau her! Da Lederbauer Ander! Warst aufn Dunglfinger Viehmarkt?“
Der Lederbauer warf seinen Haselnussstecken mitsamt dem Bündel das daran hing in das Gepäcknetz und setzte sich zwischen eine alte Frau mit Kompotthut und seinem alten Spezi! Mit einer Hand öffnete er die Knöpfe seines Jankers, während er mit der linken die Schnallen seiner Stiefeln öffnete. Mit großen Augen beobachtete die ältere Dame den Vorgang des Schuhausziehns.
„Ah, des hob i etz braucht!“ stöhnte der Lederbauer auf. „Seit gesting Vormittag steck i scho in de Boizn drin.“
„Ja, man riecht es!“ sagte ein Mann mit gezwirbelten Schnauzbart und Frack!
„Des bisserl Landluft werst scho vatrogn kenna! Auf alle Fälle is de gsünder als de Fabrikluft bei eich Preissn!“
Für diese Worte musste der Kneitl seine Pfeife aus den Mund nehmen und zeigte der Dame sein bräunliches Gebiss!
„Host wos gscheits dawischt aufm Markt Ander?“
„An Bummerl hob i mia ogschaugt!“ antwortete der Bauer, während er seinen großen Zeh betrachtete, der aus einem riesigen Loch im Strumpf herauslugte. „Oba der war nix gscheits. Dafür glaub i oba, das i mia a anders Viech einghandelt hob. Auf alle Fälle juckt mei Sackl seit heit fruah wia da Deife!“
„Oh mei Anderl! Hot di d’Laus dabackt? Bei wos füa an Mensch warst nachad scho wieda?“
Nun grinste der Lederbauer und zeigte dadurch, das seine Mundpflege genau so nachlässig betrieben wurde, wie die des Kneitl. „Na der Ochsenwirt hot a neue Bedienerin! A saubers Weibsbild! Bloss waschen kannt sie sich öfters! Des Luda!“
Der Kneiltl kicherte und verschluckte sich dabei an seinem Pfeifenrauch. Laut hustend und rotzend öffnete er das Abteilfenster hielt sein Gesicht in die Richtung aus der der Zug kam und spuckte aus! Danach setzte er sich wieder auf seinen Platz, natürlich nicht ohne der älteren Dame gewaltig auf die Zehen zu treten und fuhr die Unterhaltung mit dem Lederbauern fort.
„Dann host ja gestern a gscheide Gaudi ghabt! Is grafft a wordn?“
“Und wia!” antwortete sein Nachbar. „Mei Pratzn duat mia jetz no weh!“
Die Unterhaltung nahm seinen Lauf und die beiden Bauern wurden immer lustiger, während die Mienen der Mitinsassen aus dem Norddeutschen immer mehr einen angewiderten Ausdruck bekamen.
Etwa fünf Kilometer vor dem Deisinger Bahnhof machte sich der Kneitl zum Aussteigen bereit. Denn der nächste Halt war in seinem Heimatort.
„Gehst etz zu deiner Anni hoam?“ wollte der Lederbauer wissen.
„Glaubst du i bin auf der Brennsuppn dahergwschwumma?“ antwortete der Kneitl mit einer Gegenfrage. „I geh etz erst zum Wirt und gönn mia a guate Mass. Ausserden gibt’s heid bei eahm a firsch Kesselfleisch!“
„Mei! A Kesselfleisch! Is des scho lang her seit i des as letzte moi gessen hob!“ Bei diesen Worten stieß der Lederbauer einige Schmatzer aus, dass der älteren Dame die Ohren weh taten.
„Na dann kimm hoit mit!“ schlug der Kneitl vor!
„I dat ja gern! Aber mei Kreszenz draht mia as Kragerl um, wenn de merkt dass i unter der Woch beim Wirt bin!“
„Gib doch nixn auf de Weiberleid!“ versuchte der Kneitl seinen Spezi aufzumuntern. „De soi do bleibn wos highört , in de Kuchl, und ihr vorlaute Babbn hoitn! Ausserdem, wer is jetz der Bauer? Du oder des Gwand?“
„Host ja recht Kneitl!“ gab ihm der Ehegeschundene recht. „De Kachl konn mi do, wos mia am besten gfoit!
Schlieslich arbat i de ganze Woch, dann derf i amoi mei Spassetl hom! I geh mit dia zum Wirt!“
Der Kneitl schlug dem Lederbauern mit der flachen Hand auf die Schulter, das es nur so schnalzte.
„Genauso mog di leiden, Ander!“
Beim Glockenwirt!
Die beiden Zugreisenden kamen wenig später in der Wirtsstube des Glockenwirtes an und jeder bestellte sich sofort eine Mass Bier und einen Teller mit frischem Kesselfleisch. Natürlich lief die Bestellung nicht ohne einen kräftigen Klaps auf den Hintern der Bedienerin ab, die sich dann mit einer ordentlich Watschn beim Lederbauer bedankte. Dieser stimmte, wenig irritiert, in das Gelächter ein, dass sich durch diese Ohrfeige am Stammtisch breit machte. Die Stimmung wurde immer ausgelassener und der Götzbauer erzählte wie er den Viehhändler aus Altried mit einer Kuh übers Ohr gehauen hatte. Das Gelächter wurde immer größer und das Bier floss in Strömen. Nachdem die Sonne schon untergegangen war, wurden die Tarockkarten hervorgekramt und frohen Mutes drauflos gekartelt.
Die Bauern waren nach kürzester Zeit so in ihr Spiel vertieft, dass keiner bemerkte, wie sich die Tür öffnete und die Lederbauer Kreszenz die Wirtsstube betrat. Erst, als mit einer immensen Geschwindigkeit ihr Regenschirm den Kopf ihres Gatten traf, schreckten die Männer aus ihrer Konzentration. Das die Schädeldecke eines Norddeutschen diese Wucht wahrscheinlich nicht ausgehalten hätte, kann man nicht beweisen, doch die bayrischen Köpfe sind an solche Attacken gewöhnt. Gerüchten zufolge sollen die Schädel der Bajuwaren ja aus neunzig Prozent Eichenholz bestehen. Und wer schon mal versucht hat, eine Eiche zu spalten wird schnell bemerkt haben, dass dies ein sehr schweres Stück Arbeit bedeutet.
Der Lederbauer hatte also bald seinen Schreck und den Schmerz überwunden und drehte sich wutschnaubend zu dem, für ihn noch nicht sichtbaren Angreifer. Als er aber in ihm seine Frau erkannte, wurde er plötzlich kleinlaut und setzte sich ganz vorsichtig wieder auf seinen Stuhl.
„Ja Zenze, wos machst denn du do?“ stotterte er mit leiser Stimme!
„Die hob i gsuacht, du Büffe, wos sonst?“ Schrie sie mit einer brutalen Bestimmtheit in der Stimme!
„Wos machst du denn do? Hob i Dir net gsagt, das du glei nach dem Viechmarkt hoamkimma soist?“
„Ja Zenzerl! Des host du gsagt! Oba woast, den Zug mit dem i hob hoamfahrn wuin, hob i versaamt und dann bin i mitn Kneitl gfahren. Und weil de Rösser Wasser braucht hom san mia dann hoit no zum Glocknwirt eine.“
„Hoit die Babbn!“ Schrie die Bäuerin ihren Gatten an und drohte ihm nochmals mit dem Regenschirm.
„Die Lug konnst mia dohoam erzähln! Etz machst di ferte und kimmst dann ausse! I wart beim Rossgspann!“
„Ja Zenzerl! I Kimm glei noch!“ Antwortete der Lederbauer und atmete erleichtert auf. Das hätte er fürs erste überstanden. Aber das was ihm dann zu Hause erblühen sollte, an das wollte er jetzt noch gar nicht denken.
Mit zittrigen Händen kramte er ein paar Pfennige aus seinem Hosensack und zählte sie auf den Tisch. Dann schloss er die Schnallen seiner Stiefel und griff nach seinem Hut und dem Janker, die er über die Stuhllehne gelegt hatte. Er hatte gerade den rechten Ärmel übergestreift, als er von draußen ein lautes Wiehern und einen noch lauteren Knall vernahm. Er wollte gerade zum Fenster eilen, als die Tür aufgerissen wurde und die Bedienerin hereinstürmte.
„Lederbauer!“ Schrie sie nach Luft japsend. „Kimm schnei! Der Gaul is durchganga und hot dei Oide dadruckt! I glaub, de is Maustoat!“
“Um Gods wuin!” Jammerte der Lederbauer! „is am Ross wos Passiert?“
„Na!“ antwortete das junge Gwand. „Dem feiht nixn, oba deina Oadn!“
Der Lederbauer zog den rechten Arm aus dem Ärmel und setzte sich wieder an den Tisch.
„Na wenn dem Ross nixn passiert is, dann is hoib so wuit. Des Viech hot mia immerhin zwölf Markl kost!
Resi! Schenk mia no a Mass eine!“